Wie bleiben wir Menschen mit Mission 3: Haben die Evangelikalen ein Fundamentalismusproblem?

Thorsten Dietz berichtet: „Fundamentalismus“ ist in der öffentlichen Wahrnehmung ähnlich geächtet wie Rassismus oder Antisemitismus. Die Diagnose „Fundamentalist“ bedeutet deshalb von Anfang an eine Ausgrenzung (S. 238). Wie sehr er damit recht hat, zeigen Äußerungen wie die des SPD-Manns Michael Roth, der twitterte, dass islamische Hassprediger so wenig zu Europa gehörten wie evangelikaler Fundamentalismus. Warum progressive und liberale Theologen trotzdem weiterhin konservative Christen mit diesem vergifteten Begriff belegen, wäre eine eigene Diskussion wert.

Beim Lesen von „Menschen mit Mission“ habe ich mich immer wieder gefragt: Bin ich in den Augen von Thorsten Dietz ein Fundamentalist? Mir schien zunächst, dass ich mich entspannen kann. Dinge, die für mich völlig selbstverständlich sind, wie z.B. die Nutzung moderner Technologie, zeitgemäßer Medien und Musik oder die Zusammenarbeit mit vielen Gläubigen für die Evangelisation beschreibt Dietz als Abkehr vom Fundamentalismus (S.  241). Ein fundamentalistisches Bibelverständnis fordert laut Dietz, dass alle biblischen Beschreibungen … als Wahrheit akzeptiert werden, ohne Unterscheidung von wörtlicher, metaphorischer oder symbolischer Ebene. (S. 242) Ein solches Bibelverständnis halte ich nicht nur für blanken Unsinn, es ist mir in meiner langen evangelikalen Karriere eigentlich noch nie bewusst begegnet.

Verunsichert wurde ich dann aber doch, als ich las, dass man unter Fundamentalismus ein Schriftverständnis versteht, dasdie völlige Irrtumslosigkeit und Widerspruchsfreiheit der Bibel behauptet. Ins Fragen kam ich auch beim Lesen der Passagen, in denen Dietz als Gegenposition zum Fundamentalismus den Prediger und Evangelist Gerhard Bergmann mit den Worten zitiert, dass es in der Bibel »Legenden, Mythen und Sagen, zwischen historischen und naturwissenschaftlichen Irrtümern« gebe“, kombiniert mit der Behauptung: »Alle Verfasser [der Bibel] sind Kinder ihrer Zeit. Sie leben im Weltbild und den Vorstellungen ihrer Tage.« … »Die Bibel ist Gottes Wort, und zwar als Zeugnis von Gottes Offenbarung.« (S. 258). Muss ich solche Thesen gut finden, um kein Fundamentalist zu sein?

Für Dietz gilt jedenfalls: Der Fundamentalismus ist wie sein Bibelverständnis keine traditionell christliche Position. Er ist ein junges Phänomen und entsteht in Reaktion auf die Moderne. Dieses Phänomen ist nicht konservativ, es ist reaktiv; es reagiert auf eine Moderne, die als radikale Verneinung des Christentums empfunden wird. (S. 275)

Was können wir von Thorsten Dietz lernen?

Bibelleser müssen beachten, dass das Wahrheitsverständnis der biblischen Autoren ein anderes sein kann als unser heutiges Wahrheitsverständnis. Dietz zitiert dazu den Theologen Heinzpeter Hempelmann: Der Wahrheitsbegriff der „Inerrancy-Konzeption“ in den sogenannten „Chicago-Erklärungen“ sei der moderne, aus rationalistischem Geist formulierte Begriff mathematischer Richtigkeit (S. 265). Das passt für Hempelmann nicht zum Wahrheitsbegriff der Bibel. Tatsächlich verwirft auch die erste Chicago-Erklärung die Ansicht, dass man von der Bibel „moderne technische Präzision“ erwarten dürfte (Artikel XIII).

Ähnlich argumentiert auch der Theologe Armin Baum. In seinem offen.bar-Vortrag über das historische Wahrheitsverständnis des Neuen Testaments erläutert er: Aus antiker Sicht galt es als wahr, eine Rede sinngemäß zu zitieren. Heute erwarten wir von einem Zitat hingegen eine wortwörtliche Übereinstimmung, wenn es als wahr gelten soll. Mit solchen Differenzen im Wahrheitsverständnis müssen wir also rechnen.

