Entstehung und Autorität des neutestamentlichen Kanons – Einsichten in das Bibelverständnis von Thorsten Dietz

Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift “Glauben & Denken heute” erschienen in der Ausgabe 2/2021. Er kann hier auch als PDF heruntergeladen werden.

Welcher Prozess hat dazu geführt, dass Christen heute eine Sammlung von genau 27 Büchern als Neues Testament bezeichnen und als Wort Gottes bzw. Heilige Schrift betrachten? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für unser Bibelverständnis? Inwieweit können die biblischen Texte heute noch als inspiriert gelten und autoritativer Maßstab für den christlichen Glauben sein? Über diese grundlegenden Fragen spricht Thorsten Dietz in seinem Worthausvortrag „Entstehung und Autorität des neutestamentlichen Kanons“[1]. Seine Antworten machen theologische Entwicklungen sichtbar, die zweifelsohne im Hintergrund vieler aktueller innerchristlicher Konflikte stehen.

Leitend ist für Thorsten Dietz zunächst die Frage: Welcher Faktor hat denn eigentlich den Prozess der Kanonbildung maßgeblich geprägt und beeinflusst? Dietz stellt dazu drei häufig vertretene Antwortmöglichkeiten vor:

  1. Die neutestamentlichen Schriften selbst waren entscheidend. Der Kanon hat sich selbst durchgesetzt bzw. „imponiert“.
  2. Die Kirche und ihr Lehramt war die entscheidende Autorität, die über den Umfang des neutestamentlichen Kanons entschieden hat.
  3. Der Kanon ist das Ergebnis menschlicher Überlegungen und gegebenenfalls auch Machtkämpfe.

Früh stellt Thorsten Dietz klar: „Ich halte diese Deutungen der Kanonwerdung alle drei für irreführend.“ (16:30) Stattdessen ist er überzeugt: „Diese Dinge hängen ineinander und alle Versuche von einer Seite her, die Bibel dem Evangelium oder Jesus oder der Kirche radikal überzuordnen oder die Kirche dem Evangelium oder der Bibel überzuordnen, sind immer Versuche, es in irgendeiner Weise in den Griff zu kriegen, es irgendwie verfügbar zu machen, handhabbar zu machen und das Ganze in irgendeiner Weise so richtig eindeutig auch festzustellen.“ (ab 1:08:50)

Wie kommt Thorsten Dietz zu dieser Sichtweise?

Lang andauernde Unklarheiten beim Kanonumfang

Ausführlich spricht Thorsten Dietz darüber, dass es neben den heute als kanonisch geltenden Büchern noch viele weitere Anwärter auf diesen exklusiven Status gab. Konkret nennt er eine Reihe weiterer Evangelien und sonstiger Schriften, die angeblich von Aposteln oder von frühen Kirchenvätern stammten. Umgekehrt wurden einige der heute als kanonisch anerkannten Bücher bis in die Reformationszeit hinein immer wieder angezweifelt oder sogar offen abgelehnt. Zwar gab es schon früh Kriterien, um die Kanonizität eines Texts zu beurteilen. Dietz nennt konkret die „Ursprungsnähe zu Jesus, die „apostolische Autorität des Anfangs“, die Übereinstimmung mit den Lehren Jesu, der Apostel und den zentralen Bekenntnissen der Christen (die sogenannte Glaubensregel oder „regula fidei“) und schließlich die Anerkennung in den Gemeinden. Jedoch hätten auch diese Kriterien nicht zu einer schnellen, abschließenden Definition des Kanons geführt.

Dietz weist zudem darauf hin: Auch bei der Frage, welche Schriften denn zum Alten Testament gehören, gab es Unklarheiten. Autorität hatte für die Apostel damals die Septuaginta, also die griechische Übersetzung des Alten Testaments, die für viele Juden und Christen als „inspiriert“ galt, die aber einige Bücher und Zusätze enthält, die unter evangelischen Christen heute weithin nicht mehr als kanonisch gelten.

Damit hat Thorsten Dietz ohne Zweifel recht. Aber sprechen diese historisch belegten Unsicherheiten beim Kanonumfang denn wirklich gegen die Auffassung, dass die Autorität der kanonischen Texte selbst der entscheidende Faktor für die Kanonbildung waren?

Frühe Klarheit bei den Kernbeständen

Thorsten Dietz betont selbst, dass man bereits „Mitte des zweiten Jahrhunderts sagen kann: Die vier Evangelien … waren früh am Start und früh anerkannt und früh unumstritten. Soweit das Auge reicht, sind diese vier Evangelien eine wesentliche Quelle für alle Christen.“ (33:40) Und er ergänzt: 20 neutestamentliche Schriften (4 Evangelien, Apostelgeschichte, 13 Paulusbriefe, 1. Petrus- und 1. Johannesbrief) „waren im Grunde nie umstritten. … Ein Großteil des Neuen Testaments wächst rein in diese Rolle, kanonische Schriften zu sein.“ (56:05)

Tatsächlich machen die genannten 20 Schriften bereits mehr als 85% des heutigen neutestamentlichen Textbestands aus. Wie früh ein großer Teil der neutestamentlichen Texte bereits als autoritativ galten, zeigt zudem ein Blick in die Schriften von Kirchenleitern der ersten nachapostolischen Generation. Bischof Polykarp von Smyrna zitiert in seinem Brief an die Philipper, der grob auf das Jahr 120 datiert wird, bereits aus 19 der 27 neutestamentlichen Bücher, darunter auch aus dem Jakobusbrief und dem 2. Johannesbrief. Deutlich wird dabei: Schon Polykarp misst diesen Schriften genau die gleiche Schriftautorität bei wie den alttestamentlichen Schriften.[2] Und sie haben für ihn genau wie für Bischof Ignatius von Antiochien[3] eine unfehlbare Autorität, die kein Text späterer Kirchenleiter mehr für sich in Anspruch nehmen konnte.[4] Zurecht schrieb deshalb der Neutestamentler Theodor Zahn: Die Möglichkeit, „dass ein Apostel in seinen an die Gemeinden gerichteten Lehren und Anweisungen geirrt habe könnte, hat offenbar im Vorstellungskreis der nachapostolischen Generation keinen Raum gehabt.“[5] Lange bevor begrifflich von einem „Neuen Testament“ die Rede war und lange bevor über den endgültigen Kanonumfang entschieden wurde, stand somit der größte Teil des Neuen Testaments den frühen Christen bereits als Urkunde und Maßstab des Glaubens zur Verfügung, ohne dass dazu eine Synode tagen oder auf andere Weise um Entscheidungen gerungen werden musste.

Man kann Thorsten Dietz deshalb nicht zustimmen, wenn er äußert: Wir finden keinen Beleg dafür, dass sie [d.h. die Kirchenväter] die [Jesusworte oder Paulusworte] genau so als Fortsetzung des Alten Testaments empfinden“ (27:10) „In den ersten 80 bis 100 Jahren gibt’s diese ganze Kategorie Kanon, Heilige Schrift, Neues Testament nicht“ (56:25). Es stimmt zwar, dass der Begriff „Neues Testament“ erst später aufkam. Aber die Einordnung der Evangelien und der Apostelbriefe in die Kategorie „Heilige Schrift“ und die Unterscheidung dieser Schriften von allen anderen Texten (was ja die Basis des Kanongedankens darstellt) ist bereits ab dem ersten Jahrhundert zu beobachten[6] und letztlich schon im Neuen Testament selbst angelegt.[7] Das räumt auch Thorsten Dietz ein: „Man kann doch im Neuen Testament selbst schon eigentlich sehen, dass diese Schriften kanonischen Anspruch erheben.“ (18:25) Dietz belegt das durch die Ähnlichkeit des Beginns des Johannesevangeliums mit dem Beginn der Genesis, durch den autoritativen Selbstanspruch von Paulus sowie durch den Umstand, dass schon Paulus einem Jesuswort die gleiche Autorität gab wie der Tora.[8]

Umso mehr stellt sich die Frage: Warum hält Dietz denn dann die Sichtweise von der Selbstdurchsetzung der kanonischen Schriften für „irreführend“? Was wäre denn die Alternative? Das von Dietz vorgeschlagene „Ineinander“ von Textautorität, kirchlichem Lehramt und menschlichen Interessen kann in dieser frühen Phase noch nicht in Frage kommen. Es gab ja noch gar keine institutionalisierten kirchlichen Gremien, in denen etwas beschlossen oder mit menschlichen Machtmitteln durchgesetzt werden konnte. Andere Erklärungen für diesen historisch extrem ungewöhnlichen (und somit erklärungsbedürftigen) Vorgang der Herausbildung einer Sammlung autoritativer heiliger Schriften liefert Thorsten Dietz in seinem Vortrag nicht.

Das Ringen drehte sich eigentlich um die Ränder des Kanons

Auch das spätere Ringen zur endgültigen Definition des neutestamentlichen Kanons drehte sich nie um das Grundprinzip, dass es sich bei den authentischen apostolischen Texten um einzigartig autoritative Schriften handelt. Stattdessen ging es schon früh nur um zweifelhafte Wackelkandidaten, also um die Frage nach den Rändern des Kanons.

Diese Frage nach den Kanonrändern hat die Christenheit zu allen Zeiten beschäftigt. Sie war und ist in einigen Kirchen bis heute akut in Bezug auf die Apokryphen des Alten Testaments, die von manchen Kirchen anerkannt, von anderen abgelehnt werden. Und alle Kirchen leben zum Beispiel mit dem Problem, dass die Kanonizität des langen Endes des Markusevangeliums unklar ist.

Solche Unschärfen beim Kanonrand ändern aber nichts daran, dass die Kirche in Bezug auf den weitaus größten Teil der Heiligen Schrift von Beginn an einen großen Konsens hatte, der nicht aus Machtkämpfen, Vernünfteleien oder Synodenentscheidungen resultierte, sondern letztlich nur auf die Autorität der Texte und ihrer Autoren zurückgeführt werden kann. Unschärfen an den Kanonrändern ändern zudem überhaupt nichts am Konsens über das Grundprinzip, dass diesen Schriften eine unfehlbare Autorität zukommt. Auch Martin Luther hatte zwar Zweifel an der Kanonizität mancher Schriften. Aber er hat die volle Autorität der unzweifelhaft kanonischen Schriften nicht in Frage gestellt[9] sondern ausdrücklich dem Kirchenvater Augustinus zugestimmt, der von der Irrtumslosigkeit der kanonischen Schriften ausging.[10]

Aber was folgt für Thorsten Dietz nun aus seiner Darstellung der Geschichte der Kanonentstehung? Welche Konsequenzen zieht er für sein Bibelverständnis? Sein Vortrag wirft bei vier Themen grundlegende Fragen auf:

1. Ist die Bibel ein Maßstab des Glaubens?

Ein zentrales Thema der Reformation war das Ringen um den Status der Bibel. Für Martin Luther war allein die sich selbst auslegende Schrift die letzte Instanz, der sich alle anderen Instanzen unterordnen müssen („Sola Scriptura“). Die Kammer für Theologie der EKD schreibt dazu in ihrer Publikation „Die Bedeutung der Bibel für kirchenleitende Entscheidungen“: „Die biblischen Texte sind das erste und grundlegende Wort, auf das Kirche, Theologie und Glaubensleben immer wieder rückgebunden sind, als Texte, die den kritischen Maßstab bilden und an dem die Traditionen und Lehrbildungen der Kirche zu prüfen sind. Der Kanon der biblischen Schriften ist allen anderen Traditionen als norma normans, das heißt als kritischer Maßstab vorgeordnet, so dass diese – wenn nötig – kritisiert werden können.“ (S. 49, Hervorhebung nachträglich).

