Der Inhalt dieses Artikels ist auch Gegenstand des Podcasts “#9 Hat Gott gefordert, dass rebellische Söhne gesteinigt werden sollen?” bei Bibel-live.
Das Studium der Gesetze und Gebote in den 5 Büchern Mose ist manchmal harte Kost. Da gibt es zwar einige Vorschriften, die uns auch heute noch einleuchten: Die 10 Gebote zum Beispiel. Oder auch so simple Vorschriften, dass man auf dem Dach der Gebäude Geländer anbringen soll, damit niemand herunterfällt (5. Mose 22,8). Es gibt aber auch einige Gebote, die heute sehr fremd, ja regelrecht abstoßend und verstörend auf uns wirken. In seinem Worthausvortrag „Jesus und die blutende Frau“ beschäftigt sich Siegfried Zimmer zum Beispiel mit einigen Reinheitsgeboten für Frauen, die er für so absurd und menschenfeindlich hält, dass er sie mit folgenden Worten kommentiert: „In religiösen Dingen, da gibt es Systeme, da gibt es Reinigungsgesetze von äußerster Kälte und Frauenfeindlichkeit. Die können auch in der heiligen Schrift stehen. 3. Buch Mose – sagt man ja so – das ist Gottes Wort. Meint ihr wirklich, dass Gott selber dermaßen frauenfeindliche Gesetze erlassen hat? Stellt ihr euch Gott so vor? … Oder sind das nicht eher Männerphantasien? Priesterphantasien?“ (ab 36:57)
Natürlich kann man unsere heutigen Schwierigkeiten mit diesen Geboten ganz einfach wegerklären, indem man sie für überkommene menschliche Ideen hält. Das Problem ist nur: Nebenbei wird damit auch das reformatorische Prinzip über Bord geworfen, dass die Bibel sich selbst auslegen muss. Denn die Bibel selbst ist überhaupt nicht der Meinung, dass es sich hier um Männer- oder Priesterphantasien handelt. Im Gegenteil: Gleich an 17 Stellen werden im 3. Buch Mose lange Textabschnitte eingeleitet mit der folgenden Wendung: „Der Herr sprach mit Mose und forderte ihn auf mit den Israeliten zu reden und ihnen auszurichten: …“[1] Der Bibeltext selbst will also immer wieder deutlich machen: Hier spricht nicht nur ein Mensch. Hier spricht Gott selbst! Und genau diese Überzeugung wird in der Bibel auch nirgends in Frage gestellt, im Gegenteil: Jesus selbst hat klargestellt, dass es sich hier um es sich hier um Gottes Gesetz handelt, das voll und ganz gültig bleibt: „Ich versichere euch: „Solange der Himmel und die Erde bestehen, wird selbst die kleinste Einzelheit von Gottes Gesetz gültig bleiben, so lange, bis ihr Zweck erfüllt ist.“ (Matthäus 5,18) Und Paulus schreibt in Römer 7, 12: „Es bleibt dabei: Das Gesetz an sich ist heilig, und das einzelne Gebot ist heilig, gerecht und gut.“ Also keine Spur davon, dass ein biblischer Autor sich von diesen Gesetzen und deren göttlichem Ursprung distanzieren würde.[2] Umso mehr stellt sich die Frage: Wie gehen wir um mit solchen Geboten im mosaischen Gesetz, die uns heute vollkommen unverständlich erscheinen?
Zur Klärung dieser Frage befasst sich dieser Artikel beispielhaft mit einem besonders krassen Fall: Die Forderung der Todesstrafe für rebellische Söhne steht in 5. Mose 21, 18-21:
„Folgender Fall: Jemand hat einen aufsässigen und rebellischen Sohn. Der lässt sich nichts sagen, weder von seinem Vater noch von seiner Mutter. Sie versuchen es mit Strafen, aber er hört trotzdem nicht auf sie. Dann sollen sein Vater und seine Mutter ihn packen und zu den Ältesten der Stadt bringen. Im Tor des Ortes soll der Fall behandelt werden. Sie sollen zu den Ältesten der Stadt sagen: »Das ist unser Sohn, er ist aufsässig und rebellisch. Nie hört er auf uns. Er verschwendet alles und ist ein Säufer.« Dann sollen alle Männer der Stadt ihn steinigen, und er soll sterben. So sollst du das Böse aus deiner Mitte entfernen. Alle Menschen in Israel sollen davon erfahren, damit sie es sich zu Herzen nehmen.“
Es kann meines Erachtens keine zwei Meinungen darüber geben, dass eine derart drakonische Gesetzgebung heutzutage vollkommen inakzeptabel ist. Aber wie sollen Christen dann mit so einer Bibelstelle umgehen? Und inwiefern können wir das heute noch als „Gottes Wort“ betrachten? Hat Gott denn wirklich so ein verstörendes Gesetz erlassen?
Was bedeutet es, die Bibel historisch zu lesen?
Von Seiten der progressiven Theologie wird immer wieder die Forderung erhoben: Wir müssen die Bibel doch historisch lesen, statt sie 1:1 als Gottes Wort zu verstehen. Die Frage ist nur: Ist das denn wirklich ein Widerspruch? Dieses Gebot könnte doch beides sein: Gemäß seinem Selbstanspruch ist es voll und ganz Gottes offenbartes Wort. Aber natürlich hat Gott hier in eine bestimmte Zeit hineingesprochen. Deshalb können wir Gottes Reden womöglich erst dann richtig verstehen, wenn wir auch etwas vom historischen Kontext wissen, in den dieses Wort hineingesprochen wurde.
Das führt uns natürlich zu der Frage: Welches historische Umfeld kann denn dieses verstörend wirkende Gebot verständlich machen?
Gott spricht hier in eine Zeit hinein, in der die Familie als die entscheidende soziale Einheit in der Gesellschaft galt. Es gab damals keine Rente und keine Seniorenwohnheime. Stattdessen waren die Kinder für die Versorgung der Eltern unverzichtbar notwendig. Die Familien haben also dafür gesorgt, dass alle versorgt werden. Damit waren die Familien für die Stabilität der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung.
Vor diesem Hintergrund wird verständlicher, warum der Respekt vor den Eltern in den 10 Geboten fest verankert wurde. Für die Stabilität der Familien war der Respekt vor den Eltern ungeheuer wichtig. Und generell war im Denken und in der Erfahrung der Menschen damals das Prinzip verankert: Wenn die Familie zerfällt, dann zerfällt auch die Gesellschaft. Deshalb müssen wir alles tun, um die Familienstrukturen zu schützen.
