Haben Fundamentalisten die Unfehlbarkeit der Bibel erfunden? – Ein Faktencheck

Es macht mich immer skeptisch, wenn eine theologische Lehre den Anspruch erhebt, neu und innovativ zu sein. Ich glaube, dass die biblische Offenbarung abgeschlossen ist. Es ist für mich schwer vorstellbar, dass der Heilige Geist uns nach 2000 Jahren immer noch völlig neue Auslegungen offenbart. Ich halte es deshalb lieber mit C.H. Spurgeon, wenn er schreibt: „Es gibt nichts Neues in der Theologie außer dem, was falsch ist.“

Neuerdings werden aber Stimmen lauter, die genau diesen Vorwurf gegenüber theologisch konservativen Christen erheben. Konkret wird behauptet: Die Lehre von der Fehlerlosigkeit der Schrift sei eine moderne Erfindung von protestantischen Fundamentalisten aus dem späten 19. bzw. frühen 20. Jahrhundert. So berichtet der US-amerikanische Kirchenhistoriker Prof. John Woodbridge in seiner Analyse zu der Frage, ob Fundamentalisten die Irrtumslosigkeit erfunden haben:

„Noch in den 1970er Jahren gingen die meisten Evangelikalen davon aus, dass die biblische Irrtumslosigkeit zu ihren nicht verhandelbaren Grundüberzeugungen gehört.“ Doch eine „neue Darstellung der historischen Entwicklung schlug vor, dass die biblische Irrtumslosigkeit angeblich weder eine evangelikale Lehre noch eine zentrale Lehre der westlichen christlichen Kirchen sei. Vielmehr handele es sich um eine typisch fundamentalistische Überzeugung, die ihren Ursprung im späten neunzehnten Jahrhundert habe. …  Die neue historische Darstellung, dass die biblische Irrtumslosigkeit eine fundamentalistische Lehre ist, hat das Denken einer Reihe angesehener protestantischer und römisch-katholischer Theologen und Kirchenhistoriker geprägt.“

Tatsächlich äußerte Prof. Thorsten Dietz in einem IDEA-Interview (Ausgabe 21.2022):

„Die absolute Irrtumslosigkeit der Bibel ist ja eine Idee des 20. Jahrhunderts. Ich weiß, dass diejenigen, die die völlige Irrtumslosigkeit der Bibel vertreten, das anders sehen. Sie glauben, dass sie die traditionelle Auffassung vertreten. Das tun sie aber nicht!“

Nun sind Begriffe wie „Irrtumslosigkeit“ oder „Unfehlbarkeit“ natürlich definitionsbedürftig (siehe dazu der AiGG-Artikel „Ist die Bibel unfehlbar?“). Bei Fragen zum Urtext, zu den Kanonrändern, zur Textgattung, zur Aussageabsicht und zur Auslegung kann es auch aus meiner Sicht keine Unfehlbarkeit geben. Trotzdem hat mich die These von Thorsten Dietz überrascht. Im AiGG-Artikel über „das biblische Bibelverständnis“ habe ich begründet, warum ich überzeugt bin, dass schon die Bibel selbst die Heiligen Schriften als inspiriertes Wort Gottes mit absoluter Autorität ansieht (2.Tim.3,16; 2.Petr.1,20+21). Auch Prof. Gerhard Maier zeigt sich überzeugt: „Im Neuen Testament wird das gesamte damalige ‚Alte Testament‘ … als von Gott eingegeben aufgefasst.“ Für die Autoren des Neuen Testaments waren „die beiden Wendungen ‚Die Schrift sagt‘ und ‚Gott sagt‘ untereinander austauschbar.“ Für Jesus war „selbst die kleinste Einzelheit von Gottes Gesetz gültig“ (Matth. 5, 18). Entsprechend durfte von den Schriften nichts weggelassen, hinzugefügt oder verdreht werden (Offb.22,18-19, 5.Mose13,1; 2. Petr.3,15-16).

Kann der Glaube an die Irrtumslosigkeit der Schrift also wirklich etwas so Neues sein?

Irrtumslosigkeit der Schrift bei den Kirchenvätern

Der renommierte Neutestamentler Theodor Zahn hielt fest, dass auch im Vorstellungskreis der nachapostolischen Generation die Möglichkeit, „dass ein Apostel in seinen an die Gemeinden gerichteten Lehren und Anweisungen geirrt habe könnte“ offenbar keinen Raum hatte. Tatsächlich finden sich viele Belege für den Glauben an die Unfehlbarkeit in den Schriften der frühen Kirchenleiter. Der Harvard-Professor James L. Kugel, selbst kein Anhänger der Irrtumslosigkeit der Schrift, hielt es für „auffallend, dass alle antiken Ausleger anscheinend die gleichen Erwartungen an den biblischen Text hatten”, nämlich dass die „Bibel keine Widersprüche oder Fehler enthält.“ „Und natürlich sollte die Bibel sich nicht selbst widersprechen oder sich sogar scheinbar unnötig wiederholen, so dass, wenn es zweimal heißt »und die beiden gingen zusammen«, das zweite Vorkommen nicht einfach eine Wiederholung sein kann; es muss etwas anderes bedeuten als das erste. Kurzum, die Bibel sei ein völlig konsistentes, nahtloses, perfektes Buch.“

Auch der oft als „Kirchenvater“ bezeichnete Augustinus sah es im 4. Jahrhundert als eine nicht verhandelbare kirchliche Lehre an, dass es in der Heiligen Schrift keine Fehler gibt:

„Ich habe gelernt, diesen Respekt und diese Ehre nur den kanonischen Büchern der Schrift zu geben: Nur von diesen allein glaube ich fest entschlossen, dass das, was Autoren geschrieben haben, ohne jegliche Fehler ist. Und wenn ich in diesen Schriften auf etwas stoße, das mir der Wahrheit zu widersprechen scheint, so zögere ich nicht, anzunehmen, dass entweder die Handschrift fehlerhaft ist, oder dass der Übersetzer den Sinn des Gesagten nicht erfasst hat, oder dass ich selbst es nicht verstanden habe.“

Für Augustinus gab es im Falle eines scheinbaren Fehlers also nur 3 Möglichkeiten: Ein Fehler im Manuskript. Ein Fehler in der Übersetzung. Oder aber der Ausleger hatte eine Aussage der Schrift einfach falsch verstanden. Ein Fehler des biblischen Autors kam für ihn nicht in Frage.

Irrtumslosigkeit in der Reformationszeit

Genau auf diese Aussage von Augustinus berief sich später auch Martin Luther, als er in seiner „Assertio omnio articulorum“ schrieb:

„Wieviele Irrtümer sind schon in den Schriften aller Väter gefunden worden! Wie oft widersprechen sie sich selbst! Wie oft sind sie untereinander verschiedener Meinung! … Keiner hat der Heiligen Schrift Vergleichbares erreicht … Ich will …, dass allein die Heilige Schrift herrsche … [Ich] ziehe … als hervorragendes Beispiel Augustinus heran … was er in einem Brief an Hieronymus schreibt: ‚Ich habe gelernt, nur den Büchern, die als kanonisch bezeichnet werden, die Ehre zu erweisen, dass ich fest glaube, keiner ihrer Autoren habe geirrt.“

Luther hatte zwar bei manchen biblischen Büchern Zweifel, ob sie zum Kanon gehören. Aber kanonische Bücher hatten für ihn absolute Autorität. Laut Hans Küng hatte die Sichtweise von Augustinus das ganze Mittelalter hindurch bis in die Neuzeit hinein starken Einfluss. Deutlich wird das zum Beispiel an einer Debatte zwischen Johannes Eck, einem römisch-katholischen Zeitgenossen Martin Luthers, und dem Gelehrten Erasmus. Letzterer vertrat die Meinung, dass es der Schriftautorität keinen Abbruch täte, falls zum Beispiel Matthäus ein Jeremiazitat versehentlich Jesaja zugeschrieben hätte – eine Argumentation, die man auch heute häufig hört. Sind also kleinere Fehler unrelevant? Die Antwort von Eck ist bemerkenswert. Er zitiert die seiner Meinung nach zentrale augustinische Lehre von der Irrtumslosigkeit der Bibel:

“Hör zu, lieber Erasmus: Glaubst du, dass irgendein Christ es geduldig erträgt, wenn man ihm sagt, dass die Evangelisten in ihrem Evangelium Fehler gemacht haben?” “Wenn die Autorität der Heiligen Schrift an dieser Stelle wackelig ist, kann dann irgendeine andere Stelle frei vom Verdacht des Irrtums sein? Eine Schlussfolgerung, die der heilige Augustinus in einer eleganten Argumentationskette gezogen hat.”