Diese Formulierungen knüpfen an das Bibelverständnis der frühen Kirche an. Schon im zweiten Jahrhundert wurden die allgemein anerkannten apostolischen Schriften als Maßstab zur Prüfung anderer Lehren und Schriften verwendet. Irenäus hatte um 180 die „regula fidei“ (Regel oder Norm des Glaubens), die sich bei ihm schon weitestgehend mit dem später formulierten Apostolikum deckte, aus den apostolischen Schriften abgeleitet. In seinen Schriften gegen die Häresien (Irrlehren) zitierte er aus fast allen neutestamentlichen Büchern abgesehen von Philemon, 2. Petrus, 3. Johannes und Judas.[11]

Thorsten Dietz äußert hingegen: „Man kriegt die Bibel nicht als Knüppel oder Maßstab oder Vereindeutigungsinstrument gegen alle Instanzen eindeutig in den Griff.“ (1:09.30) Der Gewinn, dass man in der Bibel eine hilfreiche Autorität sehen darf, „wird nicht selten so verspielt, dass man durch seine eigene Bibeltreue … meint zu wissen, die Wahrheit in der Tasche zu haben. Anders als die anderen, die irgendwie häretisch oder abgeirrt oder zu selbstbewusst oder zu verführt oder zu irregegangen oder wer weiß was sind. Hier wird Autorität bisweilen zum Autoritarismus, zum Anspruch absoluter Wahrheit, die sich nur durchdrücken kann, die unterdrückt, die nur auf Befehl und Gehorsam geeicht ist.“ (1:12.00)

Richtig ist natürlich: Auch mit einer völlig vertrauenswürdigen Bibel haben wir die „Wahrheit nicht in der Tasche“. Und tatsächlich gab und gibt es unter Christen immer wieder das Phänomen eines toxischen „Autoritarismus“, der Bibelstellen als Machtinstrument missbraucht. Die Kirchengeschichte kennt leider zahllose Beispiele, in denen viel zu schnell aufgrund einer speziellen Bibelauslegung eine andere Position als Irrlehre ausgegrenzt und die Christenheit damit unnötig gespalten wurde.

Trotzdem stellt sich bei diesem Zitat die Frage: Macht man denn die Bibel immer zum „Knüppel“, wenn man in ihr einen Maßstab sieht, den man so wie Irenäus auch zur Entlarvung falscher Lehren verwendet? Ist die Identifikation von falscher Lehre durch den Vergleich mit dem Maßstab der Lehre Jesu und der Apostel schon per se ein Ausdruck von „Autoritarismus“? Wurde denn die Warnung vor falscher Lehre nicht sowohl in der frühen Kirche als auch im Neuen Testament als wichtige Aufgabe kirchlicher Leiter angesehen?

Ja, es ist wichtig, vor vorschnellen und selbstherrlichen Irrlehrenjägern zu warnen. Aber angesichts der traurigen Tatsache, dass heute in der evangelischen Kirche[12] und bis tief in evangelikale Kreise hinein der öffentliche Hinweis auf falsche Lehre weitgehend zum Tabu geworden ist, wäre es ebenso wichtig gewesen, den dringend notwendigen und Orientierung gebenden Unterscheidungsdienst auf Basis des biblischen Maßstabs zu würdigen. Diese Würdigung fehlt leider im Vortrag von Thorsten Dietz.

2. Dürfen biblische Aussagen bezweifelt werden?

Thorsten Dietz unterstützt die Auffassung, dass Christen der Bibel „Autorität“ beimessen sollten. Aber was versteht er unter diesem Begriff? Dazu sagt er ab 1:15:20: „Ein Mensch hat Autorität, wenn er eine Sache besser kennt, wenn er einen Weg besser kennt, wenn er einen Zusammenhang durchschaut. Und wenn man ihm das abkauft, wenn man ihm das abnimmt, na ja, dann hört man auch auf ihn, dann lässt man sich auch was sagen. Und dann ist es auch hilfreich. Und ich denke, das ist das Besondere bei Jesus, bei Paulus, bei den Aposteln, dass Menschen hier spüren: Sie hören Jesusworte und sagen: Das hätte ich jetzt nicht besser gewusst, gar nicht. Und ich merke, dass er es aus einer Gewissheit sagt und aus einer Überzeugung heraus, die ich so nicht habe. Und ich merke, dass es mich anspricht und dass es mich fasziniert.“

Entsprechend ordnet Dietz auch den Charakter der Paulusbriefe ein: „Paulus ist nicht in diesem Sinne autoritär, sondern er sagt: Denkt nach, prüft, fragt. Prüfet alles. Behaltet das Gute. Er ist sehr stark in seinen Überzeugungen. So, und er sagt: Wenn ihr das noch anders seht, wird Gott es euch anders lehren. So aber er lässt sich auf Gespräch, auf Diskussion ein. Er ist nicht von einem falschen Autoritarismus, sondern seine Autorität ist befreiend, anregend, fördernd. Sie will befähigen zum Nachdenken, Anstöße geben.“ (ab 1:13:30) Sollen wir die Briefe von Paulus also prüfen und nur das in unseren Augen Gute behalten? Und was machen wir dann mit Bibeltexten, die wir erst einmal überhaupt nicht als einleuchtend und ansprechend, geschweige denn als faszinierend empfinden?

Zur Verteidigung seiner Sichtweise einer guten Autorität, die sich primär aus einem spürbaren Informationsvorsprung nährt und sich selbst zur Diskussion stellt, verwendet Dietz ein Beispiel aus dem Bauwesen: „Man ist gut beraten, bei allerlei Baumaßnahmen und handwerklichen Dingen schon auch mehr auf die zu hören, die sich mit diesem Sachverhalt auskennen. Mehr als auf das eigene Bauchgefühl.“ (ab 1:16:35) Das ist wahr. Jeder Planer weiß, dass im Bau sämtliche sicherheitsrelevante Fragen zur Statik, zum Brandschutz, zum Arbeitsschutz usw. anhand von feststehenden Normen entschieden werden müssen, die gelten – auch dann, wenn Planer und Bauherren so manche Norm für wenig sinnvoll halten mögen. Das Beispiel, das Dietz verwendet, zeigt also eher das Gegenteil dessen, was Dietz sagen will: Auch in Alltagsfragen funktioniert unsere Gesellschaft eben gerade nicht so, dass Autorität immer diskutierbar ist und vom zustimmenden Empfinden der Menschen abhängt.

Entsprechend sind auch die Aussagen in den Paulusbriefen keinesfalls so gemeint, dass ihre Autorität von unserem Empfinden abhängt und diskutiert werden können. Das räumt Thorsten Dietz in seinem Vortrag zuvor auch selbst ein: „Paulus schreibt ja nicht so seine Briefe, dass er sagt: Hier, ich möchte mal ein Gesprächsgang anstoßen, ich habe ein paar Ideen. Können wir uns vielleicht drüber austauschen. Ich lerne auch gern dazu, bin auch gern bereit, mich auf völlig neue Ideen bringen zu lassen, wie alles gewesen sein könnte. Also nehmt das jetzt nicht zu ernst, was ich schreibe. Es sind Vorschläge oder so. Macht er ja nicht.“ (ab 0:19:05) In der Tat. Wenn es um das Evangelium geht, kannte Paulus keine Kompromisse. Da zögerte er auch nicht, Petrus öffentlich anzugreifen (Gal.2,11ff.). Drastisch formulierte er im Brief an die Galater: „Wer euch eine andere Gute Nachricht verkündet als die, die ihr bereits angenommen habt, soll verflucht sein!“ (Gal.1,9). Von Diskussionsbereitschaft keine Spur. Dazu bestätigt Petrus in 2. Petr. 3,16: Auch wenn in den Paulusbriefen manche Dinge schwer zu verstehen sind (und dem Leser somit zunächst einmal gar nicht einleuchten wollen), ist es keinesfalls erlaubt, an diesen Aussagen herumzuschrauben. Eine Wertschätzung von Zweifeln an Aussagen der Schrift und der Apostel findet sich weder in der Bibel noch in der frühen Kirche.

Trotzdem assoziiert Thorsten Dietz eine Infragestellung von Zweifeln eher mit einem autoritären Leitungsstil: „Also wenn du Zweifel hast, darfst Du die äußern, kannst du zu deinem Seelsorger gehen ist okay. Wir wollen da menschenfreundlich mit umgehen. Aber eigentlich ist das Ziel immer den Zweifel wieder loszuwerden. Der Zweifel ist eigentlich schlecht. Der Zweifel ist eigentlich gefährlich. Versuch es loszuwerden. Sprich mit Seelsorgern. Der hört dir liebevoll zu. Aber eigentlich, weil die Texte inspiriert sind, sind sie wahr. Höre, glaube, gehorche, handle. Schluss. Alles andere braucht kein Mensch.“ (ab 1:18:20) Ist bleibender Zweifel an biblischen Aussagen in den Augen von Thorsten Dietz also etwas Normales und Gutes, das nicht in Frage gestellt werden sollte?

Richtig ist natürlich, dass wir immer bedenken müssen, dass die Bibel ausgelegt werden muss. Da unsere Auslegung niemals fehlerfrei ist, kann unser Verständnis und unsere Auslegung biblischer Aussagen natürlich auch bezweifelt werden. Kein sorgfältiger Theologe oder Seelsorger dürfte deshalb einem zweifelnden Bibelleser einfach so entgegenschleudern: „Höre, glaube, gehorche, handle. Schluss.“ Gerade der Zweifel an einer Interpretation biblischer Aussagen kann ja oft auch dazu führen, dass man mehr darüber lernt, wie diese Bibelstelle im gesamtbiblischen Kontext richtig auszulegen ist. Zudem hat Thorsten Dietz natürlich vollkommen recht, dass biblische Autorität nicht klein, unmündig und hörig machen darf, sondern zu Mündigkeit, Eigenständigkeit und Reife führen muss. Paulus will, dass der Glaube der Epheser zur vollen Reife gelangt“, damit sie nicht länger wie Kinder sind (Eph. 4, 13+14). Das steht aber für Paulus ganz offenkundig gerade nicht im Widerspruch zu einem apostolischen und biblischen Offenbarungs- und Wahrheitsanspruch, der von den Hörern letztlich Glauben und Vertrauen statt Zweifel und Widerspruch erwartet. Sowohl die innerbiblische wie auch die urkirchliche Sichtweise steht somit in einem deutlichen Gegensatz zu einer Sichtweise, nach der die Autorität gründlich untersuchter und sorgfältig ausgelegter biblischer Texte eher vom Empfinden des Lesers abhängt und bleibend bezweifelt werden könnte.

