Predigt mit Römer 3,21-26
Um zu beschreiben, was am Kreuz geistlich gesehen passiert, kommen in der Bibel sehr verschiedene Begriffe vor. Da ist die Rede von Erlösung, Rettung, Rechtfertigung, Sühne und Versöhnung. Aber was genau meinen diese Worte? Ist das alles dasselbe? Oder widersprechen sie sich sogar? Wie die unterschiedlichen theologischen Begriffe miteinander zusammenhängen, was am Kreuz wirklich „hinter den Kulissen“ geschehen ist, und was du davon hast, hörst du in dieser Predigt zum Karfreitag.
Dieser Blog-Beitrag von Johannes Röskamp erschien zuerst auf SON OF A PREACHER MAN . Lies hier den Original-Artikel "Was nützt mir Jesu Tod?".
Am Kreuz kann ich nur Verneinung, ein Durchstreichen, Verurteilung und Verdammung erkennen. Keinerlei Rechtfertigung.
Jesu Blut und Seine Wunden,
das ist meine Arzenei,
da hab ich mein Heil gefunden,
dass ich nun geborgen sei.
Ist Christus nicht auferstanden, so seid ihr noch in euren Sünden (Paulus).
Das ist natürlich richtig. Das ganze Werk Christi ist erst am Ostermorgen vollendet. Man darf aber m.E. nicht Karfreitag und Ostersonntag gegeneinander ausspielen. Beide zusammen bilden das Erlösungswerk Christi. Nicht nur das Eine oder das Andere.
Da sind wir völlig beieinander. Doch in der Predigt kommt das gar nicht raus. Wenn Sühne als Wiedergutmachung verstanden wird, ist am Kreuz quasi alles erledigt. Diese Kreuzfocussierung kritisiere nicht nur ich, sondern viele andere. Ein Theologieprof hat mir geschriebem, dass ich erkannt hätte, dass man das Kreuz und Auferstehung nicht auseinanderreißen darf.
Natürlich kommt das in der Predit „nicht raus“. Das ist eine Predigt zum Karfreitag und zum Kreuz. Nicht zur Auferstehung…
Die gängige Sühnetheologie ist überwiegend kreuzlastig, weil sie beide Seiten Gottes an Karfreitag unterbringen und miteinander verknüpfen will: Einerseits seinen Zorn und Distanzierung der Sünde und dem Sünder gegenüber – und zugleich sein Erbarmen, seine Annahme und Vergebung. Ein Sühnebegriff, verstanden als Ausgleich und Bezahlung von Schuld, verbindet beide Seiten zur Erlösung von der Sünde.
Dabei zeigt sich an Karfreitag nur die Zornesseite. Der mE wichtigeste Hinweis an Karfreitag, dass da noch was Positives nachkommt, ist, dass der Vorhang im Tempel zerreisst. An Ostern zeigt sich dann die erbarmende Seite Gottes. Beides sind Nacheinander-Operationen auf der einen Person des Sohns.
Ja, beides gehört zusammen. Jesus hat am Kreuz aus Barmherzigkeit sein Erlösungswerk vollbracht. Was hernach kommt, ist die Folge des Erlösungswerks.
Es gibt ja Christen, die meinen man brauche heute das Kreuz, den Gekreuzigten nicht mehr. Daher auch oft das Kreuz ohne Corpus. Welch ein Irrtum !
Dann hast du noch nicht die Perspektive eines Paulus eingenommen. Er kann nämlich am Kreuz vor allem Rechtfertigung und Erlösung erkennen!
Auf welche Stellen beziehst du dich? Röm 3,21ff? Alle haben gesündigt und es fehlt ihnen die Herrlichkeit Gottes; sie werden umsonst gerecht gesprochen durch seine Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus.
Hier lässt sich feststellen, dass Paulus die Gerechtsprechung als ein Teilergebnis der Erlösung ansieht. Die Erlösung ist _in_Christus Jesus, d.h. in seinem durch Kreuz und Auferstehung gegangenen Leben. D.h. ohne dieses Leben keine Rechtfertigung für mich.
