Wegweisende Worte von Francis A. Schaeffer
Der bekannte christliche Denker Francis A. Schaeffer hat im Jahr 1974 zum ersten Lausanner Kongress einen Text verfasst, der bis heute in beeindruckender Weise aktuell ist und nach wie vor die zentralen Herausforderungen beschreibt, vor denen die evangelikale Bewegung mehr denn je steht. Der nachfolgende Artikel enthält eine Übersetzung zentraler Aussagen (Überschriften und Hervorhebungen sind nachträglich hinzugefügt). Der vollständige Text ist im englischen Original nachlesbar unter https://lausanne.org/best-of-lausanne/francis-schaeffer-and-the-whole-pie bzw. https://lausanne.org/content/form-and-freedom-in-the-church.
Es ist unverzichtbar, an den zentralen Lehren des Christentums festzuhalten!
Es hat keinen Sinn, darüber zu reden, wie wir der Bedrohung der kommenden Zeit begegnen oder unsere Berufung inmitten des letzten Viertels des zwanzigsten Jahrhunderts erfüllen können, wenn wir uns nicht gegenseitig bewusst helfen, eine klare Lehrmeinung zu vertreten. Wir müssen den Mut haben, keine Kompromisse mit der liberalen Theologie … einzugehen. … Es gibt eine Wahrheit und wir müssen an dieser Wahrheit festhalten. Es wird Grenzbereiche geben, in denen wir untereinander Differenzen haben, aber in den zentralen Fragen darf es keine Kompromisse geben. … Wir müssen den Mut haben, eine klare Position zu beziehen. …
Wir dürfen gewiss nicht jede unserer sekundären Unterscheidungsmerkmale nehmen und sie zu einem Punkt erheben, an dem wir uns weigern, auf irgendeiner Ebene Gemeinschaft mit denen zu haben, die sie nicht vertreten. Es sind die zentralen Dinge des Wortes Gottes, die das Christentum zum Christentum machen. An ihnen müssen wir beharrlich festhalten … Aus Loyalität zu dem unendlich persönlichen Gott, der da ist und der in der Heiligen Schrift gesprochen hat, und aus Mitgefühl für unsere eigenen jungen Menschen und andere, wagen wir als Evangelikale keine halben Sachen in Bezug auf die Wahrheit oder die Praxis der Wahrheit zu machen. …
Wir können über Methoden reden, wir können uns gegenseitig ermutigen, wir können uns zu allen möglichen Aktionen aufrufen, aber wenn das nicht auf einer starken christlichen Grundlage im Bereich der Inhalte und der Praxis der Wahrheit beruht, bauen wir auf Sand und tragen zur Verwirrung unserer Zeit bei.
Wir müssen in der Lage sein, gute Antworten zu geben auf intellektuelle Anfragen an das Christentum!
Es ist nicht geistlicher, zu glauben, ohne Fragen zu stellen. Es ist nicht biblischer. Es ist weniger biblisch und wird letztendlich weniger geistlich sein, weil nicht der ganze Mensch einbezogen wird. Deshalb müssen wir in unserer Evangelisation, in unserer persönlichen Arbeit, in unserer Jugendarbeit, in unserem Dienst, wo immer wir sind, diejenigen von uns, die Prediger sind und predigen, diejenigen von uns, die Lehrer sind und lehren, und diejenigen von uns, die Evangelisten sind, absolut entschlossen sein, nicht in die Falle zu gehen und zu sagen oder zu implizieren: “Stellt keine Fragen, glaubt einfach.” Es muss der ganze Mensch sein, der begreift, dass das Evangelium Wahrheit ist, und der glaubt, weil er durch gute und ausreichende Gründe überzeugt ist, dass es Wahrheit ist. … Das Christentum verlangt von uns, dass wir genug Mitgefühl haben, um die Fragen unserer Generation zu lernen. …
Fragen zu beantworten ist harte Arbeit. Können Sie alle Fragen beantworten? Nein, aber Sie müssen es versuchen. Fangen Sie an, mitfühlend zuzuhören, fragen Sie, was die Fragen dieses Mannes wirklich sind, und versuchen Sie zu antworten. Und wenn Sie die Antwort nicht wissen, versuchen Sie, irgendwohin zu gehen oder zu lesen und zu studieren, um Antworten zu finden.