In dieser Sichtweise ist ein Sohn, der das Eigentum der Familie verschwendet und „versäuft“, nicht nur einfach eine ärgerliche Enttäuschung für die Eltern, sondern existenzbedrohend für die Familie und damit auch gefährlich für die Gesellschaft. Es war deshalb normal, dass man so einen Fall nicht einfach laufen lassen konnte oder wollte. Im Gegenteil: Es war verbreitet, hart dagegen vorzugehen, wenn ein Sohn, der doch bald die Verantwortung in der Familie übernehmen sollte, in seiner Aufgabe nicht nur versagte, sondern im Gegenteil auch noch der Familie massiv schadete, indem er den Familienbesitz verschwendete und seine Eltern im Stich ließ.
Im römischen Recht galt dabei: Der Vater der Familie hatte das Recht über Leben und Tod seiner Familie. Der Familienvater konnte also nach eigenem Gutdünken entscheiden, ob ein Sohn, der die Eltern nicht respektiert und den Besitz der Familie verprasst, sterben muss. Auch über die jüdische Gesellschaft schreibt die Religionswissenschaftlerin Elisabeth Bellefontaine: „In der vorjahwistischen Zeit wäre die Todesstrafe … direkt von den Eltern oder anderen Verwandten ausgesprochen und vollstreckt worden – manchmal auch mit Druck der Gruppe.“ [3]
Das bedeutet: Die Praxis, rebellische Söhne zu verurteilen und zu töten, war damals nicht ungewöhnlich. Und es lag vielfach in der Hand des Vaters oder der Familie, wenn gegen einen Sohn vorgegangen wurde – bis hin zur Todesstrafe.
Was ist eigentlich das Ziel dieses Gesetzes?
Wie reagiert nun das mosaische Gesetz auf diese gesellschaftliche Realität? Wenn wir genau hinschauen, merken wir: Das mosaische Gesetz brachte nicht etwa eine Verschlechterung sondern eine erhebliche Verbesserung des Rechtsschutzes der Söhne! Denn die Möglichkeit der Todesstrafe, die es in der damaligen Gesellschaft ohnehin schon gab, wird in diesem Gesetz sehr weitgehend reglementiert:
- Eine Anklage ist überhaupt nur möglich, wenn Vater UND Mutter gleichermaßen den Sohn für schuldig halten. Eine Verurteilung war nur möglich, wenn auch die Mutter den Sohn für todeswürdig hält. Diese Regelung ist erstaunlich in einer patriarchalen Gesellschaft, in der Frauen oft gar nicht als rechtsfähig angesehen wurden.
- Der Ungehorsam und fehlende Respekt des Sohnes allein genügt nicht. Zusätzlich muss hier ein Lebensstil vorliegen, der den Besitz der Familie verprasst inklusive einer Trunksucht, die den Sohn davon abhält, seinen Pflichten nachzukommen.
- Die Eltern mussten zunächst sämtliche erzieherischen Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Sie mussten zunächst versuchen, ihn mit sanfteren Strafen zum Umdenken zu bewegen. Erst dann durfte die Todesstrafe erwogen werden.
- Ganz wichtig: Den Fall durften nicht die Eltern und auch nicht der Familienclan entscheiden. Er musste stattdessen den „Ältesten“ der lokalen Gemeinschaft vorgetragen werden. Diese Ältesten mussten dann im Falle des Schuldspruchs auch selbst das Urteil vollstrecken.
Im jüdischen Talmud sind diese Regelungen noch weiter konkretisiert worden, wie die jüdischen Schriftsteller Gevaryahu und Sicherman berichten: „Der Junge hat nur wenige Monate Zeit, um das Verbrechen zu begehen; die Einzelheiten des Vergehens sind genau festgelegt und begrenzt (Verzehr einer großen Menge Fleisch und Wein in kurzer Zeit); er muss gewarnt und erneut gewarnt werden; der Junge kann nur mit Zustimmung beider Elternteile unter Verwendung derselben Worte verurteilt werden und schließlich, aber sicher nicht zuletzt, “müssen die Ältesten der Stadt ihn verurteilen”, wodurch den Eltern die letzte Zuständigkeit vollständig entzogen wird.“ [4]
Angesichts dieser zahlreichen Regeln und Auflagen stellt sich jetzt natürlich die Frage: Hat es diesen Fall überhaupt jemals gegeben? Fakt ist: Wir wissen nicht genau, ob es in der Praxis überhaupt jemals einen Fall gegeben hat, dass ein Sohn gemäß 5. Mose 21,18-21 gesteinigt wurde. Aber ganz sicher ist: Diese Regelung hat den Beteiligten so hohe Auflagen auferlegt, dass diese Regelung letztlich zur kompletten Abschaffung der Hinrichtungspraxis rebellischer Söhne geführt hat.
Gevaryahu und Sicherman berichten, dass die talmudische Diskussion angesichts dieses Dickichts von Regeln zu dem Schluss kommt, dass dieses Gebot gar nicht praxistauglich ist. Im babylonischen Talmud gilt es deshalb als eines von drei Geboten aus der Tora, „die niemals waren und niemals sein werden“. Das heißt: Diese Gesetze kamen und kommen nie zur praktischen Anwendung. Dazu gehörte auch das Gebot von der abtrünnigen Stadt, die verwüstet werden soll (5. Mose 13,13-18) und das infizierte Haus, das abgerissen werden soll (3. Mose, 14,34-55). Und weil diese Gesetze nie zur Anwendung kamen, glauben Gevaryahu und Sicherman, dass diese Gesetze, „entgegen der üblichen Auslegung gar nicht dazu gedacht waren, die potenziellen Sünder (den Sohn, die Stadtbewohner, den Hausbesitzer) abzuschrecken, sondern vielmehr dazu, die Ausübung potenziell großer Ungerechtigkeit zu zügeln: Den rachsüchtigen Vater, die wütende Mehrheit und den korrupten Priester. In jedem dieser Fälle greift die Tora eine wahrscheinlich vorherrschende soziale Praxis auf und wendet sie von der Praxis zur Theorie.“ [5] Das heißt: Nach Einführung dieser Regelungen war die Umsetzung so schwierig geworden, dass die soziale Praxis sich völlig verändert hat in einem Ausmaß, dass die Todesstrafe in der Praxis gar nie mehr vollstreckt wurde.
Gott berücksichtigt die Verständnisfähigkeit der Menschen
Das führt natürlich zu der Frage: Warum stehen in der Bibel Vorschriften, die gar nicht praxistauglich sind? Warum sagt Gott nicht ganz einfach: Söhne dürfen nicht umgebracht werden. Punkt.