3. Bezieht sich die Inspiration der Bibel primär auf die Rezeption statt auf die Entstehung ihrer Texte?

Die Autorität der biblischen Texte hängt eng mit der Frage nach ihrer Inspiriertheit zusammen. Wer könnte den biblischen Texten mit Vorbehalten oder Zweifeln entgegentreten, wenn die Inspiration der Bibel bedeutet, dass hier letztlich Gott selbst spricht?

Thorsten Dietz stellt dazu einerseits klar: Für die frühe Kirche waren die kanonischen Texte auch inspirierte Texte: „Bibel unterscheidet sich von nicht in Bibel wie Inspiration von nicht Inspiration.“ (59:10) Jedoch meint er zugleich, dass der Begriff „Inspiration“ damals nur als „ein weiterer Terminus“ (59:55) für die Gültigkeit eines Textes verwendet worden sei (er habe damals z.B. auch für die Übersetzung der Septuaginta gegolten). Die Inspiriertheit eines Textes habe man ja auch nicht „messen“ können. Zugleich wendet er sich mit scharfen Worten gegen ein aus seiner Sicht völlig falsches Inspirationsverständnis (ab 1:18.05): Ein falsches Verständnis von Inspiration ist die Inspiriertheit als feststehende Tatsache einer bestimmten Gruppe von Schriften, wo man sagt: Die sind von Gott inspiriert. Das heißt, die sind absolut wahr. Das heißt, du musst das alles glauben. Das heißt, du darfst nicht nachdenken dabei großartig. Du darfst das nicht verstehen wollen, Du lieber Himmel! Darfst auch eigentlich nicht Zweifel haben.Ein solches Verständnis von Inspiriertheit ist durchtränkt von einem autoritären Geist, der menschenfeindlich und freiheitszerstörend sein kann und ist so dem Geist Gottes, wie ihn die Bibel uns vor Augen malt, schlicht nicht gemäß.“

Aber hätten nicht auch Jesus und Paulus einem Inspirationsverständnis zugestimmt, das beinhaltet, dass die Schriften „absolut wahr“ sind und dass wir das „alles glauben“ sollen? Schließlich sagt Thorsten Dietz selbst: „Paulus ist klar: Die Texte des Alten Testaments, die Heilige Schrift, klar, das ist von Gott, das sind Gottes Worte. Das ist Gottes Reden. Das ist aus dem Geist Gottes.“ (ab 01:20:29) So ist es. Und ganz eindeutig galt für die Autoren des Neuen Testaments: Wenn Gott spricht, dann ist es wahr. Und auf Gottes Worte kann nur Glaube und Gehorsam die angemessene Reaktion sein.

Zudem stellt sich die Frage: Warum sollte ein solches Grundvertrauen denn bedeuten, dass man über den Text nicht richtig nachdenken, ihn nicht verstehen wollen und keine Zweifel haben darf? Ist nicht vielmehr genau das Gegenteil wahr? Gerade, wenn man die Bibel für absolut wahr hält, muss doch der Wunsch besonders groß sein, intensiv über den Text nachzudenken und immer wieder daran zu zweifeln, ob man ihn bisher auch richtig verstanden hat. Warum also verknüpft Dietz hier das in weiten Teilen der Kirchengeschichte ganz selbstverständliche Vertrauen auf die völlige Wahrheit und Glaub-Würdigkeit der inspirierten Schrift mit einer plumpen Denkfeindlichkeit?

Thorsten Dietz fährt fort mit den Worten: „Ein solches Verständnis von Inspiriertheit beschreiben die biblischen Texte schlicht auch gar nicht. Es gibt ja letztlich nur diesen einen Vers, wo es von der Schrift heißt, sie sei theopneustos, gottdurchgeistet, gottbegeistet [gemeint ist 2. Tim. 3,16]. Gemeint ist hier völlig eindeutig die Septuaginta, ist das Alte Testament, von der wird es gesagt, wie es im hellenistischen Judentum üblich war. Das ist an dieser einen Stelle so, ansonsten heißt es von den Propheten: Sie haben getrieben vom Heiligen Geist geredet, was auch von David…, also da gibt’s mehr Stellen, das ist völlig klar. Inspiriertheit der Texte, aber letztlich dieser eine einzige Vers, aus dem in manchen Teilen des Christentums ein völlig maßloser Bibelglaube konzipiert worden ist, der als solcher gar nicht biblisch ist.“ (ab 1:19:15)

Hier stellt sich die Frage, auf welches Inspirationsverständnis Dietz mit dieser Kritik denn eigentlich zielt? Ist es denn wirklich ein „völlig maßloser“ und nur auf einem einzigen Vers basierender Bibelglaube, wenn man von der völligen Wahrheit und Glaubwürdigkeit der biblischen Texte ausgeht? Thorsten Dietz macht hier selbst klar, dass es ja noch zahllose weitere Bibelstellen gibt, die deutlich machen, dass Jesus und die Autoren des NT (genau wie die Kirchenväter) ganz selbstverständlich davon ausgingen, dass in den biblischen Texten Gott bzw. der Heilige Geist selbst redet. Schließlich haben sie die Wendung „die Schrift sagt“ und „Gott sagt“ letztlich als austauschbare Autoritätsformel benutzt. Es gibt zudem keinerlei Hinweise, dass Jesus, die Apostel oder die Kirchenväter von einem Kanon im Kanon ausgegangen wären oder dass sie auf eine sonstige Weise zwischen Gottes- und Menschenwort in den biblischen Texten unterschieden hätten. Insofern steht 2. Timotheus 3,16 im Neuen Testament keineswegs alleine da, sondern fügt sich vielmehr nahtlos ein in ein biblisch breit bezeugtes Bibel- und Inspirationsverständnis. Was wäre also „maßlos“ daran, als Nachfolger Jesu und als Schüler der Apostel von der völligen Wahrheit und Glaub-Würdigkeit dieser Texte auszugehen? Und was wäre „maßlos“ daran, Menschen dabei helfen zu wollen, diesen Worten wirklich zu vertrauen, statt beim Zweifel stehen zu bleiben?

Nach seiner Zurückweisung einer aus seiner Sicht falschen Inspirationslehre spricht Thorsten Dietz über sein eigenes Verständnis von Inspiration. Dabei bezieht er die Inspiration der biblischen Texte weniger auf ihre Entstehung, sondern vielmehr auf ihre Rezeption (ab 1:22:15): „Inspiration ist insofern keine Inspiriertheit, keine mechanische Theorie, so und so sind diese Schriften entstanden. Inspiration ist ein Mitteilungs- und Erkenntnisraum, ein Mitteilungs- und Erkenntniszusammenhang, in dem gehört, gelesen, verstanden, bezeugt und gelebt wird. Dieses Verständnis von Inspiration ist sehr wesentlich, sehr wertvoll, wird oft erstickt durch ein Inspiriertheitsdogma, was in dieser Form gar nicht biblisch ist.“

Richtig ist: Natürlich ist Inspiration keine „mechanische Theorie“. Christen glauben nicht, dass die biblischen Autoren beim Schreiben zu roboterhaften Marionetten wurden. Sie haben ganz offenkundig ihren persönlichen Stil und ihre Perspektive eingebracht. Die Bibel ist somit auch ganz Menschenwort. Die Art und Weise, wie der Heilige Geist dafür gesorgt hat, dass die Worte der Apostel und Propheten trotzdem zugleich auch zu Gottesworten wurden, bleibt wohl ein Geheimnis. Das ändert nichts daran, dass gemäß dem biblischen Selbstzeugnis der Heilige Geist gleichermaßen für das Verständnis UND für die Entstehung der biblischen Texte eine entscheidende Rolle spielt. Eine Verengung des Geisteswirkens auf die Rezeption der biblischen Texte[13] würde sowohl dem innerbiblischen wie auch dem historischen und dem reformatorischen Bibelverständnis vollständig entgegenstehen.

4. Ist die Bibel fehlerhaft?

Wenn die ganze Bibel in ihrer Entstehung von Gottes Geist inspiriert ist, dann müsste sie natürlich auch eine Einheit bilden und als unfehlbar angesehen werden. Gott macht schließlich keine Fehler. Und er widerspricht sich nicht selbst. An dieser Sichtweise der Unfehlbarkeit der Schrift arbeitet sich Thorsten Dietz jedoch immer wieder ab. Von einer unfehlbaren Bibel auszugehen, hält er für „irreführend (15:15 / 16:40). Wer die Unfehlbarkeit der Schrift für wichtig hält, der spiele die Bibel gegen Christus aus (1:05:30)[14]. Die Annahme, dass man eine unfehlbare Bibel brauche, um von ihr zu Jesus geführt zu werden, sei auch „nicht das, was die frühen Christen gemacht haben.“ (1:05:50) Diese hätten ja vielmehr Christus als „Maßstab und Prinzip der Bibel“ gesehen. Auch Paulus habe die Schriften immer von Jesus her und auf ihn hin ausgelegt. Die Annahme der Unfehlbarkeit der Schrift sei hingegen der Versuch, „Jesus in den Griff zu kriegen.“ (1:06:28)

Damit baut Thorsten Dietz aber einen Scheinwiderspruch auf. Jesus als Mitte und Auslegungs­richtschnur der Bibel steht ja in keinem Widerspruch zu der Annahme, dass die Bibel über eine unfehlbare Autorität verfügt. Im Gegenteil: Ohne die verlässlichen kanonischen Aufzeichnungen über Jesus hätten wir ja gar keine Möglichkeit, die Schrift von Jesus her auszulegen.

Der Vorwurf, man wolle mit der Unfehlbarkeit der Schrift Jesus „in den Griff bekommen“, ist dementsprechend ein Strohmann. Auch die meisten konservativen Theologen sind sich natürlich bewusst, dass man in Bezug auf Jesus, seine Lehre, das Ausmaß seiner Liebe und die Größe seines Erlösungswerks niemals auslernt. Auch mit einer unfehlbaren Bibel bekommen wir Jesus natürlich nicht „in den Griff“. Jesus ist Wahrheit in Person. Als Christen hoffen wir darauf, dass diese Wahrheit uns immer mehr in den Griff bekommt, nicht umgekehrt. Aber gerade dafür ist es doch von entscheidender Bedeutung, dass sein in der Bibel dokumentiertes Handeln und Reden unsere Fehler kritisieren und korrigieren darf, statt dass wir umgekehrt der Bibel Fehler unterstellen.