Irrtumslosigkeit als kirchliche Lehre in der Moderne

Nicht nur für Luther, sondern auch für seinen katholischen Kontrahenten war also die völlige Fehlerfreiheit der kanonischen Schriften eine Selbstverständlichkeit. Diese Position wurde in der katholischen Kirche noch lange Zeit aufrecht erhalten. Ende des 19. Jahrhunderts hielt Papst Leo XIII. in einer Enzyklika fest, dass die römisch-katholische Kirche die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift nicht nur in Fragen des Glaubens und der Praxis, sondern auch in Fragen der Geschichte und der Wissenschaft bejaht. Er tadelte diejenigen, die die Irrtumslosigkeit der Schrift auf Fragen des Glaubens und der Moral beschränken wollten mit dem Hinweis, dass sich doch alle Väter einig seien, „dass die göttlichen Schriften… frei von jedem Irrtum sind“ und dass sie sich deshalb „ernsthaft bemühten, … jene zahlreichen Stellen miteinander zu versöhnen, die widersprüchlich zu sein scheinen.“ Erst in der letzten Ausgabe von „Dei Verbum“ im Jahr 1965 wurde in Bezug auf die Irrtumslosigkeit der Bibel eine Formulierung gewählt, die so verstanden werden kann, dass die Irrtumslosigkeit nur solche Aussagen betreffe, die „um unseres Heils willen“ offenbart wurden.

Entsprechend zitiert John Woodbridge den bekannten US-amerikanischen Geschichtstheologen Richard A. Muller mit den Worten:

„Die katholische Lehre vor der Reformation ging von der Unfehlbarkeit der Schrift aus, ebenso wie die Reformatoren – die protestantischen Orthodoxen haben das Konzept nicht erfunden. Die Lehre von der unfehlbaren Autorität der Schrift blieb eine Konstante.”

Und Woodbridge ergänzt: „Die zentrale Debatte drehte sich nicht um die Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift – diese wurde von beiden Seiten als selbstverständlich angesehen – sondern um die Frage der Autorität, insbesondere der Autorität der Auslegung.“

Die Unfehlbarkeit der Bibel: Eine gängige Lehre der christlichen Kirchen

Das Fazit von John Woodbridge fällt eindeutig aus:

„Die Lehre von der Irrtumslosigkeit der Bibel ist keine späte, fantasievolle Schöpfung … des amerikanischen Fundamentalismus des 20. Jahrhunderts. Vielmehr ist sie eine wesentliche evangelische Überzeugung, die sich auf eine biblische Begründung stützt. Sie steht ganz in der augustinischen Tradition der Wahrhaftigkeit der Bibel. Sowohl die römischen Katholiken als auch die protestantischen Reformatoren haben diese Lehre der Kirche bekräftigt. …  Vor 1881 glaubten zahllose römische Katholiken und evangelische Protestanten, dass die Bibel nicht nur in Fragen des Glaubens und der Praxis, sondern auch in Geschichte und Wissenschaft unfehlbar sei. Die diesbezügliche Lehre des Augustinus kam für viele römische Katholiken und Protestanten einer wesentlichen Kirchenlehre gleich. Einige behaupteten, dieser Glaube ergebe sich direkt aus der Prämisse, dass Gott, der Urheber der Wahrheit, auch der letztliche Autor der Heiligen Schrift sei. Daher sei die Schrift ohne Irrtum. Viele glaubten, die Lehre diene als starke Leitplanke gegen die Möglichkeit, in falsche Lehre oder Schlimmeres abzurutschen oder abzustürzen. Viele gingen davon aus, dass dies eine nicht verhandelbare Überzeugung ihrer evangelischen theologischen Identität sei.“

Viele Zitate dieses Artikels stammen aus „Did Fundamentalists Invent Inerrancy?“ von Prof. John Woodbrigde. Der Artikel ist eine Bearbeitung des Kapitel 4 “Evangelical Self-Identity and the Doctrine of Biblical Inerrancy” in “Understanding the Times: New Testament Studies in the 21st Century: Essays in Honor of D. A. Carson on the Occasion of His 65th Birthday” (Crossway, 2011).

Dieser Blog-Beitrag von Markus Till erschien zuerst auf aufatmen in Gottes Gegenwart . Lies hier den Original-Artikel "Haben Fundamentalisten die Unfehlbarkeit der Bibel erfunden? – Ein Faktencheck".

Über Dr. Markus Till

Evangelisch landeskirchlicher Autor, Blogger und Lobpreismusiker mit pietistischen Wurzeln und charismatischer Prägung

42 thoughts on “Haben Fundamentalisten die Unfehlbarkeit der Bibel erfunden? – Ein Faktencheck

  1. Vielen Dank für deinen Artikel.
    Meine Gedanken dazu:

    Ein oder das Wort Gottes ist mehr als nur ein Text. Für viele ist die Bibel nur ein Text, das sie genauso lesen, wie jedes andere Stück Literatur. Das Wort Gottes ist im Kern jedoch eine Gottesbegegnung, eine Christusbegegnung! Ein Kommunikationsvorgang zwischen Personen Gott und Mensch.

    Ich überlege mir nicht nur intellektuell, was ich glaube oder nicht, wie eine Auslegung zu verstehen ist oder auch nicht, sondern der gefasste Glaubenstatbestand muss aus einer Chritusbegegung via Heiligem Geist resultieren. S. Zimmer spricht von einer „Herstellung“ und eben nicht nur von einer „Feststellung“.

    Und wenn man das Thema Bibel und auch noch deren Irrtumslosigkeit immer primär vor sich herträgt, dann kann leicht der Eindruck entstehen, dass nur die richtige Lesart dieses Wortes entscheidend sei und nicht eine Christusbegenung selbst!

    Ich glaube auch, dass die Bibel als schriftliche Gottesoffenbarung abgeschlossen ist, obwohl sein Geist, der uns alle Wahrheit leiten kann, fort während in seinen Leuten wohnt. Paulus spricht ja davon, dass er das Wort Gottes in seiner Fülle/Vollmaß predigt (Kol 1,25). MMn bezieht sich das auf die letzten Offenbarung zu den Ergebnissen des Neuen Testaments, nämlich zur Christusherrschaft über alle Gottesfeinde und die gesamte Schöpfung.

    Gruß
    Tobias

    1. Der Artikel behandelt ein konkretes Thema, wie der Titel schon sagt. Es geht darum, ob die Fundamentalisten bzw. Evangelikalen die Irrtumslosigkeit der Schrift erfunden haben. Was bezwecken sie also, wenn sie nun aufzeigen, dass Gottes Wort mehr ist, als nur ein Text. In gewissem Sinn stimmt das. Aber hier Fehl am Platz, weil es einfach nicht darum geht.

      Außerdem sollte man mit einem Satz wie „Gottes Wort ist mehr als ein Text“ vorsichtig sein. Er stimmt wie gesagt, in einem gewissen Sinn. Aber man sollte nie den Fehler begehen, die persönliche Gottesbeziehung gegen das Wort Gottes auszuspielen oder falsche Gegensätze aufzubauen. Nach dem Mott: Entweder Beziehung oder Text. Oder: Erst die Beziehung dann der Text.

      Gottes Wort selbst stellt einen solchen Gegensatz bzw. eine solche Gegenüberstellung nicht her. Auch wenn es ihren Punkt nicht ganz trifft, ein schönes Zitat des unten erwähnten John M. Frame:

      „Wir wissen, dass die Propheten und Apostel manchmal die Worte, die Gott ihnen anvertraut hatte, niederschrieben. Haben diese geschriebenen Worte dieselbe Kraft, Autorität und göttliche Nähe, wie gesprochenen Worte? Nun, warum nicht? Stelle dir vor, du hörst einen anregenden Vortrag eines Experten über die Kunst der Renaissance. Dann kaufst du ein Buch desselben Autors. Würdest du davon ausgehen, dass das Buch weniger Autorität hat, als der Vortrag? Dass der Professor weniger Experte ist wenn er schreibt, als wenn er spricht? Nein … Dasselbe ist wahr, geht es um die biblische Sicht des Wortes Gottes. Gottes geschriebenes Wort trägt Gottes Kraft, Autorität und seine Gegenwart, genauso sicher, wie seine göttliche Stimme, seine Propheten und Apostel.“ (Foundations of Biblical Inerrancy; S. 194)

      Und weil es so gut ist, noch eines:

      „Christus als Herr ist unsere höchste Autorität. Aber zu sagen, dass er selbst eine höhere Autorität genießt, als seine eigenen Worte, ist Unsinn. Und die Schrift selbst trifft niemals ein solch bewertendes Urteil. Im Gegenteil fordert sie uns auf, Jesu Worten dieselbe Ehrfurcht, denselben Gehorsam und dasselbe Vertrauen zu schenken, das wir Jesus selbst schenken.“ (Doctrine of the Word of God; S. 43)

      Liebe Grüße

      1. _Außerdem sollte man mit einem Satz wie „Gottes Wort ist mehr als ein Text“ vorsichtig sein. Er stimmt wie gesagt, in einem gewissen Sinn. Aber man sollte nie den Fehler begehen, die persönliche Gottesbeziehung gegen das Wort Gottes auszuspielen oder falsche Gegensätze aufzubauen. Nach dem Mott: Entweder Beziehung oder Text. Oder: Erst die Beziehung dann der Text._

        Genau das tue ich ja nicht, wenn ich sage, dass das Wort eine persönliche Beziehung ist. Im fleischgewordenen Wort fällt das, was der Sohn zu sagen hat ja zusammen mit einer Begegnung mit ihm! (Selbst wenn der Kommunikationsinhalt/Text ein Tatbestand ist, der für sich genommen auch lediglich intellektuell fassbar ist.) Und selbstverständlich kann ich den Begegungsversuch von Christus mit mir auch zurückweisen, ablehnen.