Jesus selbst gibt uns zu dieser Frage einen entscheidenden Hinweis: In Matthäus 19 spricht Jesus über das Thema Ehescheidung. Dabei macht er klar, dass gemäß Gottes Plan Mann und Frau eine Einheit bilden sollen, die niemals durch Scheidung aufgelöst werden soll. Die Pharisäer fragen ihn deshalb zurecht: Warum hat Mose dann erlaubt, dass ein Mann seiner Frau eine Scheidungsurkunde ausstellen soll und sie damit wegschicken kann? Die Antwort Jesu ist bemerkenswert: „Weil ihr euer Herz gegen Gott verschlossen habt! Nur deshalb hat euch Mose erlaubt, eure Frauen wegzuschicken. Doch ursprünglich war das nicht so.“ (Matthäus 19, 8)
Jesus sagt somit: Der Plan war eigentlich, dass Mann und Frau sich überhaupt nicht scheiden lassen sollen. Aber ihr Menschen habt euch so weit von Gottes Plan entfernt, dass Gott zuerst einmal wenigstens eine kleine Verbesserung bringen musste. Tatsächlich hatte die mosaische Regelung zur Scheidungsurkunde den Frauen eine enorme Verbesserung gebracht. Die Scheidungsurkunde war die Grundlage dafür, dass die verstoßene Frau wieder heiraten konnte und damit eine Chance hatte, im Alter versorgt zu sein. Trotzdem machte Jesus deutlich: Diese Regelung war eher ein Notgesetz, das Rücksicht nimmt auf den tiefen Fall des menschlichen Herzens. Anstatt den Menschen Regelungen aufzuerlegen, die für sie völlig unverständlich und damit überfordernd gewesen wären, holt Gott die Menschen da ab, wo sie stehen, und versucht, die Verhältnisse schrittweise zu verbessern.
Genau dieses Prinzip lässt sich auch im Gebot über den rebellischen Sohn erkennen. Gott holt die Menschen da ab, wo sie stehen. Es war damals leider üblich, dass Söhne getötet werden können, wenn sie der Familie schaden. Gott holte die Menschen in dieser Situation dadurch ab, dass er sagte: Wenn ihr das tut, dann müsst ihr jede Menge Regeln beachten. Im Ergebnis hat Gott damit eine Abschaffung der Todesstrafe an den eigenen Kindern bewirkt.
Gibt es eine tiefere Bedeutung des Gebotes zum rebellischen Sohn?
Aber wenn diese Vorschrift nur für die Leute damals passend war, warum sollten wir uns dann heute noch dafür interessieren?
Einen Hinweis zur Beantwortung dieser Frage gibt uns Paulus in 1. Korinther 9, 9. Dort zitiert er das folgende Gebot aus 5. Mose 25, 4: „Im Gesetz des Mose steht nämlich: »Du sollst einem Ochsen beim Dreschen nicht das Maul zubinden.“ Dann beschäftigt sich Paulus damit, was dieses Gebot bedeutet. Und er macht deutlich: Aus seiner Sicht geht es hier gar nicht um Tierschutz, wie man zunächst meinen sollte. Wörtlich schreibt er: „Geht es Gott dabei etwa um die Ochsen?“ Die Antwort war für Paulus offenkundig: „Nein“. Aber im übertragenen Sinn machte das Gesetz für ihn sehr viel Sinn! Er war der Meinung: In Wahrheit geht es hier um Menschen, die sich für das Reich Gottes einsetzen. Gott ist es wichtig, dass solche Menschen dafür entlohnt werden sollen. Es war für Paulus also angemessen, hinter solchen Gesetzen eine tiefere Bedeutung zu vermuten, die sich uns erst erschließt, wenn wir das Gebot im übertragenen Sinne verstehen.
Aber was könnte jetzt der tiefere Sinn der Todesstrafe für den rebellischen Sohn sein? Die Antwort ist eigentlich ziemlich naheliegend. Die Bibel macht immer wieder deutlich, dass Gott sein Volk Israel wie einen Sohn betrachtet: „So spricht der Herr: Israel ist wie mein erstgeborener Sohn.“ (2. Mose 4,22) Aber Israel war ein rebellischer Sohn, der sich der göttlichen Erziehung immer wieder widersetzt hat: „Als Israel jung war, gewann ich es lieb. Aus Ägypten rief ich sie wie ein Vater seinen Sohn. Doch kaum hatte ich sie gerufen, liefen sie von mir davon. Sie brachten Schlachtopfer dar für die Baal-Götter und Räucheropfer für die Götterbilder.“ (Hosea 11, 1-2) Gott hat alles versucht, um seinen Sohn Israel zu erziehen. In Vers 7 lautet jedoch das frustrierte Fazit: „Trotzdem will mein Volk nicht zu mir zurückkehren.“ Der Sohn Israel blieb rebellisch. Er verprasste seine Güter für fremde Götter. Gott ist deshalb hin- und hergerissen. Er sagt: Eigentlich müsste ich Israel vernichten. Aber ich will das nicht tun: „Ich lasse meinen glühenden Zorn nicht zur Tat werden.“ (Hosea 11, 9) Was ist die Lösung dieses Dilemmas?
Jesus nimmt den Platz des rebellischen Sohnes ein
Auch im Neuen Testament finden wir einen Bezug zum Gebot vom rebellischen Sohn. Immer wieder wurde Jesus der Vorwurf gemacht, gegen dieses Gebot zu verstoßen, als er von seinen Zeitgenossen als „Fresser und Säufer” bezeichnet wurde (Matthäus 11, 19). Jesus wurden also genau die Eigenschaften nachgesagt, wegen denen gemäß dem mosaischen Gesetz ein rebellischer Sohn zum Tod verurteilt werden sollte. Und obwohl dieser Vorwurf bei Jesus natürlich vollkommen unberechtigt war, wurde an ihm anders als bei Israel tatsächlich die Todesstrafe vollzogen. Anders gesagt: Jesus starb die Todesstrafe, die Israel eigentlich verdient gehabt hätte. Und noch viel erstaunlicher ist: Jesus starb diese Todesstrafe genau in der Art und Weise, die Mose direkt im Anschluss an das Gebot über den rebellischen Sohn beschreibt:
„Folgender Fall: Jemand hat ein Verbrechen begangen, auf das die Todesstrafe steht. Er wird hingerichtet, und du hängst ihn an einem Holzbalken auf. Dann soll die Leiche nicht über Nacht am Balken hängen, sondern du sollst ihn am selben Tag noch begraben. Denn wer so aufgehängt wird, gilt als von Gott verflucht.“ (5. Mose 21, 22-23)
Tatsächlich hing Jesus am Holzbalken. Und tatsächlich wurde er noch am selben Tag abgehängt und begraben (was damals ungewöhnlich war, weil Gekreuzigte oft über mehrere Tage hängen gelassen wurden). Kein Wunder, dass Paulus sich genau auf diese Stelle bezieht, wenn er in Galater 3, 13 schreibt: „Christus hat uns von dem Fluch des Gesetzes erlöst, indem er für uns zum Fluch wurde, denn es steht geschrieben: “Verflucht ist jeder, der am Holz hängt”.“ Paulus zitiert hier also exakt aus dem Text, der unmittelbar nach dem Gebot zum rebellischen Sohn beschreibt, wie man mit so einem Verbrecher verfahren soll! Damit macht die Bibel ganz deutlich: Jesus, der treue und gehorsame Sohn Gottes, hat stellvertretend den Fluch und die Strafe getragen, die eigentlich der untreue und rebellische Sohn Israel verdient gehabt hätte.
