BLAU. Warum der Wunsch nach Erweckung nicht ausreicht.

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Ich liebe die Epoche der Romantik. Nicht nur aufgrund der phantastischen Kunstlieder Schuberts und Schumanns, die zu meinem Repertoire als Sänger gehören, sondern weil sie wie keine andere Zeit in der (Kultur)Geschichte der Menschheit die Sehnsucht aus allen Poren atmet. „Wo bist du, mein geliebtes Land?“ fragt der Dichter (Schmidt v. Lübeck in Der Wanderer), um am Ende zur Erkenntnis zu kommen: „Da, wo du nicht bist, ist das Glück.“ Typisch romantisch halt. Und dann gibt es die Blaue Blume – zeitloses Bild für das Unerreichbare, die Wanderschaft, die Sehnsucht, die ihr Vorbild im gleichnamigen Gedicht von Joseph von Eichendorff fand („Ich suche die blaue Blume, ich suche und finde sie nie….“). Und so gibt es diese Blaue Blume auch unter Christen – die Sehnsucht nach Erweckung. Wie viele Christen wünschen sie sich, sehnen sie förmlich herbei, strecken sich aus und sind bereit, an die gleiche Veränderung in unserem Land zu glauben, wie sie zu anderen Zeiten an anderen Orten geschah: In Wales, in Neuengland, in Afrika, auf den Philippinen, in Südamerika. Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Und natürlich in Deutschland. Nur meist früher. Und eben nicht bei uns. Und doch ist Vielen klar: Erweckung ist möglich, es gibt viele Anzeichen dafür. Ein paar listet Charles Finney in seinen Revival Lectures auf: 

  1. Wenn es einen Mangel an brüderlicher Liebe und christlichem Vertrauen unter den Gläubigen gibt. („backslidden state“ = Stillstand, rückläufiger Zustand)
  2. Wenn es Uneinigkeit, Missgunst und üble Nachrede unter den Gläubigen gibt.
  3. Wenn es einen weltlichen Geist in der Gemeinschaft der Gläubigen gibt (Konformität mit der Welt).
  4. Wenn die Gläubigen in Sünde verharren. 
  5. Wenn Gemeinde und Land von einem Geist der Uneinigkeit und des Streits geprägt sind.
  6. Wenn das Böse über die Gläubigen und die Gemeinde triumphiert.
  7. Wenn Sünder offensichtlich sorglos leben und achtlos handeln.

Und auch abseits dieser negativen Wasserstandmeldungen beobachten wir: An vielen Orten passiert etwas im Leib Christi. Man ahnt einen neuen Frühling, ein vorsichtiges Erwachen geistlicher Kräfte. Freude keimt auf. Die Einheit treibt aus. Und Menschen sind gewillt, über ihren Glauben offen und frei zu sprechen. Manches ist anders in unseren Gemeinden. Aber noch längst nicht gut. So wird zwar der Wunsch nach Erweckung vielfach formuliert und sogar in kraftvolle Gebete verpackt (das Besingen der Blauen Blume eben), es wird jedoch vielfach vergessen, dass es durchaus Bedingungen für Erweckung gibt, die eine solche begünstigen. Eine Art Vorbereitungsphase. Bereitstellung. Die Zeit, die Segel zu setzen, oder (um im Bild zu bleiben), die Stiefel zu schnüren, den Wanderstock in die Hand zu nehmen und loszugehen, um die Blaue Blume auch wirklich zu erreichen. 

„Säet [euch nach] Gerechtigkeit! Erntet gemäß der Gnade. Brecht euch einen Neubruch! Es ist Zeit, den HERRN zu suchen, bis er kommt und euch Gerechtigkeit regnen lässt.“ (Hosea 10, 12)

