Der falsche Verdacht

Im Gloucester Museum fand ich dieses Bild (the Emigrants,1910) von Victor Hageman

Diese kleine Anekdote erlebte ich in den letzten Tagen während meines Aufenthalts in einem Vorort vor Oxford. Ein ausführlicher Reisebericht über meinen Aufenthalt in Oxford folgt nach meiner Rückkehr nach Deutschland.

Da ich möglichst günstig unterwegs sein wollte, wählte ich das günstigste Zimmer weit und breit (keine 30 Euro pro Nacht). Der Vermieter bewohnte selber eines der drei Zimmer und ist ein freundlicher ca. 40 Jahre alter Jamaikaner. Er war mir gleich sympatisch. Aber als es darum ging, die Wohnungs- und Zimmerschlüssel zu überreichen. zögerte er. Nun erzählte er mir, dass eine Mieterin vor mir unzufrieden mit der Beherbergung war und den Schlüssel nicht abgegeben hat, da sie ihr Geld zurück haben wollte. Er habe zwar einen Ersatz machen lassen, aber der passe vorne nur sehr schlecht in die Haustür. Ehrlich gesagt, war ich mir an dieser Stelle mehr als sicher, dass er mir nur einen Bären aufbindet. Ich ging davon aus, dass er einfach ungern jemand Fremden den Schlüssel zu einer Wohnung geben möchte, in der er selber wohnt. Da ich sowieso den ganzen Tag unterwegs sein wollte, hat mich das auch nicht weiter interessiert.

Nur, ich sollte mich irren: Spät am Abend klingelten plötzlich zwei Herren an die Tür, die mit dem Vermieter eine Diskussion starteten. Sie setzten sich für ihre Freundin ein, die vorher hier war und nun das Geld zurück haben will. Das Auftreten der Beiden sollte wohl dieser Forderung Nachdruck verleihen. Ich war geradezu entsetzt (über mich selbst). Ich war derart sicher, dass man mir einen Bären aufbindet, dass ich die Not dieses Mannes übersehen habe. Ich übersah, dass er jeden Pfund zweimal umdreht. Ich übersah, dass er sich Sorgen, echte Sorgen darüber machte, einer Konfrontation mit der Mieterin zu entgehen. Dass er sich wirklich um den Schlüssel sorgte etc…

Lustigerweise ging die Geschichte weiter. Am nächsten Morgen bekam ich den nachgemachten Schlüssel doch. Mit dem freundlichen Hinweis „lässt sich aber nur schwer drehen, da nicht gut kopiert“. Wieder glaubte ich das nicht. Bis ich am Abend vor der Haustür stand. Diesmal war der Vermieter nicht da. Und ich versuchte die Tür zu öffnen. Nun, ich scheiterte und fürchtete den Schlüsselbart abzubrechen, wenn ich noch fester drücken würde. Ich rief den Vermieter an und dieser seine Nachbarin: Eine ca. 50 Jährige Damit mit Gips und schon deutlich angetrunken. Diese konnte mir natürlich nicht helfen und rief ihren Mann. Nun irgendwann war ich drin. Aber natürlich kam der Nachbarin die ganze Sache suspekt vor und sie wollte dann noch meine Identität prüfen. So war plötzlich ich der, dem man die „Glaubwürdigkeit“ absprach (und durchaus zurecht!). Nach einigen weiteren Anrufen (und fast einer ganzen Stunde Gesamtaufwand) war die Sache dann endlich geklärt.

Fazit: Als Migrant impfte man mir es geradezu mit der Muttermilch ein, dass andere mich nur über den Tisch ziehen wollen. Sehr skeptisch und kritisch wandele ich umher. Vorsichtig zu sein, ist sicherlich bei Auslandsaufenthalten angebracht. Geht aber das Misstrauen so weit, dass man den Nächsten und seine Not übersieht, geht man zu weit.

Dieser Blog-Beitrag von Sergej Pauli erschien zuerst auf Glauben und Denken (alt) . Lies hier den Original-Artikel "Der falsche Verdacht".

Über Sergej Pauli

Hallo, ich bin Sergej Pauli, Jahrgang 1989 und wohne in Königsfeld im Schwarzwald. Ich bin Ingenieur, verheiratet, habe vier Kinder. Diesen Blog möchte ich nutzen, um über das Wort Gottes und seine durchdringende Wirkung bis in unsere Zeit zu schreiben. Hast du bestimmte Fragen oder Anliegen, dann scheue dich nicht, mich zu kontaktieren. Hast du bestimmte Fragen oder Anliegen, dann scheue dich nicht, mich zu kontaktieren.

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