Jesus starb den Tod, den wir verdient hätten
Natürlich ist diese Botschaft nicht nur für Israel entscheidend wichtig. Denn Gottes Gebot gilt ja auch für uns: Auch wir sollen nicht verschwenderisch leben. Und Paulus schreibt: Wir sollen uns nicht mit Wein betrinken, sondern uns mit dem Heiligen Geist erfüllen lassen. Und natürlich gilt auch für uns immer noch das 5. Gebot: Wir sollen unsere Eltern ehren und achten. Und nach wie vor gilt auch für uns Christen: Gegen Gottes Gebote zu verstoßen, ist Sünde. Und Sünde hat gemäß Römer 6, 23 immer noch tödliche Konsequenzen: „Denn der Lohn der Sünde ist der Tod.“ Der Fluch des Gesetzes gilt für uns Christen somit auch heute noch. Er kostet uns zwar hier auf der Erde nicht das Leben. Aber wenn wir die Bibel ernst nehmen, dann passiert etwas viel schlimmeres: Er kostet uns das ewige Leben!
Und wer von uns kann ehrlich sagen, dass er immer ein treuer Sohn Gottes war? Wie oft schon habe ich meine Gaben und Talente, meine Zeit, meine Kraft, mein Geld für irgendwelchen Mist verschwendet? Wie oft habe ich Gott nicht gehorcht? Wie oft habe ich gegen seine Gebote verstoßen? Wie oft bin ich vor ihm davongelaufen? Wie viele Dinge gibt es in meinem Leben, bei denen ich nicht so lebe, wie Gott das von mir möchte? Wie oft schon war ich wahrlich ein verschwenderischer, ein rebellischer Sohn Gottes?
Und wie gut ist es da, dass Jesus an meiner Stelle den Fluch des Gesetzes getragen hat, dass er, der treue und gehorsame Sohn Gottes, den Tod des rebellischen Sohnes am Kreuz gestorben ist, den ich verdient hätte! Wie gut, dass er am Holz gehangen hat und damit für mich und für uns alle den Fluch des Gesetzes erlitten hat! Wie gut, dass wir, die wir wirklich so oft verschwenderisch und rebellisch sind, durch seinen stellvertretenden Tod dem gerechten Urteil entgehen und trotz unseres Versagens ewig leben dürfen!
Das Gebot über den rebellischen Sohn führt zum Evangelium!
Wir können also zusammenfassen: Das zunächst so verstörend klingende Gebot der Steinigung von rebellischen Söhnen bekommt ein völlig anderes Gesicht, wenn wir es vor dem historischen Kontext lesen. Dann merken wir: In Wahrheit handelte es sich um eine derart massive Verbesserung des Rechtsschutzes von Söhnen gegenüber ihren Vätern, dass die verbreitete Praxis der Tötung rebellischer Söhne vollkommen abgeschafft wurde. Gott hat die Menschen da abgeholt, wo sie waren, mit Geboten, die sie damals fassen konnten. Und so hat Gott dafür gesorgt, dass so etwas gar nicht mehr vorkommt.
Darüber hinaus hat dieses Gebot einen enormen bleibenden Wert für uns, weil es ein großes Gleichnis ist für das Drama, das sich zwischen Gott und den Menschen abspielt: Gottes Kinder sind störrisch, verschwenderisch und ungehorsam. Sie hätten die Todesstrafe verdient. Aber Gott selbst lässt sich in seinem treuen, gehorsamen Sohn als „Fresser und Säufer“ bezeichnen und erleidet stellvertretend die Todesstrafe, die wir verschwenderische, rebellische Kinder Gottes verdient hätten, damit wir leben können.
Das Unglaubliche ist also: Auch bei einer derart dunkel erscheinenden Stelle stoßen wir am Ende auf das Evangelium! Ist das nicht wirklich zum Staunen?
Ich finde: Umso weniger brauchen wir daran zweifeln, dass es sich auch bei solchen auf den ersten Blick schwer verständlichen biblischen Stolperstellen im echten Sinn um Worte des lebendigen Gottes an uns Menschen handelt.
[1] 3. Mose 1,1+2; 4,1+2; 7,22+23; 7,28+29; 11,1+2; 12,1+2; 15,1+2; 18,1+2; 19,1+2; 20,1+2; 21,16+17; 23,1+2;23,9+10; 23,23+24; 23,33+34; 25,1+2;27,1+2
[2] Siehe dazu: „Das biblische Bibelverständnis“ (https://blog.aigg.de/?p=5853)
[3] Elisabeth Bellefontaine: “Deuteronomy 21:18-21: Reviewing the case of the rebellious son”; JSOT 13 (1979) 13-31
[4] Gilad J. Gevaryahu und Harvey Sicherman: “What never was and never will be: Rebellious son – subverted city – infected house”; Jewish bible quarterly, Vol. 29, No. 4, 2001
[5] Ebd.
Dieser Blog-Beitrag von Markus Till erschien zuerst auf aufatmen in Gottes Gegenwart . Lies hier den Original-Artikel "Wollte Gott, dass rebellische Söhne gesteinigt werden sollen?".
Entschuldigung, aber ich empfinde Dr. Tills Ausführungen hier zu dem Steinigungsgebot rebellisch-verschwenderischer Söhne doch als reichlich konstruiert und mich nicht überzeugend.
Ein Todesstrafen-Gebot welches angeblich einer Unmöglichkeit seiner praktischen Ausführung gleichkommt und deshalb „wohl niemals angewendet wurde“ ?
Außer eben dann bei Jesus Christus selbst und da natürlich zu Unrecht?
Nee, das ist mir wie gesagt zu konstruiert und mich nicht überzeugend.
Die mosaischen Gesetze wurden doch sehr wohl angewendet und manches sogar bis in relativ jüngere Vergangenheit gar auch in unser Recht übernommen. Z. B. die Strafbarkeit praktizierter Homosexualität. Beim preußischen Thronfolger Friedrich II. und dessen Jugendfreund z. B. sogar die vollzogene Todesstrafe an letzterem, um nur ein prominente Beispiel zu nennen.
Mich überzeugt auch nicht, dass Dr. Till die betr. Gebote deshalb Gott selbst zuschreibt, weil solches als Einleitung behauptet wird. Papier ist bekanntlich geduldig. Dass es Gottes authentischer Wille ist, könnte Mose oder seine Adepten behaupten, um eigenen Ausführungen besondere Autorität und Gewicht zu verschaffen. Das kennt man reichlich aus der Geschichte.
