Christianity Today und das Ende von 2019 …

https://de.wikipedia.org/wiki/Donald_Trump#/media/Datei:Donald_Trump_swearing_in_ceremony.jpg
20.01.2017, von The White House – Official White House Facebook page, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=55185771

Bevor in Rente ging, verabschiedete sich Mark Galli, der bisherige Chefredakteur von Christianity Today (CT), am 19.12.2019 mit einem Paukenschlag:

Christianity Today

… löste derartig heftige Reaktionen aus, dass Timothy Dalrymple, der Präsident und CEO von CT sich am 22.12.2019 genötigt sah, seinen Chefredakteur zu verteidigen:


Alle große Presseorgane im Land berichteten einen Tag nach Gallis Leitartikel (am 20.12.2019) über den ‚überraschenden‘ Leitartikel des evangelikalen Leitmediums (ich habe CNN, USA Today, New York Post, The Washington Post und das Time Magazin vorliegen): denn Evangelikale gelten in den USA im Allgemeinen als loyale Republikaner; insbesondere des ggw. Präsidenten D. Trump.

  • Hauptgrund der Unterstützung von Trump durch Evangelikale lag / liegt in seiner Haltung zur Abtreibung (er nahm kürzlich als erster US-Präsident an der ‚pro-life-rallye‘ teil), und seiner Unterstützung von Israel begründet.
  • Dies ist für bundesdeutsche Ohren vielleicht befremdlich; jedoch umso weniger, je mehr man sich mit der damaligen ‚Alternative‘ (Hillary Clinton) beschäftigt hat, die aus ihrer Unterstützung von ‚Planned Parenthood‘ keinen Hehl machte …

Knapp 180 evangelikale Leiter beschwerten sich jedenfalls schriftlich beim Präsidenten von Christianity Today, weil sie falsch dargestellt worden seien. Sie seien keine ‚rechtsextremen Eiferer‘, vielmehr …

… sind wir bibelgläubige Christen und patriotische Amerikaner, die einfach dankbar sind, dass unser Präsident unseren Rat eingeholt hat, da seine Regierung eine Politik verfolgt, die das ungeborene Leben schützt, die Religionsfreiheit fördert … und sicherstellt, dass unsere Außenpolitik mit unseren Werten übereinstimmt und gleichzeitig unsere Welt, auch durch unsere Unterstützung des Staates Israel, sicherer macht.

(Mark Moore, “Evangelicals crucify Christianity Today president over scathing Trump edito19)rial”, in: New York Post, 23.12.2020)

Die Brisanz lag zudem darin, dass der Artikel von Galli nur 1 Tag nachdem das US-Repräsentantenhaus zwei Anträge zum Amtsenthebungsverfahren von Präsident Trump durchgewunken hatte, erschien.

Dabei hatte Galli in seinem ‚Pro-Amtsenthebungsverfahren-Artikel‘ nicht ein politisches sondern vor allem ein geistliches bzw. moralisches Anliegen verfolgt:

„Zu den vielen Evangelikalen, die Mr. Trump trotz seiner eingetrübten moralischen Bilanz weiterhin unterstützen, möchten wir Folgendes sagen: Vergessen Sie nicht, wer Sie sind und wem Sie dienen. Überlegen Sie, wie Ihre Rechtfertigung von Mr. Trump Ihr Zeugnis für Ihren Herrn und Retter beeinflusst.“

Und weiter: „Überlegen Sie, was eine ungläubige Welt sagen wird, wenn Sie weiterhin Mr. Trumps unmoralische Worte und sein Verhalten in der Sache der politischen Zweckmäßigkeit abstreichen. Wenn wir jetzt nicht den Kurs wechseln, wird dann irgendjemand irgendetwas, was wir über Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit sagen, für die nächsten Jahrzehnte irgendwie ernstnehmen? Können wir geradeheraus sagen, dass Abtreibung ein großes Übel ist, das nicht toleriert werden kann, und mit derselben geraden Klarheit beanspruchen, dass der gebeugte und gebrochene Charakter des Führers unserer Nation am Ende nicht wirklich von Bedeutung ist?“

(Mark Galli: Trump Should Be Removed from Office, https://www.christianitytoday.com/ct/2019/december-web-only/trump-evangelicals-editorial-christianity-today-president.html)

Angesprochen auf die Kritik von Billy Grahams Sohn (Billy Graham war der Mitbegründer von CT) antwortete Galli ebenfalls ganz biblisch und apolitisch, in einem Auftritt bei CBS am 22.12.2019:

„Wofür ich in dem Artikel wirklich argumentiere, ist, dass der Präsident im Grunde genommen ungeeignet für das Amt ist. (…) Aber der Punkt ist – und ich spreche nicht wirklich politisch – denn ein politisches Urteil über ihn zu fällen, ist nicht unsere Expertise bei Christianity Today. Ich fälle ein moralisches Urteil, dass er moralisch untauglich ist. Also genauer gesagt ist es seine öffentliche Moral, die ihn untauglich macht, denn wir alle, keiner in Führungsverantwortung ist perfekt. Wir suchen nicht nach Heiligen. Wir haben private Sünden, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in unserem Privatleben, an dem wir alle zu arbeiten versuchen, offenbaren. Aber ein Präsident hat als öffentliche Person bestimmte Verpflichtungen, ein bestimmtes Maß an öffentlichem Charakter und öffentlicher Moral zu zeigen. Und mein Argument ist, dass ich ihn nicht als eine Person in den Augen Gottes beurteilen will. Das ist nicht meine Aufgabe. Aber seine Moral – seinen öffentlichen moralischen Charakter zu beurteilen – und zu fragen, ob er so weit gegangen ist, dass die evangelikale Wählerschaft, die wir vertreten, den Kompromiss mit gutem Gewissen eingehen kann (das ist unser Job).“