Nun ist die Frage nach der Unfehlbarkeit der Bibel natürlich komplex. Sie erfordert eine differenzierte Antwort, weil genau definiert werden muss, in welcher Hinsicht die biblischen Texte denn fehlerlos sein können.[15] Fakt ist jedoch: Auch wenn die Bibel Begriffe wie „Irrtumslosigkeit“, „Fehlerlosigkeit“ oder „Unfehlbarkeit“ selbst nicht gebraucht, so spricht sie doch in Bezug auf ihre heiligen Schriften erst recht nie von Fehlern oder dergleichen. Auf Basis einer sauberen Definition lässt sich sehr wohl ein biblischer Selbstanspruch auf Unfehlbarkeit nachweisen. So wird den Schriften des Alten Testaments im Neuen Testament durchgängig eine uneingeschränkte Autorität beigemessen. Für die Autoren des Neuen Testaments galt das Prinzip: Wenn die Schrift etwas sagt, spricht Gott! In den Schriften reden Menschen getrieben vom Heiligen Geist (2.Petr.1,20+21, Mark.12,36). Paulus sah aber auch seine eigene Botschaft als von Gott offenbart und als Gottes Wort an (Galater 1,11-12; 1. Thessalonischer 2, 13). An zwei Stellen werden biblische Texte sogar unter ein gerichtsbelegtes Veränderungsverbot gestellt, dabei stellt Petrus die Briefe des Paulus den „Schriften“ gleich (2. Petrus 3, 15-16, Offenbarung 22, 18-19).[16] Es ist also durchaus gerechtfertigt, die Irrtumslosigkeit des Neuen Testaments auch als ein Konzept des Neuen Testaments zu bezeichnen.[17]

Fazit: Eine fehlerhafte Bibel verliert ihre Orientierung gebende Kraft

Der Vortrag hinterlässt ein gemischtes Bild. Es gibt gute Passagen, die neben interessanten Informationen auch zurecht missbräuchliche Fehlhaltungen ansprechen, die es unter Christen leider tatsächlich gibt. Problematisch ist dabei jedoch oft die unsaubere Definition, welches Spektrum an Positionen von der Kritik denn eigentlich ins Visier genommen werden. So kann leider der Eindruck entstehen, dass der Glaube an eine Fehlerlosigkeit und völlige Vertrauenswürdigkeit der Bibel per se autoritär, denk- und vernunftfeindlich sein könne.

Welches Bibel- und Inspirationsverständnis Thorsten Dietz selbst im Einzelnen vertritt, wird oft nicht abschließend klar. Hält Thorsten Dietz daran fest, dass die Bibel eine Offenbarung des dreieinen Gottes ist (und nicht nur bezeugt) und damit auch als verbindlicher Maßstab („Norma normans“) des Glaubens angesehen werden muss, wie es z.B. die deutsche evangelische Allianz in ihrer Glaubensbasis bekennt?[18] Einige Passagen in diesem Vortrag können den Eindruck erwecken, dass Dietz ein solches Bekenntnis nicht nur in seinen extremen Ausformungen verwirft, sondern grundsätzlich in Frage stellt.

Ganz eindeutig ist hingegen: Thorsten Dietz wendet sich gegen den Gedanken an eine Unfehlbarkeit im Sinne einer Fehlerlosigkeit der Bibel.[19] Und in der Praxis zeigt sich oft: Wo entgegen dem biblischen Vorbild die Rede von Fehlern in der Bibel ermöglicht wird, da öffnet sich die Tür zu einem sachkritischen Umgang mit der Bibel, in dem irgendwann auch durchgängige, klare und zentrale Aussagen des christlichen Glaubens bezweifelt und kritisiert werden können. So fällt bei Thorsten Dietz auf: Er kann sich trotz der durchgängigen biblischen Ablehnung gleichgeschlechtlicher Sexualpraxis rückhaltlos hinter die Position Martin Grabes stellen, dass gleichgeschlechtliche Paare getraut werden sollen.[20] In Folge 10 seines viel beachteten Podcasts „Das Wort und das Fleisch“ über „Die neuen Evangelikalen“ stellt er einzig die Postevangelikale Rachel Held Evans als uneingeschränkt vorbildlich dar.[21] In einem Worthaus-Vortrag distanziert er sich deutlich erkennbar vom stellvertretenden Sühneopfer.[22] Und er kann zu einem Buch mit einem äußerst liberalen Bibelverständnis[23] ein uneingeschränkt begeistertes Vorwort schreiben.[24] Diese Beispiele verdeutlichen: Auch ein konservativ klingendes Bibelverständnis, das von der Autorität und Inspiration der Bibel redet, kann in der Praxis zu fundamental anderen exegetischen Ergebnissen führen, wenn es die Kritisierbarkeit der als fehlerhaft angesehenen biblischen Texte ermöglicht.[25]

Die Bibelfrage stand nicht umsonst im Zentrum der Reformation. Sie steht erkennbar auch heute im Zentrum der wachsenden Spannungen unter Christen. Gerade um der Einheit willen ist es deshalb so wichtig, dass verantwortliche christliche Leiter das Thema Bibelverständnis nicht zur Randfrage erklären, sondern sich im Gegenteil intensiv damit auseinandersetzen, welches Bibelverständnis in ihrem Umfeld vertreten wird und welche praktischen exegetischen Konsequenzen es hat.


[1] Thorsten Dietz: Entstehung und Autorität des neutestamentlichen Kanons | 9.11.2, Worthaus Pop-Up 2019 – Heidelberg: 30.12.2019, online unter https://worthaus.org/worthausmedien/entstehung-und-autoritaet-des-neutestamentlichen-kanons-9-11-2/

[2] So schreibt Polykarp: „Ich vertraue zu euch, dass ihr in den heiligen Schriften wohl bewandert seid; … Nur das sage ich, wie es in diesen Schriften heißt: „Zürnet, aber sündiget nicht“, und: „Die Sonne soll nicht untergehen über eurem Zorne.“ (Polykarp 12,1) Dabei bezieht sich das erste Schriftzitat auf Psalm 4,5, das zweite Schriftzitat auf Epheser 4,26.

[3] In seinem Brief an die Trallianer schreibt Ignatius: Nicht soweit glaubte ich (gehen zu dürfen), dass ich, ein Verurteilter, wie ein Apostel euch befehle.“ (3,3b)

[4] „Denn weder ich noch sonst einer meinesgleichen kann der Weisheit des seligen und berühmten Paulus gleichkommen, der persönlich unter euch weilte und die damaligen Leute genau und untrüglich unterrichtete im Worte der Wahrheit, der auch aus der Ferne euch Briefe schrieb, durch die ihr, wenn ihr euch genau darin umsehet, erbaut werden könnt in dem euch geschenkten Glauben.“ (Polykarp 3,2)

[5] Theodor Zahn: Geschichte des neutestamentlichen Kanons, Bd. 1: Das Neue Testament vor Origenes, Teil 1, Erlangen 1888, S. 805.

[6] Bemerkenswert ist dazu z.B. ein gemischtes Bibelzitat im 1. Clemensbrief (ca. 98 n.Chr.), das eingeleitet wird mit der Formel „…was geschrieben steht; es sagt nämlich der Heilige Geist: …“. Das Zitat enthält eine Kombination von Worten aus Jeremia 9, 23+24 und der typischen Paulusformulierung „Wer sich rühmt, rühme sich im Herrn“ (1.Kor.1,31; 2.Kor.10,17). Offenbar sah also schon Clemens (etwa in den Jahren 91-101 Bischof in Rom) die Paulusbriefe als inspirierte „Schrift“ an.

[7] Thorsten Dietz erwähnt in diesem Zusammenhang die Bemerkung in 2. Petrus 3, 16, dass in den Paulusbriefen einiges schwer zu verstehen ist, „was die Unwissenden und Ungefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.“ Dietz kommentiert: „Der eigentliche Punkt ist ja hier: Die werden verdreht, genauso wie andere Schriften. Das ist schon eine sehr auf Wohlwollen setzende Exegese zu sagen: Da sieht man ja, dass hier die Paulusbriefe längst auf der Ebene der Tora gehandhabt werden.“ (23:30) M.E. entkräftet Dietz damit jedoch die von Petrus intendierte Gleichsetzung der Paulusbriefe mit der Tora nicht. Insbesondere durch die Bemerkung „zu ihrem eigenen Verderben“ stellt Petrus ja klar, dass das Verdrehen der Paulusbriefe genauso Gottes Gericht zur Folge hat wie das Verdrehen der Tora.

[8] In 1. Timotheus 5, 18 zitiert Paulus nach der Autoritätsformel „Die Schrift sagt“ zunächst aus 5. Mose 25,4 und dann ein Jesuswort aus Lukas 10,7. Thorsten Dietz sagt also zurecht: „Offensichtlich ist das für Paulus so: Tora und Jesus, das sind autoritative Setzungen Gottes, Jesu, die einfach gelten.“ (20:10)

[9] Siehe dazu Clemens Hägele: „Mit Christus gegen die Apostel? Beobachtungen zur Deutung zweier Lutherworte“. Erschienen im Deutschen Pfarrerblatt, Ausgabe: 10 /2016

[10] So schrieb Luther in seiner „Assertio“: „Wieviele Irrtümer sind schon in den Schriften aller Väter gefunden worden! Wie oft widersprechen sie sich selbst! Wie oft sind sie untereinander verschiedener Meinung! … Keiner hat der Heiligen Schrift Vergleichbares erreicht … Ich will …, dass allein die Heilige Schrift herrsche … [Ich] ziehe … als hervorragendes Beispiel Augustinus heran … was er in einem Brief an Hieronymus schreibt: ‚Ich habe gelernt, nur den Büchern, die als kanonisch bezeichnet werden, die Ehre zu erweisen, dass ich fest glaube, keiner ihrer Autoren habe geirrt.“ Aus: Assertio omnio articulorum, Vorrede (1520), in: Cochlovius/Zimmerling: Evangelische Schriftauslegung (wie Anm. 83), S. 26 f.

