Die Auferstehung Jesu: Fakt oder Fiktion? Der Indizienprozess

Ist Jesus tatsächlich auferstanden? Diese Frage wird hier im Rahmen eines Indizienprozesses verhandelt. Der AiGG-Blog dokumentiert den Prozessverlauf:

Richter: Sehr verehrte Anwesende, ich begrüße Sie im Gerichtssaal. Der Fall, um den es geht, ist Ihnen bekannt. Ich will zunächst betonen: Heute geht es nicht um Glauben! Vor Gericht zählen ausschließlich Fakten, Fakten und noch einmal Fakten. Ob die Geschichte von der Auferstehung stimmt oder nicht können wir mit naturwissenschaftlichen Mitteln nicht klären, denn Naturwissenschaft arbeitet mit Beobachtung und Experiment. Beide Instrumente taugen zur Klärung dieses Falles leider nicht. Wenn Geschichtswissenschaftler herausfinden wollen, ob ein Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, müssen sie letztlich einen Indizienprozess führen, genau wie Richter und Kommissare, die entscheiden müssen, ob jemand tatsächlich ein Verbrechen begangen hat oder nicht. Dafür müssen sie Spuren und Hinweise sammeln und auf ihre Beweiskraft prüfen und bewerten. Sie müssen Zeugen befragen und die Glaubwürdigkeit der Zeugen prüfen. Genau das werden wir heute tun. Dabei werden wir 2 Dinge als Fakten voraussetzen, weil sie bereits zuvor ausführlich geprüft und eindeutig entschieden wurden:

  1. Jesus hat gelebt!
  2. Er ist in Jerusalem gekreuzigt worden!

Diese beiden Fakten sind heute nicht mehr wirklich umstritten, nicht einmal unter sehr kritischen Theologen und Wissenschaftlern. Schließlich gibt es neben den biblischen Berichten auch zahlreiche außerbiblische Bestätigungen, z.B. vom römischen Geschichtsschreiber Tacitus, vom jüdischen Geschichtsschreiber Josephus Flavius, aus dem Talmud und viele mehr.

Heute geht es nun um die Frage: Ist Jesus nicht nur gekreuzigt worden sondern ist er auch von den Toten auferstanden? Genau das wurde und wird bis heute von den Nachfolgern Jesu behauptet. Der Anwalt der Anklage hat dazu eine ganze Reihe von Anklagen gegen diese These zusammengetragen. Herr Anwalt: Die Kläger, die Sie vertreten, haben unterschiedliche Behauptungen, die den Nachfolgern Jesu widersprechen. Könnten Sie uns bitte die zentralen Anklagepunkte zusammenfassen.

Anwalt: Ja, die Kläger, die ich vertrete, stellen die Behauptung von der Auferstehung Jesu grundlegend in Frage. Allerdings sind sie sich nicht einig, was stattdessen wirklich geschehen ist. Die zentralen Thesen der Kläger lauten wie folgt:

  • Es war gar nicht Jesus, der ans Kreuz geschlagen wurde. Das sagt übrigens auch der Koran.
  • Jesus war gar nicht tot sondern er war nur betäubt oder scheintot.
  • Die Leiche wurde gestohlen oder ist auf andere Weise verschwunden. Das vertrat übrigens auch z.B. Johann Wolfgang von Goethe.
  • Die Jünger hatten nur Visionen und Halluzinationen.
  • Die ganze Geschichte ist erfunden und stellt eine große Lüge dar.

Richter: Vielen Dank, Herr Anwalt. Die Nachfolger Jesu und vor allem die Autoren des Neuen Testaments sitzen heute also auf der Anklagebank. Und die Anklage lautet:

Ihr habt uns eine Geschichte aufgetischt, die nicht den Tatsachen entspricht! Damit habt ihr Millionen von Menschen getäuscht. Ihr habt ihnen eine falsche Hoffnung eingeimpft, die unendlich viele Menschen ihre Lebenszeit, viele sogar ihren Besitz oder sogar ihr Leben gekostet haben. Was für ein Verbrechen! Wenn sich dieser Vorwurf bestätigt, ist die absolute Höchststrafe mehr als angemessen.

Also, meine sehr verehrten Gerichtsbesucher und Schöffen: Schreiten wir zur Prüfung der Fakten. Was können wir zu dieser Geschichte heute sicher wissen? Welche Spuren hat sie hinterlassen? Dazu hat der heutige Verteidiger eine Reihe von Beweisen und Indizien gesammelt. Herr Verteidiger, welche Beweise können Sie uns präsentieren?