        Wenn ein Wort mir „lebendig wird“, wie die Alten das ausgedrückt haben, dann hat eine Begegnung stattgefunden.

      2. _„Wir wissen, dass die Propheten und Apostel manchmal die Worte, die Gott ihnen anvertraut hatte, niederschrieben. Haben diese geschriebenen Worte dieselbe Kraft, Autorität und göttliche Nähe, wie gesprochenen Worte? Nun, warum nicht? Stelle dir vor, du hörst einen anregenden Vortrag eines Experten über die Kunst der Renaissance. Dann kaufst du ein Buch desselben Autors. Würdest du davon ausgehen, dass das Buch weniger Autorität hat, als der Vortrag? Dass der Professor weniger Experte ist wenn er schreibt, als wenn er spricht? Nein … Dasselbe ist wahr, geht es um die biblische Sicht des Wortes Gottes. Gottes geschriebenes Wort trägt Gottes Kraft, Autorität und seine Gegenwart, genauso sicher, wie seine göttliche Stimme, seine Propheten und Apostel.“ (Foundations of Biblical Inerrancy; S. 194)_

        Ich gebe Ihnen insoweit Recht, dass durch das Lesen eines Buches auch der Geist der Person mehr oder minder auf den Leser überspringt, unter welchem der Autor das Buch verfasst hat. Gleich als ob er direkt im Vortrag anwesend gewesen wäre. Das trifft zu für Bücher, die der menschliche Geist geschrieben und vom menschlichen Geist wieder gelesen werden.

        Die Schrift ist nun aber nicht nur vom menschlichen Geist geschrieben, sondern wesentlich durch Wirkung des Geistes Gottes entstanden. Daher genügt der menschliche Geist auch für deren Verständnis/Aussageabsicht nicht. Ohne die Interpretationshilfe durch de Geist Gottes wird man nicht auf den Wahrheitsgehalt kommen. Wenn der Geist Gottes aber im Spiel ist, bedeutend das Anschluss an Gott.

        Um den Vergleich mit Software zu machen: Es gibt Programme die laufen lokal auf meinem Rechner, andere laufen nicht, wenn keine Verbindung zu einem Server besteht. Das Programm „Text/Bibel“ läuft vielleicht lokal mit meinem Geist/Intellekt allein, das Programm „Wort“ hingegen nicht.

        Eine Gegenrede nehme ich gerne entgegen! Gruß

        1. Lese ich ihre Kommentare, muss ich leider immer wieder feststellen, wie schwer es mir fällt Ihre Gedanken zu verstehen. Es scheint, als würden wir auf unterschiedlichen Frequenzen senden und empfangen, wofür niemand etwas kann.

          Ich versuche auf Ihren Beitrag einzugehen. Was sie über die Notwendigkeit des Heiligen Geistes zum Verständnis des Wortes Gottes schreiben, steht soweit ich es sehen kann, in keiner Verbindung zum Beispiel in dem Zitat von John Frame.

          Ich würde Ihnen in diesem Punkt beipflichten. Es ist, wie es der Apostel Paulus in Bezug auf das Evangelium schreibt: “ Ein natürlicher Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird“ (1. Kor 2,14). Allein durch das Wirken des Heiligen Geistes verstehen wir, wie Gott in Jesus Christus zu unserem Heil gehandelt hat. Was Paulus hier in Bezug auf das Evangelium sagt, lässt sich auf das Verständnis der Schrift als Ganzes anwenden.

          Das hat aber nichts mit der Unfehlbarkeit und Irrtumslosigkeit der Schrift an sich zu tun. Gottes Wort ist beides, unabhängig davon, ob ein Mensch es für wahr hält oder nicht, ob er glaubt oder nicht. So wie Gott der einzige, lebendige Gott ist, ob es Menschen nun glauben oder nicht.

          Gottes Wort ist in sich unfehlbar. Ein Mensch, der nicht glaubt, liest dieses Wort. Er liest das unfehlbare Wort Gottes, ohne davon berührt zu werden. Nichtsdestotrotz liest er Gottes unfehlbares Wort. Jemand anderes hat durch das Wirken des Geistes das Evangelium erkannt, hat Vergebung erfahren und deutet geistliches geistlich. Auch er liest Gottes unfehlbares Wort. Beide, sowohl der Ungläubige, als auch der Gläubige lesen dasselbe Wort Gottes, unfehlbar und irrtumslos. Doch nur derjenige der glaubt, deutet es durch den Heiligen Geist so, wie es gedeutet werden muss: geistlich.

          Ich hoffe, dass ich mich verständlich ausgedrückt habe.

          Alles gute und Gottes Segen!

          1. Lieber Gast,

            wir kommen vermutlich von unterschiedlichen theologischen Prägungen her, obwohl ich ja kein ausgebildeter Theologe bin. Ich glaube, wir würden uns schon verstehen, wenn wir uns mal 1 Std. unterhalten.:) (Erst vor kurzem hat jemand, der hier kommentiert, den Kontakt mit mir aufgenommen.)

            Wo ich zunehmend den Beißreflex kriege, ist bei der Rede von der Irrtumslosigkeit/Unfehlbarkeit der Schrift, wie alt diese Rede auch immer schon sein mag.

            Es ist mE ein völlig inadäqutes Instrument für die gegenseitige Verständigung.

            Wem hat diese Rede denn geholfen? Diese Rede steht mE meistens in Tateinheit mit Rechthaberei und Unterdrückeung der Meinung anderer. Es ist schön zu lesen, dass die Unfehlbarkeit auch das Verständnis von Luther war, aber auch von der Kirche vor ihm. Die Reformatoren mussten also nichts korrigieren, denn alles war ja die ganze Zeit schön unfehlbar…

            Gruß
            Tobias

  2. Da gibt es schon einige Anmerkungen:
    – Die Irrtumlosigkeit der Schrift braucht Definition sagst du und verweist, auf Deinen Blog, also Deine Sicht.
    – Daraus folgt: es gibt davon verschiedene Verständnisse ( siehe Luther und die Wiedertäufer, die meinten beide richtig zu liegen)
    – Irrtumslosigkeit allein reicht nicht. Es ist die Frage in welchem Kontext das geschieht. Es ist fast schon lustig, wenn dann da die kath. Kirche erwähnt wird. Ihre Lehre besteht aus Lehre UND Tradition und die Tradition der RKK widerspricht oft genug der Schrift.
    – Daher kann es im Kern nur darum gehen welche Aussagen der Schrift sind als gesetzt anzusehen und welche nicht, also was ist heilsnotwendig. Darüber kann man gern streiten und diskutieren.
    – Folge: Ich habe noch in keiner konservativen EKD- Gemeinde gesehen dass es dort Rockzwang für die Damen gibt. Genauso fragwürdig ist es, wenn angeblich eine Gemeinde in Norddeutschland nur Mitglieder aufnimmt wenn sie an die Schöpfung in 7 Tagen × 24 Stunden glauben.
    – Fazit: bei solchen Themen fällt oft hinten herunter um was es im Kern des Evangeliums geht und es gibt dann Auseinandersetzungen die das Ziel verfehlen
    – Die Grundfragen sind: ist Jesu Erlösungstat der einzige Weg zum Heil? Gibt es die Dualität zwischen Himmel und Hölle in der Zukunft und jeder Mensch entscheidet wo er landet? Ist Sündenerkenntnis, dann Busse, dann Glauben der Weg zum Heil und nicht alleine die Taufe?
    – Aber selbst die EAD ist ja in diesen Fragen nicht mehr klar
    – Es ist schade, dass es selbst im konservativen evangelikalen Bereich soviel Nebelkerzendiskussionen gibt, die Energie, Kraft und Zeit brauchen als sich um die wichtigsten Fragen zu kümmern. Max Mustermann in der Gemeinde XYZ versteht doch diese Fragen alle nicht. Es scheint viel mehr auch immer mehr konservative Blasen zu geben, wo man einige hat mit denen man sich immer im Kreis dreht….

  3. Also ganz ehrlich, allmählich geht mir das ständige mosern auf den Senkel. Kaum ein Artikel von Dr. Till, bei dem dann nicht im Nachgang geschrieben wird, warum er zu kurz greift, was man noch hätte schreiben müssen, wo eine Abgrenzung nötiger gewesen wäre usw. usw.

    Seid doch einfach einmal dankbar für einen wirklich guten Artikel, der vor allem eines tut: er ermutigt. Denn jeder, der sich auch mit anderen Fragen befasst, wird früher oder später auf die Schriftfrage kommen (das schreibst du Matze doch auch häufig). Das Argument, die Irrtumslosigkeit sei eine evangelikale Erfindung ist nicht weit hergeholt, sie begegnet immer wieder. Deshalb finde ich es so ermutigend, solche Artikel zu lesen.