Wenn wirklich GOTT es ist, der solche Gesetze angeblich erlässt, warum dann so verklausuliert und kompliziert quasi hintenherum und nicht klar deutlich und verständlich: „Ich will nicht den Tod selbst rebellische Söhne.“?
Wenn so ein missratener Sohn in einer archaischen Gesellschaft das Wohl und gar die Existenz einer Familie mit seinem Handeln bedroht, so könnte man ihn doch alternativ zur Steinigung aus dem Volk ausstoßen statt ihn zu töten., nicht wahr?
Für mich spricht jedenfalls nach wie vor vieles dafür, dass es sich hier nicht um von Gott gegebene sondern um doch von Menschen verfasste Regelungen handelt.
„Mich überzeugt auch nicht, dass Dr. Till die betr. Gebote deshalb Gott selbst zuschreibt, weil solches als Einleitung behauptet wird.“
Ich empfehle 4. Mos 12, 1-15, da gab es auch jemanden, der gegen Mose redete:
1 Und Mirjam und Aaron redeten gegen Mose … 6 Und er sprach: Hört doch meine Worte! Wenn ein Prophet des HERRN unter euch ist, dem will ich mich in einer Erscheinung zu erkennen geben, im Traum will ich mit ihm reden. 7 So steht es nicht mit meinem Knecht Mose. Er ist treu in meinem ganzen Haus; 8 mit ihm rede ich von Mund zu Mund, im Sehen und nicht in Rätselworten, und die Gestalt des HERRN schaut er. Warum habt ihr euch nicht gefürchtet, gegen meinen Knecht, gegen Mose, zu reden? …
Mose ist also nicht nur von Gott autorisiert, sondern handelt in seinem Namen. Es gibt so manche Stelle während des Wüstenzuges, in der das Volk gegen Mose murrt, Gott aber klarstellt, dass das Volk damit „nur“ gegen Gott rebellisch ist.
Tatsächlich gibt es aber auch eine Stelle, in der Mose versagt, indem er nicht wie aufgetragen mit dem Felsen redete, sondern diesen schlug:
Und Mose erhob seine Hand und schlug den Felsen mit seinem Stab zweimal; da kam viel Wasser heraus, und die Gemeinde trank und ihr Vieh (4. Mose 20,11). Dies wurde von Gott geahndet, Mose durfte das gelobte Land nur sehen.
Also: Abweichungen von Gottes Vorgaben und Worten durch Mose hat Gott selbst bestraft. Wir können also davon ausgehen: hätte Mose Menschenworte geredet, dann hätte Gott eingegriffen.
Von daher besteht kein Zweifel, dass Mose mit den Geboten Gottes Willen und Worte wiedergegeben hat und es sich dabei nicht um von Menschen verfasste Regelungen handelt.
„Wenn so ein missratener Sohn in einer archaischen Gesellschaft das Wohl und gar die Existenz einer Familie mit seinem Handeln bedroht, so könnte man ihn doch alternativ zur Steinigung aus dem Volk ausstoßen statt ihn zu töten., nicht wahr?“
Nein. Israel ist Gottes Volk auf der Erde. Auch ein Ausgestossener wäre immer noch Jude (für den Status gilt: wer eine jüdische Mutter hatte, ist Jude), würde noch immer zu Gottes Volk gehören. Das Volk Gottes soll aber heilig sein. Formal gesehen bleib nur die Todesstrafe, um das Volk heilig zu halten.
Bei Aufständen gegen Gott hat entweder Gott selbst eingegriffen (Rotte Korah), oder er hat „beauftragt“, z.B. beim Lager nahe Moab wurden 23.000 / 24.000 erschlagen, die sich versündigt hatten.
Es hat seine Gründe, warum die „Todsünden“ im NT weitgehend deckungsgleich mit den Delikten im AT sind, für die die Todesstrafe angesetzt war. Gottes Volk für den Himmel muss ebenfalls heilig leben.
Wir müssen das AT im Lichte des NT lesen. Gleichermaßen gibt das AT auch Licht für das Verständnis des NT. So läßt sich das Thema des zum Tode verurteilten Sohnes so lesen, wie Dr. Till es schreibt.
Ich möchte aber noch einen Aspekt hinzufügen, im Gleichnis vom verlorenen Sohn heißt es in Lk 15, 24: „Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.“
Der Sohn hat seine Eltern nicht geehrt gehabt – diese hätten ihm das Erbteil verweigern können, und bei weiterem Aufstand dagegen genau nach mosaischem Gesetz verfahren können. Stattdessen lassen sie ihn nach eigenem Willen ziehen: der Sohn „war tot“, hat sich selbst gerichtet. Umso größer die Freude des Vaters, dass er umgekehrt ist, er „lebt wieder“.
Hallo Markus,
da verstehe ich weder Zimmer noch Dich welche Themen gerade so durch den christlichen Medienwald gehen und anscheinend sooo wichtig sind.
– Manche Dinge in der Schrift muß man einfach so stehenlassen und als Teil von Gottes offenbartem Wort so akzeptieren, da wir zum Teil die Hintergründe nicht kennen, warum das Gott so in sein Wort hineingelegt hat. Wir sind doch nicht schlauer wie er.
-Ein Beispiel zu der von Dir zitierten unmöglichen herablassenden Aussage von Zimmer aus dem NT, mit dem ich erklären will, wie ich manche Bibelstellen sehe, ist das Thema gute und schlechte Hand, was uns bis heute prägt. Ursprung waren dafür die mangelnden hygienischen Voraussetzungen, die zu dieser Entwicklung geführt haben ähnlich übrigens beim Verbot von Schweinefleisch und wahrscheinlich auch bei den Tagen der Frau. Warum stellt das dann Zimmer als frauenverachtend dar? Meint er seine Zuhörer sind so dumm, dass sie die geschichtlichen Hintergründe nicht kennen? Und warum soll in der damaligen Zeit solches nicht von Gott als Gebot vermittelt worden sein, denn Gebote von Gott sind IMMER auch Schutz von seinen Leuten!
– Wichtiger sind doch andere Themen: Warum hört man von dem Buch „glauben, lieben, hoffen“ aus den FeGs und EFGs nichts mehr? Haben sich da jetzt alle wieder lieb? Es ist aus meiner Sicht verheerend in welch raschen Schritten sich der theologische Niedergang bei Grundfragen des Evangeliums gerade in evangelikalen Bereich vollzieht. Das wichtigste ist, dass alles rund um die Erlösung klar biblisch verkündigt wird und der Absolutheitsanspruch von Jesus als einziger Erlöser klar gestellt ist.