Dietz warnt zudem vor falschen Motivationen für bibeltreue Haltungen: Das absolute Vertrauen auf die Bibel ist die Kehrseite eines totalen Misstrauens gegenüber der modernen Welt. (S. 274) Ich finde es wichtig, sich solchen Anfragen selbstkritisch zu stellen. Die Bibel taugt nicht als Kompensation für eine immer verwirrendere Welt. Wie verbreitet solche Fehlhaltungen sind, scheint mir allerdings pure Spekulation zu sein. Nach meiner Wahrnehmung ist auch sehr konservativen Christen zumeist bewusst, dass die Bibel nicht immer leicht zu verstehen ist und an vielen Stellen unterschiedlich ausgelegt werden kann – weshalb sie natürlich auch kein Hort endgültiger Klarheit in sämtlichen Fragen ist. Sofern der Satz von Thorsten Dietz als feste Zuschreibung gemeint ist, müsste man ihn zumindest in seiner Pauschalität entschieden zurückweisen.

Gibt es Anfragen oder Gegenperspektiven zu den Thesen von Thorsten Dietz?

In seinem Worthausvortrag „Entstehung und Autorität des neutestamentlichen Kanons“ hat Thorsten Dietz die Annahme einer unfehlbaren Bibel deutlich kritisiert, ebenso wie sein Worthaus-Kollege Siegfried Zimmer, der davon ausgeht, dass die Bibel „hunderte von Fehlern“ enthält. Wer dem nicht zustimmen kann, hat laut Zimmer ein „fundamentalistisches Bibelverständnis“. Ist die Annahme, dass die Bibel unfehlbar oder irrtumslos ist, also ein Kennzeichen für einen modernen, „reaktiven“ Fundamentalismus?

Natürlich muss der Begriff „Unfehlbarkeit“ sorgfältig definiert und gegen Missverständnisse und Übertreibungen abgegrenzt werden. Grundsätzlich ist aber die Annahme, dass die kanonischen Schriften irrtums- oder fehlerlos sind, alles andere als eine moderne Erfindung. Man findet sie zum Beispiel bei den apostolischen Vätern, bei Augustinus und bei Luther[1]. In der Neuzeit lesen wir in der Lausanner Verpflichtung von 1974 über die Autorität von Gottes Wort: „Es ist ohne Irrtum in allem, was es verkündigt.“ Im Jahr 2016 freute sich die weltweite evangelische Allianz, dass sie mit der katholischen Kirche in Bezug auf die „Irrtumslosigkeit der Schrift“ völlig übereinstimmt.

Noch wichtiger ist: In der Bibel selbst ist nirgends von Fehlern, Irrtümern oder Widersprüchen in den Heiligen Schriften die Rede, im Gegenteil: Durchgängig gelten die Texte als vom Geist Gottes inspiriert. Entsprechend wird ihnen ausnahmslos höchste Autorität beigemessen. Der Theologe Gerhard Maier schrieb in seinem Buch “Biblische Hermeneutik”: „Im Neuen Testament wird das gesamte damalige ‚Alte Testament‘ … als von Gott eingegeben aufgefasst.“ (S. 83) Für die Autoren des Neuen Testaments waren „die beiden Wendungen ‚Die Schrift sagt‘ und ‚Gott sagt‘ untereinander austauschbar.“ (S. 150) Für sie war also klar: Wenn die Schrift etwas sagt, dann spricht Gott selbst. Entsprechend bekennt die Deutsche Evangelische Allianz: „Die Bibel … ist Offenbarung des dreieinen Gottes.“

Auch neutestamentliche Texte werden schon in der Bibel selbst auf das Autoritätsniveau der alttestamentlichen Schriften gehoben (2.Petr.3,16; Offb.22,18-19). Eine Trennung zwischen Schrift und Offenbarung, in der biblische Texte nur noch ein menschlich-kritisierbares „Zeugnis von Gottes Offenbarung“ sind oder ein „Kanon-im-Kanon-Ansatz“ ist aus der Bibel nirgends ableitbar. Gerhard Maier stellt vielmehr klar: „So etwas wie unsere kritische Theologie gegenüber der Schrift wäre weder für Jesus noch für die jüdischen Schriftgelehrten seiner Zeit denkbar gewesen.“[2]

Wer davon ausgeht, dass die ganze Schrift von Gott inspiriert ist, kann in der Bibel zwar durchaus gegensätzlich erscheinende Pole erkennen, die gesunde Spannungsfelder erzeugen. Klar ist aber auch: Würden biblische Autoren einander hart widersprechen, dann wäre der Offenbarungscharakter und die Einheit der Schrift verloren. Dann könnte DIE Bibel nichts sagen. Sie könnte kein Maßstab für Glaube und Leben sein.

