Es tut sich etwas in der wissenschaftlichen Welt. Die „Gott-Hypothese“ kehrt zurück.[1] Und eine entscheidende Rolle spielt dabei das Design-Argument. Doch leider wird die Bedeutung, die Tragweite und die Wucht dieses Arguments bislang in unseren Breitengraden noch eher selten erkannt – leider auch von Christen und Theologen. Dabei rüttelt das Design-Argument an einem der grundlegendsten Paradigmen, das die akademische Welt über ein Jahrhundert dominiert hat.
Knapp zusammengefasst lautet dieses Paradigma: Seriöse Wissenschaft rechnet ausschließlich mit innerweltlichen, naturgesetzlich erklärbaren Ursachen. Damit wird nicht nur gesagt, dass Wissenschaft göttliche Eingriffe mit ihren Methoden nicht erfassen kann. Das Paradigma verlangt vielmehr, dass göttliche Eingriffe als Erklärung prinzipiell ausgeschlossen werden! Das gilt nicht nur für die Erforschung unserer geschaffenen Welt sondern auch für die Erforschung des Ursprungs der Welt, für die Erforschung des menschlichen Geistes und für die Erforschung der Bibel – mit allen weitreichenden Konsequenzen für unser Welt- und Menschenbild sowie für die Theologie, das Bibelverständnis, die Exegese und die Verkündigung in den Gemeinden.[2]
Das Problem war bisher: Der von diesem Paradigma geprägte Wissenschaftsbegriff galt vielfach als derart selbstverständlich, dass er kaum thematisiert geschweige denn hinterfragt wurde.[3] Dabei ist dieses Paradigma noch nie bewiesen worden. Philosophisch wurde es schon des Öfteren in Frage gestellt.[4] Wenn sich jetzt auch noch in den unterschiedlichsten naturwissenschaftlichen Fachdisziplinen[5] das Bild verfestigt, dass die Entstehung des Universums und des Lebens unmöglich allein durch innerweltliche Prozesse erklärt werden kann, dann ist die Vorstellung von einer Welt als geschlossenem System, in dem jede beobachtete Wirkung grundsätzlich auf eine natürliche, innerweltliche Ursache zurückgeführt werden kann, auch aus naturwissenschaftlichen Gründen passé. Dann ist klar: Wir befinden uns in Wahrheit in einer offenen Welt, die einerseits wohlgeordnet ist, in die ihr Ordnungsgeber aber auch eingreifen kann. Denn genau das hat er gemäß dem Design-Argument ja offenkundig bereits getan, und zwar nicht nur am Anfang der Weltgeschichte. Die Entstehung des Lebens wird ja gerade im konventionellen Modell nicht am Beginn, sondern erst lange Zeit nach der Entstehung des Universums angenommen. Das Design-Argument zeigt also: Im Verlauf der Weltgeschichte muss es „geistige Verursachungen“ gegeben haben!
Wenn das stimmt, dann ist es nicht mehr länger sachgemäß, die Option historischer Schöpfungsakte als „unwissenschaftlich“ darzustellen und grundsätzlich vom Diskurs in der biologischen Ursprungsforschung auszuschließen. Auch in anderen Wissenschaftsbereichen ergeben sich neue Möglichkeiten:
- In der Neurologie kann wieder offen die Option diskutiert werden, dass der menschliche Geist nicht nach dem Ursache-Wirkungsprinzip einer chemischen Maschine funktioniert sondern wesensmäßig immaterieller Natur sein könnte und damit auch einen freien Willen und eine die Zeit überdauernde personale Identität haben kann.[6]
- In der akademischen Theologie kann wieder offen die Option diskutiert werden, dass biblische Wunderberichte auf tatsächliche, historische Wunder zurückgehen, dass biblische Vorhersagen bereits vor ihrem Eintreffen aufgeschrieben wurden und dass die biblischen Texte gemäß ihrem Selbstanspruch echten Offenbarungscharakter haben könnten.
Die Konsequenz wäre also, dass die wissenschaftliche Welt ihre Suche nach Wahrheit deutlich ergebnisoffener betreiben könnte. Es müsste keinen grundsätzlichen Gegensatz mehr geben zwischen wissenschaftlichem Arbeiten und dem Glauben an Gott. Mehr noch: Christen dürften wissen, dass es für ihren Glauben auch gute naturwissenschaftliche Argumente gibt. Und sie hätten einen weiteren Grund, der Bibel zu vertrauen. Denn schließlich lehrte uns die Bibel schon immer drei Dinge über die Welt, die durch das Design-Argument jetzt ganz neu bestätigt werden:
- Wir leben in einer geschaffenen Welt.
