Die Trauerfeierlichkeit

Zweihundert Leute saßen in der Veranstaltung. Die Kirche war bereits eine Viertelstunde vor Beginn gut gefüllt, so ging ich an den reservierten und vermeintlich angestammten Plätzen vorbei zur Treppe, hoch bis in die zweite Empore, von wo man die Trauerfeierlichkeit gut übersehen konnte, wenn auch nur ausschnittsweise. Neben mir saß der, der die letzte Stufe nicht erwischt hatte und auf sein – ich meine – rechtes Knie gefallen war, ich zog ihn wieder in die Vertikale, so kommt man sich näher. Die letzte Stufe des Treppenaufgangs war verbreitert und hatte nicht dieselbe Höhe, ich sah noch einen Stolpernden, der jedoch entkam.

Sie war eine Christin gewesen von der Sorte, die bekannt sind für ihre Nettigkeit, Gutestun, Hospizarbeit, Blumen- und Gartenfreundin, Menschenfreundin, die obendrein und demütigerweise aus sich mir nicht erschließenden Umständen an Jesus Christus glaubte und seine Worte regelrecht ernst nahm.

Also: Sie glaubte.

Bis sie dieses freundschaftlich verbundene Leben mit seinen Höhen und Tiefen – von der Krebskrankheit attackiert – verließ.

Die kirchliche Veranstaltung verlief, moderiert von der engagierten Pfarrerin, mit den üblichen Erzählungen dessen, was das Leben der ihm Sarg Weilenden ausgemacht und so besonders gemacht hat.
Hier konnte man wirklich zustimmen, ihre Herzlichkeit, die Gabe mit Blumen zu arbeiten, mittels Buchsbaumheckchen Gartenatmosphäre zu gestalten, ihre Gastfreundschaft, ihr Glaube, das war der Punkt.

In dieser Kirche sind gewöhnlich keine dreißig Leute drin, der feste Stamm bestehend aus Pfarrer, Küster, Organist, ein paar amtierende Älteste der Kirchengemeinde, die sich auf Luther beruft, und einige weiterhin Kommende. Heute waren es jedoch deutlich mehr, sie kamen von überall.

Trauerfeierlichkeiten

Die Verstorbene lag im Sarg gebettet, umgeben von Holz, Blumenschmuck, Gestecken, Bändern, Liebesbezeugungen. Um sie herum zweihundert Anvertraute, teils verwandt, bekannt, erzogen, teils hatten sich die Wege getrennt, obwohl man sich weiterhin kennt.

Sie sangen unfassbar schöne Lieder: “Tochter Zion“ – das Lieblingslied der Verstorbenen, dann Arrangements im kleinen Chor – in Lateinisch? Bei „Großer Gott wir loben dich“ wurde sogar ein Trompeten- und Posaunenorchester laut. Die Atmosphäre war da, die Worte stimmten alle, die Bekenntnisse, die Verbeugungen und Liedtexte, die den Einen, Ewigen, loben, dem allein Ehre gebührt. Ihre Lippen bekannten Wahrheit von den Liedblättern, die am Eingang ausgegeben wurden. Kein störendes Geräusch.

Kein Störer, der auftrat und etwas dazwischenrief, kein Blitzgewitter oder ein Verwirrter der den Sicherungskasten bediente, mit dem Feuerlöscher plötzlich mit dem Schlauch Schaum in die Gänge spritzte, dann die letzten Reste austretenden Schaums zur Kirchenbank hielt, deren Besetzer sich entsetzt zusammendrängten und zurückwichen.

Keine Stimme aus dem Sarg, die noch einmal ansetzte, um ein letztes Wort zu sagen, seien es mahnende oder erfreuliche Worte, kein „ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen!!“ **

Und wenn:

Wer von den Anwesenden würde über die Buchsbaumhecke, über den Zaun steigen, und glauben. Sich dazu bekennen, dass er – jawohl – glaubt, was er singt, was er bekennt, dass er glaubt, das es eine Auferstehung gibt direkt danach!

Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt!! Und wer lebt und an mich glaubt wird nimmermehr sterben!!!

Die Gesänge bekannten die Wahrheiten Gottes – glaube mir, alle beteten korrekterweise das „Unser Vater“- Gebet am Schluss der „Trauergottesdienst“ genannten Veranstaltung, die meisten fehlerlos.

Die Feierlichkeit lief insgesamt herzlich ab, die Gäste sollten möglichst nicht in Schwarz erscheinen, es entstand keine niedergedrückte Stimmung, so hatte es sich die Glaubende gewünscht.

Manchmal zähle ich, wie viele Leute da sind inclusive der Mitgestaltenden, des Chors und des Organisten, dann die auf den Emporen – ich versuche die Zahl zu ermitteln, die zu dieser besonderen Veranstaltung gekommen sind. Wie gesagt, um die zweihundert Menschen fand ich doch eine ganz beeindruckende Zahl, die hier gedachte, zuhörte, sang und bekannte, jedoch

bei den Trauerfeierlichkeiten

“nur zehn glaubten”. Die man als Christen, als Gläubige bezeichnet. Als diejenigen, die Jesus bekennen, die glauben, dass er von den Toten auferstanden ist. Auch außerhalb dieser geweihten Mauern. Nur zehn Menschen gehörten zu Gott, glaubten an Jesus in dieser Kirche, gefüllt mit zweihundert Menschen – nur zehn, die zu ihm gehören.

Zehn.

Nur zehn.

Zehn in der Kirche, gefüllt mit zweihundert Leuten.

Nur zehn.

…sind hier.

Es sind nur zehn.

“Großer Gott wir loben dich” – nur zehn Leute.
“Herr wir preisen deine Stärke”, nur zehn.
Zehnmal nur “auf dich hoffen wir allein”
“Du lässt uns nicht verloren sein.”

Zweihundert minus hundertneunzig – wäre hier die Mathematik – bleiben eben…..

“Woher willst du das wissen? Das weiß ja kein Mensch, diese Idee, ja die Behauptung ist irre zu sagen, es seien nur 10 Christen im Raum gewesen, alle anderen wären nicht wirklich Gläubige gewesen. Wie kannst du dich nur anmaßen, solch einen Satz zu sagen, so etwas zu behaupten? Am Ende weiß ja nur Gott – nur Gott – wer zu ihm kommt, wer im Buch des Lebens steht und wer nicht???!!!!

D´accord – nur Gott wird richten über Lebende und Tote und die Guten trennen von den Bösartigen, die nicht glauben wollen.

Als ich über diese „zehn“ nachdachte, dachte ich noch, dass es statistisch jedenfalls hinkommt, das wären so um die 5% gläubige Christen. Mit ungefähr solchen Zahlen rechnen wir schon ziemlich lange*.

Gell?

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* Leider finde ich statistisch nur die 4% Kirchenbesucher in Deutschland. Dann wären da noch die immerhin 11%, die an eine biblische Auferstehung glauben.

** Luther Übersetzung

Dieser Blog-Beitrag von Rolf Oetinger erschien zuerst auf jesus-blog.de . Lies hier den Original-Artikel "Die Trauerfeierlichkeit".

Über Rolf Oetinger

Über 60 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder. Schwabe, der eine Hessin geheiratet hat und hauptsächlich im Bereich Haushaltsauflösungen inklusive Verwertung als Selbständiger arbeitet. Christ seit 1986, was für alle Beteiligten das deutlich Bessere ist.

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