Deswegen darf die Frage erlaubt sein: Wer ist bereit Gerechtigkeit zu säen, den harten Boden des Herzens wieder urbar zu machen und den HERRN zu suchen, bis er kommt? Mich beschleicht der Verdacht, dass es nicht ausreichen könnte, Erweckung nur zu wollen, sondern dass es eine innere Bereitschaft der Christen braucht, um Erweckung zu kämpfen. Diese Bereitschaft wird im Außen sichtbar werden. Ich frage mich, welche Christen so radikal sind, mit allen weltlichen Gedanken zu brechen und darum zu eifern Gottes Sicht zu bekommen? Gibt es Gemeinden, die bereit sind, auf die einfache „Jesus liebt uns wie wir sind“- Botschaft zu verzichten zugunsten eines Evangeliums des Ansporns? Welche Gemeinde würde ihre Rolle als Vorbereiter (Hanna, Johannes, Simeon…) des zweiten Kommens Jesu ernst nehmen und ihre Glieder anreizen zu guten Werken und eines Lebensstils des Fastens und Betens? Wie wäre es, die gewohnten Programme (Teens, junge Erwachsene, Volleyballer, Biker, Next-Gen, Kirchendistanzierte, Senioren, Veganer….) zu streichen und statt dessen Anbetungs- und Fürbittezeiten anzuleiten? Wie wäre es, Menschen in Fasten und Beten zu trainieren, damit sie zu Christen werden, die aus Leidenschaft nach ihrem Bräutigam rufen? Ich kann mich der Ahnung nicht erwehren, dass das Endprodukt „gefährliche“ Christen sind, die ihrer dunklen Umgebung die Dunkelheit streitig machen, weil sie das Evangelium mir Freimut, Kraft und Vollmacht bezeugen können. Und das können sie, weil sie den harten Boden ihres Herzens gepflügt haben und durch die faszinierende Heiligkeit Gottes, der sie in ihrer persönlichen Wüste begegnet sind, die Vorteile des leichten Gepäcks kennen gelernt haben. Sünde wurde bekannt und Heiligkeit angezogen. Pflicht wandelte sich in Freude. Äußerer Hunger wurde im Innen gestillt.
Ich bin überzeugt, dass wir vor einer Erschütterung unserer Gemeinden stehen, weil uns allen allmählich klar wird, dass wir mit dem „immer-weiter-immer-besser“- Modell einer kulturrelevanten Kirche scheitern werden. Und zwar, weil die Orientierung an Konzepten und Programmen zu sehr in der Gefahr steht, das einfache, raue Evangelium zu verflachen, zu beschönigen oder zu überdecken. Viel zu selten gelingt es, die Einladung zu einem Leben als Christ mit einer Anleitung zu einem Leben als Christ zu ergänzen. Geistliches Wachstum gelingt kaum durch die traditionellen Gemeindeprogramme Sonntagsgottesdienst+Kleingruppe (1).Bildschirmfoto 2018-09-28 um 11.08.29

Stattdessen halte ich es für angebracht, um einen Geist des Gebets zu ringen, der wiederum zur Entschlossenheit führt, Erweckung nicht länger nur zu wollen, sondern selbst aktiv daran zu arbeiten. Diese Erkenntnis ist meinen Augen geistliches Wachstum. Oder anders ausgedrückt: Wer immer nur den Reiseführer liest oder auf gepackten Koffern sitzt, bleibt im Stadium eines Babychristen. Wer stattdessen loszieht um das Reiseziel zu erreichen, WAS IMMER ES KOSTET, hat einen anderen geistlichen Reifegrad erreicht. Erweckung ist nicht nur wünschenswert. Sie ist erreichbar. Aber nur von einer Gemeinde, die auf dem Boden ihres geistlichen Lebens zerstört kniet und deren Tränen die Erde feuchten für neues Wachstum. Das schenkt dann Gott. 

(1) Vergleiche dazu auch die REVEAL-Studie von Willow Creek https://www.willowcreek.de/news/netzwerk-news/2013/sympathiepunkte-fuer-willow-creek/     

Bildnachweise:
Bild 1: “Cathedra” by Barnett Newman (like “Onement VI,” only longer), Photo: Autopilot via Wikimedia.com
Bild 2: Charles Grandison Finney. By Unknown – version of Christian History vol. VII, n. 4, issue 20. Image is in the public domain via Wikimedia.com

Dieser Blog-Beitrag von Frank Laffin erschien zuerst auf Glaubensschritte . Lies hier den Original-Artikel "BLAU. Warum der Wunsch nach Erweckung nicht ausreicht.".

6 thoughts on “BLAU. Warum der Wunsch nach Erweckung nicht ausreicht.