- Schöpfer und Schöpfung sind strikt getrennt.
- Gott kann punktuell in den Lauf der Welt eingreifen.
Es war dieses biblische Weltbild, das die Erfolgsgeschichte der Wissenschaft einst in Gang gesetzt hat[7]. Gerade der Glaube an einen intelligenten „Gesetzgeber“ hatte Wissenschaftspioniere wie Newton, Kopernikus oder Kepler dazu motiviert, nach Naturgesetzen zu suchen. Heute bestätigt das Design-Argument erneut, dass das biblische Weltbild eine sehr gute Grundlage für fruchtbare Wissenschaft bietet.
Deshalb bin ich so dankbar für das von Reinhard Junker und Markus Widenmeyer herausgegebene Buch „Schöpfung ohne Schöpfer?“. Im Artikel „Warum Intelligent Design für Wissenschaft unverzichtbar ist“ hat Junker zentrale Thesen dieses Buchs zusammengefasst. Dabei wird deutlich: Anders als oft behauptet ist das Design-Argument sehr gut begründet, und zwar sowohl wissenschaftlich als auch wissenschaftsphilosophisch. Und es ist auf der Höhe der Zeit! Gerade die neuesten rasanten Entwicklungen in der Molekularbiologie liefern ständig neue Bestätigungen dafür, dass die Entstehung des Lebens und der biologischen Baupläne nicht allein auf ziellose, selbstorganisierende Prozesse zurückgeführt werden können. Die immer offenkundigeren Hinweise auf die kreative Tätigkeit eines intelligenten, zielorientierten Designers können nicht mehr länger einfach vom Tisch gewischt werden, wenn man intellektuell redlich auf die faszinierenden Fakten schauen möchte.
Paulus hatte also doch recht, als er schrieb, dass die Schöpfung klare Hinweise enthält, dass es einen Schöpfer gibt:
„Seit Erschaffung der Welt haben die Menschen die Erde und den Himmel und alles gesehen, was Gott erschaffen hat, und können daran ihn, den unsichtbaren Gott, in seiner ewigen Macht und seinem göttlichen Wesen klar erkennen.“
(Römer 1, 20)
[1] Siehe dazu das aktuell erschienene Buch von Stephen C. Meyer „Return of the God-Hypothesis“. Hintergrund ist die Erzählung, dass der französische Mathematiker, Physiker und Astronom Pierre-Simon Laplace im frühen 19. Jahrhundert zu Napoleon in Abgrenzung zu Isaac Newton gesagt haben soll: „Gott? Diese Hypothese benötige ich nicht.“
[2] Siehe dazu Markus Till: „Das wunderkritische Paradigma“ (https://blog.aigg.de/?p=5240)
[3] Die Argumente, die zur Durchsetzung des naturalistisch geprägten Wissenschaftsbegriffs geführt haben, werden erläutert und diskutiert in Markus Till: “Außerwissenschaftliche Vorannahmen: Denkvoraussetzungen von Wissenschaftlern und Theologen” (https://blog.aigg.de/?p=4930)
[4] Ein jüngeres Beispiel ist Keil, Geert, Naturgesetze, Handlungsvermögen und Anderskönnen, Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2007, 55 (6), 929-948.
[5] Das Design-Argument erweist sich nicht nur in der Biologie, sondern auch in der Kosmologie, Physik, Chemie und in der Mathematik als schlagkräftig! Siehe dazu das Buch „Das geplante Universum: Wie die Wissenschaft auf Schöpfung hindeutet“ von Markus Widenmeyer et al. (https://blog.aigg.de/?p=4615)
[6] Siehe dazu das Buch von Markus Widenmeyer: „Welt ohne Gott? Eine kritische Analyse des Naturalismus“
[7] So schrieb z.B. C.S. Lewis: „Die Menschen wurden Wissenschaftler, weil sie Gesetze in der Natur erwarteten, und sie erwarteten Gesetze in der Natur, weil sie an einen Gesetzgeber glaubten.“ Carl Friedrich von Weizsäcker stellte fest: Die moderne Wissenschaft ist „ein Geschenk, ich hätte auch sagen dürfen, ein Kind des Christentums.“
Dieser Blog-Beitrag von Markus Till erschien zuerst auf aufatmen in Gottes Gegenwart . Lies hier den Original-Artikel "Warum das Design-Argument ein Gamechanger ist!".