– Wir werden uns in vielen Fragen nicht einig sein z.B. in Fragen der Taufe oder der Vor-, Mittel- oder Nachentrückung. Die Hauptsache ist aber immer noch, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt und wir uns nicht an geistlichen Nebenthemen zerstreiten, die nicht heilsnotwendig sind.
Aber wahrscheinlich wirst Du Markus das anders sehen, aber ich sehe hier eine große Gefahr, dass wir uns viel zu sehr mit unwichtigen Themen beschäftigen. Anscheinend vergessen viele die sich mit Theologie beschäftigen, dass dies kein Selbstzweck ist, sondern dazu dienen soll dass Lieschen Müller und Ludwig Schnarchlhuber, also ganz einfache Leute, zu Jesus finden sollen. Aber davon wurde ja auch schon im NT gewarnt. Nehmen wir eine solche Warnung überhaupt noch Ernst und interessieren uns überhaupt noch die Menschen ohne Jesus? Geht es für uns an Weihnachten wirklich noch um den Erlöser der Welt oder mehr um Christstollen und das schnuckeliche Kind in der Krippe?
—Für mich spricht jedenfalls nach wie vor vieles dafür, dass es sich hier nicht um von Gott gegebene sondern um doch von Menschen verfasste Regelungen handelt.—
Möglich wäre auch das Gott dem Empfinden des Menschen über Gerechtigkeit zustimmt um inneren Groll gegeneinander zu vermeiden, der würde sich nämlich irgendwann entladen und schlimmeres freisetzen. Wegen der Härte der Herzen stimmt Gott zu, oder erlässt vorläufige Gesetze, obwohl es nicht Sein endgültiger Wille ist. Der endgültige Wille Gottes wird von Jesus erfüllt.
Als Beispiel: wenn du Schuhgröße 42 hast und ich bestehe darauf das du Schuhgröße 48 trägst dann wirst du mir die Schuhe irgendwann an den Kopf schleudern und dich von mir abwenden.
Da der Mensch sich ja von Gott abgewandt hat und sich im System Satans befindet, wird Gott die Menschen nicht überfordern und auf Seinen vollkommenen Willen bestehen. Erst Jesus hat den vollkommenen Willen des Vaters erfüllt, denn kein Mensch war/ist dazu in der Lage. Und dies war/ist immer das endgültige Ziel Gottes gewesen.
,,Denn die Werke, die mir mein Vater gegeben hat, das ich sie vollende, eben diese Werke, die ich tue, zeugen von mir, daß mich der Vater gesandt hat.“ Joh 5.36
,,Meine Lehre ist nicht mein, sondern des, der mich gesandt hat“ Joh 7.16
,,Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben, die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“ Joh 1.17
Die Gesetze hatten also nicht das letze Wort, hätte Gott den Menschen keine Gesetze gegeben, wären sie im Chaos versunken und wären, da sie ja geistlich abgeschnitten waren von Gott und im System Satans (Welt) lebten, der Verlorenheit preisgegeben.
Im AT gibt es die 613 Gebote und Verbote. Die Christen interessieren sich nicht für diese, wohl aber die Juden. Wenn man als Christ da anfangen würde, sich auch noch mit diesen Regeln zu befassen, käme man an kein Ende.
Für uns Christen gilt im Wesentlichen: Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung und dies im Leben immer einzuhalten, damit haben wir genug zu tun und versagen darin auch immer wieder.
Was der Herr Zimmer alles so von sich gibt, interessiert mich nicht. Man kann aber, wenn man genug Zeit hat, sich an ihm abarbeiten. Ich meine das bringt nichts und gibt dem Mann auch zu viel Ehre, die er nicht verdient.
@Stephan
Ihre kaum verhüllte Drohung an mich mit 4. Mose (=Numeri) 12, 1-15 mit der Bestrafung Miriams in Form temporären Aussatzes – was soll das?
Wollen Sie mich auf solch billige Art etwa mundtot machen und meinerseitige kritische Anfragen unterdrücken?
Mose ist sicherlich von Gott autorisiert und zum Führer seines Volkes bestimmt gewesen, und ich glaube auch, dass er z. B. die 10 Gebote direkt von Gott per
Mitteilung zur Niederschrift empfangen hat.
Deshalb galten und gelten diese 10 Gebote u. a. eben auch zu allen Zeiten und bis zum heutigen Tag.
Nicht jedoch, dass sämtliche übrigen Vorschriften der Thora ebenso direkt alle von Gott stammen und so 1:1 von Mose „in die Feder diktiert“ niedergeschrieben wurden.
So auch z. B. das Tötungsgebot widerspenstiger Söhne.
Wenn statt z. B. Ausstoßung, wie Sie schreiben, „formal gesehen nur die Todesstrafe bleibt, um das Volk (Gottes, die Juden,) heilig zu halten“, käme man gar nicht mehr mit dem Töten auch z. B. bei Raub und Diebstahl und anderem nach, um das alles scheinbar „angemessen“ zu ahnden, denn letztlich kommt das Vergehen eines solch missratenen Sohnes doch solch schweren Delikten gleich in Verbindung mit einem eklatanten Verstoß gegen das 4. Gebot der Verpflichtung der Nachkommen zur Elternliebe und -ehrung.
Wären das alles wörtliche Gottesgebote, so müssten sie unverändert bis heute fortgelten und weder der HERR hätte sie geändert noch der hl. Paulus sie und das Thoragesetz de facto aufheben und durch das Liebesdoppelgebot ersetzen dürfen.
Erkennbar hat Gott das eben nicht bestraft sondern zugelassen – das spricht für die Relativität und nur zeitbedingte Gültigkeit solcher letztlich doch menschengemachter Vorschriften.
Ich denke, Jesus Christus, Gottes Sohn, wurde AUCH deshalb in die Welt und zu Gottes auserwähltem Volk Israel gesandt, um das WAHRE Göttliche Gesetz einzuhalten zu lehren anstelle von über 600 Vorschriften, die wohl eh kein Mensch alle zu halten in der Lage ist.
Gott hat Seinen einzigen Sohn Jesus hierzu nicht zuletzt durch Dessen Wundertaten und schließlich auch durch Seine Auferstehung von den Toten vor aller Welt beglaubigt.
„…das spricht für die Relativität und nur zeitbedingte Gültigkeit solcher letztlich doch menschengemachter Vorschriften.“
@Augustin
— Wieso sollten Vorschriften / Speisegebote des alten Bundes / Reinigungsvorschriften des alten Bundes MENSCHENGEMACHT sein, nur weil Gott sie nach einer Zeit für überholt / abgelöst erklärt hat?
„…somit erklärte er alle Speisen für rein.“
Die Bibel ist doch Gottes Wort auch im Fall der damaligen Speisegebote etc.pp. — der alte Bund Gottes mit Israel ist nun abgelöst durch einen besseren Bund Gottes mit allen GlaubenWollenden / Glaubenden.
