Kürzlich referierte ich an einer Seelsorgekonferenz zum Thema „Die Bibel in der Familie“. Es gibt kaum ein Thema, das mich mehr herausfordert und demütigt als dieses. Ich begann mit drei Fallen (siehe auch dieser Podcast).
Die erste, die weitaus am schwersten wiegt, lässt sich mit dem Codewort „Spass“ beschreiben. Unsere Gesellschaft definiert das gute Gefühl des Moments als erstes Kriterium für Durchführung bzw. Absage von Vorhaben. So teilte mir ein Kollege vor über 20 Jahren mit: „Ich lese die Bibel nur, wenn es Spass macht.“ Damit fiel er einer Täuschung anheim. Viktor Frankl (1905-1997), säkularer Psychologe, erklärte es im Bereich der Sexualität so: “Je mehr es einem um die Lust geht, umso mehr vergeht sie einem auch schon.“ (Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn, S. 175) Wer die gewünschte Wirkung zum Ziel erklärt, geht am Ziel vorbei. Tatsächlich spricht die Bibel vom Glück, in Gottes Geboten zu leben (Psalm 1,1; 119,1+2). Dies geschieht jedoch aus Verlangen, Ihn besser zu erkennen (Psalm 119,2 „die Ihn von ganzem Herzen suchen“).
Dies führt mich zur zweiten Falle: Eben weil es keinen Spass macht, ja sogar Widerstände mit sich bringt, lesen Menschen eine Zeitlang die Bibel („ich habe es versucht“) und stoppen wieder damit. Dahinter versteckt sich eine Ausrede. Das Aufhören dient als Vorwand, nicht wieder damit anzufangen. Denken wir an kleine Kinder. Wenn sie etwas im Kopf haben, wie oft versuchen sie es? Sie fallen um und eh‘ man sich’s versah, stehen sie schon wieder und probieren weiter. Der Gerechte fällt und steht wieder auf (vgl. Sprüche 24,16). Der Evangelist Francis Schaeffer (1912-1984) bringt es auf den Punkt: „Weil es ‚geistliches Gebiet‘ betrifft, scheinen so viele Menschen zu denken, dass es in einer ganz anderen Weise als in den normalen Abläufen des Lebens wachsen sollte. Aber das ist nicht wahr, denn es ist der gleiche Gott, der das Wachstum der Bäume und das Wachstum unseres geistlichen Lebens hervorbringt.“
Die dritte Falle hängt mit den beiden ersten zusammen. Wir entschuldigen die Aufgabe des regelmässigen Bibellesens aus dem Grund aus, weil es keinen Spass macht. Der Vorwand, damit aufgehört zu haben, lässt uns nicht sofort nicht anfangen. Deshalb wird die Aufgabe an die Kirchgemeinde delegiert. Sie hat für die Ernährung zu sorgen. Dies hört sich ungefähr so an, wie wenn wir sagen würden: „Ich erwarte jede Woche ein deftiges Frühstücksbuffet. Dies reicht mir wieder für eine Woche.“ Mangel- und Fehlernährung sind auf diesem Weg vorprogrammiert. Wer meint, die Woche ohne Gottes Nahrung zu überstehen, muss zur Ersatznahrung greifen. Manche füttern sich pausenlos mit dem „Junk-Food“ aus den sozialen Medien – und merken es nicht, dass sie geistlich verkümmern.
Nimmt man diese drei Hindernisse zusammen, erstaunt es nicht, dass in den allermeisten Familien kaum die Bibel gelesen wird. Dies schreibe ich nicht mit erhobenem Zeigefinger. Vielmehr stelle ich als nächstes die entscheidende Frage: Wozu sollen wir sie überhaupt in unseren Familien lesen?