Verteidiger: Das 1. Beweisstück ist die rasend schnelle Ausbreitung des Auferstehungsglaubens trotz größter Widerstände! Innerhalb von nur 270 Jahren hat sich dieser Glaube über den ganzen Mittelmeerraum ausgebreitet. Obwohl das römische Reich die Christen massiv bekämpft hat musste es nach etwa 300 Jahren kapitulieren und hat schließlich selbst den christlichen Glauben übernommen. Diese extreme Ausbreitung einer neuen Religion gegen größte Widerstände, massive Gewalt und Verfolgung, ohne Machtinstrumente, ohne moderne Kommunikations- oder Verkehrsmittel, erst recht ohne Waffengewalt, ist historisch einmalig.

Richter: Vielen Dank. In der Tat müssen wir hier die Frage stellen: Woher kam diese unglaubliche Dynamik? Wie konnte eine solch ungewöhnliche Geschichte eine solche Euphorie und eine solche Bewegung auslösen? Das wird hier vor Gericht noch zu klären sein. Herr Verteidiger: Haben Sie noch mehr Beweisstücke?

Verteidiger: Ja, natürlich. Das 2. Beweisstück lautet: Der Glaube an die Auferstehung ist am Ort und in der Zeit der Augenzeugen entstanden! Diesen Glauben hat also nicht irgendjemand erfunden, der weit weg von den Originalschauplätzen oder Augenzeugen war. Nein, dieser Glaube nahm seinen Ausgangspunkt dort, wo die Geschichte geschehen sein soll: In Jerusalem! Und zwar kurz nach der Kreuzigung Jesu.

Richter: Gibt es konkrete Belege dafür, dass sich dieser Glaube wirklich kurz nach der Kreuzigung in Jerusalem ausgebreitet hat?

Verteidiger: Ja, und zwar in der Bibel selbst: In 1. Korinther 15, 3-4 zitiert Paulus ein Glaubensbekenntnis, das er nicht selbst geprägt hat sondern das er selbst empfangen hat. Ich zitiere: „Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift. Er wurde von Petrus gesehen und dann von den zwölf Aposteln.“

Die Theologen sind sich einig: Die formelhafte Formulierung dieses Textes steht für ein fixiertes Glaubensbekenntnis, das Paulus gehört und gelernt haben muss, als er selbst nach Jerusalem kam, um die Gemeinde und die Apostel zu treffen. Das war also etwa im Jahr 36 n. Chr., etwa 3 – 5 Jahre nach der Kreuzigung.

Richter: Gibt es auch außerbiblische Zeugnisse dazu?

Verteidiger: Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schrieb folgendes: „Um das Gerücht aus der Welt zu schaffen, verhängte er die ausgesuchtesten Strafen über die wegen ihrer Verbrechen Verhassten, die das Volk ‚Chrestianer‘ nannte. Der Urheber dieses Namens ist Christus, der unter der Regierung des Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden war. Der Aberglaube verbreitete sich nicht nur in Judäa, wo das Übel aufgekommen war, sondern auch in Rom.“

Richter: Vielen Dank. Somit bestätigt auch Tacitus: Der Auferstehungsglaube ist nicht irgendwo entstanden sondern genau dort, wo Jesus gekreuzigt wurde. Herr Verteidiger: Bitte fahren Sie fort mit Ihren Beweisstücken!

Verteidiger: Das 3. Beweisstück ist das leere Grab. Das Grab Jesu wird bis heute in der Grabeskirche in Jerusalem verehrt, und die meisten Gelehrten gehen davon aus, dass es sich wirklich dort befunden hat. Aber im Vergleich zu anderen berühmten Persönlichkeiten gibt es eine Besonderheit: Das Grab ist leer. Es ist kein Leichnam darin. Und zu keiner Zeit gingen die Christen davon aus, dass dort der Leichnam Jesu tatsächlich liegen würde. Und was noch wichtiger ist: Es gibt keine einzige Quelle, weder innerhalb noch außerhalb der Bibel, die einen Hinweis darauf geben würde, dass die ersten Christen sich mit einem Leichnam Jesu hätten auseinandersetzen müssen oder dass irgendjemand behauptete, den Verbleib Jesu oder seines Leichnams zu kennen. Stattdessen gibt es lediglich eine sehr alte Behauptung, dass die Jünger den Leichnam gestohlen hätten. So berichtet es der Evangelist Matthäus:

„Sofort wurde eine Versammlung aller Ältesten einberufen. Sie beschlossen, die Soldaten zu bestechen, und gaben ihnen die folgende Anweisung: »Ihr müsst sagen: `Die Jünger von Jesus kamen in der Nacht, während wir schliefen, und haben seinen Leichnam gestohlen.´ Wenn der Statthalter davon erfährt, werden wir euch beistehen. Ihr braucht nichts Schlimmes zu befürchten.« Die Soldaten nahmen das Bestechungsgeld an und sagten, was ihnen aufgetragen worden war. Ihre Geschichte verbreitete sich unter den Juden, und sie erzählen sie noch bis zum heutigen Tag.“ (Matth. 28, 11-15)

Ganz offensichtlich rechnete Matthäus damit, dass seine Leser diese Geschichte kennen, sonst hätte er nicht die weite Verbreitung und ihre Beständigkeit so betont. Er hätte das sicher nicht getan, wenn es diese Behauptung nicht wirklich gegeben hätte. Diese Geschichte beweist zweierlei:

  • Auch für die Gegner des Christentums war das Grab wirklich leer. Sie konnten keinen Leichnam präsentieren, um die Botschaft der Christen zu konterkarieren.
  • Es gab eine enorme Erklärungsnot der Gegner der Christen! Denn was ist das für eine absurde Geschichte! Die Soldaten sollen eingeschlafen sein? Auf Einschlafen während der Wache stand für Soldaten schlimme Strafen. Deshalb musste man ihnen Beistand zusichern, sonst hätten die das nie geäußert. Und dann sollen verschüchterte, tief enttäuschte Jünger todesmutig direkt neben den schlafenden Wachen den schweren Grabstein beiseite gerollt und den Leichnam geklaut haben? Wer sich so eine unglaubwürdige Geschichte ausdenkt, muss wirklich in großer Erklärungsnot gewesen sein!

Das leere Grab gilt deshalb inzwischen als historisch zuverlässig.

Anwalt: Das ist aber noch längst kein Beweis für die Auferstehung! Selbst Lukas schildert ja, dass das leere Grab nur Verwirrung gestiftet hat und sogar von den Jüngern nicht als Beweis für die Auferstehung gewertet wurde!

Richter: Das ist richtig. Ich denke, es ist Zeit, sich den Zeugenaussagen zuzuwenden. Herr Verteidiger: Dazu zunächst die Frage: Wie viele Zeugen haben wir denn?

Verteidiger: Viele glauben ja, es gäbe nur 1 schriftlichen Zeugen, nämlich die Bibel. Aber die Bibel ist ja bekanntlich ein Sammelband verschiedener Bücher. In Wahrheit gibt es mindestens 5 verschiedene schriftliche Zeugen, die in der Bibel von der Auferstehung berichten: Matthäus, Markus, Lukas, Johannes und Paulus.

Anwalt: Gut, aber die könnten ja alle voneinander abgeschrieben haben oder eben alle dem gleichen Lügner aufgesessen sein!

Richter: Herr Verteidiger: Gibt es in den Texten einen Hinweis darauf, dass diese schriftlichen Zeugen letztlich alle aus der gleichen Quelle gespeist werden?

Verteidger: Wir haben das natürlich geprüft. Die Prüfung hat ergeben, dass die Schilderungen von der Auferstehung teilweise sehr unterschiedlich, ja scheinbar widersprüchlich sind.

Anwalt: Widersprüche! Das beweist doch, dass die Zeugenaussagen nicht zu gebrauchen sind!

Verteidiger: Nein, ganz im Gegenteil! Wenn mehrere Zeugen absolut identisch und wortgleich einen Vorfall schildern beweist das, dass sie sich untereinander abgesprochen haben. Dann hätten wir keine unabhängigen Zeugen. Diese 5 Zeugen hier unterscheiden sich aber erheblich. Das heißt nicht, dass sie zwangsweise widersprüchlich sind. Wenn man sich intensiv mit den Texten beschäftigt lassen sich die Schilderungen sehr wohl zusammenfügen zu einem stimmigen Gesamtgeschehen. Aber eindeutig ist: Diese Zeugen schildern den Vorgang aus sehr individuellen, unterschiedlichen Perspektiven mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten. Und diese scheinbaren Widersprüche wurden auch nachträglich nicht geglättet.