Ich äußere mich erstmal nur zum ersten Absatz:
„Es tut sich etwas in der wissenschaftlichen Welt. Die „Gott-Hypothese“ kehrt zurück.“
Das Belegen sie mit dem Buch eines Mitarbeiters des Discovery Institute? Ein Institut das ganz offen eine ID Kampange betreibt und auch für seine „Teach the Controversy“ bekannt wurde… eine Kontroverse bei der sie versuchen zu behaupten es gäbe keinen Wissenschaftlichen Konsens (was von anderen Wissenschaftlchen Organosationen aber zurückgewiesen wird) und des weiteren Versuchen Evoluionswissenschaftler zu diskreditieren?
https://en.wikipedia.org/wiki/Teach_the_Controversy
Eine sehr zweifelhafte Quelle. Auch die Empfehlungen auf Amazon sind nicht gerade Optimal… Brian David Josephson zb hat zwar einen Nobelpreis… aber ist ansonsten eher eine sehr schillernde Figur (quantum mysticism als Stichwort)
Also nein es tut sich nichts in der Wissenschaft. Weder in unseren Breitengraden noch jenseits des Teichs.
_2. Schöpfer und Schöpfung sind strikt getrennt._
Nun, mit der Gotteszeugung Jesu, der Inkarnation ins Fleisch – auch Jungfrauengeburt genannt – sind Schöpfung und Geschöpf nicht mehr so getrennt, wie man es noch aus dem Schöpfungsberichten herauslesen kann.
Interessanter Gedanke.
Aber könnte man nicht sogar noch einen weiteren Punkt vorbringen?
Sie nannten ja bereits das in-die-Welt-kommen Jesu. Ein erster Schritt auf die Schöpfung zu.
Wie steht es mit dem zerreißen des Tempelvorhangs? Wird die Trennung nicht noch kleiner?
Danke für den interessanten Anstoß!
Wenn es um unsere Verbindung mit Gott geht, dann würde ich eher noch anführen, dass wir eine Neugeburt in Christus sind. Teilhaftig der göttlichen Natur, wie sich der Petrusbrief ausdrückt (2. Petr. 1,4).
(Das Zereißen des Vorhangs zeigt m. E., dass der Vater das Opfer das Sohns angenommen hat und der Neue Bund in Kraft gesetzt wurde, der dann eine viel größere und dauerhafte Gottesgemeinschaft ermöglicht als der alte).
Die Gamechanger sind doch sehr philosophisch
Ich stimme dem Artikel insofern zu, dass es eine sehr große Änderung wäre, wenn es allgemein anerkannt wäre, dass wir uns in einer offenen Welt befinden.
Ob das ID dazu wirklich weiterhilft? Ich sehe das sehr kritisch.
Habe mir mal kurz die Amazon-Renzensionen, v.a. eine kritische zu „Welt ohne Gott?“ von Widenmeyer angesehen, dort ist auch der Link unten angegeben, eine Zeile aus der Zusammenfassung habe ich zitiert.
https://www.wort-und-wissen.org/artikel/prinzipielle-grenzen-der-naturwissenschaft/
Die Naturwissenschaft ist nicht in der Lage, über das bloße, äußerliche Verhalten der Wahrnehmungsgegenstände hinaus ihr eigentliches, inneres Wesen zu erforschen: Sie kann zum Beispiel nichts darüber sagen, ob Naturgegenstände überhaupt materiell sind, und was Materie ist, falls es sie gibt.
Da muss ich irgendwie an Schopenhauer – die Welt als Vorstellung – denken. Wenn wir der Naturwissenschaft von vornherein absprechen, überhaupt etwas sicher feststellen zu können, hat sie natürlich nie recht.
Mit ID hat sich u.A. Francis Collins in „The Language of God“ beschäftigt. Dort zeigt er wissenschaftlich nachvollziehbar, dass sich ID auf immer speziellere Design-Merkmale zurückziehen muss, da die vorherigen wissenschaftlich gut erklärbar sind.
Meine Sicht ist daher so:
Gott hat die Welt im Urknall erschaffen. Danach hat er sie im Großen und Ganzen nach den von ihm geschaffenen, gleichbleibenden Gesetzen laufen lassen und nur, wenn dies seinem notwendigen Willen (im Gegensatz zum kontingenten) zuwiderläuft, eingegriffen.