Heinzpeter Hempelmann schrieb deshalb: „Die Bibel ist nicht teilweise Wort Gottes, in anderen Teilen bloß Menschenwort … Es maßte sich ja einen ‚Gottesstandpunkt‘ an, wer in ihr unterscheiden wollte zwischen Gottes- und Menschenwort … Sowohl philosophische wie theologische Gründe machen es unmöglich, von Fehlern in der Bibel zu sprechen. Mit einem Urteil über Fehler in der Bibel würden wir uns über die Bibel stellen und eine bibelkritische Position einnehmen … Die Bibel ist als Gottes Wort Wesensäußerung Gottes. Als solche hat sie teil am Wesen Gottes und d.h. an seiner Wahrheit, Treue, Zuverlässigkeit. Gott macht keine Fehler.[3] Diese Position hat mit einem randständigen, weltflüchtigen Fundamentalismus nichts zu tun. Sie ist nicht einmal spezifisch evangelikal. Sie ist biblisch, reformatorisch – und weithin christlich[4].

Worüber sollten wir uns dringend gemeinsam klar werden?

Wollen wir uns einerseits hüten vor der Versuchung, eigene Auslegungen der Bibel als unhinterfragbare Wahrheiten darzustellen? Wollen wir andererseits festhalten am reformatorischen Prinzip, dass die Schrift sich selbst auslegen muss, weil sie als Gottes heiliges, verlässliches Wort die letzte Autorität hat?

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[1] „Wieviele Irrtümer sind schon in den Schriften aller Väter gefunden worden! Wie oft widersprechen sie sich selbst! Wie oft sind sie untereinander verschiedener Meinung! … Keiner hat der Heiligen Schrift Vergleichbares erreicht … Ich will …, dass allein die Heilige Schrift herrsche … [Ich] ziehe … als hervorragendes Beispiel Augustinus heran … was er in einem Brief an Hieronymus schreibt: ‚Ich habe gelernt, nur den Büchern, die als kanonisch bezeichnet werden, die Ehre zu erweisen, dass ich fest glaube, keiner ihrer Autoren habe geirrt.“ Martin Luther in: Assertio omnio articulorum, Vorrede (1520). Einschränkend muss man sagen, dass Luther durchaus Zweifel an manchen Aussagen im Neuen Testament äußerte. Dabei ging es ihm aber nicht um Bibel- sondern um Kanonkritik, wie der Theologe Clemens Hägele erläutert. Luther konnte die Apostolizität mancher NT-Bücher anzweifeln. Aber „mit einer apostolischen Fehlleistung rechnet er nicht.“

[2] Gerhard Maier im Vortrag „Der Offenbarungscharakter der Schrift“ gehalten am 27.9.21 für die Mediathek offen.bar (https://youtu.be/EFYqmRdRTZI)

[3] Heinzpeter Hempelmann: Plädoyer für eine Hermeneutik der Demut. Zum Ansatz einer Schriftlehre, die von der Schrift selbst zu lernen sucht, in: Theologische Beiträge 33 (2002) 4, S. 179–196, Abschnitt 2.5 und 3.2

[4] Gerhard Maier berichtet: Die Trennung zwischen Offenbarung und biblischem Text hat sich erst nach der Aufklärung durchgesetzt. Die Auffassung, dass die biblischen Texte ein menschliches „Produkt der Kirche“ seien, „hätte während vier Fünftel der Kirchengeschichte keine Chance gehabt, als christlich bewertet zu werden.“ In: Biblische Hermeneutik, S. 106

Weiterführend:

⇒ Weiter geht’s mit Frage 4: Machen sich die Evangelikalen durch ihren Umgang mit der Wissenschaft unglaubwürdig? (folgt in Kürze)

⇒ Hier geht’s zur Übersicht über die gesamte Artikelserie.