Richter: Da muss ich den Verteidiger bestätigen. Wir kennen das ja von Unfallzeugen. Selbst wenn die Zeugen ganz ehrlich berichten scheinen sich ihre Berichte zu widersprechen, weil sie ganz unterschiedliche Perspektiven hatten und sich an ganz unterschiedliche Details erinnern. Genauso sieht das hier auch aus. Es spricht also alles dafür, dass wir hier unabhängige Berichte unterschiedlicher Zeugen haben.

Anwalt: Na gut. Aber die große Frage ist doch jetzt: Wie glaubwürdig sind diese Zeugen? Schließlich berichten Sie eine Geschichte, die naturwissenschaftlich vollkommen unmöglich ist!

Richter: Ja, dem müssen wir jetzt zwingend nachgehen. Herr Verteidiger: Was können wir jetzt über die Glaubwürdigkeit dieser 5 Zeugen sagen?

Verteidiger: Wir haben die Glaubwürdigkeit der schriftlichen Zeugen ausführlich geprüft und dazu 5 wichtige Hinweise entdeckt. Ich beginne mit dem 1. Hinweis: Der hohe Selbstanspruch! Die Eigenaussage der schriftlichen Zeugen ist, dass es sich hier nicht nur um Glaubenszeugnisse sondern um eine historisch genaue Dokumentation der Ereignisse handelt, die auf der Auswertung von Augenzeugenberichten basieren. Dazu der Zeuge Lukas:

„Ich habe es für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, auf dass du den sicheren Grund der Lehre erfährst, in der du unterrichtet bist.“ (Lukas 1, 3-4)

Anwalt: Herr Verteidiger, Sie wissen genau, dass dieser Anspruch von Lukas oft kritisiert und in Frage gestellt worden ist. Viele Theologen sind der Meinung, dass Lukas sehr ungenau und hypothetisch geschrieben hat.

Verteidiger: Es gibt aber durchaus auch Forscher, die anderer Meinung waren. Dazu haben wir eine Zeugenaussage von Sir William Mitchell Ramsay. Er war Archäologe und gilt bis heute als einer der herausragenden Experten in der antiken Geografie Kleinasiens, also der Region, in der das Evangelium und die Apostelgeschichte von Lukas spielt. Er war so geschätzt, dass er sich einen Adelstitel und 9 Ehrendoktorwürden erworben hat. Und seine große Frage war genau die: Wie zuverlässig war Lukas in seinen historischen Angaben? Ramsay ging zu Beginn seiner Forschung davon aus, dass die Angaben von Lukas in der Apostelgeschichte oft unzuverlässig waren. Aber im Rahmen seiner Forschung kam er immer mehr zu einer anderen Überzeugung. Er schreibt:

„Weiteres Forschen … ergab, dass das Buch (von Lukas) der genauesten Prüfung bezüglich seiner Kenntnis über die Welt der Ägäis standhalten konnte, und dass es mit so viel Urteilsvermögen, Fähigkeit, Kunst und Wahrnehmung der Wahrheit geschrieben wurde, dass es ein Modell für ein historischen Werk darstellt.“

Richter: Vielen Dank. Ohne in diesen Streit unter Forschern eingreifen zu wollen halten wir jedenfalls fest: Die schriftlichen Zeugen hielten sich selbst nicht für Märchenerzähler sondern für Historiker, die ganz exakt aufschreiben wollten, was wirklich passiert ist. Herr Verteidiger:  Was ist der nächste Hinweis zur Frage der Glaubwürdigkeit der schriftlichen Zeugen?

Verteidiger: Der 2. Hinweis heißt: Die Berufung auf Augenzeugen! Am glaubwürdigsten ist ein Bericht natürlich dann, wenn der Autor auf das eigene Wissen der Leser setzen kann! Genau dieses extrem schlagkräftige Argument hat Paulus benutzt, als er über den auferstandenen Jesus schrieb: „Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben.“  (1. Kor. 15, 6)

Paulus sagte hier also seinen Lesern: Überzeugt euch selbst! Fragt nach! Es gibt hunderte von Leuten, die das bezeugen können. So etwas tut man nicht, wenn man sich seiner Sache nicht sehr, sehr sicher ist.