Da sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.
Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus;
das ist mein Blut des neuen Testamentes, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. Mt 26. 26,27,28
Man muss es im Zusammenhang sehen, Jesus war noch nicht am Kreuz, hat aber schon die Rechtfertigung durch sein Blut ,,zur Vergebung der Sünden “ seinen Jüngern bezeugt, und das Abendmahl mit ihnen geteilt.
Wer sagt, dass Jesus nicht auferstanden sei ? Jesus hat schon beim Abendmahl wie Lilli schreibt „die Rechtfertigung durch sein Blut ,,zur Vergebung der Sünden “ seinen Jüngern bezeugt“. Zu der Zeit war er weder gekreuzigt noch auferstanden. Es war eine Vorwegnahme dessen, was kommen würde.
Bei Paulus steht die Rechtfertigung im Zusammenhang mit der Auferweckung: Auferweckt um euer Rechtfertigung willen.
Das ist nun wirklich zu simpel, toblog. Natürlich gilt es an Röm 4,25 festzuhalten. Aber man kann diese Stelle nicht absolut setzen und behaupten oder implizieren, bei Paulus stehe die Rechtfertigung nur im Zusammenhang mit der Auferweckung.
Ich will wirklich nicht spamen, aber ich stelle jetzt auch hier nochmal die zwei längeren Zitate von Douglas J. Moo rein, weil sie genau die Verse betreffen, um die es in dieser Predigt geht. Toblog zu überzeugen, wird natürlich nicht gelingen. Aber vielleicht liest ja noch jemand, dem es wir mir geht und durch die Auslegung sehr ermutigt wird.
Liebe Grüße
Moo, Douglas J. 2021. A Theology of Paul and his Letters. The Gift of the New Realm in Christ; S. 398
Römer 3,21-26 ist einer der wichtigsten soteriologischen Texte im Neuen Testament, der Gottes rechtfertigendes Handeln durch Jesus Christus, mit Erlösung, Gnade und Christi Werk am Kreuz verbindet. Wie Paulus in den Versen 25b und 26a behauptet, hat das Kreuz die Aufgabe, „die Gerechtigkeit Gottes“ aufzuzeigen … diese Formulierung in den Versen 25b und 26a bezieht sich wahrscheinlich nicht auf die rettende oder „vermittelnde“ Gerechtigkeit (wie in den Versen 21 und 22), sondern seine wesenhafte Gerechtigkeit. Nur wenn wir der Formulierung diese Bedeutung geben, macht es für Paulus Sinn zu erklären, dass Gott in Christus gehandelt hat, um seine Gerechtigkeit aufzuzeigen „weil Gott die vorher ergangenen Sünden nicht völlig gestraft hat.“
Im Zeitalter des Alten Testaments, so vermittelt es Paulus, hat Gott Sünden nicht mit der vollen Härte bestraft, wie er es hätte tun sollen. Menschen die sündigten, hätten den geistlichen Tod erleiden müssen, weil sie noch kein ausreichendes Opfer hatten, das für ihre Sünden sühnt. Aber in seiner Barmherzigkeit „übersah/überging“ Gott ihre Sünden. Indem er das tat, handelte Gott jedoch entgegen seines Wesens das erfordert, auf Sünde mit Zorn zu antworten. Indem Christus sich selbst als ein „Sühneopfer“ hingab, bezahlte er den Preis der Sünde aller Menschen – vor seiner Zeit (V. 25b) und danach (26a)
All das weist stark darauf hin, dass der Preis, den das erlösende Werk Christi beinhaltet, bezahlte wurde, um Gottes Gerechtigkeit zu rechtfertigen, Sünden zu vergeben. Die „Aussöhnung“ des Wesens Gottes als heilig und vollkommen gerecht einerseits und seiner Erklärung, eindeutig unheilige Menschen ständen gerecht vor ihm andererseits, ist, worum es in diesem Abschnitt letztlich geht – und, letztlich, was das Evangelium eigentlich ist. Wie Horton anmerkt, wenn wir noch nicht mit dieser Spannung gerungen haben, „haben wir wahrscheinlich noch nicht mit der Lehre Gottes des Paulus gerungen“.