[11] Siehe dazu Christian Haslebacher 2021 in: https://danieloption.ch/featured/plaedoyer-fuer-das-apostolische-glaubensbekenntnis-den-zeitlosen-klassiker/

[12] Was leider noch lange nicht heißt, dass die evangelische Kirche heute keine „Knüppel“ gegen ihr nicht genehme Lehre mehr auspacken würde. Wenn es zum Beispiel um die Lehre geht, dass gleichgeschlechtliche Paare nicht gesegnet oder getraut werden können oder dass die Bibel nur zwei biologische Geschlechter kennt, dann zeigt sich leider immer wieder, dass die zur Schau getragene Toleranz rasch enden kann. So schreibt Martin Grabe: „In vielen evangelischen Landeskirchen ist die vollständige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit heterosexuellen inzwischen vollzogen. Pfarrer, die aufgrund ihres Gewissens immer noch nicht mitziehen, werden sanktioniert.“ (In: „Homosexualität und christlicher Glaube: ein Beziehungsdrama“, Francke 2020, S. 17)

[13] Ein solches Inspirationsverständnis würde sich jedoch gut decken mit einem Bibelverständnis, wie es beispielsweise der Theologe Udo Schnelle formuliert: „Natürlich ist die Bibel das Wort Gottes. Sie ist es aber nicht an sich, sondern immer dann, wenn sie für Menschen zum Wort Gottes wird. In dem Moment, wo es Menschen erreicht und zum Glauben an Jesus Christus führt, wird die Bibel zum Wort Gottes.“ Karsten Huhn im Gespräch mit Armin Baum und Udo Schnelle: Wie entstand das Neue Testament, in: idea Spektrum 23/2018, S. 19

[14] „Das sagen manchmal auch sehr konservative Christen. Die sagen: Man darf nicht Jesus gegen die Bibel ausspielen. Es gibt konservative Christen, die das so sagen, es aber machen. Weil sie sagen: … Jesus ist natürlich der wichtigste Inhalt der Bibel. Ist ja klar. Aber man muss die Bibel anerkennen. Und nur wer die Bibel als unfehlbar anerkennt, der hat überhaupt eine Basis, auch zum biblischen Christus zu kommen. Naja, für mich ist das leider auch eine Weise, Jesus gegen die Bibel auszuspielen, nur umgekehrt. Denn so wird die Bibel ja letztlich Jesus übergeordnet in einer Weise, dass man sagt: Du musst zunächst einmal ein bestimmtes Bibelverständnis anerkennen, du musst die Bibel als unfehlbar und irrtumslos und absolut anerkennen, dann wirst du von ihr auch zu Jesus geführt.“ (ab 1:04:40)

[15] Siehe dazu Markus Till: „Ist die Bibel unfehlbar?“ AiGG-Blog 2018 blog.aigg.de/?p=4212

[16] Siehe dazu Markus Till: „Das biblische Bibelverständnis“, AiGG-Blog 2021 blog.aigg.de/?p=5853

[17] Empfohlen sei dazu z.B. Armin D. Baum: „Is new testament inerrancy a new testament concept? A traditional and therefore open minded answer“ In: JETS 57/2 (2014) 265-80; online unter: www.etsjets.org/files/JETS-PDFs/57/57-2/JETS_57-2_265-80_Baum.pdf

[18] „Die Bibel, bestehend aus den Schriften des Alten und Neuen Testaments, ist Offenbarung des dreieinen Gottes. Sie ist von Gottes Geist eingegeben, zuverlässig und höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung.“

[19] Das erinnert an die jüngst veröffentlichte Erklärung zum Schriftverständnis der evangelischen Hochschule Tabor, in der Adolf Schlatter zitiert wird mit den Worten: „Denn nicht das ist Gottes Herrlichkeit, dass er vor uns den Beweis führt, dass er ein fehlloses Buch verfassen kann, sondern das, dass er Menschen so mit sich verbindet, dass sie als Menschen sein Wort sagen […] Nicht die Schrift, sondern der die Schrift gebende und durch sie uns berufende Gott ist unfehlbar. […] Darin besteht die Fehllosigkeit der Bibel, dass sie uns zu Gott beruft.“ In: „Die Bibel verstehen – der Schrift vertrauen – mit Christus leben“, Erklärung zum Schriftverständnis der ev. Hochschule Tabor vom 09.08.2021, https://www.eh-tabor.de/sites/default/files/die_bibel_verstehen_-_der_schrift_vertrauen_-_mit_christus_leben.pdf

[20] Am 16.07.20 würdigte Thorsten Dietz auf Facebook gemeinsam mit Michael Diener das Buch „Homosexualität und christlicher Glaube – ein Beziehungsdrama“ von Martin Grabe mit den Worten: „Das Buch von Martin Grabe, dem Vorsitzenden der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge, ist eine sehr persönliche und erfahrungsgesättigte Darstellung dessen, was schwule und lesbische Gläubige in evangelikalen Kreisen erlebt und erlitten haben. Und er beschreibt den langen Weg, den es gebraucht hat, dass er am Ende selbst sagen kann. “Homosexuelle Christen dürfen ebenso wie heterosexuelle Christen eine verbindliche, treue Ehe unter dem Segen Gottes und der Gemeinde eingehen und sind in der Gemeinde in jeder Hinsicht willkommen. (S. 76)”

[21] Das Bild der (leider inzwischen verstorbenen) US-Amerikanerin Rachel Held Evans ziert auch die Internetseite zu dieser Podcastfolge (wort-und-fleisch.de/die-neuen-evangelikalen/). Eine ausführliche Darstellung ihrer theologischen Positionen und ihres Bibelverständnisses liefern die Artikel „Rachel Held Evans – Eine postevangelikale Hoffnung für die Kirche?“ (blog.aigg.de/?p=5447) sowie „Rachel Held Evans – Ein neuer Zugang zur Inspiration der Bibel?“ (blog.aigg.de/?p=5460) von Markus bzw. Martin Till im AiGG-Blog.

[22] Siehe dazu der Artikel „Quo vadis Worthaus? Quo vadis evangelikale Bewegung“ in GuDh 1/2020, in dem auch der Worthausvortrag von Thorsten Dietz „Der Prozess – Warum ist Jesus gestorben?“ besprochen wird.

[23] Sein Bibelverständnis erläutert der FeG-Pastor Sebastian Rink in seinem Buch „Wenn Gott reklamiert“ (Neukirchener, 2021) wie folgt: „Warum entstehen überhaupt Bibeltexte? Ich stelle mir das so vor: Menschen machen Erfahrungen. … Irgendwann beginnen sie, über all das nachzudenken. … Sie suchen nach einer Sprache, die den Geheimnissen der Welt und des Lebens angemessen ist. Und sie (er-)finden Worte dafür. Das größte unter ihnen heißt „Gott“. … Irgendwann denken und erzählen sie nicht mehr nur, sondern schreiben. … Sie halten fest, wie sie Gott erfahren. Menschen notieren, wie sie sich die geheimnisvolle Wirklichkeit des Göttlichen vorstellen. Sie schreiben, diskutieren, korrigieren. Sie machen neue Erfahrungen und alte Ideen verändern sich. Und sie schreiben weiter. Und schreiben anders. Und schreiben neu. Sie bewahren nicht alles auf, denn nicht alle Ideen passen in jedes Leben. Deshalb entwickelt jede Gemeinschaft eigene Vorstellungen. So bilden sich nach und nach Sammlungen der wichtigsten Texte. Das Beste setzt sich durch. Dokumente, an denen Menschen sich gemeinsam orientieren und die ihnen zum Maßstab (griechisch: Kanon) werden für ihren Umgang mit dem Geheimnis Gottes. So stelle ich mir das vor und biete an, einmal auf diese Weise an die Texte heranzugehen. Nicht in tiefster Ehrfurcht vor ihrer vermeintlichen Heiligkeit, sondern höchst ergriffen von ihrer schamlosen Menschlichkeit.“ (S. 25-26)

[24] Das Vorwort von Thorsten Dietz zum Buch „Wenn Gott reklamiert“ kann nachgelesen werden in der online verfügbaren Leseprobe unter www.scm-shop.de/media/import/mediafiles/PDF/156757000_Leseprobe.pdf

[25] Siehe dazu Markus Till: „Zwei Bibelverständnisse im Kampf um die Herzen der Evangelikalen“, AiGG Blog 2021, blog.aigg.de/?p=5749

Dieser Blog-Beitrag von Markus Till erschien zuerst auf aufatmen in Gottes Gegenwart . Lies hier den Original-Artikel "Entstehung und Autorität des neutestamentlichen Kanons – Einsichten in das Bibelverständnis von Thorsten Dietz".

Über Dr. Markus Till

Evangelisch landeskirchlicher Autor, Blogger und Lobpreismusiker mit pietistischen Wurzeln und charismatischer Prägung

32 thoughts on “Entstehung und Autorität des neutestamentlichen Kanons – Einsichten in das Bibelverständnis von Thorsten Dietz

  1. Es ist das feste Fundament des Glaubens die Schrift für wahr zu halten, und sich so dem Glauben öffnen zu können. Wäre es anders, also das man Zweifel hätte es könnte nur die halbe Wahrheit sein, ja was wäre das denn für ein Glaube wenn man schon mit Mißtrauen da herangeht? Glaube ist dann möglich wenn ich das Wort Gottes für wahr halte und mich auf diesen tragenden Boden begebe.
    Mir kam dazu der Hauptmann aus Mt 8 in den Sinn, ob es passend ist weiß ich nicht. Der Hauptmann hielt das für wahr was er von Jesus hörte, ,,er glaubte“ darum konnte er sagen ,,sprich nur ein Wort dann wird mein Knecht gesund, was sich über das hören von Jesus entwickelt ist gelebtes Leben aus dem Glauben heraus, das ist in jeder Lebenssituation anders, aber der Grundstein ist gelegt, die Wahrheit führt zum Leben, und der Weg ist der Glaube daran was wir von Jesus gehört und gesehen haben ,,Ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben“. Hätte der Hauptmann zweifel gehabt was er von Jesus gehört hat, dann hätte er niemals zu Jesus sagen können ,,sag nur ein Wort“, denn ohne Glauben hätte er Jesus versucht und darauf hätte Jesus ganz anders reagiert.

    Die Theologie von Thorsten Dietz erschöpft sich darin das er ein neues Fundament zur Tragfähigkeit des Glaubens aufrichten will, wenn aber die Wahrheit der Bibel dabei ignoriert wird bleibt es doch nur menschengemachter Irrtum. Wer will ihm denn seine Sicht der Wahrheit bestätigen? Welche Zeugen ruft er auf? Woher kommt seine Lehre wenn er die Bibel anzweifelt?
    Es gibt nur zwei Wege, entweder die Bibel ist 100% wahr, oder man schließt neue Wege auf und stellt sich damit über Gott, denn was nicht aus dem Geist Gottes kommt, kommt aus dem menschlichen Geist in dem der Mensch die Botschaft verkündigt, wobei er erstmal den Geist Gottes verschließen muss. Dann ist der Weg offen und jeder kann glauben wie er es für richtig hält.

  2. Was ist wahr und vertrauenswürdig?

    Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten (Joh 16,13). Jesus hat uns den Geist der Wahrheit als oberste Instanz versprochen und gegeben. Er spricht an dieser Stelle interessanterweise nicht zuerst von künftigen Schriften.

    Von daher gesehen steht der Heilige Geist immer oberhalb der Texte. Man kann die Inspiriertheit von Texten sehr wohl gerade mit diesem Geist messen. Ob ein Text geistlich-intutiv „schmeckt“ und nicht nur logisch irgendwie passend gemacht wurde.