    Deshalb herzlichen Dank an Dr. Till!

    Liebe Grüße

  4. Ganz allgemein einmal zu guter Literatur.

    Ich finde es sehr gut, dass Dr. Till durch solche Artikel auch deutschsprachigen Lesern Argumente von z. B. John Woodbridge zugänglich macht. Es ist einfach so, dass es in den USA noch viel mehr Evangelikale gibt, denen die Irrtumslosigkeit nicht peinlich ist.

    Einer der für mich hilfreichsten Theologen bei der Schriftfrage ist John M. Frame. Es ist schade, dass er in Deutschland kaum bekannt ist. Er hat unzählige, hilfreiche Artikel zur Schriftfrage verfasst und eines der besten Bücher dazu überhaupt: The Doctrine of the Word of God“. Darin stellt er den Schriftbefund dar und geht auf viele Einwände ein.

    Frame lesen heißt für mich, nicht nur Futter für die Rübe zu bekommen. Lese ich, werde ich innerlich bewegt, froh, dankbar und so viel mehr.

    Liebe Grüße

    1. Weil Bibelinterpretationen im Gegensatz zur Schrift selbst nicht den Anspruch haben, irrtumslos zu sein. Das ist im übrigen auch nichts Neues. Schon die Kirchen der Reformation waren sich beim Tauf- und Abendmahlsverständnis nicht einig. Dann gibt es Unterschriede zwischen Arminiamismus und Calvinismus, Bundestheologie und Dispensationalismus, Unterschiede bei der Lehre vom Tausendjährigen Reich, der Lehre von der Allversöhnung und der des doppelten Ausgangs. Der heutige Graben zwischen konservativem und progressivem Bibelverständnis erscheint mir da deutlich tiefer, auch wenn es in früheren Zeiten zwischen verschiedenen theologischen Sichtweisen ebenfalls gewaltig gekracht hat. Zwar gab es bei Anhängern dieser unterschiedlichen Lehren jeweils feste Überzeugungen, aber eben keine Ansprüche auf Irrtumslosigkeit.

      1. Meine Gedanken dazu: Wir haben es immer mit Interpretationen zu tun. Wir haben die absolute Irrtumslosigkeit nicht bei uns selbst verfügbar. Denn alles Lesen, Reden und alles Schreiben der Bibel geht immer durch den Filter unseres stückweisen Verständnisses. Deswegen ist meiner Ansicht nach die Rede von der Irrtumslosigkeit irrelevant, wir kommen nicht direkt an sie heran. Und für eine demütige geschwisterliche Zusammenarbeit kontraproduktiv.

        Das heisst für mich jetzt nicht, dass es wie im postmodernen Sinne keine absolute Wahrheit gibt. Sie hat in der Person Gestalt gewonnen, die von sich sagen konnte: Ich bin die Wahrheit. Und wir kommen an diese Wahrheit stückweise heran durch seinen Geist, der uns in alle Wahrheit leiten wird. Und als normative schriftliche Textgrundlage benutzt der Geist Gottes die Bibel. Sie ist von allen anderen auch geistlichen Schriften zu unterscheiden.

        Gott hat keine Enkelkinder. Jede Glaubensgeneration muss jeweils für sich wieder neu und lebendig die Glaubeinhalte erfassen – unter Berücksichtigung dessen, was die Vorgänger im Glauben erkannt und uns hinterlassen haben. Man kann nicht nur blind die alten Bekenntnisse nachplappern und von allen neuen Erkenntnissen denken, die liegen schon mal falsch. Von den Alten haben wir auch manche Altlast übernommen…

        1. Natürlich gibt es „Altlasten“ bei unseren Altvorderen. Etwa der Antijudaismus und z. T. auch Antisemitismus, der den reformierten Kirchen von Anfang an anhängig war und einiges an Segen gekostet hat. Oder die Verquickung des Evangeliums mit einer nationalistischen Ideologie (v. a., im 1. Weltkrieg). Für beides finde ich ürigens Bibelstellen, die sies absolut nicht gutheißen – und brauche dafür keine neue Interpretation. Die sollte uns zudem auch eine Warnung sein, das Evangelium mit den Ideologien unserer heutigen (!) Zeit zu verquicken.

          Den Satz „Gott hat keine Enkelkinder“ kenne ich übrigens in einem etwas anderem Zusammenhang. Da ging es eigentlich immer darum, dass man selber eine Entscheidung für Jesus treffen muss und sich nicht auf sein christliches Elternhaus berufen kann.

  5. @ Gast
    Nein es ist wichtig Dinge klar aufzuzeigen und wie sie geistlich aussehen. Dazu gehört eben auch Kritik. Es reicht nicht über theologische Fragen bei der schlimmen geistlichen Situation in kleinen Zirkeln zu diskutieren. Es muss um die grundsätzlichen Fragen gehen !!! Vielleicht hilft es mal die Rede von Peter Hahne zur Verleihung der Ehrendoktorwürde der STH Basel zu lesen. Die Rede steht schon mehrfach im Netz. “ WECK DIE TOTE CHRISTENHEIT AUS DEM SCHLAF DER SICHERHEIT heisst es schon seit mehreren Jahrhunderten und gilt heute noch genauso.

    1. „Nein es ist wichtig Dinge klar aufzuzeigen und wie sie geistlich aussehen.“

      Das tut Dr. Till nicht, du aber schon?

      „Dazu gehört eben auch Kritik.“

      Soweit ich es beurteilen kann, stehst du Dr. Till theologisch weit näher, als den Liberalen. Ist da Kritik an ihm die geeignetere Adresse? Vor allem unter einem Artikel, den du (wenn ich deine Kommentare richtig interpretiere) theologisch doch teilst? Und übt Dr. Till keine Kritik? Ich denke das tut er, auf eine faire, zu gewinnen suchende Art und Weise.

      „Es reicht nicht über theologische Fragen bei der schlimmen geistlichen Situation in kleinen Zirkeln zu diskutieren.“

      Was ist denn die Alternative? So wenige sind jetzt bei Evangelium21 oder dem Netzwerk Bibel und Bekenntnis auch nicht. Würde deine vehement geforderte Trennung denn dazu führen, theologische Fragen in größerem Rahmen zu diskutieren?

      „Es muss um die grundsätzlichen Fragen gehen !!!“

      Dazu gehört die Schriftfrage nicht? Meiner Wahrnehmung nach ist gerade das DIE grundsätzliche Frage.

      „Vielleicht hilft es mal die Rede von Peter Hahne zur Verleihung der Ehrendoktorwürde der STH Basel zu lesen. Die Rede steht schon mehrfach im Netz. “ WECK DIE TOTE CHRISTENHEIT AUS DEM SCHLAF DER SICHERHEIT heisst es schon seit mehreren Jahrhunderten und gilt heute noch genauso.“

      Ich habe den größten Respekt vor Peter Hahne! Aber führt diese Rede von ihm jetzt zu dem großen Rahmen, den du dir wünschst? Zu der breiten Diskussion? Davon nehme ich zumindest nichts wahr.

      Fakt ist, dass wir Erweckung und Veränderung nicht produzieren können. Als Christen sind wir zur Treue aufgerufen. Treue zu Gott, die gleichzeitig Treue zu seinem unfehlbarem Wort ist. Treue, die sich in der Verkündigung des Evangeliums zeigt, so klein unser Zirkel und Rahmen auch sein mag. Treue, die Gott vertraut, die im Gebet ihren Ausdruck findet und auf Christus ausgerichtet ist. Es mag diese Treue sein, die Gott dann gebraucht, um Veränderung zu bewirken, echte Buße, echte Umkehr.

      Doch all dies kann nur bei mir persönlich beginnen.

      Liebe Grüße

  6. Hallo!
    Das Luther-Zitat aus der Assertio habe ich im März auch gelesen, und zwar auf Veranlassung von Thorsten Dietz und Michael Czylwik (Pfarrergebetsbund, Netzwerk Bibel und Bekenntnis).
    Thorsten Dietz hat Recht!
    Markus Till hat auch Recht!
    Bei genauerer Betrachtung meint Dietz folgendes: Das, was man mit Irrtumslosigkeit meint, veränderte sich, indem sich die Irrtumsvorwürfe durch den Fortgang der Wissenschaft veränderten und vergrößerten. Solange es kaum naturwissenschaftliche Erkenntnisse gab, solange gab es keinerlei Apologetik gegen den Vorwurf der Diskrepanz zwischen Wissenschaft und Religion und auch keinen Begriff vom „Gott der Lücken“.
    So wurde es nach Kopernikus notwendig, Josua 10, 13 als subjektive Perspektive des Erzählers zu interpretieren. Diese Erklärung dürfte sich bei Augustinus wohl kaum finden.
    Die Korrektheit von Genesis 1 soll heute darin bestehen, daß die ID-Ideen von Herrn Blechly den Fossilbefund besser erklären als die graduelle Selektion nach Darin, Mendel etc. Davon hat Luther nix gewußt.
    Alles Gute!