Dieser Blog-Beitrag von Markus Till erschien zuerst auf aufatmen in Gottes Gegenwart . Lies hier den Original-Artikel "Wie bleiben wir Menschen mit Mission 3: Haben die Evangelikalen ein Fundamentalismusproblem?".

Über Dr. Markus Till

Evangelisch landeskirchlicher Autor, Blogger und Lobpreismusiker mit pietistischen Wurzeln und charismatischer Prägung

25 thoughts on “Wie bleiben wir Menschen mit Mission 3: Haben die Evangelikalen ein Fundamentalismusproblem?

  1. War Jesus ein Fundamentalist?
    ,,Er wiegelt das Volk auf“ Lukas 23. 5b

    Schon zur damaligen Zeit löste die Lehre Jesu Aufruhr, Widerstand und Ablehnung aus.

    Auch zog Jesus eine klare Trennung zwischen Welt und dem Reich Gottes.

    So war es damals und so arbeitet man sich bis heute daran ab.

  2. Der Begriff der Irrtums- oder Fehlerlosigkeit der Bibel ist total ungeeignet um der Sachkritik der liberalen Theologie zu begegnen. Dadurch fällt man wieder auf der anderen Seite vom Pferd. Denn zwischen der irrtumslosen Bibel und einer Aussage steht immer eine bestimmte Interpretation. Soweit ich den offenbar-Vortrag von G.Maier in Erinnerung habe, verwendet er den Begriff der Irrtumslosgigkeit auch nicht.

    1. Nein, das tut er nicht. Aber er betont auch: Die Bibel spricht nie von Fehlern und Irrtümern in der Bibel. So habe ich das auch formuliert. Und Du hast natürlich recht: Eine irrtumslose Bibel ist etwas anderes als eine irrtumslose Auslegung. In meinem verlinkten Artikel „Ist die Bibel unfehlbar?“ habe ich diese und weitere Übertreibungen des Begriffs herausgearbeitet.

      1. Ja, stimme zu. Es ist mE geistlich ungemessen, von Fehlern und Irrtümern in der Bibel zu sprechen, weil damit gleich ein Position über dem Geist Gottes als wesentlicher Inspirator des Textes eingenommen wird. Und der nächste Schritt ist dann, diese Fehler und Irrtümer korrigieren zu wollen.

  3. Jesus bei Seiner Gefangennahme, Sein Argument: ER berief sich auf die Schrift.
    ,,Habe ich doch täglich im Tempel gesessen, und habe gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen.“ Mt 26. 55b

    Ist es nicht sonderbar, das Jesus sich ,,ausgerechnet in dieser Situation“ auf die Schrift ,,das Wort Gottes“ beruft? ER stellte nichts davon in Frage, denn sie stimmte überein mit Seiner Lehre, das war auch den Verklägern bewußt, aber sie waren getrieben von Hass, weil sie die Wahrheit als radikale Anklage sahen, der sie sich nicht stellen wollten.
    Die Menschen wollen sich wohlfühlen und den Handlungsspielraum ihres Glaubens und der Denkfreiheit selbst bestimmen, man will die Harmonie mit der Welt nicht aufgeben und sucht beides zu verbinden, doch der Eintritt in’s Reich Gottes ist eine Absage an die Welt, wie fundamentalistisch das auch sein mag, aber ein Mittelweg ist nicht vorgesehen. Dafür wurde Jesus an’s Kreuz geschlagen. Die Wahrheit lässt keinen Spielraum offen. Die Liebe Gottes erzeugt Hass bei denen die in ihrer Selbstliebe und Selbstgerechtigkeit bleiben wollen.

    Ein Blick auf die Denk und Handlungsweise der Pharisäer und Schriftgelehrten.
    Sehr spannend und interessant vorgetragen.

    1. Ja, bzgl. der Zustimmung und der Ablehnung von Jesus Christus gibt es keinen Mittelweg. Dagegen bestehen auf Basis der Schrift, viele Möglichkeiten, diese zu interpretieren. Viele lesen die Bibel und ziehen völlig sich widersprechende Aussagen heraus. Zum Text muss schon noch ein bischen was dazu kommen. Der Heilige Geist z. B. Verstehst du auch, was du liesest?