Richter: Das ist in der Tat ein starker Hinweis für die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Herr Vertediger: Welchen Hinweis können Sie noch präsentieren?

Verteidiger: Der 3. Hinweis lautet: Die zeitliche Nähe zu den Ereignissen! Diese Zeugen konnten sich deshalb auf Augenzeugen berufen, weil sie die Ereignisse sehr kurz nach ihrem Geschehen aufgeschrieben haben.

Anwalt: Nun ist ja aber die Entstehungszeit der Bücher des neuen Testaments hoch umstritten! Es gibt viele Theologen und Experten, die behaupten, dass diese Schriften erst viel später entstanden sind.

Verteidiger: Ja, die Entstehungszeit des neuen Testaments ist umstritten. Aber Fakt ist: Das gesamte Neue Testament erwähnt folgende Ereignisse mit keinem Wort:

  • Die Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahr 70 nach Christus
  • Die Hinrichtung von Paulus etwa im Jahr 64 nach Christus
  • Die Hinrichtung von Petrus, spätestens 67 nach Christus

Alle diese Ereignisse waren für die ersten Christen absolut dramatisch und einschneidend. Sie müssen sie so empfunden haben wie wir heute den Fall der Mauer, den 9/11-Anschlag oder die Ermordung von Präsident Kennedy. Das geradezu dröhnende Schweigen über diese dramatischen Ereignisse spricht stark dafür, dass zumindest viele der Schriften vorher schon fertig gestellt wurden, d.h. also maximal 30 bis 35 Jahre nach der Kreuzigung und somit in einer Zeit, in der es noch massenhaft Augenzeugen gab, die die Angaben der Autoren prüfen und notfalls anfechten konnten.

Richter: Das spricht in der Tat stark für ihre Glaubwürdigkeit! Herr Anwalt, was sagen Sie dazu?

Anwalt: Schön und gut. Aber wer sagt mir, dass die Schriften nicht im Nachhinein gefälscht wurden? Das kann man ja auch im Nachhinein alles so aussehen lassen und hintricksen, wie es jetzt aussieht!

Richter: Das ist ein wichtiger Einwand! Herr Verteidiger: Was sagen Sie dazu? Gibt es vielleicht doch Hinweise auf eine nachträgliche Manipulation der Texte?

Verteidiger: Zu dieser Frage ist der 4. Hinweis sehr wichtig: Die vielen sehr alten Quellen! Antike Schriften sind ja normalerweise sehr dünn belegt. Die Originale sind längst verschollen. Und normalerweise haben wir kaum mehr als 10 oder 20 historische Abschriften, die meist viele hundert Jahre jünger sind als die verschollenen Originale. Beim Neuen Testament ist das vollkommen anders: Die ältesten Textfragmente stammen schon aus dem Jahr 125 nach Christus, sind also nur wenige Jahrzehnte jünger als die Originale. Und wir verfügen heute über  mehr als 5500 historische Abschriften, dazu viele tausend Übersetzungen und dazu noch die Zitate aus den Schriften der Kirchenväter! Das Neue Testament spielt also in Bezug auf die Überlieferungsqualität in einer völlig anderen Liga als alle anderen antiken Quellen.

Wir haben dazu noch einen Zeugen, der sich extrem intensiv mit diesen vielen Quellen auseinandergesetzt hat, nämlich Prof. Holger Strutwolf von der Universität Münster. Er gilt weltweit als führend im Fach der sogenannten Textkritik. Herr Professor Strutwolf hat alle diese zahllosen Quellen digitalisiert und vergleicht sie nun, um herauszufinden, wie wohl der ursprüngliche Text gelautet hat. Denn klar ist: Wenn sehr viele Abschriften identisch sind, dann ist das ein sehr starkes Argument dafür, dass der Text ursprünglich so gelautet haben muss. Inzwischen ist er mit etwa 1/5 des Neuen Testaments durch. Und sein Zwischenergebnis lautet: 99,9 % der Texte haben sich als absolut zuverlässig erwiesen! Bei etwa 0,1% des Textes musste er kleine Korrekturen vornehmen. Und selbst diese 0,1% waren für den Sinn und v.a. für die theologischen Aussagen der Texte nicht relevant. Sein Zwischenfazit ist daher: “Insgesamt ist die Überlieferung der Bibel sehr gut und sehr treu. In den theologischen Punkten gibt es unter den Abertausenden Handschriften kaum Abweichungen.“

Richter: Mit anderen Worten: Wir können uns sehr sicher sein, dass der Text des Neuen Testaments, den wir heute vorliegen haben, sehr genau dem entspricht, den die Evangelisten und Apostel damals verfasst haben. Herr Verteidiger: Haben Sie noch mehr Hinweise finden können?