Moo, Douglas J. 2021. A Theology of Paul and his Letters. The Gift of the New Realm in Christ; S. 398-399
Ein weiteres kontrovers diskutiertes Wort innerhalb dieses Kontexts bedarf der Erklärung: hilasterion … Wichtig für unsere Absicht an dieser Stelle ist jedoch die Tatsache, dass obwohl das Wort im Alten Testament die „Sühneplatte „bezeichnet“, das Wort jedoch „Sühne“ bedeutet. Das Wort stellt daher den Tod Jesu als Mittel dar, wodurch der Zorn Gottes abgewendet wird.
Paulus verbindet den Zorn üblicherweise mit der Zeit des Gerichts, an dem er den Ungläubigen auferlegt wird. Diejenigen, die in Christus sind, können sicher sein, an diesem Tag, diesem Zorn zu entgehen. Denn gemäß seiner üblichen eschatologischen Perspektive, wurde dieser Zorn von Jesus am Kreuz völlig gestillt (Röm 5,9; 1. Thess 5,9-10).
Vers 26b fasst die dichte Theologie dieses Abschnitts zusammen: Paulus sagt über Gott „… er gerecht ist und den rechtfertigt, der des Glaubens an Jesus ist“. Angesichts der menschlichen Sünde und der Verurteilung, unter der Sünder stehen, sandte Gott Christus, um ein vollständiges und endgültiges Opfer für Sünden zu sein. Er ist das Mittel um Gläubige zu rechtfertigen – sie in den rechtlichen Stand von Gerechtigkeit zu versetzen – und gleichzeitig gerecht zu bleiben, wenn er es tut, weil Christus an unsere Stelle tritt, das völlige Gericht tragend, das wir verdienen.“
Vielen Dank, lieber Gast. Die beiden Zitate sind wirklich sehr hilfreich. Genau in diesem Sinne habe ich heute Röm 3,21-26 ausgelegt.
(Mit einer kleinen abweichenden Betonung was das „den Preis zahlen“ angeht. Meines Erachtens steht das Zahlen des Preises sachlogisch eher mit dem Begriff der „Erlösung“ im Zusammenhang und nicht so sehr mit dem Begriff der „Sühne“. Aber das ist ein Detailfrage…)
Bei Paulus erfolgt unsere Rechtfertigung im Zusammenhang mit dem Leben des Christus, welches durch Kreuz (Sündopfer) und Auferweckung (Rechtfertigung) gegangen ist. Rö. 4,25 und 2. Kor 5,21. Ich wende mir nur dagegen, dass die Rechtfertigung allein an der Verdammung am Kreuz gesehen wird.
Man muss sich auch das äüßere Geschehen vor Augen führen. Am Kreuz allein wird zerschlagen, verirteilt, verdammt. Gerechtfertigt/die Sache richtig gestellt wird er durch Auferweckung, Auffahrt, Sitzen zur Rechten des Vaters. Wie der zeitweilig verlorene Sohn-
@Gast: Auf diese Statements bin ich doch bereits eingangen.
@Johannes Röskamp
Auch Moo verortet „den Preis“ in der Erlösung. Er stellt gut dar, was das Wort „Erlösung“ bedeutet, was der historische Hintergrund ist, um welchen Preis es geht und (was toblog wohl wenig freuen wird), an wen der „Preis“ bezahlt wird.
Die beiden Zitate stammen aus einem Abschnitt, der sozusagen die Schnittmenge und den Zusammenhang zwischen Stellvertretung, Erlösung und Rechtfertigung betont und aufzeigt.
Das ganze Werk ist unglaublich hilfreich. Ich denke in Deutschland wird Moo wohl kaum bekannt sein. Für mich ist er, zusammen mit Thomas Schreiner, der evangelikale Paulusexperte. Leider wird man die Veröffentlichung dieses Buches in Deutsch wohl nie erleben, was sehr schade ist. Es gibt kein Thema, das er nicht anspricht, deutlich, klar, verständlich und praktisch (soweit man es in einem solchen Buch erwarten kann).