  4. Es mag vereinzelt Christen geben, die jedes Wort der Bibel als geistgehaucht ansehen. Einer von denen hat mal gemeint die Bibel sei Gott in schriftlicher Form. Beides aber wird von keiner christlichen Denomination so vertreten. Beim Koran und dem Islam ist das anders wie wir wissen, da soll Gott selber die Worte dem sog. Propheten Mohammed diktiert haben.
    Der ehemalige US-Präsident G.W. Bush, der den Irak grundlos angreifen liess, war und ist aber ein kriegstreiberischer Fundamentalist Angeblich habe ihm das Gott befohlen. Einige Zeit später hat es sich herausgestellt, dass seine Gründe alle auf Lügen beruhten.

    Weitere christliche Fundamentalisten hat es dann auch schon vereinzelt gegeben. Wohl eher in den USA, wo einer einmal forderte man solle einen Präsidenten eines Landes töten. In Europa haben wir solche Stimmen unter Christen aber nie gehört.

    1. Christen haben kein islamisches Schriftverständnis, auch Konservative nicht. Die Bibel ist immer Gottes- und Menschenwort. Die Perspektiven und Charaktere der biblischen Autoren fließen in der Bibel ja offenkundig mit ein. Und doch ist die Bibel eben auch Gotteswort, d.h. die Texte sind so „geistdurchhaucht“, dass wir uns auf ihre Zuverlässigkeit völlig verlassen können. Das war seit jeher christliche Überzeugung.

      1. Ich habe auch noch nie an die Bibel geglaubt, wohlgemerkt in einem sklavischen Sinne, wo jeder Text wörtlich genommen wird und anderes mehr. Die Bibel ist aber ein Wegweiser zu Gott. Die ersten Christen haben zwar auch aus dem AT zitiert, aber eben auch über die Erfahrungen mit Jesus Christus berichtet.
        An wen ich aber geglaubt habe, das war Jesus Christus, der mir selber gezeigt hat, dass er der Erlöser und Retter ist, was ja dann wiederum auch in der Bibel bestätigt wird wie vieles andere auch. Wer an den lebendigen Christus glaubt, der hat auch kein Problem mit der Bibel und kann auch manche scheinbaren Widersprüche einordnen, die es ja bei oberflächlichen Lesen geben kann. So wollte ja auch ein gewisser evangelischer Theologe Lüdemann anhand mancher Bibelstellen beweisen können, dass Jesus nicht auferstanden ist. Nicht einmal das ist ihm gelungen.
        Im neuen Testament in den Evangelien finden wir da und dort auch Textabbrüche und es ist wie bei einem Stenographieren, wo nur in Kürze Dinge geschildert werden ohne genauere Angaben mancher Hintergründe. Das belegt aber nicht, dass die Angaben falsch seien.

        Es gibt genug Menschen, die bibel- oder kirchenkritisch waren, die aber nach einer Bekehrung vieles anderes gesehen haben. Wenn man unerleuchtet ist, sieht man vieles rein aus irdische Sicht. Kommt Gottes Licht in unser Herz, wird vieles anders und manches Problem, das die Menschen mit der Bibel oder der Kirche hatten, verschwindet, weil die Sicht eine geistliche wird.
        Leider leben wird heute in einer Zeit, wo man die Kirchen auch aus geistlicher Sicht kritisieren muss, denn sie weichen immer mehr vom Evangelium ab, wie es früher kaum der Fall war. von Ausnahmen abgesehen. Die Ausnahmen sind heute aber zur Regel geworden und gerade die „hochgelehrten“ Theologen in den Universitäten bilden hier die Speerspitze des Irrtums. Man weiss da nie, wem man noch trauen kann und wem nicht. Am besten man hält sich an die herkömmlichen Auffassungen, zumal es auch nicht sein kann, dass die Kirchen bzw. die Kirche 2000 Jahre Falsches gelehrt hat und erst jetzt die Oberschlauberger kommen, die alles, was da gelehrt und praktiziert wurde, verwerfen und meinen ihre neuartigen Auffassungen seien die richtigen.

    2. „Die Bibel ist immer Gottes- und Menschenwort. “

      Schön, du hast schon was dazu gelernt:

      Aber warum ist das so und wie unterscheidest du das?