Verteidiger: Ja, der 5. Hinweis lautet: Frauen als Zeugen! Die Berichte über die Auferstehung nennen Frauen als die ersten Zeugen der Auferstehung.

Richter: Warum ist das wichtig?

Verteidiger: Die Aussage von Frauen galt im damaligen Kontext als absolut minderwertig. Der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus schrieb damals folgendes: „Das Zeugnis der Frau ist nicht rechtsgültig wegen der Leichtfertigkeit und Dreistigkeit des weiblichen Geschlechts.“ Deshalb war es kein Wunder, dass auch in den biblischen Berichten die Jünger den Berichten der Frauen erst einmal nicht geglaubt haben! Hätte jemand damals diese Geschichte erfunden hätte er deshalb niemals Frauen als die ersten und wichtigsten Zeugen ausgesucht sondern selbstverständlich Männer, um glaubwürdig zu sein.

Anwalt: Gut, aber es könnte ja trotzdem sein, dass diese Frauen keine wahre Geschichte erzählt haben sondern dass es sich um Wunschträume, Visionen oder Halluzinationen handelte! Schließlich waren die Leute nach der Kreuzigung alle sehr aufgewühlt und durcheinander. Und sie waren sicher in einer extremen Situation. Da kann so etwas schon mal vorkommen, dass man selber etwas glaubt, was gar nicht wirklich passiert ist.

Richter: Ja, diesen Einspruch müssen wir ernst nehmen. Herr Verteidiger: Haben Sie sich mit diesem Vorwurf auseinandergesetzt?

Verteidiger: Ja, natürlich. Aber die schriftlichen Schilderungen geben überhaupt keinen Hinweis darauf, dass es sich nur um Wunschträume gehandelt hätte. Dagegen sprechen mehrere Elemente aus diesen Schilderungen:

  • Zum einen der greifbare, physische Körper des Auferstandenen! Jesus hat gegessen und getrunken. Er ließ sich anfassen und begreifen im wahrsten Sinne des Wortes. Das passt nicht zu Halluzinationen.
  • Und dann ist da noch die Tageszeit und die zweifelnden Jünger! Die Begegnungen mit dem Auferstandenen geschahen nicht nachts im Traum oder im Dunklen in einer spiritistischen Sitzung sondern mitten am Tag, und dazu noch völlig unerwartet. Die Jünger steigerten sich nicht in Wunschträume hinein sondern sie waren ganz im Gegenteil extrem schwer von der Auferstehung zu überzeugen!

Diese Schilderungen passen also wirklich in keinster Weise dazu, dass es sich hier um Halluzinationen handelte. Und dazu kommt: Halluzinationen können Einzelne haben, aber nicht ganze Gruppen! Die Illusion von ein paar wenigen hätte sich ja spätestens dann in Luft aufgelöst, wenn die vernünftig gebliebenen Realisten die Träumer daran erinnert hätten, dass Jesus nebenan im kühlen Grab verwest!

Und schließlich: Totenerscheinungen waren in der Antike nichts Ungewöhnliches. Aber sie bewiesen damals nur, dass die Person wirklich tot ist! Auf Basis des Berichts von einer Totenerscheinung wäre deshalb niemand in Wallung geraten. Die Begeisterung und Euphorie der Jünger lässt sich nur dadurch erklären, dass etwas völlig anderes geschehen sein muss als eine Erscheinung von einem Geist oder einem Toten.

Anwalt: Gut, das mag sein. Aber vielleicht war Jesus gar nicht wirklich tot! Vielleicht war er nach der Kreuzigung nur scheintot gewesen!

Verteidiger: Im Ernst, Herr Anwalt, halten Sie das wirklich für wahrscheinlich? Selbst wenn – was extrem unwahrscheinlich ist – die römischen Henker Mist gebaut und den Körper Jesu vorschnell abgehängt hätten, selbst wenn Jesus den massiven Blutverlust im Grab trotz fehlender Flüssigkeitszufuhr überlebt hätte, selbst wenn er sich selbständig aus seinen Bandagen befreien, den schweren Stein beiseite schieben und die Wachen hätte austricksen können: Wie um alles in der Welt hätte ein halb verbluteter, geschundener, traumatisierter und pflegebedürftiger Jesus die Jünger auf die Idee bringen können, dass er ein vom Tod auferstandener Gott und Messias ist? Das klingt doch alles extrem an den Haaren herbeigezogen.