  1. Seit ich Christ wurde hielt ich eine Erweckung für notwendig. In der charismatischen Bewegung sah ich den Beginn einer solchen – https://manfredreichelt.wordpress.com/2016/04/05/widerstand-gegen-gottes-wirken/ – und setzte auf sie große Hoffnungen. Aber bald wurde mir eine Vision gegeben, die ausdrückte, dass ich damit falsch lag.
    Inzwischen hat sich leider herausgestellt, dass sie nicht zu der Erneuerung führte, die notwendig ist.
    Wenn wir Christen die Wahrheiten kontemplieren, die wir bereits haben, werden wir zu weiteren Erkenntnissen kommen und so die Begeisterung des Anfangs nicht verlieren oder sie wiedergewinnen. Ich jedenfalls bin nach wie vor ein begeisterter Christ, der in der Wahrheit wächst und deshalb viel zu geben hat:
    https://manfredreichelt.wordpress.com/2018/09/18/von-der-freude-sich-heiligen-zu-koennen/

  2. Seit ich Christ wurde hielt ich eine Erweckung für notwendig. In der charismatischen Bewegung sah ich den Beginn einer solchen – https://manfredreichelt.wordpress.com/2016/04/05/widerstand-gegen-gottes-wirken/ – und setzte auf sie große Hoffnungen. Aber bald wurde mir eine Vision gegeben, die ausdrückte, dass ich damit falsch lag.
    Inzwischen hat sich leider herausgestellt, dass sie nicht zu der Erneuerung führte, die notwendig ist.

  3. Ich will das internationale Zeitalter des „persönlichen Missionars“, des „personal missionary“, des „missionnaire personnel“ ausrufen!

    Megagemeinden und Megakirchen, ob klein oder groß, haben eher die Funktion, sich selbst in einer harmonischen Gruppe wohl zu fühlen. Und deshalb wachsen Institutionen erneut ins Unermeßliche!

    Mit den vielen Einzelnen mehr als eine Meile zu gehen und sie nicht abzuweisen, ist ein staubiger, steiniger, eher dornenreicher Weg.

    So sehr wie jeder Gläubige es tut, so sehr wird, wenn überhaupt, ein exponentielles Wachstum geschehen.

    Und bitte total kulturrelevant im Sinne Pauli! Den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche….und, und, und……..und den Menschen da abholen, wo er her kommt! Ihn verstehen, zuhören, sich einfühlen, keinen neudogmatischen Beton mischen und über ihm ausgießen. Mitleben!

    Wenn ich nicht auch nur einen einzigen Lebenslänglichen lebenslänglich begleite, kann ich hier bloggen und blogmeistern, so viel ich willst! Es würde mir wahrscheinlich nichts nützen……

    Hier lese und schreibe ich, der ich es schon immer tue. 🙂

    Und sonst……?

    Grüßle

  4. Jazzico, ich fühle mit dir, trotzdem, jeder muß auch eimal laufen lernen, und vergessen können wie oft er gefallen ist. Was du beschreibst, kann dir kein Mensch geben, wohl eine Zeitlang begleiten, aber Heilung findest du bei Jesus.
    Und manchmal ist sogar die falsche Begleitung eine Hilfe, Jesus besser kennenzulernen.

  5. Wir werden keine Erweckung „machen können“. Alles, was Gutes geschieht kann nur durch seinen Geist geschehen. Und wann kann sein Geist wirken und was sie die Ursache der von Finney genannten 7 Punkte und was auch das Hauptproblem heute:
    ein großer Mangel an guter biblischer Lehre in der Gemeinde. Wie sollen die Leiter von den gewohnten Programmen wie beschrieben weg wenn sie selbst davon überzeugt sind diese Progamme weiterzuführen? Wie soll die Gemeinde glaubhaft zu Beten und Fasten angeleitet werden, wenn die Leiter es selbst nicht tun?
    Ich bin davon überzeugt, dass wir ganz klar zu einigen biblischen Positionen zurückmüssen und die verkündigen, bevor sich etwas ändert an der Trägheit und Müdigkeit unserer Tage, was natürlich auch im ganz kleinen anfangen kann z.B.: Absolutheitsanspruchs des Heils nur durch Jesus, klare Lehre von Buße, Bekehrung, Himmel und Hölle, allein durch Gnade und nicht durch Werke

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