      Deine Stellungnahme?!

      Schreite voran!

      Grüßle

  5. Das Wort Gottes ist eine Kraft, Jesus sprach in Vollmacht, warum? Weil ER Seinen Vater ehrte und nicht ausserhalb der Schriften lehrte. Das konnten auch die Pharisäer und Schriftgelehrten nicht leugnen, also suchten sie andere Wege um Ihn loszuwerden. …..Mt 26. 5…..Lukas 23. 2….. Joh 5. 44 ….Joh 7. 18….
    Ist es nicht heute auch so? Man greift das Wort Gottes nicht direkt an, aber man nimmt ihm seine Kraft und auch Vollmacht, es werden andere Gedanken hineingelegt die es dem Gläubigen ermöglichen sollen in einem neuen Freiraum besser zu verstehen.
    Wo die Schriftg. und Pharis. unzählige Zusatzgebote aufgerichtet haben, werden heute die Zäune abgerissen, der gläubige Mensch soll befreit werden vom engen Weg, hin zu einem selbstbestimmten Glauben nimmt man ihm die Last von der Schulter ,,einen Gott den man nicht fürchten muss“.
    Die Gesetzeszäune von damals hielten die Menschen davon ab Gott näher zu kommen, heute ist es der Rundumschlag der Befreiung, die den Menschen davon abhalten einer klaren unmissverständlichen Botschaft zu folgen.
    Wer danach strebt das Wort Gottes den Zeitumständen anzupassen, der setzt die Zeit und den Menschen höher als Gott. Nicht die Zeit sollte einen Christen verändern, sondern Gott, der zu allen Zeiten immer noch Derselbe ist.
    Ist es nicht so, wo wir uns auf unendliche Debatten einlassen, verliert das Wort seine Kraft?

  6. Lebe, was du vom Evangelium begriffen hast und sei es noch so wenig. Aber lebe es!

    (Frère Roger Schütz, Gründer der Gemeinschaft von Taizé))

  7. Die Konservativen haben ihre Fundamentalismen über die sie nicht nachdenken wollen, obwohl sie es könnten – und die Progressiven ebenso. Die Konservativen fallen mE auf der Seite des Zorns Gottes vom Pferd, die Progressiven auf der Seite der Liebe Gottes.

    1. Es ist die Sache der individuellen Seelsorge, die entscheidet, was dem Einzelnen angeraten wird. Der eine braucht mal eine harte Zurechtweiseng, ein anderer das Gegenteil. Hier kann man nicht pauschal vorgehen.
      Nur: in unserer Zeit wird ja insgesamt meist nur die Liebe und Barmherzigkeit Gottes betont, aber nicht das Gericht Gottes und die Hölle. Papst Joh.Paul II.hat seinerzeit in einem Buch schon betont, dass die letzten Dinge kaum mehr erwähnt werden. Damit meinte er Hölle und Gericht.

      Jesus hat ja auch oft genug davon gesprochen und nicht allein nur von Gottes Gnade. Das hören heute selbst konservative Christen nicht mehr gerne, wie man hier im Forum schon sehen kann. Jede scharfe Wort wird gleich als Beleidigung angesehen. Die würden heute Jesus auch noch anklagen, wenn er wieder so wie damals in Israel bei uns auftreten würde und sich deutlich äussern würde. Selbst der Papst redet fast nur noch von der Barmherzigkeit Gottes, Nur selber ist er nicht besonders barmherzig des öfteren. Zur Mission gehört aber auch die andere Seite, nämlich die Ansage, das der Mensch auf ewig verloren gehen kann. Nehmen wir mal den bekannten Pater Pio, her. Dieser hat manche Menschen aus dem Beichtstuhl verjagt, weil sie nicht in der richtigen geistlichen Verfassung waren, andere aber hat er an gleicher Stelle sehr freundlich behandelt. Freilich hatte der Mann auch die Gabe der Herzenskenntnis, die ja sonst sehr selten ist,

      1. Für ein Extrem halte ich die Ansicht, die nie vom Zorn Gottes redet. So entsteht ein Gottesbild, bei dem Gott allen nur Streicheleinheiten verpasst. Das ist dann sehr nahe an der Auffassung, dass der Mensch kein Sünder sei. Nicht mehr der christliche Glaube.

