🔗 AIGG: „Intelligent Design“ und Wissenschaft

Sehr oft wird behauptet, dass Wissenschaft das Wirken eines Schöpfers methodisch ausblenden müsse, auch in Fragen des Ursprungs und der erstmaligen Entstehung. Das beruht aber auf einem folgenschweren Denkfehler: Zwar sind naturwissenschaftliche Erklärungen auf naturwissenschaftlich zugängliche Faktoren (d.h. Gesetzmäßigkeiten und Randbedingungen) beschränkt. Ein Schöpfer ist kein solcher Faktor. Falsch ist aber, wenn man daraus schließen wollte, dass alle Erklärungen naturwissenschaftlich sein müssten und also ein Schöpfer auszuschließen wäre. Allein unser Alltagsdenken kennt zwei ganz unterschiedliche Faktoren, durch die wir Dinge erklären: Erstens natürliche Faktoren. Und zweitens geistige oder personale Faktoren, d.h. Personen und ihre Handlungen.

Durch diesen Fehlschluss resultiert für  Ursprungfragen eine inakzeptable Vorentscheidung in der Sache: Von vornherein wird ein planvolles und zielorientiertes Handeln eines Schöpfers ausgeschlossen. Damit wird insbesondere ein Grundprinzip wissenschaftlichen Arbeitens aufgegeben, nämlich die (unvoreingenommene) Suche nach der zutreffenden Antwort.

Reinhard Junker

In meiner Jugend habe ich mich intensiv mit der Frage „Schöpfung oder Evolution“ beschäftigt. Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich mein Wissen so weit ausgebaut hatte, dass mich ich ohne intensiven Einsatz an Zeit und Ressourcen nur im Kreis gedreht hätte.

Ich selbst bin heute an dem Punkt, an dem ich sagen kann: Mein Glaube an einen Gott ist groß genug, dass ich ihm zutraue, die Welt tatsächlich in sieben Tagen erschaffen zu können. Ohne dass ich dabei alle offenen Fragen und Probleme einer Schöpfungs-Theorie beantworten könnte.

Auf der anderen Seite reicht meine Einsicht in die Evolutionstheorie, um zu wissen, dass auch die gängigen Ansätze – bei allem, was sie erklären können – dennoch enorm viele offene Fragen haben und keine einzelne Theorie mich zufriedenstellend überzeugt.

Markus Till veröffentlicht auf seinem Blog „AiGG“ einen Gastartikel von Reinhard Junker, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter bei „Wort und Wissen„. Dort kritisiert Junker zurecht, dass die Evolutionswissenschaft sich selbst ins Knie schießt, weil sie im strengsten Sinne nicht wirklich „wissenschaftlich“ vorgeht.

Wissenschaft unterscheidet sich von Dogmatik und Ideologie dahingehend, dass es der Anspruch von Wissenschaft ist, ohne Vorfestlegungen dorthin zu gehen, wo die Fakten und Beweise einen hinführen. Junker kritisiert, dass das im Fall der Evolutionswissenschaft nicht der Fall ist. Denn dort wird axiomatisch – also als vorher festgelegte Grundannahme – ausgeschlossen, dass man das Konzept eines „Schöpfers“ oder „Designers“ als Erklärung für beobachtete Fakten heranzieht.

Natürlich muss auch die Wissenschaft nicht allen „verrückten“ Ideen nachlaufen, nur weil jemand das gerne möchte. Wenn jemand behauptet, der Weihnachtsmann ist verantwortlich dafür, dass an Weihnachten Geschenke unterm Weihnachtsbaum liegen, dann ist es berechtigt, diese Annahme erst einmal nicht ernst zu nehmen. Solange man alternative Erklärungsmöglichkeiten hat, die man gut begründen kann.

Was wäre aber hypothetisch, wenn unter einem Weihnachtsbaum Geschenke liegen und es gibt keine Erklärungsmöglichkeit dafür, wie sie dahin gekommen sind? Wäre es dann nicht fahrlässig, zumindest die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass es einen Weihnachtsmann gibt?