  3. Woher wussten denn die ersten Christen etwas vom Evangelium? Den NT-Kanon gab es damals noch nicht. Man soll dich nicht so tun, als ob damals alles vom geschriebenen Wort abhing. Ja, das AT gab es ja, aber das NT noch nicht. Die Christen wurden über lange Zeit mündlich unterrichtet und erst nach Jahrzehnten wurden die NT-Texte geschrieben, wenn es auch vorher schon schriftliche Notizen gab.
    Die Welt würde die Bücher nicht fassen, wenn man alles, was Jesus tat, aufgeschrieben hätte, sagt das Johannes-Evangelium.

    1. Die Mission des Evangeliums ist nicht in erster Linie eine Lehrveranstaltung, sondern eine Zeugnisveranstaltung.
      Die Apostel gaben weiter, was sie gesehen und gehört hatten.

  4. Zitat: „Eine Wertschätzung von Zweifeln an Aussagen der Schrift und der Apostel findet sich weder in der Bibel noch in der frühen Kirche.“

    Kurz zuvor:
    „Da zögerte er (Paulus) auch nicht, Petrus öffentlich anzugreifen“

    Seltsam

    Zu Jesu und Paulus Schriftverständis:
    Wieso kritisiert Jesu einzelne Worte des Pentateuch (Scheidegebot) eben als nicht inspiriert an:
    Matthäus 19,8
    „Mose hat wegen eurer Herzenshärtigkeit euch gestattet, eure Frauen zu entlassen; von Anfang aber ist es nicht so gewesen.“

    Mose und nicht Gott erlässt etwas. Das war aber von Anfang an (wie Gott es wollte) nicht so.

    „Jesus und die Autoren des NT (genau wie die Kirchenväter) ganz selbstverständlich davon ausgingen, dass in den biblischen Texten Gott bzw. der Heilige Geist selbst redet.“
    Ja wie bei timotheus aber auf das AT bezogen.
    Und wie oben gezeigt: das macht dennoch Kritik möglich.

    „Eine fehlerhafte Bibel verliert ihre Orientierung gebende Kraft“
    Da die Bibel nicht wesensgleich mit Jesus ist, ist sie nicht vollkommen. Also reicht auch unvollkommen Infos über Jesus (die frühen Christen hatten kaum NT Schriften.)
    Es braucht keine Irrtumslose Schrift um zu Jesus zu kommen, die meisten Christen kannten, als sie Christen wurden, die bibel ja auch nicht auswendig. Die basics über die Erlösungstat reichten oft aus.
    Also wo ist der zwingende Grund für eine Irrtumslose Schrift?

    1. Tatsächlich war auch die Ehescheidung „inspiriert“.

      Nehmen wir uns zunächst eine Stelle des NT vor: 1. Kor 11, 3: „Ich will aber, dass ihr wisst, dass Christus das Haupt eines jeden Mannes ist; der Mann aber ist das Haupt der Frau; Gott aber ist das Haupt Christi.“

      Die Ehe zwischen Mann und Frau ist also ein Abbild der Beziehung von Jesus zum Menschen.
      Während des Wüstenwanderung ist jedoch das Volk Israel mehr als 10 Mal von Gott gewichen, hat gemurrt usw.. Wenn das Volk Gott nicht die Treue halten kann, dann leiden ebenso die Ehebeziehungen, dann kann Gott auch keine Treue in den Ehen erwarten.
      Gott hat also die Scheidungen zugelassen, nicht, dass es von Anfang an so gewesen ist und so bleiben soll, sondern als Abbild der ständig zerrütteten. treulosen Beziehung des Volkes Israel zu Gott. Gott dagegen hält die Treue.

      Du hast in Deinem Zitat von Mat 19,8, einen kleinen Teil „unterschlagen“: „Er sprach zu ihnen: Mose hat euch erlaubt, euch zu scheiden von euren Frauen, eures Herzens Härte wegen; von Anfang an aber ist’s nicht so gewesen.“
      Diese Herzenshärte wohnte auch den Israeliten inne während der Wüstenwanderung, sie sehnten sich beständig nach den Fleischtöpfen Ägyptens und nicht nach ihrem Gott, der doch große Wunder vor ihren Augen tat.

      Spulen wir ein paar Jahrhunderte weiter: David hat einen Harem, lebt nicht die sonst vorgegebene Einehe. Auch das hat seinen Grund: David ist in weiten Teilen seiner Geschichte eine Abschattung von Jesus, der Harem eine Abschattung der Brautgemeinde, wie man z.B. an der Begegnung von David mit Nabal/Abigail sieht.
      Salomon ist eine Abschattung des wiederkommenden Jesus (er baut den Tempel). Bei ihm gilt jedoch, dass ihm und seiner Gottesbeziehung sein Harem eben nicht gut tat, denn er huldigte später auch den fremden Göttern seiner Frauen.

      Derartige Bibelstellen, die scheinbar Gottes Geboten widersprechen, haben ihren Grund und eine auch für uns relevante Aussage – da lohnt es sich besonders nachzuforschen, denn dann stellen sich die vermeintlichen Irrtümer der Bibel als eigene Irrtümer heraus.
      Da gibt es sogar „Highlights“ wie Hosea 1,2: „Heirate eine Hure und zeuge mir Hurenkinder! Denn das ganze Land ist mir untreu geworden und läuft wie eine Hure fremden Göttern nach.“, wobei hier sogar eine Begründung geliefert wird.

      1. „dann kann Gott auch keine Treue in den Ehen erwarten.
        Gott hat also die Scheidungen zugelassen,“

        Gott kann keine Treue in der Ehe erwarten und dennoch erwartet er Treue bei 613 mizwot (laut Judentum).
        Klingt seltsam.

        Und wo steht denn, das er es nur Ausnahmsweise hier in der Wüste erlaubte?

        Auch bei matthäus steht nirgends das hier eine Ausnahme rückgängig gemacht wird. Noch weniger steht drinn, Gott hätte sie (kurzfristig) erlaubt.

        Da ist mir viel zu viel Spekulation im Spiel.

        Auch die ganzen „Abbilder“ sind mir methodisch zu beliebig. Das kann man ja zu jedem Fehlverhalten machen und übersieht dann die eigentlichen Geschichte.

        Ist Salomon ein Abbild dafür, dass Jesus von der Gemeinde (wie Salomon von seinen Frauen) anfängt den Fremdgötterkult einzuführen?
        Unsinnig oder?
        Aber wenn ich jede Ehe jetzt als Abbildung sehe kann sowas mal rauskommen.

        Gruß

        1. Hat sich denn Paulus in 1. Kor 11 geirrt?

          Ich habe nie von „Ausnahmsweise“ geschrieben. Gott hat erkannt, dass die Menschen nicht treu sein können, nicht verzeihen können (Jesus nannte das dann Hartherzigkeit). Sie können Gott nicht treu sein. Und wenn das im „Großen“ nicht klappt, dann leider auch nicht im „Kleinen“, in der Ehe.
          Und damit die Menschen das kapierten, erteilt Gott die Erlaubnis zum Scheidebrief. Nicht weil er das für richtig ansah, sondern damit die Menschen kapieren: so wie ich mich von einem Ehepartner scheiden lassen kann, so wie ich ihm gegenüber treulos bin, so bin ich auch gegenüber Gott. Dann ist die Beziehung kaputt und ich muss mit den Folgen leben.
          Der Sinn des Scheidebriefes war also nicht, dass sich die Leute scheiden lassen konnten, sondern dass sie einen Spiegel vorgehalten bekamen: so leicht, wie ihr jetzt eure Ehen auflösen könnt, so leicht könnt ihr die Gottesbeziehung auflösen.

          David und Salomon sind in vielerlei Hinsicht Abbild von Jesus, und in mancher Begebenheit „Menschen“ mit Fehlern und Sünden.
          Z.B. ist der Kampf Davd gegen Goliath ein Abbild des Sieges Jesus über den Feind. 40 Tage lang versagt das Volk jeden Tag vor den Philistern, bis David kommt. 40 Tage lang war Jesus in der Wüste und bestand jeden Tag vor dem Feind. David war eine eher schmächtige Erscheinung, Jesus wurde als gering eingeschätzt. … Es gibt vielerlei Parallelen und Gegenüberstellungen.

          Wenn es heißt, dass wir Jesus ähnlicher werden sollen, dann kann man durchaus auch auf David und Salomon gucken und wir bekommen dort deutliche Hinweise, wie es geht, aber auch welche Stolpersteine lauern: Frauengeschichten, falsche Religion, …, da gibt es Warnungen.

          1. Wo wird „damit die Menschen kapieren: so wie ich mich von einem Ehepartner scheiden lassen kann, so wie ich ihm gegenüber treulos bin, so bin ich auch gegenüber Gott.“
            Im AT (vorallem beim Scheidegebot) formuliert?
            Textlich Belege?

            Und warum revidiert Jesus dies dann?
            Auch bei ihm kein Hinweis von „Das war ein Spiegel“. Nein er sagt ganz klar:
            Mose tat dies.

            Kein Wort von Gott will euch damit dies und das zeigen.

            Was ist bibeltreu daran unbefugte Dinge in den Text hineinzutragen?
            Exegese heißt aus dem Text heraus, nicht in ihn hinein deuten.

            Gilt bedingt auch für die Abbilder. Mag vielleicht teilweise richtig sein. Aber halt Zu wenig Anhalt am Text und kann damit in falsches (wie bei mir oben) eskalieren.

            Kurz: nicht bibeltreu genug sind mir die bibeltreuen.

          2. Nun war Mose derjenige, mit dem Gott sprach. Mose war derjenige, der Gottes Aufträge ausführte bzw. an die Israeliten weitertrug. Der Herr redete allein zu Mose, 4. Mos 12.

            Wenn Mose etwas auf eigene Faust tat, entgegen dem Wort Gottes, gereichte ihm das nicht zum Vorteil. Wir sehen es an der Stelle, wo Mose nicht wie ihm aufgetragen war mit dem Fels redete, sondern draufschlug.

            Kurzum: sofern nicht deutlich auf Gegenteiliges hingewiesen wird in der Schrift, tut und sagt Mose das, was Gott ihm aufgetragen hat. Zitiert Jesus später dann Mose, dann zitiert Jesus Gott.

            Und wenn Gott sich scheinbar dann widerspricht, dann heißt es für uns nachforschen, warum das so ist. Gerne würde ich eine bessere Erklärung als die von mir jetzt vertretene entgegen nehmen, warum Gott die Scheidung zu der Zeit erlaubte.
            Ich sehe nur keine bessere Erklärung, es sei denn, ich würde entweder Gott als wankelmütig beschreiben, oder eben die Bibel als nicht inspiriert.
            Von daher: es war das Volk, was wankelmütig war. Und Gott macht mittels der Möglichkeit der Ehescheidung klar, dass es auch eine Scheidung von Gott gibt, die einmal eingegangene Gottesbeziehung als nicht zwangsläufig bis zum Tode hielt.