        Das andere Extrem ist mE, dass man glaubt, dass der Zorn Gottes das letzte Wort hat. Denn schon im AT stellt sich Gott als ein Gott vor, bei dem sein Erbarmen seinen Zorn bei weitem übersteigt. Ps 103, 8.9: Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte. Er wird nicht für immer hadern noch ewig zornig bleiben.

        Das ist mE auch im Erlösungswerk Christi zu sehen. Es bleibt nicht dabei, dass wer am Holze hing, auf Dauer verflucht blieb. Damit hatte ein Saulus ja ein Riesenproblem. Das letzte Wort hatte Gottes Erbarmen. Wer will verdammen? Röm. 8,34 Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja mehr (!!!!) noch, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und für uns eintritt.

        1. Ich kann bei dem Thema nur mal von mir selber berichten:
          Als seinerzeit Ahnungsloser las ich vom Zorn Gottes und dachte mir, wenn Gott schon zornig ist, wie will er dann von Menschen verlangen, dass die liebevoll sein sollen. Das passt ja gar nicht zusammen. Denn wir Menschen können ja auch mal zornig und wütend werden.

          Ich habe dann aber nach einiger Zeit verstanden, dass der Zorn Gottes nicht mit unserem menschlichen Zorn oder unserer Wut vergleichbar ist. Gottes Zorn ist ein heiliger Zorn, der seiner Liebe keinen Abbruch tut. Wir Menschen sehen vieles eben aus unserer rein menschlichen Warte und das kann oft sehr verkehrt sein.

          Gottes Zorn ist ein Zorn ohne Aufregung, einer der in Ruhe geschieht.
          Ich nehme das Beispiel des zumindest in katholischen Kreisen bekannten Gottesmanns Pater Pio aus Italien, der 1968 gestorben ist und über den man recht viel weiß:
          Der Mann konnte sich über manche Sünder schwer aufregen und die Betreffenden äusserst hat angehen. Seine Mitbrüder haben die Ausfälle ja auch ab und an mitgekregt und darüber berichtet. In mehreren Fällen hatten sie beobachtet, dass der Pater kurz nach der Aufregung als die Angegriffenen verschwunden waren, wieder sehr entspannt und freundlich war und waren deswegen sehr überrascht. Wie kann das sein, haben sie ihn gefragt. Gerade war noch der Ärger riesengroß und jetzt ist alles wie weggeblasen. Der Pater antwortete: Ich habe mich ja nur äusserlich aufgeregt, aber innen in meinem Herzen ist alles ruhig geblieben. Wenn wir Menschen uns aber aufregen, dann ist es meist so, dass wir hernach noch eine ganze Zeit psychisch beeinträchtigt sind und nicht sofort abschalten können.
          Wenn dann mal ein anderer Mensch zurecht harte Worte gegen andere gebraucht, wird ihm gleich unterstellt, er sei lieblos gewesen, denn die meisten kennen es ja nicht anders. Im Glauben muss es aber auch mal Zurechtweisungen geben, wer das nicht kennt, der soll mal die Bibel genauer lesen und nicht nur vom Bibellesen reden.

          1. Ja, viel menschlicher Zorn ist auch unheilig/sündig, weil wir in einem Konflikt oft auch nicht ganz die Unschuldsengelchen sind. Doch regen wir uns zu Recht über Unrecht auf und werden zornig, auch wenn Unrecht geschieht, mit dem wir nichts zu tun haben. Ich denke, diesen Gewissensmaßstab hat der Mensch von Gott, weil sich Gott auch darüber aufregt. Von der daher ist es sinnvoll, von einem berechtigten Zorn Gottes über die Sünde und den Sünder zu sprechen. Gott geht auf Distanz.

            Davon zu unterschieden ist die nächste Frage: Was führt dazu, dass dieser Zorn an ein Ende kommt?