Anwalt: Mag sein, Herr Verteidiger: Aber was Sie definitiv nicht entkräften können ist der Vorwurf, dass es sich einfach um eine große Lüge gehandelt hat! Eine Verschwörung der frustrierten und enttäuschten Nachfolger Jesu. So etwas kann es doch geben, oder?

Verteidiger: O.K., nehmen wir also einmal an: Diese 5 Zeugen haben alle unabhängig voneinander eine umfangreiche, ausgeklügelte und dreiste Lügengeschichte entweder frei erfunden oder von verschiedenen Jüngern Jesu übernommen.  Sie haben sich dazu noch auf erfundene Augenzeugen berufen in der Hoffnung, dass ihre Lügen nicht auffliegen. Und sie hatten das Glück, das aus irgendeinem Grund das Grab leer war, vielleicht weil sie den Leichnam selber gestohlen haben, weil ihn jemand weggebracht hat, oder warum auch immer. Die große Frage ist doch: Wie glaubwürdig ist diese Lügentheorie? Dazu sollten wir nun neben den schriftlichen auch die mündlichen Zeugen berücksichtigen!

Richter: Was wissen wir denn über die mündlichen Zeugen?

Verteidiger: Zu den mündlichen Zeugen haben wir folgende Fakten vorliegen:

  1. Es waren viele!
  2. Sie standen für eine Botschaft, die abstoßend und unattraktiv war!
  3. Sie waren extrem opferbereit!

Richter: Dass es viele waren ist ja klar, denn sonst hätte sich die Botschaft nicht so rasend schnell ausbreiten können. Aber was meinen sie damit, dass sie für eine Botschaft standen, die abstoßend und unattraktiv war?

Verteidiger: Die Botschaft von einem gekreuzigten und wieder auferstandenen Gott war damals eben äußerst seltsam. Horst Frank, der Chefredakteur des bayrischen evangelischen allgemeinen Sonntagsblatts hat dazu etwas geschrieben, was heutzutage die wenigsten wissen. Er schreibt:

„Die Kreuzigung galt in der Antike als entehrend und grausam, ekelerregend und abstoßend. Der hellenistische Schriftsteller Lukian wollte deshalb sogar den Buchstaben T aus dem Alphabet streichen. Das Kreuz wurde in der Urkirche nicht gezeigt. Erst im 4. Jahrhundert wurden Kreuzigungen abgeschafft und erst weitere hundert Jahre später wurde das Kreuz das Symbol der Christen.“

Das heißt: Das Kreuz war lange so unattraktiv, dass man es eher verschämt versteckt hat statt es in den Vordergrund zu rücken.

Richter: Heißt das, dass es gar keine älteren Kreuzesdarstellungen gibt?

Verteidiger: Die älteste bekannte Kreuzesdarstellung stammt aus dem Jahr 125. Es ist eine Kritzelei an der Wand einer römischen Kaserne. Auf dem Kreuz hängt eine menschliche Gestalt mit einem Eselskopf. Darunter kniet ein ein Soldat. Und zu lesen ist der Spruch “Alexamenos betet seinen Gott an.“ Das heißt: Das Kreuz wurde eingesetzt, um die Christen zu verspotten und zu mobben!

Und für Juden war es sogar noch schlimmer. In der Tora, dem mosaischen, jüdischen Gesetz kann man lesen: „Ein Aufgehängter ist verflucht bei Gott.“ (5. Mose 21, 23) Ein Gekreuzigter war für Juden also ein Verfluchter. Das war – vorsichtig ausgedrückt – nicht gerade eine gute Voraussetzung für diesen neuen Glauben. Kein Wunder, dass Paulus sagte: „Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit.“ (1. Korinther 1, 23) Es war also von vornherein klar, dass man sich mit so einer Botschaft keine Freunde sondern nichts als Feinde macht!