            Man sieht es etwas später bei Bileam und Balak, gerade der Bileam wird ja häufiger noch erwähnt, mehrfach im NT:
            Er schaffte es nicht, Gott von Israel zu scheiden. Er beriet später dann den Balak, wie er Israel von Gott trennen kann – durch Verführung, Götzendienst, usw.. 23000 bzw. 24000 müssen daraufhin sterben (Zwei Quellen in der Schrift, zwei unterschiedliche Zahlen, und doch sind beide Zahlen richtig. ist aber ein anderes Thema).

          3. „es sei denn, ich würde entweder Gott als wankelmütig beschreiben“
            genau das tuen sie aber. Gott erlaubt erst Scheidung als Abbild, und dann verbietet Jesus das wieder.
            Warum lässt er es nicht gleich weg?

            Wie gesagt: ihre Erklärung scheitert das sie die Einfachste Erlärung verwirft:
            Es steht es war von Mose (wegen der Hartherzigkeit). ->Sie sagen es war natürlich nicht von Mose.
            Aber: Hätte Jesus sagen wollen es wäre von Gott als Abbild gewollt gewesen, dann hätte er das auch gesagt.

            Die Lehre soll aus dem Tex gezogen werden. Sie drehen das um.

            „wenn Gott sich scheinbar dann widerspricht, dann heißt es für uns nachforschen, warum das so ist.“ auch hier gilt: Wiedersprechen tut sich Gott nur bei Ihnen. Warum sonst löst Jesus etwas auf das, laut ihnen, zuvor sein Wille war?

            Der Text selber legt eher einen Widerspruch gegen Mose nahe

          4. Wenn wir aber jetzt feststellen, dass dem Mose in dieser Sache nicht zu trauen ist – welche seiner Geschichten und Aussagen können wir denn dann auch noch als uninspiriert, sogar als falsch, streichen?
            – Stimmten die 10 Gebote?
            – Das mit der Schöpfung? Also dieser Adam, existierte der? Und wenn das eine frei erfundene Geschichte ist: nimmt dann Jesus Bezug auf die „Erfindungen“ des Mose, und ihm ist auch nicht so ganz über den Weg zu trauen? Vielleicht hatte ja auch Mose Recht mit der Ehescheidung, aber dieser Jesus nicht?
            – Oder dass Israel das von Gott erwählte Volk ist?

            Das könnte man jetzt beliebig weiterspinnen. Streiche ich die fünf Mosebücher, dann muss man konsequent weitermachen. Ein Tempel, der vom Aufbau her die Stiftshütte nachahmt? Streichen. Also die Samuelbücher. Ein Prophet, der den nächsten Tempel akündigt? Steichen … Ein Jesus, der das AT zitiert? Streichen. Ein Paulus, der sich auf Jesus und/oder AT beruft? Streichen.

          5. „Stimmen die 10 Gebote?“
            Welche Version denn? die Unterscheiden sich geringfügig…

            „Vielleicht hatte ja auch Mose Recht mit der Ehescheidung, aber dieser Jesus nicht?“
            Hängt davon ab ob sie Christ sind oder zum Judentum gehören.

            Sind sie auch empört, dass im 5. Buch Mose ein paar Sätze am Ende nicht von Mose selber stammen können (Todesnotiz)? Na und? Dann wars halt ein anderer. (Es gibt noch andere Post-Mosaica)
            Was stört sie wenn Mose irrt? Mose ist ein Mensch, nicht Gott. Erstaunlich viele Geschichten der Bibel zeigen uns die Schwäche der Menschen (selbst der Gute David sündigt mal). Alle Geschöpfe sind nicht Perfekt.
            Entscheidend ist die Göttliche Offenbarung in Jesus.
            Ist ihr Glaube von der Perfektion der Bibel abhängig oder von Christus? Wer ist ihr Herr?

          6. Mose war nicht Gott und nicht Jesus.

            Warum Herr Till vielen Gläubigen hier mit dem alten Testament Angst macht, verstehe ich nicht.

            Jesus allein. Jesus allein ist unsere Mitte.

            Grüßle

          7. «Er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.»
            Lukas 24,27

          8. Ich korrigiere die Grammatik meines Beitrages wie folgt:

            Jesus hat die Sünderin, die Hure, und viele andere NICHT nach dem Gesetz des Mose beurteilt, verurteilt und behandelt, welches Tod und Folter durch Steinigung vor sah, SONDERN nach Jesu ganz anderer und gegenteiliger Sicht und Meinung zu diesem „Rachegesetz“, nämlich GEGEN dieses alte Rachegesetz und somit analog auch GEGEN ALLE vergleichbaren „Rachegesetze“ des Mose.

        2. „Und er (Jesus) fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften VON IHM (Jesus) gesagt war.“

          Was hat es mit dem Thema zu tun? Viel.

          Denn Jesus hat die Sünderin, die Hure und viele andere, NICHT nach dem Gesetz des Mose, das Steinigung vor sah, behandelt, sondern nach Jesu ganz anderer und gegenteiliger Sicht und Meinung zu diesem und somit auch mit ähnlichen „Rachegesetzen“ des Mose zu tun..

          Im Römerbrief hat Paulus mächtig, ganz mächtig, gegen Gesetze des Mose gewettert.

          Und im Übrigen hat dieser ganze Artikel inhaltlich mit Thorsten Dietz rein gar nichts zu tun.

          .

          1. Hoppla, mein Beitrag vom 18. Dezember 2021 um 1:11 Uhr gehört chronologisch hier hin. Ich höffe es klappt so besser.

    2. Ein Hinweis zu Matthäus 19,8:

      Die Form „gewesen“ ist ein Perfekt. Das Perfekt im Griechischen ist resultativ . Es beschreibt also nicht, was vom Anfang an bis zur Zeit des mosaischen Gesetzes war (dafür hätte es das Plusquamperfekt gegeben), sondern es beschreibt, was von Anfang an bis zur Zeit als Jesus die Worte sprach galt! Jesus beschreibt, was zu seiner Zeit Stand war! Es ist also wohl falsch, wenn wir Gottes Lehre zur Ehe in Zeiten einteilen: Paradies – Zeit Mose – Zeit Jesu, und dann meinen, dass die Zeit des Mose eine Zeit der Kompromisse war, die Jesus wieder geraderückt. Das Gesetz/Gebot ist heilig, gerecht und gut (Römer 7,12)… 5Mose 24 ist inspiriert! Wenn Gott unveränderlich ist, hat Mose in 5Mose 24, dann eigene Ideen produziert, die Jesus jetzt mit göttlicher Autorität wieder geraderückt? Wohl kaum. Also die Frage: Was ist das ES, das von Anfang an nicht so gewesen ist?Dazu müssen wir wohl zur Frage der Pharisäer zurückkehren. Für sie war klar: das Gesetz gibt dem Mann das einseitige Recht, eine Ehe jederzeit (ist es einem Mann erlaubt aus jeder Ursache seine Frau zu entlassen?) zu beenden. Ehe ist für sie ein Bund, aus dem der Mann sich jederzeit verabschieden kann. DAS war ihre Definition von Ehe! (und wohl nicht nur ihre, wenn man die Reaktion der Jünger betrachtet: Wenn die Sache des Mannes mit der Frau so steht, so ist es nicht ratsam zu heiraten! ). Und sie dachten natürlich, dass das nicht nur ihre eigene Definition war, sondern dass Gott von Anfang an selbst so über Ehe und die Dauerhaftigkeit von Ehe dachte! Jetzt geht es Gott in 5Mose 24 aber nicht um das Recht, eine Frau zu entlassen, sondern um den Schutz einer Frau vor potentiell gewalttätigen Männern! ES ist also die Position der Pharisäer zur Ehescheidung. Und ES ist eben nicht eine Erlaubnis, sondern von Anfang an (bis zur Zeit Jesu) ein Nein Gottes zur Scheidung. Soweit mein Hinweis.

  5. Ich hatte Dietz‘ Vortrag eigentlich als glaubensstärkend wahrgenommen.
    Ich hatte gedacht, der NT-Kanon sei erst Jahrhunderte nach Jesus in Nicäa festgelegt worden. Dietz‘ Darstellung, daß über den größten Teil des NT-Kanons viel früher Konsens herrschte, ließ die Sache in einem ganz anderen Licht erscheinen.
    Allerdings haben sich die Schriften sich sicher nicht selbst durchgesetzt. Schriften sind keine Akteure, sondern liegen nur rum. Till meint hier wohl, daß die Schriften wohl auf viele Leute überzeugend gewirkt haben. Das ist keine zureichende Erklärung, denn es gibt auch viele säkulare Schriften, die große Popularität erlangen.

    Was genau bedeutet Tills Kritik für Dietz? John McArthur hat klargestellt, daß der Häretiker N.T.Wright mit seiner Neuen Perspektive auf Paulus ein falsches Evangelium predigt, das wahre Evangelium leugnet und daher laut dem unfehlbaren Wort der Schrift in Ewigkeit in der Hölle wird braten müssen:
    https://www.youtube.com/watch?v=Jw3h3Vie73w
    Trifft das auch auf Dietz zu? Auch auf die, die er in die Irre leitet? Wie schlimm ist die Häresie? Ich erwarte genaueste Aufklärung! Immerhin geht es hier um die Vermeidung ewiger grausiger Qualen! Hoffentlich wird Till seiner schweren Verantwortung gerecht! Die Bibel sagt: Jakobus 3: „1 Werdet nicht in großer Zahl Lehrer, meine Brüder, da ihr wißt, daß wir ein strengeres Urteil empfangen werden!“

    Die Ursache der Meinungsverschiedenheit zwischen Till und Dietz ist jedenfalls klar. Die Bibel sagt: Jakobus 4: „1 Woher kommen die Kämpfe und die Streitigkeiten unter euch? Kommen sie nicht von den Lüsten, die in euren Gliedern streiten? 2 Ihr seid begehrlich und habt es nicht, ihr mordet und neidet … 4 Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wißt ihr nicht, daß die Freundschaft mit der Welt[1] Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, der macht sich zum Feind Gottes! … 7 So unterwerft euch nun Gott! Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch“ Dietz ist offenbar jemand, der dem Teufel nicht widersteht, sondern in geheimen satanischen Ritualen Schwestern verführt, Babies absticht und neue Irrlehren vorbereitet! Oder er ist auf dem Weg dahin! Die Bibel sagt es klar und unfehlbar! Ich verlange die Beobachtung dieser gefährlichen Person und die Aufklärung aller seiner dunklen Machenschaften, damit die Wahrheit ans Licht kommt und nicht so viele Unwissenden verführt und ins Verderben gestürzt werden!