Echte GÖTTLICHE Gebote bleiben unverändert gültig, um eindeutig zu sein und niemanden zu verwirren.
Gerade auch z. B. die aus damaliger zeitbedingter Sicht sinnvollen Speisegebote sind jedoch eben NICHT göttlicher sondern menschlicher Herkunft und heute an sich überholt und sogar unsinnig, wie z. B. getrennte Geschirr für. Milchiges und Fleischiges zu verwenden oder keine aus Tierblut stammenden Speisen zu verzehren. Trotzdem werden diese Gebote von orthodoxe Gläubigen Juden „blind“ eingehalten – auch wenn sie den Sinn dieser Gebote oft nicht erklären können.
Ich denke, die orthodoxen Juden kenne ihre Thora besser als manche ihre Bibel oder Katechismus:
1. Mos 9: 3 Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut habe ich’s euch alles gegeben. 4 Allein esst das Fleisch nicht mit seinem Blut, in dem sein Leben ist! 5 Auch will ich euer eigen Blut, das ist das Leben eines jeden unter euch, rächen und will es von allen Tieren fordern und will des Menschen Leben fordern von einem jeden Menschen. 6 Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht.
3. Mos 17, insbesondere: 10 Und wer vom Haus Israel oder von den Fremdlingen unter euch irgendwelches Blut isst, gegen den will ich mein Antlitz kehren und will ihn aus seinem Volk ausrotten. 11 Denn des Leibes Leben ist im Blut und ich habe es euch für den Altar gegeben, dass ihr damit entsühnt werdet. Denn das Blut ist die Entsühnung, weil das Leben in ihm ist. 12 Darum habe ich den Israeliten gesagt: Keiner unter euch soll Blut essen, auch kein Fremdling, der unter euch wohnt. 13 Und wer vom Haus Israel oder von den Fremdlingen unter euch auf der Jagd ein Tier oder einen Vogel fängt, die man essen darf, soll ihr Blut ausfließen lassen und mit Erde zuscharren. 14 Denn des Leibes Leben ist in seinem Blut und ich habe den Israeliten gesagt: Ihr sollt keines Leibes Blut essen; denn des Leibes Leben ist in seinem Blut. Wer es isst, der wird ausgerottet werden.
5. Mos 20, 23 Allein achte darauf, dass du das Blut nicht isst; denn das Blut ist das Leben; darum sollst du nicht zugleich mit dem Fleisch das Leben essen, 24 sondern du sollst das Blut auf die Erde gießen wie Wasser 25 und sollst es nicht essen, auf dass dir’s wohlgehe und deinen Kindern nach dir, weil du getan hast, was recht ist vor dem HERRN.
Man könnte auch an den Anfang der Bibel sehen, dass Blut des Abel schrie zum Herrn, nicht etwas sein Leichnam oder sein Fleisch.
Und genauso, wie nicht unterschiedliche Stoffe am Kleid sein sollten, was ein Symbol für „reine Lehre“ / „gemischt Lehre / Irrlehre“ ist, so ist das mit Fleisch und Milch. Das Fleisch ist tot, da das Blut aus ihm gewichen ist. Die Milch jedoch kommt aus einem lebendigen Wesen. So wie das Licht nichts mit der Dunkelheit gemeinsam haben soll, so sollen das Tote und das Lebendige nicht vermischt werden, was z.B. auch für die Gemeinde gilt: auch da sind nicht diejenigen dabei, die geistlich tot sind.
Auch dieses Gebot findet man mehrfach im AT, wie eben alle wichtigen Dinge mehrfach aufgeführt sind: 2. Mos 23, 19. 2; Mos 34, 26; 5. Mos 14, 21.
Andere Ausleger vermuten eine Abgrenzung zu heidnischen Kulten betreffend Astarte (dort wurden die Böcklein in der Muttmilch gekocht) bzw. ähnliche Gebräuche in Ugarit. Damit wäre auch hier eine Abgrenzungsabsicht gegeben zwischen dem Heiligen Volk Gottes und den heidnischen Völkern und ihren Gewohnheiten.
Sind die Gebote noch gültig, für uns? Nur dem Sinne nach – vermischt nicht die lebendige Gemeinde mit Toten, haltet Euch von heidnischen Dingen fern.
Eine Vermengung mit dem Astarte- bzw. Artemis-Kult (zzgl. weitere Namen je nach Kulturkreis, Artemis wurde als jungfräuliche Gottesgebärerin verehrt) käme wohl nicht in Frage, also mit einer „Muttergöttin“, z.B. auf den Kanaren wurde sie als „Ziegen-Göttin“ verehrt (dort wurde auch Ziegenmilch auf die Altäre versprengt). Athene geht, nach Herodot, auf eine alte libysche Göttin zurück, die mit einer Ziegenhaut bedeckt dargestellt wurde.
Jeremia beklagt z.B. den Astartenkult. In Jer 7, 18: Die Kinder sammeln Holz, die Väter zünden das Feuer an, und die Frauen kneten den Teig, um Opferkuchen für die Himmelskönigin zu backen. Anderen Göttern spendet man Trankopfer, um mir wehzutun.
Oder Jer 44, 15 Da antworteten dem Jeremia alle Männer, die da wohl wußten, daß ihre Weiber andern Göttern räucherten, und alle Weiber, so in großem Haufen dastanden, samt allem Volk, die in Ägyptenland wohnten und in Pathros, und sprachen: 16 Nach dem Wort, das du im Namen des Herrn uns sagest, wollen wir dir nicht gehorchen; 17 sondern wir wollen tun nach allem dem Wort, das aus unserm Munde geht, und wollen der
Himmelskönigin räuchern und ihr Trankopfer opfern, wie wir und unsre Väter, unsre Könige und Fürsten getan haben in den Städten Juda’s und auf den Gassen zu Jerusalem. Da hatten wir auch Brot genug und ging uns wohl und sahen kein Unglück. 18 Seit der Zeit aber, daß wir haben abgelassen, der Himmelskönigin zu räuchern und Trankopfer zu opfern, haben wir allen Mangel gelitten und sind durch Schwert und Hunger umgekommen. 19 Auch wenn wir der Himmelskönigin räuchern und Trankopfer opfern, das tun wir ja nicht ohne unsrer Männer Willen, daß wir ihr Kuchen backen und Trankopfer opfern, auf daß sie sich um uns bekümmere.
Also: da hat Gott schon durchaus vorausgesehen, was passieren wird – und damit die abtrünnigen anhand der Schrift und Gesetze überführt werden können, steht dort dreimal das Köchelverbot von Fleisch in der Milch, also eine der Ausprägungen des Astarten-Kultes.