  7. Und noch ein paar Gedanken:

    „Wort“ hat ganz stark einen Beziehungscharakter.

    Die Bibel ist Gottes Wort. Gott als Person möchte dadurch die Menschen persönlich ansprechen. Er möchte die Menschen erreichen. Es ist sein Versuch, mit den Menschen in Kontakt zu treten, ihnen zu begegnen und in Beziehung zu treten.

    Gleiches kann man vom Sohn als _dem_ Wort Gottes aussagen. Er bietet sich an, um die Brücke, die Beziehung zu Gott für die Menschen zu werden.

    Es reicht daher nicht hin, die Bibel nur als „Text“ Gottes zu bezeichnen, obwohl sie aus Buchstaben und Text besteht. Es sind nicht nur Richtigkeiten, Feststellungen.

    Eine Auslegung muss daher nicht nur einem Text gerecht werden, sondern zwingend auch alle übrige erlangte Erkenntnis über diesen personalen Gott berücksichtigen. Der Text selbst hat sogar eine schwache Gestalt, da es menschliche Vokabeln sind, die verwendet werden. Für die meisten sogar noch übersetzt.

    Wo beanspruchen die Autoren der Bibel, dass sie selbst irrtumslose/fehlerfreie Texte schreiben? Kann mir da jemand bitte mit passenden Stellen weiterhelfen?

  8. «Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt» (2. Tim 3,16).

    «Denn die Weissagung wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Menschen Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geist» (2. Pet 1,21).

    Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht. Mt 24,35; Lk 16,17

    „Wer etwas hinzufügt, dem wird Gott die Plagen zufügen, von denen in diesem Buch geschrieben steht. Und wer etwas wegnimmt von den prophetischen Worten dieses Buches, dem wird Gott seinen Anteil am Baum des Lebens und an der heiligen Stadt wegnehmen, von denen in diesem Buch geschrieben steht.“
    „Wie auch in allen seinen Briefen, indem er in ihnen von diesen Dingen spricht, in denen einige Dinge schwer zu verstehen sind, die die Ungelehrten und Instabilen entreißen, wie sie es auch in den anderen Schriften tun, zu ihrem eigenen Verderben. “ Offenbarung 22,18

    Joh 10,35 Wenn jene »Götter« genannt werden, zu denen das Wort Gottes geschah – und die Schrift kann doch nicht gebrochen werden –,

    1. Vielen Dank!

      Wenn ich mit meinen Worten zusammenfasse:

      – Alle Schrift /Text hat seinen wesentliche Herkunft von Gott
      – wir sollen nichts wegstreichen, nichts dazusetzen
      – die Schrift dient mir zur Lehre, um gute Werke hervorzubringen
      – Gott steht zu dem, was er schreiben ließ

      OK. Das wäre das Selbstzeugnis der Schrift über die geschriebene Gottesoffenbarung.

      Jetzt wäre es interessant zu wissen, ob zwischen dem, was die Schrift über die Schrift als Text aussagt, einen engen Bezug zur Irrtumslosigkeit/Fehlerfreiheit/absoluter Wahrheit herstellen kann? Ich sehe hier keinen engen Bezug.

      Sehr wohl steht der Begriff des (kommunikativen) Worts aber im Bezug zur Begriff der Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit. Und genauer: Das Wort und die Wahrheit fällt zusammen in der Person des Sohns. Die zentrale Wahrheit ist, das er der Messias ist. Und der Geist der Wahrheit zeugt davon.

      Der Anspruch der Irrtumslosigkeit und Unfehlbarkeit ist so irre hoch! Kann ein Text allein diesen erfüllen, frage ich? Verstehst du auch, was du liesest? Hm.

      1. Sie argumentieren hier sehr gut in Linie liberaler Theologie. Die Betonung liegt fast ausschließlich auf der personalen Offenbarung in Jesus Christus. Die Bibel wird hingegen eher abgetan und es wird von Texten gesprochen.

        Gleichzeitig aber bleiben Sie schön dialektisch. Denn sie können genauso auf Aussagen von sich hinweisen, in denen Sie das Gegenteil behaupten (z. B. oben in einem Kommentar, wo Wahrheit einerseits relativiert wird, andererseits aber gesagt wird, man lehne die postmoderne Relativierung ab).

        Vielleicht bin ich gerade auf die Antwort gekommen, warum ich so häufig das Gefühl habe, nicht „fassen“ zu können, was Sie eigentlich meinen. Es ist ihre Dialektik. Karl Barth lässt grüßen. 😉

        Ihre Zusammenfassung des Selbstzeugnisses der Schrift ist natürlich flach. Und um ehrlich zu sein, kann ich mir bei jemandem der so belesen ist wie Sie nicht vorstellen, dass Sie sich nie mit dem Selbstzeugnis der Schrift befasst haben. Da liegt der Verdacht schon nahe, hier, ja was, etwas provozieren zu wollen?

        Das Selbstzeugnis der Schrift ist jedenfalls eindeutig. Lesen Sie einfach einmal die austauschbaren Formulierungen „Gott sagt“, „Die Schrift sagt“, „Der Heilige Geist sagt“. Ein guter Startpunkt, falls Sie wirkliches Interesse am Selbstzeugnis der Schrift haben ist John Wenham „Jesus und die Bibel“.

        Jedenfalls ist das Ausspielen von personaler Offenbarung in Jesus Christus, gegen die Offenbarung in der Schrift der völlig falsche Ansatz. Auch wenn mittlerweile viele Worte in den Kommentaren hier gemacht wurden, bleibt das, was John Frame über Wort und Schrift, persönlicher und geschriebener Autorität sagt (s. Zitate oben) bestehen. Nichts was Sie geschrieben haben, stellt das meiner Meinung nach infrage.

        Liebe Grüße

        1. Kurzer Nachtrag.

          Sie toblog haben in Bezug auf das Selbstzeugnis zusammengefasst, was Rolf geschrieben hat. Diese Zusammenfassung nenne ich flach. Bestimmt hat Rolf nicht in diesen wenigen Sätzen alles zusammengefasst, was er über das Selbstzeugnis der Schrift glaubt.

          Sie machen darüber hinaus in Bezug auf das Johannesevangelium einen Fehler. Jesus bezeichnet sich als den Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6). Später betet er „Heilige sie in der Wahrheit, dein Wort ist Wahrheit“ (17,17). Außerdem wird der Heilige Geist als Geist der Wahrheit bezeichnet (16,13). Dazu schreiben sie: „Und genauer: Das Wort und die Wahrheit fällt zusammen in der Person des Sohns.“ Das stimmt. Was allerdings Ihr Satz impliziert, ist, dass sich sozusagen das Wort Gottes, das die Wahrheit ist, in der Person Jesu „auflöst“ oder besser „aufgeht“?

          Das ist allerdings nicht, was Jesus meint. Jesus ist die Wahrheit in Person. Genauso wie Gottes Wort die Wahrheit ist. Natürlich kann der Heilige Geist, als dritte Person der Dreieinigkeit, nichts anderes, als der Geist der Wahrheit sein. Die eine (!) Wahrheit manifestiert sich in der Person Jesus, in Gott (seinem Wort) und dem Heiligen Geist. Deshalb ist es unangemessen, die schriftliche Offenbarung Gottes sozusagen in der persönlichen Offenbarung in Jesus aufzulösen.

          Vielmehr ist es so: Der Heilige Geist, als Geist der Wahrheit, zeigt uns durch das Wort Gottes, das Wahrheit ist, wer Jesus ist, nämlich die Wahrheit, die allein Leben schenkt. So werden alle Aspekte johanneischer Wahrheitsaussagen betont, ohne sie gegeneinander auszuspielen oder sie voneinander zu trennen.

          Falls mein letzter Kommentar zu hart oder ungeduldig war, bitte ich um Entschuldigung!

          Herzliche Grüße

      2. @toblog
        …..die Bibel ist als Gottes Wort irrtumslos. Von der Schöpfung bis zum Ende in der Offenbarung und alles dazwischendrin. — Dass wir vieles nicht verstehen, sehen wir aus den notwendigen Belehrungen, die Daniel, die Jünger stets Jesus nachfragend, Johannes in der Offenbarung etc bekommen.
        Die Hauptbibelkenner waren die Pharisäer, denen Jesus scharf begegnete – der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig.
        Und dennoch wird kein Jota des Wortes verändert. Auch stehen viele fails drin: die Jünger sollten kein Feuer vom Himmel fallen lassen, Petrus doch auch mit den Schweinefleischessern essen, die Galater nicht durch Gesetzeseinhaltung gerecht werden, die Reichen bitte nicht weiterhin bevorzugt werden……
        Jesus steinigt eine unzüchtige Frau nicht, obwohl sie per Gesetz zu steinigen war.

