Silvester und der Durst

Jahresrückblicke so weit das Auge reicht! Und spätestens heute Nacht läuft der Akku des Smartphones wieder heiß, wenn eine Nachricht mit „den besten Wünschen für 2018“ nach der anderen kommt. Irgendwie immer das Gleiche zu Silvester, „the same procedure as every year“.

Zum Jahresende haben die Zukunftsforscher des Ipsos-Institut eine Studie vorgelegt, dass 46 % der Deutschen skeptisch und mit gemischten Gefühlen in die Zukunft schauen.[1] Und das trotz äußerst guter wirtschaftlicher Entwicklung und historisch niedrigen Arbeitslosenzahlen. Sorgen und Sehnsüchte sind Ausdruck unserer menschlichen Psyche. Man kann uns Menschen als zutiefst „durstig“ beschreiben.

Apropos Durst, wir sind ja am Silvesterabend. Im Schnitt gibt jede deutsche Familie für Essen und Getränke am Silvesterabend 52 € aus, hauptsächlich in Sekt investiert. Da fallen die 34 € für Böller kaum noch ins Gewicht. Und wem das zu viel Geld für Sekt erscheint, muss sich nur bewusst machen, dass fast 13 % der Deutschen planen (!) sich heute Abend zu betrinken. Bei den 18- bis 24-Jährigen sind es sogar über 17 %.[2] Durst scheint also ein durchaus wichtiges Thema am Silvesterabend zu sein, wobei es hier wohl mehr um „einen-über-den-Durst trinken“ geht.

Dabei hat Silvester ursprünglich überhaupt nichts mit Alkohol und Feuerwerk zu tun, sondern es ist schlicht der Gedenktag an Papst Silvester I., der am 31. Dezember 335 n. Chr. in Rom gestorben ist. Neben verschiedenen Legenden wie der „Konstantinischen Schenkung“ (die sich als Falsch herausgestellt hat) ist er deshalb so berühmt, weil zu seiner Zeit als Papst das Christentum von einer verfolgten Religion zu einer tolerierten Religion im römischen Reich aufstieg. Kurz vor einer Schlacht an der Milvischen sah Kaiser Konstantin in den Wolken das Zeichen des Kreuzes und hörte eine Stimme die sagte: „In diesem Zeichen wirst du siegen!“ Später wurde dieses Ereignis als Bekehrung, also als Abwendung des Kaisers von der heidnisch-römischen Religion mit dem Kaiserkult und der Hinwendung zum biblisch-christlichen Glauben verstanden. Somit endete um das Jahr 313 n. Chr. die Verfolgung der Christen und förderte die Verbreitung der christlichen Botschaft, bevor 380 n. Chr. das Christentum unter Kaiser Theodosius I. zur offiziellen Staatsreligion aufstieg.

Zur Zeit von Papst Silvester I. fand aber noch eine weitere, weitreichende Veränderung im Christentum statt, nämlich das 1. ökumenische Konzil in der Stadt Nizäa (unweit der heutigen Stadt Istanbul, ehemals Konstantinopel). Die Bischöfe der Christen sollten aus allen Gebieten nach Nizäa kommen um dort über Lehrfragen zu diskutieren mit dem Ziel Irrlehren innerhalb der Christenheit zu unterbringen. Es sollte Klarheit und Orientierung in Fragen der christlichen Lehre geschaffen werden. Das Ergebnis ist das erste Glaubensbekenntnis, das bis heute für die gesamte Christenheit (römisch-katholische Kirche, orthodoxe Kirchen, protestantische Kirchen, Freikirchen) Gültigkeit hat, nämlich das Glaubensbekenntnis von Nizäa, von 325 n.Chr.[3] Das heute vielfach besser bekannte „Apostolische Glaubensbekenntnis“ ist eine sehr ähnliche, lediglich kürzerer Fassung, die aber in einem anderen Kontext (im Rahmen eines Taufbekenntnisses) entstand.

Wenn du heute Abend also den Sekt knallen lässt, so darfst du fröhlich darauf anstoßen, wie Gott die Geschichte lenkt! Wir feiern heute wichtige Wendepunkte in der Geschichte der Christenheit, die zur Amtszeit von Papst Silvester I. geschehen sind, und wir loben dabei Gott, der diese Welt aktiv regiert und steuert. Bei jedem Glas Sekt darfst du auf Gott anstoßen und ihn loben. Bei jeder Rakete Gottes Geschichte feiern!

Und PS: Zum Thema Durst gibt es einen passenden Bibelvers, der über dem gesamten Jahr 2018 steht, nämlich die sogenannte „Jahreslosung“ aus Offenbarung 21,6b: „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ In diesem Sinne: Ein fröhliches Silvester und herzliche Einladung dem zu begegnen, der regiert und handelt und auch bei allen Fragen, Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten niemals das Heft aus der Hand gibt. Gott lädt dich ein ihm zu begegnen und möchte dir von der Quelle des lebendigen Wassers „echtes Leben“ schenken, dass deinen Durst stillt.

 

[1] https://www.ipsos.com/de-de/wahrnehmung-der-deutschen-negativer-als-die-realitat

[2] https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.alkoholkonsum-so-trinken-sich-die-deutschen-durch-weihnachten.3807eea2-9b09-4164-94d1-24a679fdc847.html

[3] http://www.evangelische-bekenntnisse.de/alte-kirche/

Über Martin P. Grünholz

Martin P. Grünholz promoviert an der theologischen Fakultät der Universität Fribourg/Schweiz im Fachbereich Dogmatik. Er ist Hauptpastor der evangelischen AB Gemeinde in Steinen/Deutschland, Mitglied der Fortsetzungsgruppe des Netzwerkes Bibel und Bekenntnis und unterrichtet im Fach Apologetik im Orientierungsjahr der Evang. Brüdergemeinde Korntal. Er ist verheiratet mit Judith und gemeinsam haben sie zwei Söhne.

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