Disclaimer: Ich glaube nicht an den Weihnachtsmann und das ist nur ein ganz schwacher Versuch, Junkers Argument herunterzubrechen. Der Punkt, um den es geht, ist: Wenn alle Erklärungsversuche versagen, dann sollte man als Wissenschaftler die Offenheit besitzen, sich von den Fakten auch zu den Ergebnissen führen zu lassen, die man bisher für absurd oder unmöglich gehalten hat.

4 thoughts on “đź”— AIGG: „Intelligent Design“ und Wissenschaft

  1. Womit man sich zufrieden gibt, ist natürlich eine ganz persönliche Angelegenheit. Aber der Siegeszug der Wissenschaften und das Hintertreffen des Glaubens ist gerade auch dadurch zustande gekommen, dass sich die Theologie mit simplen Antworten zufrieden gegeben hat und so kein Pendant zur naturalistischen Betrachtungsweise aufbauen konnte.
    Wie man BrĂĽcken baut, habe ich in diesem Beitrag – https://www.academia.edu/41907610/Der_doppelte_Ursprung_des_Menschen – gezeigt (Bitte zum Lesen mit der cursor rechts runterscrollen).

    1. Danke fĂĽr den interessanten Beitrag. (Der doppelte Ursprung des Menschen)
      Die beiden größten Herausforderungen der Kompatibilität zwischen Naturwissenschaft sind m.E.:
      1. Seit wann gibt es Menschen/ wer waren die ersten Menschen?
      2. Die ErbsĂĽnde: Wurde diese von 2 Menschen in die Welt gebracht und alle anderen stammen von ihnen ab?
      Dafür gibt es immerhin Ansätze darin zu finden.
      Was mir als Christ schwer fällt und ich eher in Richtung Schopenhauer (Individuationsprinzip) oder auch Buddhismus interpretiere ist, dass „der Mensch mit dem Kosmos in Resonanz schwang“ und die Einheit von Mikro- und Makrokosmos.

      Und, was mir nicht klar geworden ist: Was unterscheidet in diser Hypothese den Menschen anfangs vom Tier? Eigenwille und Intelligenz waren es ja anscheinend noch nicht.

  2. Da ist sicherlich etwas dran. Auf der anderen Seite muss man aber auch die eigenen Grenzen und Beschränkungen anerkennen. Ich kann auf einer fundamentalen Ebene für eine alternative Sicht zum materialistischen Weltbild werben. Aber in den Details der Evolutionstheorie werde ich ohne großen Aufwand nicht mitreden können ohne mich zu blamieren. Und ich habe oft genug mitbekommen, wie gutmeinende Christen und Theologen sich auf dieser Ebene versucht haben und sich dabei blutige Nasen geholt haben und der Sache mehr geschadet als geholfen haben.

