Oops I did it – nun habe ich mir doch tatsächlich zum ersten Mal eine Folge des Podcasts HossaTalk reingezogen. Folge Nr. 88 (mein erster Gedanke: Müsste diese Nummer nicht ein No-Go in der linksevangelikalen Szene sein?) mit Johannes Müller, dem Bruder von Gottfried „Gofi“ Müller. Spätestens nachdem mich zwei Freunde darauf aufmerksam gemacht hatten, dass es darin um Straßenevangelisation gehe, war mein Interesse geweckt. So widme ich meinen 500. Blogpost der 88. Folge von HossaTalk. Und ja, einige Stellen musste ich mir mehrmals anhören, weil teilweise sehr schnell gesprochen wurde und manche Sätze im wiehernden Gelächter untergingen. Aber insgesamt war es eine ganz interessante Folge, zumindest jedenfalls, sobald man es mal hinter die ersten siebeneinhalb Minuten Vorankündigungen und Werbung geschafft hatte.
Nun aber zur Frage der Podcast-Folge: Was tut Gott in Bremen? Es gibt blühende Straßenevangelisation. In der Nähe von London. In Bremen. Und in vielen anderen Orten auch. Ich bin ein ganz großer Freund der Straßenevangelisation. Ich finde, dass der Glaube auf den Marktplatz, in den Bus, in die Bahn und in die Supermarktkassenschlange gehört. Und ich freue mich außerordentlich, dass Johannes Müller so viel Großartiges erleben darf. Und das sage ich als jemand, der oft und penetrant die Praxis eines Übergabegebets kritisiert, nicht zuletzt, weil es auf den Gedanken zurückgeht, dass Erweckung von Menschen machbar sei, sondern auch weil es ein falsches Verständnis von Bekehrung und Wiedergeburt enthält und weil es in der gemeindlichen Praxis dazu führen kann, dass Menschen auf die Kraft ihres Gebets zurückgeworfen werden, statt auf die erlösende Kraft Jesu. Dies aber nur mal am Rande.
Johannes Müller erzählt verschiedene Beispiele aus seinen Erfahrungen mit der Straßenevangelisation, und schnell wird klar, dass das bei seinen progressiven Mit-Talkern auf Widerstand stoßen muss. Der Widerstand ist allerdings überraschend schwach. Es werden sogar echt gute Fragen gestellt, wie etwa diese (Min. 35 – 36): “Wenn wir die Theologie haben, dass Jesus der Weg und der Retter ist, so … dann ist für mich die Frage, wie transferieren wir das in den Alltag hinein?” Natürlich dürfen auch manche kritischen Fragen nicht fehlen, sonst würde sich ja bestimmt keiner mehr die nächsten Folgen anhören wollen. Die offene und ehrliche Begeisterung von Johannes bringt die gewohnte progressive Rhetorik immer wieder aus dem Gleichgewicht. Aber überwiegend zeichnet sich das Bild ab, das ich auch sonst weit verbreitet finde: In der Theorie ist das progressive Denken wunderschön, für die Praxis taugt es nicht. So sind auch Jay und Gofi ins Nachdenken gekommen und wissen am Ende auch nicht mehr, ob sie das, was der Johannes macht, nun eigentlich gut oder schlecht finden sollen. By the way: Ich finde es richtig klasse, dass Jay und Gofi in dieser Folge Johannes so viel Freiraum geben, so interessiert sind (trotz manchen Vorbehalte) und so viele gute Fragen stellen. Darüber freue ich mich enorm.
Interessant ist auch, wie Gofi auf die progressivere Kritik in den Kommentaren auf der HossaTalk-Seite antwortet. Wer genau liest, findet den Abschied vom progressiven Denken in der Praxis relativ schnell: „Bitte lass uns doch noch mal auf die Fakten schauen: Zwei vor Angst schlotternde Omas gehen auf wildfremde Menschen zu und sagen: Ich habe einen wunderbare Nachricht für sie: Gott liebt sie und hat einen wunderbaren Plan für ihr Leben. Mal abgesehen davon, dass das Außerirdischenjargon ist, den normale Menschen nicht verstehen, wissen du und ich ganz genau, dass diese ‘Masche’ unter normalen Umständen niemals funktionieren kann. In Bremen funktioniert sie aber plötzlich. Und in Redding, Southampton, Liverpool … Warum? Liegt das etwa an dem genialen und manipulativen Gesprächsfahrplan? Are you fucking kidding me?“ (Link)
Jeder, auch Jay und Gofi, werden sich irgendwann in den nächsten wenigen Jahren entscheiden müssen, auf welcher Seite er steht. Ich bete mit, dass es auch bei ihnen beiden die richtige Seite sein wird. Immer wieder wird ein tiefer Riss, der quer durch alle Kirchen und Denominationen geht, notdürftig übertüncht und versteckt. Doch ein Haus, das mit sich selbst uneins ist, kann keinen Bestand haben, und hier gibt es nun mal keine Einigkeit. Doch nun hat ein spannendes Jahr begonnen: Ein neues bibeltreu-evangelikales Bloggernetzwerk, eine Gebetskonferenz in Augsburg, in welcher das alt-rauhe Kreuz gepredigt wurde, und jetzt auch noch eine Folge HossaTalk, in welcher es um eine Erweckung geht, die sich von Bremen aus in weitere Städte unseres Landes ausbreitet. Und der erste Monat des neuen Jahres ist noch immer nicht ganz rum. The times are a-changing!
Dieser Blog-Beitrag von Jonas Erne erschien zuerst auf Jonas Erne - Der Blog . Lies hier den Original-Artikel "Jay und Gofi verklären die Welt – Johannes klärt auf".