Liebe Grüße
Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele. Mark. 10,45
Richtig, Peter Wandel.
„Für viele“ – nämlich die, die Jesu Opfer für sich dankbar annehmen.
Nicht dagegen: „für alle“ – das wäre dann nämlich Allerlösung.
John Stott stellt fest, dass die Bibel nirgends aussagt, an wen das Lösegeld des Blutes Christi bezahlt wird.
Lösegeld, Preis steht für mich auch klar im Zusammenhang mit Erlösung, Loskauf: Der Sohn erlöst seine eigene Person aus dem Alten Bund. Am Gesetz kann man es schön zeigen, wie die Erlösung funktioniert: Er wird für alles verurteilt und trägt die Schuldfolgen. Bis zum dritten Tag. Dann wird er durch Gottes Erbarmen und Macht als Person wieder auferweckt. Es gibt also auf dem Leben des Sohns keine Übertretung mehr, auf die Gott nicht mit seiner Barmherzigkeit geantwortet hätte und zu der er sich fortgesetzt stellt. Der Sohn ist sozusagen dem Geltungsbereich des Gesetzes vollständig entzogen, obwohl es das Gesetz noch gibt. Und diese Immunität gegenüber dem Gesetz gilt dann für alle, die in seinen Rechtstatus eintreten.
Ja, die Feststellung von John Stott halte ich auch für sehr wichtig. Nirgends in der Bibel wird der Empfänger des Lösegeldes genannt. Dabei sollten wir bleiben und nicht darüber hingehen. An dieser Stelle endet die Aussagekraft der Metapher vom Lösegeld.
Die andere Alternative: Er zahlt durch seinen Tod das Gesetz aus. Tilgt sozusagen gegenüber dem Gesetz sämtlichen Schulden. Sühne als Ausgleich.
Lehne ich ab, wegen unlösbarer theologischer Folgeprobleme. Da der Sohn der Welt Sünde trägt, würde dies logisch zwingend eine billige Allversöhnung bedeuten. Denn das Gesetz und eine Verurteilungsmöglichkeit durch diese, wären dann für alle Geschöpfe erledigt.
Und nochmal ein Aufschlag zur Verdeutlichung:
Die Strafe lag auf ihm, auf dass wir Frieden hätten. Dass wir unsere todbringenden Folgen der Schuld grundsätzlich nicht erleben müssen, das hat seine zentrale Ursache im Sündopfer Christi. Eine andere Interpretation blockt mir der Geist und vielen anderen auch.
Dass Jesus sterben musste, allein damit sich Gott die Fähigkeit erwirbt, Sünden vergeben zu können – das blockt mir der Geist jedoch genauso und nicht nur mir. Außerdem widerspricht es einfach dem vielfach biblischen Befund des AT. Diese Ansicht ist näher bei Moloch.
Das Sündopfer muss also zu tun haben mit unserer grundsätzlichen Befreiung von Schuldfolgen, der Rechtfertigung. Wenn man sich nun nochmals vor Augen führt, aus welchen Richtungen Gefahr für den Sünder droht, dann ist es a) Gott als Person b) sein Gesetz c) die Macht des Todes. Man braucht also Ruhe an allen diesen drei Fronten. Das macht das Sündopfer: a) Der berechtige Zorn Gottes kommt vollständig zu seinem Recht b) das verurteilende Gesetz kommt vollständig zu seinem Recht und c) die Macht des Todes kommt vollständig zu ihrem Recht. Durch das Kreuz.
Das Kreuz allein leistet jedoch zu meiner Rechtfertigung nix. Man kann von Gottes Zorn, von seinem verurteilenden Gesetz und von der Macht des Todes keinen positiven Beitrag zu meiner Rechtfertigung erwarten! Gottes Zorn wird den Sünder immer auf Distanz halten, das Gesetz wird ihn dauerhaft zum Tode verurteilen und die Macht des Todes wird ihn nicht mehr freigeben.