  9. @Gast: Nein, Ihre Kommentare sind bei weitem nicht zu hart, ich kann damit gut umgehen. Solange man noch im Austausch steht, ist für mich alles noch im grünen Bereich:)

    Ja, ich habe schon selbst bemerkt, dass ich versucht bin, den personalen Gott gegen seine Offenbarung überzugewichten. Aus der Diskussion mit Theologiestudenten ist mir bekannt, dass diese Ansicht an den Unis sehr angesagt ist.

    Was Sie über einen dialektischen Ansatz schreiben, wird mir hingegen nicht gerecht. Ich bin ein Systematiker. Wenn hier der Eindruck entsteht, dass die Aussagen inkonsistent sind, dann deswegen, weil man in einem kurzen Post keine komplexe Abhandlung unterbringen kann und weil ich mich über die verschiedenen Ansichten zum Schriftverständnis auch noch vorarbeiten muss…

    Ich formuliere so scharf gegen den Begriff der Irrtumslosigkeit, nicht weil ich gegen die Schrift als Gottesoffenbarung anschreiben will, sondern weil er für die Zusammenarbeit der Gemeinde hinderlich ist. Die Irrtumslosigkeit der Schrift wird dann in eins gesetzt mit der Irrtumslosigkeit der eigenen stückweisen Erkenntnis und – ganz übel – die Verbindung zu den Andersdenkenden gekappt.

    Ich meine gelesen zu haben, dass Francis Schaeffer auch Probleme mit dem Begriff der Irrtumslosigkeit hatte. Er beschränkte die Vertrauenswürdigkeit der Schrift auf die Tatsache, dass Gott das sagen und schreiben lassen wollte, was er eben sagte und schrieb. Das kommt meiner derzeitigen Auffassung am nächsten. Wir verstehen nur stückweise und können manche aus Gottes Sicht wahren Worte auch erstmal nur in unseren Herzen bewahren.

    Gruß

    1. Es gibt tatsächlich die Gefahr, die Unfehlbarkeit der Schrift, mit der desjenigen zu vermischen bzw. zu vertauschen, der Sie auslegt. Da gebe ich Ihnen zu 100% recht. Und wenn man persönlich drin steckt, ist es schwer zu ertragen.

      Ich komme zum Beispiel aus der Brüdertradition. Es gibt für mich innerhalb dieser Tradition ein reiches Erbe, das es wert ist bewahrt zu werden. Aber genauso gibt es Dinge innerhalb der Bewegung, die besser nie das Licht der Welt gesehen hätten. Dazu zählt durchaus auch ein Geist der Rechthaberei. Die Überzeugung, dass man allein die wahre Auslegung hat und das Wort Gottes richtig versteht usw. Es gibt Richtungen innerhalb der Brüderbewegung, die von ihrem Autoritätsanspruch her, den Papst vor Neid erblassen lassen würden!

      Deshalb ist es für mich entscheidend, den Gegensatz von Unfehlbarkeit der Schrift und Unfehlbarkeit des Auslegers zu betonen. Allerdings kann und will ich das Selbstzeugnis der Schrift nicht aufgeben, das die Unfehlbarkeit lehrt. Denn gerade weil ich alles andere als unfehlbar bin, brauche ich das unfehlbare Wort, das mich zum vollkommenen Jesus führt, in die vollkommene Gemeinschaft mit Gott.

      Die Unfehlbarkeit des Wortes Gottes zu betonen, löst nicht automatisch alle Probleme. Ihre Erfahrung, dass damit Hochmut und Rechthaberei verbunden sein kann, ist ein Beispiel dafür. Genauso muss man dann erklären, wie man mit unterschiedlichen Auslegungen umgeht, ohne in den Relativismus abzudriften. Wie man Lehren innerhalb der Schrift „gewichtet“, Stichwort Tirage usw. Allerdings gibt es m. M. n. gute Antworten von Evangelikaler Seite auf diese Fragen.

      Und erlauben sie mir eine letzte Bemerkung. Rechthaberei gibt es nicht nur bei Verfechtern der Unfehlbarkeit und Irrtumslosigkeit der Bibel. Lesen Sie einmal Bücher von historisch-kritischer Seite. Meistens werden die Evangelikalen überhaupt nicht als Gesprächspartner wahrgenommen. Wenn sie erwähnt werden, dann meistens als Leute, die man nicht ernst nehmen kann. Auch von dieser Seite her gibt es ein ziemlich großes Ego, das von der eigenen Überlegenheit überzeugt ist. Das rechtfertigt aber nie und in keiner Weise Überheblichkeit von Seiten derer, die an die Unfehlbarkeit der Schrift glauben.

      Ich verabschiede mich vorerst, zumindest aus diesem Artikel. Auch wenn wir in vielem andere Ansichten haben, so bringen mich ihre Kommentare dazu, meine Position zu durchdenken. Deshalb ein ehrliches: Danke!

      Liebe Grüße

  10. Probleme habe ich immer noch mit dieser Logik, die Unfehlbarkeit der Schrift von der Unfehlbarkeit eines Auslegern abzugrenzen. Denn welcher Ausleger ist denn unfehlbar? Unfehlbare Schrift + fehlerbarer Ausleger = Fehlbare Aussagen. Die Rede von der Irrtumslosigkeit ist mE daher sinnfrei. An dieser Stelle waren wir vor ca. 3 Jahren schon mal. Wer kann diese Gleichung anders auflösen?

    Was mir an der Rede von der Irrtumsloigkeit auch nicht schmeckt, ist die Tendenz, dass der Gläubige das Wort Gottes quasi in seine Verfügung bekommt. Das stehst es doch, must nur lesen! Es ist dies verständlich als eine Gegenreaktion auf die liberale Theologie, die das Vertrauen in die Schrift nahezu zerstört hat. Man will eine Sicherheit haben.

    Doch ist in der Schrift selbst das Wort Gottes oft mit dem Begriff des Hörens verbunden. Weniger mit dem Lesen des Worts. Damit ein Wort Wort wird, muss es gehört werden. Das legt wieder einen Fokus auf die Kommunikations- und online-Version. (Auch wenn das Hören dann nahe am Gehorchen und Umsetzen des Wortes ist.)

    Vielleicht hilfreich?

    1. Eine lange Diskussion bis hierher mit guten Beiträgen, nun mische ich auch mal mit.

      Ich glaube daran, dass die Schrift unfehlbar ist.
      Ich glaube ebenso daran, dass Ausleger fehlbar sind. „Messen“ und Feststellen kann ich die Fehlbarkeit der Ausleger wiederum nur an der unfehlbaren Schrift, denn der fehlbare Ausleger wird die Konsistenz der Schriftaussage (zer)stören.

      Weltliches Beispiel:
      Wir haben Gesetze, und manchmal sind die hinreichend undefiniert, so dass es dazu Ausführungsbestimmungen gibt. Die Ausführungsbestimmungen können gegen das Gesetz wiederum aufgrund falscher Auslegung verstoßen, wodurch sie dann nichtig werden und korrigiert werden müssen. Auch bei Gesetzen gibt es eine Hierarchie – ein Gesetz, dass gegen das Grundgesetz verstößt, ist wegklagbar.

      Biblisches Beispiel:
      a) Die Vielzahl an Auslegungen zu den Offenbarungen ist, gelinde gesagt, zu groß. Ausleger bemühen sich um eine gute Auslegung, aber erst die nächste Generation findet eine bessere Auslegung. Manche Sachen sollen wir auch noch gar nicht auslegen können laut Gottes Plan (siehe Dan 12,4).
      b) Kindertaufe ja oder nein?
      Den Missionsauftrag Jesu kann man so verstehen, dass „zu Jünger machen“ in der zeitlichen Reihenfolge vor der Taufe kommt, die Taufe also eine Sache ist, die Gläubigen vorbehalten sein sollte.
      In der Apg finden wir Menschen, die sich „und ihr Haus“ (Oikus als Verantwortungsbereich inkl. Kinder, ggf. auch Sklaven) von den Aposteln taufen ließen. Hier erfolgt die Taufe mit nachfolgender „Christenlehre“.
      Es gibt also zwei Auslegungen, die da lauten: nur bereits Bekehrte taufen, oder aber auch schon Kinder, für deren christlichen Glauben der Verantwortliche Hausherr geradesteht, taufen.
      Bitte jetzt hier nicht diskutieren, welches Taufverständnis das einzig richtige sei. Es gibt zwei Auslegungsmöglichkeiten dazu, die biblisch begründbar sind, eine Auslegung wäre mit sicherheit „richtiger“ als die andere, die Frage ist nur welche.

      1. Den Vergleich zwischen (Grund-)gesetz (hier: Bibel) und Ausführungsbestimmungen (hier: Auslegungen) finde ich passend. Allerdings nur insoweit, dass der Kanon eben die normative „unfehlbare“ Grundlage ist, an der sich alle Auslegungen messen lassen müssen. Andere Quellen, auch andere geistliche Schriften, gehören nicht zu dieser normativen Grundlage.

      2. Da gehen wir glatt konform. Jedes Auslegungsbuch, jede Predigt, jegliche geistliche Schrift steht unterhalb der Bibel. Passt die Auslegung nicht zur Bibel, dann ist die Auslegung als falsch anzunehmen.