(Interview in: Sunday on CBS’ “Face the Nation”, https://www.wcbi.com/transcript-mark-galli-on-face-the-nation/)

Darlrymple verteidigte Galli, in dem o.g. zweiten Leitartikel zur causa Trump und betonte, dass trotz Trumps Etikettierung von CT als “extrem links,” CT tatsächlich “theologisch konservativ“ sei. Auch sein zentraler Satz liest sich für europäische durchaus ‚bibeltreu‘:

„Aus Liebe zu Jesus und seiner Kirche, nicht aus politischer Parteinahme oder intellektuellem Elitedenken heraus, fühlen wir uns deshalb gezwungen zu sagen, dass die Allianz des amerikanischen Evangelikalismus mit dieser Präsidentschaft dem christlichen Zeugnis enormen Schaden zugefügt hat. Sie hat viele unserer Kinder und Enkelkinder entfremdet. Sie hat den afroamerikanischen, hispanoamerikanischen und asiatisch-amerikanischen Brüdern und Schwestern Schaden zugefügt. Und sie hat die Bemühungen unzähliger Missionare untergraben, die auf den fernen Feldern des Herrn arbeiten. Während die Trump-Administration in einigen Ländern gut angesehen sein mag, hat in vielen anderen Ländern die Wahrnehmung einer umfassenden evangelikalen Unterstützung dieser Regierung den Ruf der Braut Christi vergiftet.“

(Timothy Dalrymple: The Flag in the Whirlwind: An Update from CT’s President, https://www.christianitytoday.com/ct/2019/december-web-only/trump-evangelicals-editorial-christianity-today-president.html)

Es lohnt sich die ausgewogenen Statements des US-amerikanischen Flaggschiffs CT in Gänze zu scannen (siehe die links unten), um sich anschließend zwei Fragen zu stellen:

  1. warum die Aufregung in den USA und wie sind die Evangelikale in den USA in diese politische Falle geraten?
  2. welchen politischen Herausforderungen sind evangelikale Christen in unserer durchaus gegenläufigen bundesdeutschen ‚politischen Korrektheit‘ ausgeliefert?

Christen sollten sich jedenfalls nicht über Politik in die Haare kriegen und noch weniger sich (als Christen!): in politische Abhängigkeiten begeben, denn:

Nationen gelten wie ein Tropfen am Eimer und wie Staub auf der Waag-schale. Siehe, Inseln hebt er hoch wie ein Stäubchen. (Jes. 40,15)

Er ändert Zeiten und Fristen, er setzt Könige ab und setzt Könige ein … (Daniel 2,21a)

… damit die Lebenden erkennen, dass der Höchste Macht hat über das Königtum der Menschen und es verleiht, wem er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber einsetzt. (Daniel 4,14)

Mit anderen Worten: Mr. Trump ist im Amt, nicht weil Evangelikale ihr Erstgeburtsrecht um ein Linsengericht verkauft haben, sondern weil Gott die Fäden zieht:

Jede Seele unterwerfe sich den übergeordneten staatlichen Mächten! Denn es ist keine staatliche Macht außer von Gott, und die bestehenden sind von Gott verordnet. (Römer 13.1)

Links:

Mark Galli, Trump Should Be Removed from Office: “It’s time to say what we
said 20 years ago when a president’s character was revealed for what it was.”;
https://www.christianitytoday.com/ct/2019/december-web-only/trump-should-be-removed-from-office.html,
19.12.2019

Timothy Dalrymple, The Flag in the Whirlwind: An Update from CT’s President: „Why
our editor in chief spoke out against Trump, and why the conversation must
continue.”,
https://www.christianitytoday.com/ct/2019/december-web-only/trump-evangelicals-editorial-christianity-today-president.html, 22.12.2019

https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-12/impeachment-amtsenthebungsverfahren-gegen-donald-trump-beschlossen

Dieser Blog-Beitrag von Uwe Brinkmann erschien zuerst auf brink4u . Lies hier den Original-Artikel "Christianity Today und das Ende von 2019 …".

Über Uwe Brinkmann

* 1962 (Oberhausen / Rhld.), verheiratet (1992), 4 Kinder ... aufgewachsen in der 4. Generation der "Brüderbewegung"; kritische Aufarbeitung: heute moderater "Dispi"; seit seiner "Bekehrung" (1981) theol. Autodidakt, 1993/94 für eine theol. Kurzausbildung in den USA ... seit 1987 im Großraum München in der Gemeindearbeit und bis 2017 in der Jugendarbeit tätig; Gründungsmitglied (1997) und MA im Leitungsteam einer evangelisch-freikirchlichen Gemeinde, der "Christlichen Gemeinde Unterschleißheim" (www.cgush.com) ... Mitarbeiter eines übergemeindlichen Schlungsprogramms: H3: "Hirn, Herz und Hand" im Großraum München; Blogger auf www.brink4u.com (seit 01.01.2015) ... beruflich seit 1996 Projektleiter Hochbau, dann Projekteinkäufer im Anlagenbau, und nun wieder Teilprojektleitung im Anlagenbau eines kommunalen Energieversorgers

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