Antworten sind keine Erlösung. Erlösung bedeutet, sich zu verneigen und Gott als Schöpfer und Christus als Erlöser anzunehmen. Ich muss mich zweimal beugen, um ein Christ zu werden. Ich muss mich beugen und anerkennen, dass ich nicht autonom bin. Ich bin ein vom Schöpfer geschaffenes Geschöpf. Und ich muss mich beugen und anerkennen, dass ich ein schuldiger Sünder bin, der das vollendete Werk Christi zu meiner Erlösung braucht. Und es muss ein Wirken des Heiligen Geistes geben. Ich spreche jedoch von unserer Verantwortung, genug Mitgefühl zu haben, um zu beten und die harte Arbeit zu tun, die notwendig ist, um die ehrlichen Fragen zu beantworten.
Es stimmt nicht, dass jede intellektuelle Frage eine moralische Ausflucht ist. Es gibt ehrliche intellektuelle Fragen, und jemand muss in der Lage sein, sie zu beantworten. Vielleicht kann nicht jeder in Ihrer Kirche oder Ihrem Jugendverband diese Fragen beantworten, aber die Kirche sollte Männer und Frauen ausbilden, die das können. Auch unsere theologischen Seminare sollten sich dieser Aufgabe widmen. Das ist ein Teil dessen, worum es bei der christlichen Erziehung gehen sollte.
Wir sind nur glaubwürdig, wenn wir die Wahrheit auch praktisch leben!
Da wir einen starken Lehrinhalt haben, müssen wir … die Wahrheit, die wir zu glauben behaupten, praktizieren. Wir müssen unseren eigenen Kindern und der Welt, die uns beobachtet, zeigen, dass wir die Wahrheit ernst nehmen. In einem relativistischen Zeitalter reicht es nicht aus, zu sagen, dass wir an die Wahrheit glauben, während wir zugleich diese Wahrheit nicht dort praktizieren, wo sie beobachtet werden kann und wo sie etwas kostet.
Als Christen sagen wir, dass wir glauben, dass die Wahrheit existiert. Wir sagen, wir haben die Wahrheit aus der Bibel. Und wir sagen, dass wir diese Wahrheit anderen Menschen in aussagekräftiger, verbalisierter Form geben können und dass sie diese Wahrheit haben können. Das ist genau das, was das Evangelium behauptet, und das ist es, was wir behaupten. Aber wir sind von einem relativistischen Zeitalter umgeben. Glauben Sie auch nur einen Augenblick, dass wir glaubwürdig sind, wenn wir sagen, wir glauben an die Wahrheit, aber die Wahrheit in religiösen Dingen nicht praktizieren? Wenn wir das nicht tun, können wir nicht einen Moment lang erwarten, dass die hartgesottenen jungen Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts, einschließlich unserer eigenen jungen Leute, uns ernst nehmen, wenn wir sagen: “Hier ist die Wahrheit”, wenn sie von einem völlig monolithischen Konsens umgeben sind, dass es die Wahrheit nicht gibt.
Das Ziel des Christentums ist nicht die Wiederholung von bloßen Sätzen. Ohne die richtigen Sätze kann man nicht das bekommen, was daraus resultieren sollte. Aber wenn wir die richtigen Sätze haben, dann ist das Ziel, Gott mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Verstand zu lieben. … Eine tote, hässliche Orthodoxie ohne echte geistliche Realität muss als unchristlich abgelehnt werden. … Es gibt in der ganzen Welt nichts Hässlicheres und nichts, was die Menschen von sich weist, als eine tote Orthodoxie.
Unser Zeugnis muss durch die Schönheit unseres Umgangs miteinander bestätigt werden!