Der positive Beitrag ist allein in Gottes Erbarmen und seiner Macht zu sehen. Eigenschaften, die unabhängig von seinem Zorn schon bestehen. Sein Erbarmen und seine Macht allein bringen den Sohn wieder zur Auferweckung. Die Auferweckung stellt also einen systematisch-theologisch einen zwingenden Baustein von Gottes Gerechtigkeit dar.
https://www.ekd.de/fuer_uns_gestorben.htm
„Viele Kritiker innerhalb und außerhalb der Kirche nehmen an der Vorstellung von der Heilsbedeutung des Kreuzes Anstoß, weil es dabei um Gewalt geht. Sie fordern eine Selbstreinigung der Kirche und Abkehr von diesem Glauben. Dass Gott seinen Sohn hat sterben lassen, um unsere Sünden zu vergeben, erscheint ihnen als Akt der Willkür und Brutalität. Die Kritik richtet sich besonders gegen die alte, in der Geschichte der Kirche so wirksam gewordene Satisfaktionslehre des mittelalterlichen Theologen Anselm von Canterbury, die gern so zusammengefasst wird, als habe Christus sterben müssen, um Gottes Zorn zu besänftigen und ihm Genugtuung zu verschaffen. Bis in die Gegenwart hinein bezieht sich die Ablehnung des Kreuzes vor allem auf diese Vorstellung, auch wenn sie so kaum mehr vertreten wird. Sie erscheint unvereinbar mit einem friedensfähigen Christentum und dem Glauben an einen liebenden Gott.
Neuere Untersuchungen zu Anselm zeichnen demgegenüber ein differenzierteres Bild seiner Theologie. Vor allem aber übersieht die Kritik am Opfertod Jesu einen entscheidenden Punkt. Denn Gott opfert im Kreuzestod Jesu nicht einen anderen, um seine Rachesucht zu befriedigen, sondern in Jesus Christus gibt er sich selbst hin, um die Menschen zu versöhnen. Die Gewalt geht nicht von Gott aus. Gott wird vielmehr selbst zum Opfer und liefert sich menschlicher Feindschaft und menschlichem Hass aus. Nicht die Legitimierung der Gewalt, sondern ihre Überwindung durch Liebe und Vergebung ist das Ziel.
Gleichzeitig eröffnet die Vorstellung vom Sühnopfertod Jesu Christi eine neue Perspektive auf ein Problem, das eigentlich unlösbar scheint: Es geht um die Spannung zwischen Liebe und Gerechtigkeit Gottes. Die von ihren biblischen Quellen her verstandene Sühnopfervorstellung ermöglicht eine — wie ich finde — faszinierende Antwort, wie ich sie nirgendwo anders finde: Gott lässt die Sünde der Menschen, all das Unrecht, das damit verbunden ist, nicht ungesühnt. Aber er sagt: ich nehme die Strafe selbst auf mich. So mündet seine Gerechtigkeit in unermessliche Liebe, die uns frei macht von Unrecht und Schuld.“
Nochmals zu Röm 3,21ff: Hieraus lässt sich erkennen, dass die Erlösung des NT mit der Aufrichtung seiner Gerechtigkeit die Antwort auf das Problem ist, dass er ständig vergeben muss – und nicht die Antwort – dass er nicht vergeben kann. Er ist genervt, dass er ständig vergeben muss, obwohl seine Gerechtigkeitseite eigentlich Zorn und Strafe verlangt.
Er will das Problem der Sünde wegschaffen (vgl. Hebr.). Er will Ruhe an der Front, dass er ständig vergeben muss.
Nein toblog, das zeigt Röm 3,21-31 gerade nicht. In deinen Ausführungen ziehst du Schlussfolgerungen, die einfach dem entsprechen, was deiner Meinung nach der Text nicht sagen kann, weil er es nicht sagen darf.