  8. Der Beitrag hier springt us meiner Sicht zu kurz. Thorsten Dietz arbeitet mE deutlich heraus, *dass* der Evangelikalismus ein Fundamentalismusproblem hat. Drüben in USA hat Roger Olson das auf seinem Blog (auf der Plattform Patheos.com) schon öfter intensiv diskutiert. Fundamentalismus ist aber seit mind. 50 Jahren zunächst keine Frage *was* man glaubt, sondern *wie*. Dass ein Bibelverständnis wie in Lausanne 1974 (was Dietz‘ Referenzmaßstab für Evangelikalismus darstellt!) einen nicht zum Fundamentalisten macht, geschenkt. Der Umgang mit Leuten anderer Meinung (zwanghafte Abgrenzung, Abgrenzung von denen, die sich nicht genug abgrenzen, schwarz-weiß-Denken) ist da zB ein Indikator. Dir fällt schon an dir selbst auf, dass sobald du kein Argument gegen Dietz hast, du einen der anti-evangelikalen Worthaus-Referenten zu ihm in den Sack steckst, um genüsslich draufhauen zu können? Das zu unterlassen würde dich mE weiter vom Fundamentalismus entfernen. Ich fand es stark dass du neulich den unsäglichen Kommentarurwald gelöscht hast. Viele der dort versammelten Fundamentalisten würden sich zum Glück wohl nicht mehr als evangelikal bezeichnen.

    1. Hallo Micha, danke für Deine Rückmeldung. Ich freue mich, dass Du das Lausanner Bibelverständnis nicht für Fundamentalismus hältst. Trotzdem verstehe ich nicht nur das Buch sondern auch den verlinkten Worthausvortrag von Dietz so, dass für ihn die Annahme von Irrtumslosigkeit Fundamentalismus ist. In den „Worthaus-Sack“ ist Dietz im übrigen schon selbst gehüpft. Wer sich neben Siegfried Zimmer zum zweiten Hauptreferenten von Worthaus aufschwingt, regelmäßig mit ihm zusammen auftritt und rege für Worthaus Werbung macht, der darf schon auch mit Worthaus in Verbindung gebracht werden – finde ich.

    1. Danke für den Link zu dem Artikel, den ich mit großem Gewinn gelesen habe. Ich stelle den Link auch noch unter den Diener-Artikel. Besonders bedenkenswert fand ich folgende Passagen:
      „Es ist durchaus möglich, die Bibel für irrtumslos zu halten und anzuerkennen, dass sie zahlreiche Aussagen macht, die heute überholt sind und ausschließlich für eine konkrete Situation in der Vergangenheit bestimmt waren. Und wieso sollen eigentlich Christen, die in der Bibel Fehler und Irrtümer zuhauf finden, „einheitsfähiger“ sein als solche, die „Dein Wort ist die Wahrheit“ bekennen? Diener fordert immer wieder, Pluralität zuzulassen, aber ausgerechnet diejenigen, die der Bibel uneingeschränkt Vertrauen schenken, scheinen da nicht mit eingeschlossen zu sein.“ „Man muss hier ganz deutlich machen, dass die Alternative zu Unfehlbarkeit und Ewigkeit schlicht und einfach Fehlerhaftigkeit und Vergänglichkeit ist.“ „Verantwortliche Auslegung muss eben gerade unterscheiden zwischen zeit- und kulturbedingten Regelungen, zwischen der deskriptiven Schilderung bestimmter Zustände und deren normativer Anordnung. Wenn Diener aus der Antiquiertheit der Leviratsehe die Antiquiertheit des Geschlechter- und Eheverständnisses schließen will, dann macht er sich genau der Undifferenziertheit schuldig, die er Biblizisten vorwirft.“ „Der durchschaubare Versuch, sich selbst als tolerant darzustellen, muss scheitern. Diener hält sein eigenes Bibelverständnis ganz offenbar ebenfalls für wahr und richtig – und das der „Biblizisten“ für falsch.“ „Es geht nicht um „Toleranz“ gegen „Intoleranz“, sondern schlichtweg um das Gegeneinander zweier verschiedener Auslegungsansätze.“

    2. Bei der Diskussion über das Schriftverständnis mit Hilfe des Begriffs der Fehler und Irrtumslosigkeit, richtig und falsch, spielt der Verstand alleine mE eine zu primäre Rolle (solus intellectus?). Dass die Rolle des Heiligen Geistes in der Rezension etwas abqualifiziert wird, halte ich für fatal. Denn jede Generation muss unter Inspiration des Geistes Gottes neu zum Glauben kommen. Es reicht nicht aus, ein intellektuelles Ja zur Bibel oder den altkirchlichen Bekenntnissen zu sprechen.

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