Wahres Christentum bringt sowohl Schönheit als auch Wahrheit hervor, vor allem in den spezifischen Bereichen der menschlichen Beziehungen. Lesen Sie das Neue Testament aufmerksam in diesem Sinne. Beachten Sie, wie oft Jesus auf dieses Thema zurückkommt, wie oft Paulus davon spricht. Wir sollen der Welt, die uns beobachtet, etwas zeigen, und zwar auf der Grundlage der menschlichen Beziehungen, die wir zu anderen Menschen haben, nicht nur zu anderen Christen. Wenn wir nun dazu aufgerufen sind, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben, auch wenn er kein Christ ist, wie viel mehr – zehntausendmal zehntausendmal mehr – sollte es Schönheit in den Beziehungen zwischen wahren bibelgläubigen Christen geben!
Wir müssen unsere Eigenheiten bewahren. Einige von uns sind Baptisten, einige von uns halten an der Kindertaufe fest, einige von uns sind Lutheraner und so weiter. Aber den wahren bibelgläubigen Christen über alle Grenzen hinweg und in allen Lagern möchte ich sagen: Wenn wir keine Schönheit in der Art und Weise zeigen, wie wir miteinander umgehen, dann zerstören wir in den Augen der Welt und in den Augen unserer eigenen Kinder die Wahrheit, die wir verkünden.
Jedes große Unternehmen, das eine riesige Anlage bauen will, errichtet zunächst eine Pilotanlage, um zu zeigen, dass sein Plan funktioniert. Jede Kirche, jede Mission, jede christliche Schule, jede christliche Gruppe, egal in welchem Bereich, sollte eine Pilotanlage sein, auf die die Welt schauen kann und dort eine Schönheit menschlicher Beziehungen sehen kann, die in deutlichem Kontrast zu der schrecklichen Hässlichkeit dessen steht, was moderne Menschen in ihrer Kunst malen, was sie mit ihren Skulpturen machen, was sie in ihren Filmen zeigen und wie sie einander behandeln.
Warum war die frühe Kirche in der Lage, sich innerhalb eines Jahrhunderts vom Indus bis nach Spanien auszubreiten? Stellen Sie sich das vor: ein Jahrhundert, Indien bis Spanien! Wenn wir in der Apostelgeschichte und in den Briefen lesen, finden wir eine Kirche, die beide Orthodoxien (Lehre und Gemeinschaft) hatte und praktizierte, und dies wurde von der Welt beobachtet. So empfahlen sie der damaligen Welt das Evangelium, und der Heilige Geist wurde nicht betrübt.
Es gibt eine Überlieferung (die nicht in der Bibel steht), dass die Welt über die Christen in der frühen Kirche sagte: “Seht, wie sie einander lieben”. Wenn wir die Apostelgeschichte und die Briefe lesen, erkennen wir, dass diese frühen Christen wirklich um eine praktizierende Gemeinschaft gerungen haben. Wir erkennen, dass eines der Kennzeichen der frühen Kirche eine echte Gemeinschaft war, eine Gemeinschaft, die bis hinunter zur gegenseitigen Fürsorge für die materiellen Bedürfnisse reichte.
Dieser Blog-Beitrag von Markus Till erschien zuerst auf aufatmen in Gottes Gegenwart . Lies hier den Original-Artikel "4 zentrale Herausforderungen der evangelikalen Bewegung".
Heute macht jeder wie schon früher auch, seine eigene Sekte auf, weil er selber das Kommando haben will. Ich habe das in meinem Heimatort gesehen. Da gibt es Pfingstler und Pietisten und Brüdergemeinden und trotzdem hat eine neue russisch angehauchte, die früher bei den Pfingstlern in deren Gemeindehaus Gottesdienste gilt, eine eigene Gemeinde gegründet und musste, weil die Räume ja was kosten, den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Der Prediger predigt wie viele andere das, was er selber nicht hat und macht.
Paulus hat schon gesagt: Haltet an den Überlieferungen fest. Aber so eine Aussage interessiert heute fast keinen mehr und ich denke damals war das Christentum längst nicht so sehr gefährdet wie heutzutage.