Richter: Das wirft natürlich die Frage auf: Warum und für wen hätten die Jünger so eine abstoßende Geschichte erfinden sollen, nachdem sie gerade erlebt hatten, dass ihr Prediger den verfluchten Tod am Kreuz gestorben ist? Für wen? Mit welchem Ziel? Das Tatmotiv liegt demnach vollkommen im Dunkeln.

Verteidiger: Ja, unbedingt. Zumal wir berücksichtigen müssen, dass die Zeugen extrem leidens- und opferbereit waren! Tatsächlich wurde die erste christliche Generation massiv verfolgt. Mehrere römische Historiker schildern eindrücklich, mit welch unfassbar grausamen Methoden die Christen massenhaft hingerichtet wurden. Tacitus schildert, wie Nero Christen in Tierfelle einwickeln ließ, damit sie sich besser als Löwenfutter eignen. Und er nutzte brennende Christen als Festbeleuchtung. Vermutlich starben 11 der 12 Apostel den Märtyrertod. Praktisch die gesamte erste Generation der Christen war direkt oder indirekt von massiver Bedrohung, Verfolgung und Märtyrertum betroffen. Dazu kam die Opferbereitschaft, sich in die ganze Welt aufzumachen und überall unter massiven Entbehrungen und Todesgefahr diese Botschaft von der Auferstehung weiter zu verbreiten. Denn Reisen war damals alles andere als ein Spaß!

Und das alles sollen diese Leute für eine Lüge auf sich genommen haben? Und dann gab es da nicht einen Einzigen, der im Angesicht seiner Henker schwach wurde und zugab, dass alles nur eine Lüge oder ein schöner Traum gewesen ist? Menschen riskieren ihr Leben für Überzeugungen – aber nicht für eigene Lügen! Nein, diese ersten Christen müssen zutiefst von der Auferstehung überzeugt gewesen sein, anders kann man sich ihren Enthusiasmus, ihre Ausstrahlung, ihren Erfolg in der Verbreitung ihrer Botschaft, ihre Leidens- und Opferbereitschaft und ihre fehlende Furcht vor dem Tod nicht erklären.

Richter: Vielen Dank für dieses leidenschaftliche Plädoyer, Herr Verteidiger! Vielen Dank auch Ihnen, Herr Anwalt! Ich will damit die Beweisaufnahme abschließen und die zentralen Fakten noch einmal zusammenfassen:

  1. Der Auferstehungsglauben hat sich unglaublich schnell ausgebreitet.
  2. Die Geschichte ist am Ort und in der Zeit der Augenzeugen entstanden.
  3. Es gibt auch von Gegnern keinen Widerspruch zum leeren Grab.
  4. Es gibt 5 unabhängige schriftliche Zeugen.
  5. Die schriftlichen Zeugen sind glaubwürdig aufgrund …
    … ihres historischen Anspruchs.
    … ihrer Berufung auf Augenzeugen.
    … ihrer zeitlichen Nähe zu den Ereignissen.
    … der Verwendung von Frauen als Zeugen.
    … der vielen sehr alten Quellen und der hervorragenden Überlieferung.
  6. Die Botschaft war äußerst unattraktiv, somit fehlt das Tatmotiv für eine Lüge.
  7. Halluzinationen oder Scheintot scheiden als Erklärung offensichtlich aus.
  8. Die extreme Opferbereitschaft der Zeugen sprechen gegen ein Komplott aus Lügen.

Wie konnte also die Geschichte von der Auferstehung entstehen? Warum ist sie entstanden? Wie konnte sie sich so rasend schnell verbreiten am Ort und in der Zeit der Augenzeugen der Kreuzigung Jesu? Warum war sie so erfolgreich trotz des massiven Widerstands der Mächtigen der damaligen Zeit? Warum konnte niemand die Geschichte entkräften? Warum gibt es so viele unterschiedliche und hervorragend überlieferte Zeugen dafür? Und warum waren die Zeugen so enthusiastisch, so erfolgreich und so extrem opferbereit? Aus meiner Sicht sehe ich auf diese Fragen nur folgende Antwortmöglichkeiten:

  • Das ist entweder ein großes, ungelöstes Rätsel.
  • Oder die Geschichte von der Auferstehung ist die Wahrheit.

Sehr geehrte Schöffen: Es ist Zeit für Ihr Urteil…

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Über Dr. Markus Till

Evangelisch landeskirchlicher Autor, Blogger und Lobpreismusiker mit pietistischen Wurzeln und charismatischer Prägung

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