Natürlich stimmt es, dass Gott uns immer wieder vergeben muss. Nicht der Mensch an sich, aber der Gläubige ist Gerechter und Sünder zugleich. Aber deine Gegenüberstellung von „ständig vergeben muss“ im Gegensatz zu „nicht vergeben kann“ ist im Text nicht zu finden. Es geht einfach nicht darum, dass Gott nicht vergeben kann, sondern gerade darum, dass er es kann – durch die Erlösung in Jesus Christus, der das Sühnopfer (hilasterion!) ist. Jesus ist nicht „nur“, wie du es immer wieder schreibst, das Sündopfer, sondern das Sühneopfer.
In Römer 3 geht es darum, dass Gott gerecht ist, weshalb er Sünder eigentlich verurteilen muss. Er aber, durch das Sühnopfer Jesu, eben diesen Sünder für gerecht erklärt kann. Gott bleibt sozusagen seinem Wesen treu. Er gibt nicht seine Gerechtigkeit auf. Er gibt nicht seine Gnade auf. In Jesus – seiner Person und seinem Werk – treffen sich beide Wesenszüge Gottes. Gott bleibt sich treu. Er ist gerecht und spricht den gerecht, der glaubt. Woran glaubt? Dass Jesus allein, durch seinen Tod am Kreuz, Erlösung schenkt.
Ich befürchte, dass dein Verständnis weder dem Wesen Gottes gerecht wird, seiner unermesslichen Gnade und dem, was Jesus am Kreuz erreicht hat.
Ein letzter Gedanke, weil er glaube ich in eine sehr ungute Richtung führt. Weiter oben schriebst du, Jesus habe sich selbst erlöst oder so ähnlich. So ein Satz führt weit über jede (teils berechtigte) Kritik an Anselm hinaus. Nur ein Mensch brauchte keine Erlösung, Jesus Christus. Falls ich dich da falsch verstanden habe, tut es mir leid.
Es gibt Gottes Gnade und seine Barmherzigkeit nicht ohne das Erlösungswerk am Kreuz. Wir können von Gott nur deshalb für gerecht erklärt werden, weil Jesus am Kreuz gestorben ist. All die Segnungen dieses Todes am Kreuz dürfen wir erfahren, wenn wir glauben, uns Jesus anvertrauen. Dem Jesus, der gestorben und auferstanden ist.
Damit verabschiede ich mich aus diesem Austausch. Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden!
Liebe Grüße
Lieber Gast,
die Stärke der Theologen liegt sicher darin, dass sie sehr nahe am Text sind und die Ursprungssprachen beherrschen. Nur – manchmal täte ein Schritt zurück mit etwas mehr Abstand zum Text für das Gesamtverständnis auch gut. Ich habe sicher stets eine sehr systematsche Brille auf.
Wenn nun Röm 3,21 beginnt: „Nun ist aber ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit offebart worden“, dann ist der logische Gedankengang erstmal: Warum ist da so? Meine Antwort: Es braucht Gottes Gerechtigkeit, weil der Mensch eine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, nicht leisten kann. Er kann das Gesetz nicht halten. Ist fast gleichbedeutend mit: Er muss mir ständig die Übertretungen des Gesetzes vergeben. Und mit diesem Verständnis im Hinterkopf lese ich dann weiter…
Dass die gängige Sühnetheologie behauptet, Gott habe im AT nicht wirklich vergeben können – das ist mE neben dem Gottesbild ihre größte Schwäche, weil das einfach irreal ist. Eine gewisse Offenheit gegenüber besseren Lösungsvorschlägen wäre daher durchaus zu begrüßen.
Zu Sühne: Ich beginne in der Regel nicht zuerst mit diesem Begriff, weil er mittelalterlich verbogen ist und man erstmal deutlich machen muss, was darunter zu verstehen ist. Das Systemthema habe ich im Kapitel Zugang zur Erlösung untergebracht.
Dass sich der Sohn nicht selbst erlösen muss, weil er sündig ist, ist klar. Doch kann man stringent aufzeigen, wie er selbst als Person aus dem Alten Bund erlöst wird. Für uns.
Gruss Tobias