    1. Andre, ich habe Dietz noch nie erlebt, dass er irgend etwas „gegen“ die hiesigen evangelikalen Geschwister und gegen sonstige konservative Evangelikale „zu Felde“ geführt hätte. Er erklärt immer ausführlich SEIN Verständnis…… so wie alle hier auch. Das ist OK.

      Es ist grundrespektabel und auf Augenhöhe.

      Andre‘ sind deine letzten Sätze Satire oder ernst gemeint?
      Ich denke, das sollte man und auch du in diesem Umfeld eindeutig klären…..

      Für die eigene Position stehen …. und im Dialog dazulernen …… und bitte nicht in die eigene dogmatische Schockstarre fallen….

      1. Wir sind hier auf einer bibeltreuen Webseite der wahren Gläubigen. Hier wird die gesamte Bibel noch als offenbartes Wort Gottes und volle Wahrheit erstgenommen! Es werden nicht einzelne, schön klingende Bibeltexte rausgekramt und hochgehalten und andere, ermahnende Bibeltexte abgewertet, für nichtig oder erledigt erklärt, relativiert, umgebogen, zurechtgemacht, beschönigt oder durch Menschenworte ersetzt!
        Allerdings gebe ich zu, daß Jakobus 4 die Interpretation offenläßt, daß nicht Dietz, sondern Till der seinen Begierden folgende, ehebrechende, mordende Satansjünger ist. Immerhin ist Till derjenige, der sich immer wieder an Worthaus abarbeitet, während Dietz ihn scheinbar gar nicht mehr erst nimmt. Würde man zwar nicht denken, aber bei diesem Ravi Zacharias hat sich ja auch erst sehr spät rausgestellt, was seine Früchte waren …

  6. Na, m. E. Darf man halt nicht z. B. den Jakobusbrief aus dem Kanon des NT verbannen, wie es selbstherrlich M. Luther tat, nur weil dieser Text einem nicht passt in das eigene Auslegung verständnis, worin sog. „Werkgerechtigkeit“ strikt abgelehnt wird, die ja (scheinbar!) von eben diesem Brief propagiert zu werden scheint.
    Stimmt natürlich nicht – aber statt kritisch die Vereinbarkeit der eigenen Lehrerkenntnis mit dem vorgefundenen und hergebrachten Schriftkanon zu hinterfragen, ist bzw. war es allemal einfacher, den betr. unbequemen Text rein willkürlich aus dem Kanon zu werfen.

    1. Das ist die Legendenbildung, die Leute glauben, die nicht genauer in die Materie einsteigen, d.h. zentrale Schriften von Luther lesen, die kürzer sind als eine Seite.
      Martin Luther: Thesen über den eingegossenen und erworbenen Glauben, 1520: „13. Die Werke folge der Rechtfertigung aus Glauben unfehlbar, da dieser nicht müßig ist.
      14. Es ist also richtig gesagt: „Der Glaube ohne Werke ist tot“ (Jak 2, 20), ja, er ist gar nicht Glaube.“
      Martin Luther: Frage, ob die Werke etwas zur Rechtfertigug beitragen, 1520: „4. Es ist unmöglich, daß der Glaube ohne ständige, viele und große Werke ist. (vgl. Jab 2, 18ff)“

      1. Sie können ihn ja gerne verteidigen mit einzelnen hier zitierten Sätzen, aber die Tatsachen im Ganzen sprechen für sich und gegen ihn und seine willkürliche Kanonverkürzung der biblischen Schriften.

        1. Luther hat nichts verkürzt. Er hat den Brief nach hinten in der Bibel geschoben, weil er ihm tatsächlich nicht „behagte“.
          https://de.wikipedia.org/wiki/Brief_des_Jakobus
          Damit war er aber nicht allein in der Kirchengeschichte, wie man dort sieht.

          Hinsichtlich der Apokryphen hat sich Luther an die im Judentum als kanonisch anerkannten Schriften gehalten (die Apokryphen waren nie im Judentum kanonisch) und den Rest in einen Anhang verbannt als „nützliche“, jedoch nicht „heilige“ Schriften.
          Im NT gibt es ca. 300 Bezugnahmen auf Schriften des AT, nie jedoch auf Schriften eines deuterokanonischen Buches.
          Melito von Sardes (bei den Katholiken als Heiliger verehrt) war der erste, der im Christentum eine genaue Liste der Bücher des AT erstellt hat – seine Feststellung war, dass nur die Bücher des jüdischen Kanons zum AT gehören. Damit lag er auf der späteren Linie von Hieronymus, und dem folgte Luther.

          Als Trotzreaktion auf die Reformation wurde dann 1546 auf dem Konzil von Trient festgelegt, dass alle Bücher als gleichrangig zu betrachten sind.

          Das schmeckt natürlich manchen Konfessionen nicht, weil sie aus den Apokryphen / deutrokanonischen Texten einen Teil ihrer Irrlehren ziehen und daher Falschinformationen über Luther verbreiten.

          1. Ein paar Anfragen.

            1. Wenn wir uns an dem Jüdischer Kanon orientieren…
            A) müssten wir konsequenterweise auch das NT entfernen? War ja auch nie Jüdischer Kanon.

            B) Warum ist der Aufbau der meisten Protestantischen Bibeln an der Septuaginta orientiert und nicht am Jüdischen Kanon?(theologische Gründe, Juden sehen zu Propheten als Ausleger der Torah, nicht als Ankündigung des Messias)

            Man sollte ein Argument konsequent zu Ende denken.
            (Herr Karl Karzelek hat dies vor kurzen sehr eindrücklich vorgeführt.)

            2.
            Irrlehren in den Apokryphen? Von wo kommen die den auf einmal? Luther fand die doch noch gut und nützlich und hat sie eben nicht wegen vermeintlicher irrlehren herausgenommen.

            Wenn an anderer Stelle was nicht passt (zb Jakobus, scheidegebot) versucht man mit verschiedenen Apologien das ganze in Einklang zu bringen.
            Hier bemüht man sich weniger. Dann ist es halt falsch oder eine Irrlehre…

            Und um noch mal zur LXX zu kommen:
            Wahrscheinlich sind die meisten Zitate im NT hier herausgenommen.

            https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/septuaginta-at/ch/d6ace28276e0a543c60d775fdee6058a/#h38

            Unter:
            6. Die LXX und das Neue Testament

            Wäre es nicht konsequent die LXX mit als textgrundlagen zu nehmen?

          2. Zu 1.A hättest Du auch allein die Antwort finden können?
            Luther wie manche seiner Vorgänger auch haben sich hinsichtlich des _AT_ am jüdischen Kanon orientiert.

            Zu 1.B ist mir der Grund für die Reihenfolge eigentlich recht egal – warum nicht Hiob als wohl älteste Schrift ganz nach vorne?
            Ich denke, die Sortierung wie in der heutigen Bibel geschehen erleichtert den Zugang zu den Texten.
            Aber es ging ja auch nicht in meinem Beitrag um die Reihenfolge, sondern um die Zusammenstellung der Inhalte.

            Zu 2: Die Apokryphen sind nette Bücher, um sich in die damalige Zeit, Gebräuche, Denkmuster und Kultur besser hinversetzen zu können. Z.B.: Die Frage, warum das Volk Palmenzweige und Kleider auf die Straße legt beim Einzug in Jerusalem (und warum das Bild in den Off wieder aufgegriffen wird) erschließt sich z.B. etwas leichter, wenn man Makk gelesen hat.
            Also nützlich, aber nicht heilig.

            Aus dem gleichen Grunde nutze ich gerne eine elektronische Studienbibel mit Sprachauslegung und Querverweisen wo die Worte nochmals in welchem Sinne / Übersetzung vorgekommen sind. Wenn man kein Altgriechisch kann und sich trotzdem bewußt ist, dass die Sprache auch Denkmuster beeinflußt, dann ist sowas hilfreich. Nützliche Software, aber auch nicht heilig.

            Josephus: ebenfalls nützlich, sowie einige Geschichtsbücher. Erst mit der Kenntnis um den Zeitpunkt der Zerstörung des Jerusalemer Tempels ist klar, was Jesus an hinsichtlich der aus damaliger Sicht noch kommenden Zeit prophezeit hat, was davon schon eingetreten ist und was noch bevorsteht.
            Nützliche Literatur, aber eben nicht heilig / inspiriert.

          3. Scheint zu stimmen, dass Luther den ihm als „ströhern“ icht genehmen Jakobusbrief vom Anfang der sog. katholischen Briefe ganz ans Ende verschob und so quasi diskriminierte.
            Dass die RKK etwa die Apokryphen in ihre Lehre aufgenommen habe, stimmt dagegen natürlich NICHT!

  7. @Spinoza

    —Sind sie auch empört, dass im 5. Buch Mose ein paar Sätze am Ende nicht von Mose selber stammen können (Todesnotiz)?—

    Die letzten Sätze stammen sicher von Josua, ein Nachruf nach Moses Tod.
    Oder meinst du Mose wäre auf dem Berg Nebo gestorben? Nein, davon steht nichts geschrieben, ….,,Mose starb im Lande Moab“ und wurde im Tal begraben, vorher hat er den Kindern Israel sicher noch über das verheissene Land berichtet, denn seine Augen waren nicht schwach geworden, und seine Kraft war nicht verfallen, darum kann man davon ausgehen das er vom Berg wieder herabgestiegen ist.

  8. Es gibt eben keine sich selbstauslegende Schrift wie Luther meint. Immer sind Menschen die Ausleger, was er selber ja schon beweist, indem er die Wiedertäufer verdammt und auf dem Gebiet recht haben will.

    Der Kanon ist am Ende von Menschen, von der Kirche, festgelegt worden, selber kann sich ein Kanon nicht festlegen. Das müsste auch ein Herr Tietz begreifen. Diese Theologen bringen mehr Verwirrung in die Sache als sie aufklären. In einigen Jahrzehnten wird niemand mehr nach Tietz fragen. So bedeutend ist der Mann nicht. Er ist eher ein Mitläufer bei der Verweltlichung des Christentums.
    Wenn heutzutage doch die meisten Theologen die Bibel als Märchenbuch ansehen, wo sich die Schreiber vieles eingebildet und zusammengereimt haben, dann muss ein Theologe, der unter seinesgleichen auch etwas respektiert werden will, sich hier halt auch anpassen, mindestens teilweise. So hat die Merkel, die ja anderer Überzeugung war, am Ende auch über die „Ehe“ der Gleichgeschlechtlichen abstimmen lassen, wohl wissend, dass die Mehrheit diese einführen will. Wir sehen immer wieder neu wie sich der Weltgeist oder deutlicher gesagt die Gottlosen, dem Zeitgeist anpassen, aber gleichzeitig noch Christen sein wollen. Die Bibel sagt dazu ganz deutlich das Notwendige. Sie haben ihren Lohn dahin.

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