        Das Problem jeder Auslegung: der Ausleger legt im Rahmen seines Bibelverständnisses aus, aber auch im Rahmen seiner theologischen Prägung. Wer sich auf Prädisposition / Vorauserwählung mehr oder minder festgelegt hat, wird manche Passagen der Bibel anders verstehen als derjenige, der einen freien Willen des Menschen annimmt.
        Das „Problem“ ist, selbstkritisch genug zu sein, um bisher eingenommene Positionen zu verschieben, wenn im Rahmen des Bibelstudiums klar wird, dass eine andere Auslegung doch schlüssiger erscheint als die bisherigen Annahmen.

      3. Ich würde nicht davon sprechen wollen, dass die Bibel „Fehler und Irrtümer“ enthält – in dem Sinne, dass Gott eben den Urtext so gab, wie er ihn gab. Das würde mit der Auffassung einer normativen Grundlage als Maßstab noch zusammenpassen.

        Die Aussage einer Irrtumslosigkeit der Schrift bewegt sich mE aber in einer anderen Kategorie, nämlich der der Aussagen. Um auf ein wahres Wort Gottes/Aussage zu kommen muss mMn der irrtumlose Geist Gottes im Spiel sein. Selbst bei denen, die dieses Wort dann anlehnen.
        Meine derzeitige Auffassung.

    2. Ach, jetzt kann ich doch nicht widerstehen, nochmal ein paar Anmerkungen zu machen.

      „Denn welcher Ausleger ist denn unfehlbar? Unfehlbare Schrift + fehlerbarer Ausleger = Fehlbare Aussagen. Die Rede von der Irrtumslosigkeit ist mE daher sinnfrei.“

      Es stimmt, gerade kein Ausleger ist unfehlbar. Natürlich kommt es durch das Bekenntnis zur unfehlbaren Schrift und dem fehlbaren Ausleger, zu fehlbaren Aussagen. Aber Ihre Gleichung sollte man nicht auf die Spitze treiben. Dass es zu fehlbaren Aussagen kommt, heißt nicht, dass wir keine Wahrheit erfahren können. Das wollten Sie denke ich auch nicht sagen. Ich möchte nur auf eine Gefahr hinweisen, die anhand Ihrer Gleichung entstehen könnte.

      Nur weil man nicht die 100%ige Wahrheit hat, bedeutet dies nicht, man habe überhaupt keine Wahrheit. Mal wieder ein sehr weltliches Beispiel. Ich weiß, dass Berlin die Hauptstadt Deutschlands ist. Ich weiß noch einiges Mehr über Berlin, etwa über das Brandenburger Tor, den Reichstag usw. Mein Wissen über diese Dinge ist wahr. Aber ich weiß längst nicht alles über Berlin. Doch nur, weil ich nicht die 100%ige Wahrheit, die umfassende Wahrheit über Berlin kennen, heißt das nicht, dass ich überhaupt nichts über Berlin weiß.

      So ist es für mich auch mit Gottes Wort. Nur weil ich keine 100% richte Auslegung habe, heißt dies nicht, ich könne überhaupt keine Wahrheit aus der Schrift erkennen.

      „Was mir an der Rede von der Irrtumsloigkeit auch nicht schmeckt, ist die Tendenz, dass der Gläubige das Wort Gottes quasi in seine Verfügung bekommt.“

      Dieser Einwand ist erstaunlich, denn ich würde es genau andersherum sehen. Meine Überzeugung, ein fehlerhafter Ausleger zu sein, der es mit dem unfehlbaren Wort Gottes zu tun hat, führt bei mir eher zu Zurückhaltung meinerseits. Für mich sind es eher diejenigen, die die Unfehlbarkeit leugnen, die in der Gefahr stehen, sich Gottes Wort untertan zu machen. Denn sie sind es, die bestimmen, wo sich Gottes Wort irrt, wo es zuverlässig ist usw.

      Liebe Grüße

      1. _Dass es zu fehlbaren Aussagen kommt, heißt nicht, dass wir keine Wahrheit erfahren können. Das wollten Sie denke ich auch nicht sagen. Ich möchte nur auf eine Gefahr hinweisen, die anhand Ihrer Gleichung entstehen könnte._

        Nein, natürlich mache viele Ausleger eine wertvolle Arbeit.

        Man könnte die Gleichung ja auch so formulieren:
        Irrtumslose Schrift + relativ guter Ausleger = nur relative wahre Aussagen/Interpretationen

        Aber auch in diesem Falle ist die Irrtumslosigkeit futsch. Der absolute Begriff in der Kategorie Aussagenabsicht also auch da sinnfrei.

        Ich denke, dass der Begriff der Irrtumslosigkeit nicht hilft und auch die Gleichung, die man mit diesem Begriff aufsetzen kann. Die hilft auch nicht. Denn auch diese zweite Gleichung wird mein Vertrauen in einen solchen Prediger und seine Botschaft von Gott nicht gerade stärken.

        Man muss mit absoluten Begriff mE sehr vorsichtig sein, wem man diese anheftet. Ich meine nur Gott und seinem Geist. Ich denke, der Geist Gottes muss zwingend helfen, die Schrift zu verstehen, dass daraus wahre Aussagen werden. Nicht nur auf Seite des Predigers, sondern auch auf Seite der Hörerschaft.

        Gruß

      2. _„Was mir an der Rede von der Irrtumsloigkeit auch nicht schmeckt, ist die Tendenz, dass der Gläubige das Wort Gottes quasi in seine Verfügung bekommt.“

        Dieser Einwand ist erstaunlich, denn ich würde es genau andersherum sehen. usw_

        Mit sich verfügbar machen, meine ich, dass sich der Mensch/die Gesetzeslehrer/die Kirche die Interpretationshoheit über das Wort sichern und irrtumslos fixieren will.

        Das kann ja auf unterschiedlich Arten geschehen:
        – indem die Bibel zerfleddert wird wie in der liberalen Theologie. Diese Ergebnisse können auch nicht folgenlos in Frage gestellt werden.
        – indem sich Pharisäer die Hohheit über die Gesetzesinterpretation sichern
        – indem die mittelalterliche Kirche die Ablassregularien festsetzte und somit den Türöffner zu Heil od. Verdammnis
        und: indem relative theologische Erkenntnisse als unhinterfragbar fixiert werden.

        Die Freiheit des Gewissens plus das Wirken des Geistes Gottes plus die Schrift als normative Grundlage ist mir da lieber.

  11. —die liberale Theologie, die das Vertrauen in die Schrift nahezu zerstört hat. —

    Und wie zerstört man das Vertrauen in die Schrift? Indem man die Ausleger des Wortes Gottes (die Apostel) als fehlbare Ausleger, weil sie ja Menschen sind, darstellt.
    Damit ist der Weg frei, und nach 2000 Jahren glaubt man nun mehr über die Echtheit des Wortes Gottes zu wissen, und verlagert den Willen Gottes in eine Zeit (heute) wo sich der Mensch weiterentwickelt hat, und Gott ja ,,so“ alles nicht gemeint haben kann. Und die Apostel Kinder ihrer Zeit waren und keine Ahnung davon hatten das wir nun klüger geworden sind.

    —dass der Gläubige das Wort Gottes quasi in seine Verfügung bekommt. —
    War das Wort Gottes in der Verfügung der Apostel?

    —Unfehlbare Schrift + fehlerbarer Ausleger = Fehlbare Aussagen. —
    ,,Und fing an (Jesus) bei Mose und allen Propheten und legte ihnen in der ganzen Schrift aus, was darin von ihm gesagt war.“ Lukas 24. 27
    Jesus zweifelt nicht an der Schrift und seinen Auslegern.

    Nun, das war damals, aber es gibt immer einen Anfang, und heute? ich glaube nicht das ein wiedergeborener Christ seine Auslegung leichtfertig in den Raum stellt. Und jeder Christ ist aufgefordert alles zu überprüfen, und das Gute zu behalten.

  12. Und noch ein paar Gedanken:

    Eine absolute Irrtumslosigkeit, Wahrheit, Licht ohne Finsternis würde ich nur Gott selbst zuschreiben. Vater, Sohn und dem Geist Gottes. Möglicherweise ist diese Sucht nach absoluter Irrtumslosigkeit auch schon ein Anmaßung des sündhaften Menschen. Ihr werdet sein wie Gott und wissen…

    Wir können froh sein, wenn uns Gott wahre Worte offenbart und in unsere Finsternis hineinstrahlen lässt.

    Die in ihm neu geborenen sind haben zwar seinen Geist, den Geist der Wahrheit, empfangen und der bleibt auch. Aber auch dieser Geist leitet ja auch nur (sukzessive) in alle Wahrheit. Er ist selbst nur ein Empfangender.