  3. Meine Meinung ist:
    Leider sind viele naturalistische Wissenschaftler erbärmlich schlecht über Philosophie und Theologie informiert.
    Im Kommentar am 14. April 2021 von Markus Jesgarz steht:
    Im Beitrag:
    Vortrag, Dr. Edward Feser: „Was wir den neuen Atheisten verdanken“
    https://www.thomasaquinas.edu/news/lecture-dr-edward-feser-what-we-owe-new-atheists
    am 10. April 2014 von Dr. Edward Feser steht
    1.
    im 44. Absatz am Anfang:
    Nun ist der Szientismus selbst eine metaphysische These. Er beinhaltet eine Ansicht darüber, was es heißt, eine Substanz zu sein, was es heißt, eine Essenz oder Natur zu haben, welche Arten von Ursachen es gibt oder geben könnte, und so weiter, und hat somit Auswirkungen darauf, was als legitime Erklärung gelten kann. Es handelt sich auch um eine sich selbst widerlegende Position, da der Szientismus selbst nicht durch die Methoden der empirischen Wissenschaft unterstützt wird.
    2.
    ab dem 2. Satz im fĂĽnfzehntletzten Absatz:
    Neue Atheisten und andere Religionskritiker arbeiten typischerweise mit einer stark anthropomorphen Vorstellung von Gott. Sie sind sich bewusst, dass Theisten Gott als immateriell betrachten, aber sie stellen ihn sich trotzdem als eine im Wesentlichen körperlose Person vor, die wie wir ist, aber nicht die Einschränkungen hat, die wir in Bezug auf unsere Macht, unser Wissen und unsere moralische Tugend haben. Sie fahren dann fort zu argumentieren, dass die Leugnung der Existenz eines so verstandenen Gottes nicht wirklich anders ist als die Leugnung der Existenz von Zeus oder Quetzalcoatl oder des Fliegenden Spaghettimonsters. Denn wie die materielle Welt, deren Erklärung Gott sein soll, wĂĽrde auch der so gedachte Gott eine eigene Erklärung benötigen. Er wäre zum Beispiel ein extrem komplexer Geist, und so mĂĽssten wir fragen, was es ist, das erklärt, warum dieser Geist existiert. Da dies das Problem der ultimativen Erklärung nur eine Stufe zurĂĽckschiebt, ohne es zu lösen, sollte uns Ockhams Razor – so das Argument – dazu bringen, den Theismus zu verwerfen und bei den fundamentalen Gesetzen der Physik als ultimative Erklärung zu bleiben. Tatsächlich bezeichnet Dawkins dies in The God Delusion als das Hauptargument gegen den Theismus, und viele andere Atheisten und Säkularisten wĂĽrden dasselbe sagen.
    Nun ist das Problem mit diesem Argument, dass es einfach den gesamten Punkt der klassischen philosophischen Theologie verfehlt. Gott, wie er in der klassischen Theologie verstanden wird, ist nicht komplex, sondern absolut einfach. Er ist nicht „ein Wesen“ neben anderen Wesen, sondern das Sein selbst; er ist auch nicht „ein Geist“ neben anderen Geistern, sondern der reine Intellekt selbst. Er braucht nicht nur keine eigene Ursache zu haben, sondern könnte prinzipiell auch keine haben, da er reine Aktualität ist und nicht eine Mischung aus Aktualität und Potentialität, und nur das, was in irgendeiner Form Potentialität hat, braucht eine Ursache oder könnte eine Ursache haben. Er ist nicht „ein Gott“ neben anderen Göttern, weil er kein Mitglied einer Gattung irgendeiner Art ist. Obwohl er keineswegs unpersönlich ist – Gott ist schlieĂźlich drei göttliche Personen in einer Substanz – ist er dennoch radikal nicht-anthropomorph.
    NatĂĽrlich liegt ein Teil des Grundes, warum die Neuen Atheisten die göttliche Natur so sehr missverstehen, darin, dass sie ĂĽber Philosophie und Theologie im Allgemeinen erbärmlich schlecht informiert sind. Aber es ist nicht ausschlieĂźlich ihre Schuld. Zum einen neigt der durchschnittliche ungebildete religiöse Gläubige dazu, eine ziemlich grobe anthropomorphe Vorstellung von Gott zu haben. Aber es ist auch nicht nur die Schuld des einfachen Gläubigen. Professionelle Religionsphilosophen neigen heutzutage auch dazu, mit einer Gottesvorstellung zu operieren, die Aristoteles, Plotin, Anselm oder Aquin als hoffnungslos anthropomorph ansehen wĂĽrden. „Intelligent Design“-Theoretiker, Erben von William Paleys Vorstellung von Gott als einer Art kosmischem Uhrmacher oder Maschinisten, neigen ebenfalls dazu, mit einer grob anthropomorphen Vorstellung von Gott zu operieren. Wenn Neue Atheisten die Vorstellung eines so konzipierten Gottes angreifen, muss man ihnen zugestehen, dass sie einen Punkt haben.
    Quelle:
    https://www.facebook.com/reinhard.junker.5/posts/2284116121721550?comment_id=2287085498091279&reply_comment_id=2288914011241761

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