Was fangen wir jetzt damit an, heute als Christen, mit der Freiheit, die uns Paulus zuspricht? Man könnte z.B. die Konzilsentscheidung 431 in Ephesus, wo Paulus schon mit dem Artemis-Kult zu kämpfen hatten, überdenken, und ob das nicht eher aus politischen Gründen ein entsprechender Beschluss gefasst worden ist, der die Maria der Artemis als Gottesgebärerin und Himmelskönigin ähnlicher machte.
Die Gebote machen durchaus Sinn und sind es wert, studiert zu werden – denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde (Röm 3,20). Und deshalb sind wir gut beraten, dass Gesetz zu studieren, zu „übersetzen“, was Gott damit uns heute sagen will.
Ja, es war mir bekannt, dass man im alten Israel den Sitz des Lebens bzw. der Seele im Blut annahm und verortete.
Symbolisch ist das ok und kommt u. a. im Letzten Abendmahl Jesu Christi mit seinen Aposteln zum Tragen.
Aber rein wissenschaftlich-objektiv ist das Leben bzw. die Seele eben nicht im Blut zu verorten und derartiges Denken ist überholt und ohne Grundlage.
Ebenso wie die Annahme von Milch als etwas Lebendigem gegenüber „totem“ (ausgeblutetem) Fleisch. Natürlich ist Milch nicht lebendig sondern ein Drüsensekret, wie wir heute wissen.
All diese alt jüdischen Speisevorschriften sind überholtes veraltetes Denken, und die entsprechenden Anweisungen im AT für Christen zu Recht weder gültig noch maßgebend.
Man hatte ja damals u. a. angenommen, durch das Blut nicht ausgebluteter Tiere könnte bei dem Genuss entsprechenden Fleisches der Mensch tierisches Leben mit dessen seelischen Trieben in sich aufnehmen und dadurch quasi seelisch verunreinigt werden. Das ist natürlich wissenschaftlich Unsinn.
Nur nebenbei: neuere Erkenntnis der Naturwissenschaft, nicht der Religion: „Viele Jahrzehnte lang galt auch die Muttermilch als steril. Tatsächlich aber ist sie eine cremige bakterielle Suppe, in der über 700 verschiedene Bakterienarten leben“, so Rusch. Mütter bombardierten ihre Kinder regelrecht mit ihren Mikroben.“
https://www.mikrooek.de/seminare/fachtagungen/das-humane-mikrobiom/
Dass (Mutter-)Milch steril ist, habe ich nicht behauptet.
Aber gewisse darin enthaltene Bakterien machen sie nicht zu etwas Lebendigem.
Wissenschaftlich-objektiv ist einiges nicht haltbar, was in der Bibel steht. Aber wie Jesus so schön dem Satan sagte, als er ihn dreimal verführen wollte: „Es steht geschrieben …“.
Wenn uns Gott seine Sicht und Bewertung der Dinge mitteilt, dann halte ich mich daran – wenn ich es nicht anders erkannt habe, dann wortwörtlich, und ansonsten entsprechend dem, was ich als eigentliche Aussage dahinter erkenne.
Da mag die Wissenschaft noch so sehr anders argumentieren. Und da mag vieles als noch so überholt oder veraltet gelten, seien es Vorgaben für die Ehe zwischen Mann und Frau, sei es das Thema Abtreibung, Schöpfung, usw..
Ich bin bislang gut damit gefahren, Gottes Wort ernst zu nehmen.
ECHTE GÖTTLICHE Gebote und Gesetze können nicht durch eine wahrhaftig-objektiv betriebene Wissenschaft widerlegt werden – siehe z. B. die uns bekannten Naturgesetze, die ebenso von GOTT stammen wie die biblischen 10 Gebote oder z. B. Das Doppelgebot der Gottes- und der Nächstenliebe.
Objektiv und u ideologisch betriebene Wissenschaft kann aber u. a. zur Erkenntnis dienen, was denn wohl auch an biblischen Bestimmungen einerseits wirklich echt und direkt von GOTT stammt UND daher IMMER gültig ist und bleibt und was andererseits menschengemachtes Beiwerk ist und allenfalls zeitbedingt gültig war und ist.
Sie, Stephan, argumentieren wie die thorabeflissenen Pharisäer zur irdischen Lebzeit Jesu Christi, die unbedingt scheinbar das GANZE THORAGESETZ mit all seinen kleinsten Bestimmungen für direkt göttlich und damit unumstösslich hielten, auch wenn sie sich damit in eklatante Widersprüche verstrickten.
Wenn der HERR ihnen solche Widersprüche dann aufzeigte (z. B. im Zusammenhang mit der Heilung am Sabbat), so waren sie darüber so sehr erbost, dass sie IHN schließlich töten wollten, statt sich mit ihrem Verstand auf SEINE Argumentation einzulassen und IHN als GOTTES SOHN ANZUERKENNEN, der sich ja nicht zuletzt durch seine Wundertaten als eben dieser legitimierte.
So ging es ja auch z. B. dem Pharisäer Paulus, bis ihm der HERR selbst erschien.
Schreibfehler zu Beginn des 2. Absatzes: „unideologisch“ statt „u ideologisch“.
Zu den mosaischen (Thora-)Reinheitsgeboten für Frauen aus 3. Mose (=Levitikus):
Sie sind keineswegs, sondern nur sehr oberflächlich-einseitig verengt betrachtet, scheinbar frauenfeindlich, wenngleich auch sie m. E. nicht Göttliche sondern weitgehend der damaligen Zeit gegebene und somit zeitbestimmte menschliche Bestimmungen sind.
Ich habe aber vor einiger Zeit mal über die weibliche Fruchtbarkeit und den weiblichen Zyklus insbesondere unmittelbar nach einer erfolgten Schwangerschaft und Geburt gelesen, und da leuchtete mir sofort ein, dass z. B. die sog. 40tägige Ruhepause der Frau nach der Geburt, die mit der Reinigung im Tempel endete, durchaus sinnvoll ist und insbesondere in einer Zeit ohne sonstige medizin. Möglichkeiten dem Schutz der Frauen vor zu früher unkontrollierte neuer Schwangerschaft dient.
Ich bin kein Mediziner und kann das aus meiner Erinnerung daher nur so allgemein und nicht konkreter wiedergeben.
Jesus wollte nie, dass rebellische Söhne gesteinigt werden.
Die Geschichte vom Verlorenen Sohn sollte allen dazu den Rest geben.
Und Punkt.
Nette Auslegung, die aber eine Frage aufwirft:
Was ist eigentlich das Datum dieser Ausführungsbestimmungen im Talmud?
Sind diese erst durch den innerrabinischen Diskurs Jahrhunderte nach den Gesetzen entstanden? Was wurde vorher praktiziert?
Oder erkennt Till die Orale Torah an?