    (Man muss mE unterscheiden, zwischen dem Geist Christi und dem Heiligen Geist als Teil der Dreieinigkeit. Der HG ist souverän kommt und geht und weht wo er will, der Geist Christi hingegen bleibt wohnen und treibt immer weiter hinein die Abhängigkeit vom Vater. Die Jünger bekommen seinen Geist (Christ Geist) auch bereits vor Pfingsten. An Pfingsten weht souverän der Heilige Geist.)

    1. Hier gehen wir weniger konform, in Teilen. Ich würde es nicht „Sucht nach Irrtumslosigkeit“ nennen. Letztendlich hat doch mein Schriftverständnis einen Einfluss darauf, wie ich mein Verhältnis zu Gott sehe, und wie ich meine gelebte Nachfolge noch mehr nach seinem Willen ausrichten kann.

      Nehmen wir mal die Beispiele in meinem eben geschriebenen Beitrag, wobei ich hier mal überspitze, aber niemandem auf die Füsse treten möchte (und darum lasse ich mal aus, welcher Richtung ich anhänge):
      Die Annahme eines „freien Willens“ kann mich dazu verleiten zu meinen, einen eigenen Beitrag zu Errettung geleistet zu haben. Sei es durch bessere Einsicht als die Nichtchristen, oder weil ich mich für einen so guten Menschen halte, dass ich weiß, dass ich mich Gott unterzuordnen habe, und somit besser bin als andere Menschen, die Errettung also quasi in Teilen (selbst) „verdient“ habe.
      Gehe ich von einer „Prädisposition“ aus, dann kann ich mir nicht mal einen guten Willen oder irgendeinen eigenen Beitrag zur Errettung auf die Fahne schreiben, sondern es ist nur Gottes Werk. Dafür könnte ich aber in Gefahr laufen zu meinen, dass meine guten Werke ja auch nur durch Gott gewirkt werden, ich also nur die Frucht bringe, die Gott in mir wirkt, und bleibe ggf. in der Nachfolge faul und lau.

      Die gewählte Präferenz, also „freier Wille“ oder „Prädisposition“, kann daher einen gravierenden Einfluss auf meine Nachfolgerqualität haben, und kann daher auch die von mir besuchte Gemeinde positiv oder negativ beeinflussen.
      Von daher: bei mir ist es nicht Sucht, sondern Suche nach Irrtumslosigkeit. Und ich hoffe mal, dass ich in der Suche nicht müde werde. Aber alles wissen werde ich erst dann, wenn ich beim Vater bin.

      Ich sehe in der Schrift keine Unterscheidung zwischen dem Geist Christi und dem Heiligen Geist. Ich weiß, dass ich den Heiligen Geist habe. Ich weiß auch, dass er weht, wo er will. Ebenso weiß ich, dass Gott unterschiedliche Gaben und Aufgaben in der Gemeinde verteilt. Da sind diverse Leute besser in der Schriftauslegung, Predigt oder in der Nachfolge als ich (Spurgeon, Wilhelm Busch, um mal zwei bekanntere Namen zu nennen), dafür habe ich andere Aufgaben und Qualitäten bekommen, die die Gemeinde benötigt. Wobei es auch Dinge gibt, die bei mir, sagen wir mal nett, optimaler ausgeprägt sein könnten.
      Weht der Geist Gottes mehr bei einem guten Ausleger als bei einem Hauskreisleiter, oder bei jemandem, der besonders gastfreundlich ist, oder jemandem, der Geister zu unterscheiden vermag? Ich glaube, für jede Aufgabe in der Gemeinde ist der Geist Gottes notwendig als treibende Kraft.

      1. _Hier gehen wir weniger konform, in Teilen. Ich würde es nicht „Sucht nach Irrtumslosigkeit“ nennen. Letztendlich hat doch mein Schriftverständnis einen Einfluss darauf, wie ich mein Verhältnis zu Gott sehe, und wie ich meine gelebte Nachfolge noch mehr nach seinem Willen ausrichten kann._

        Die Liebe zur Wahrheit und wie ich diese umsetzen kann, würde ich noch unterschieden, von dem alles Wissen-Wollen ohne Umsetzen (Haus auf Sand).

        _Die gewählte Präferenz, also „freier Wille“ oder „Prädisposition“, _

        Ich denke, dass das Wort auch in der Lage ist, unsere grundlegenden Denkvoraussetzungen in Frage zu stellen.
        Dass unsere Erkenntnis auch Auswirkungen auf die Nachfolge zeitigt, das glaube ich schon.

        _Ich sehe in der Schrift keine Unterscheidung zwischen dem Geist Christi und dem Heiligen Geist._ Das müsste man noch ausführlicher untersuchen. Das kommt von dem Gegensatzpaar Fleisch-Geist her. Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist. Als unsere neue Grundbefindlichkeit/Disposition/Verfasstheit.

  13. —Die gewählte Präferenz, also „freier Wille“ oder „Prädisposition“, kann daher einen gravierenden Einfluss auf meine Nachfolgerqualität haben, und kann daher auch die von mir besuchte Gemeinde positiv oder negativ beeinflussen.—

    ich muss das Wort an mir geschehen lassen, denn alles andere Denken führt mich in eine geistlich Eigenleistung.

    ,,so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.“ Jesaja 55. 11

    Als Christ ist man wie ein Schiff das mit kostbarer Fracht beladen wird, ab und zu steuern wir den Hafen an, um diese Fracht zu entladen, ansonsten treiben wir auf dem Ozean, schwer beladen, und die Früchte gelangen nicht an den Empfänger. Gott selbst ist der Steuermann, der das Schiff zu den Häfen lenkt, so ist jegliche Eigenleistung von vornherein ausgeschlossen. Gott weiss doch das ER es mit unvollkommenen, fehlerhaften Menschen zu tun hat, das hindert Ihn aber nicht daran mit Seiner kostbaren Fracht unser (Lebens)Schiff zu beladen, und ER selbst verteilt die Früchte, nach Seinem Willen und Wohlgefallen. Wohl keiner kann sich der Versuchung nach Eigenleistung ausschließen, wir segeln immer in zwei Richtungen, fleischlich und geistlich, aber das Schiff fährt nach Anweisung des Steuermann’s.
    Ja genau, wir werden auch lau und faul sein, und wir werden auch durch Eigenleistung versucht sein die Gnade zu schmälern, und genau, es hindert Gott nicht daran mit uns weiterzumachen.

    1. _ich muss das Wort an mir geschehen lassen, denn alles andere Denken führt mich in eine geistlich Eigenleistung._

      Genau. In eine nur intellektuelle Eigenleistung.

    2. Ich wollte eigentlich nicht in die Diskussion überleiten, ob jetzt freier Wille oder Prädisposition richtig(er) sind, und habe (hoffentlich erfolgreich 😉 ) versucht, meine diesbezügliche Meinung dazu hier zurückzuhalten.
      Ich habe dieses Thema deshalb auf den Tisch gebracht, weil es sehr häufig und gerne leidenschaftlich diskutiert wird, und jede argumentierende Seite biblische Belegstellen bzw. biblisch hinterfütterte Argumentationsketten beibringt, und natürlich jede Seite ihre Sicht der Dinge für schlüssiger hält als andere Meinungen.
      Also: Bibel unfehlbar, Ausleger schon.

      „ich muss das Wort an mir geschehen lassen, denn alles andere Denken führt mich in eine geistlich Eigenleistung.“
      Ich weiß nicht, ob ich den Satz jetzt richtig verstehe. Es gibt Situationen, da komme ich im Bibelstudium nicht um das Denken drumherum, wenn z.B. die Prophezeihungen von Daniel mit denen der Off zusammengebracht werden, um ein besseres Verständnis davon erlangen zu können. Oder die Fragestellung, ob die Taufe heilsnotwendig ist und wann sie durchzuführen sein sollte. Wobei ich der Meinung bin, dass der ein oder andere Aha-Effekt beim Bibelstudium nicht durch das eigene Denken, sondern durch den Heiligen Geist bewirkt worden ist und manches Verständnis wie ein Geschenk zu mir gekommen ist.

  14. —Ich weiß nicht, ob ich den Satz jetzt richtig verstehe. Es gibt Situationen, da komme ich im Bibelstudium nicht um das Denken drumherum—

    Richtig, um das Denken komme ich nicht drumherum, aber Gott ist der Wortführer im Leben eines Gläubigen.
    Es ist tatsächlich so, das unsere Gedanken beim forschen in der Schrift fehlerhafte Erkenntnis hervorbringen können, aber genau so wie du es beschreibst, der Aha-Effekt, das ist das Wort das zu uns kommt, das an uns geschieht. Der H. G. ist in uns anwesend und hilft unseren Gedanken in der Wahrheit zu bleiben, sie zu finden und ihr selbst zu begegnen. Wir sind nicht unseren Gedanken ausgeliefert, der H.G. korrigiert, leitet, trennt oder verwirft falsche Ansätze, und doch bleiben wir auch fehlerhaft, da wir unsere eigene Logik mit einbringen (wollen). Findet aber der Aha-Effekt statt, besteht kein zweifel das das Wort Gottes an uns geschehen ist.

    ,,Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist.“ 1.Ko 2. 12

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