Die polnische Regisseurin Agnieszka Holland lässt in ihrem 2006 erschienenen Film Copying Beethoven das taube Musikgenie (gespielt von Ed Harris) ausrufen: „In manche Ohren spricht Gott. In meine brüllt er hinein.“ Und natürlich liegt es nahe, die beethovenschen Sonaten und Sinfonien als göttliche Inspirationen zu verstehen. Aber wollen wir das nicht alle: Gottes Stimme hören in einer Zeit der vokalen Überpolyphonie?
Wir wissen um den Nutzen unserer „Stillen Zeit“ – doch ist sie auch wirklich still oder verbringen wir sie nicht auch gerne mit Hören und Singen von Lobpreismusik, Predigt-Podcasts oder dem Lesen von Bibeltexten? Haben wir nicht allzu schnell dabei unsere Fragen-Partitur im Kopf à la „Was will der Text mir heute sagen?“ So nimmt ganz allmählich der Dirigent (Gott) im Zuschauerraum Platz und das Publikum (ich) schwinge den Taktstock. Ich meine: Wohl dem, der im Zuschauerraum sitzen bleiben kann und erwartungsvolle Stille aushält!
Doch das ist gar nicht so einfach, denn:
- Stille ist unpopulär. Nichts ist dem Menschen so unbekannt in der Zeit medialer Reizüberflutung.
- Stille ist unbequem. Wer sich darauf einlässt, erlebt sich als auf sich selbst geworfen. Nur ich, mit allem, was sich in mir auftut – das ist schwer auszuhalten.
- Stille ist unbekannt. In einer Kultur, in der das Accelerando (1) von Programmen, Konzepten und Aktionen auch die Kirchen und Gemeinden erfasst hat.
Welchen Nutzen hat es also, die Stille in seinem Leben als Christ neu zu entdecken und wie kann das geschehen?
- Stille ist ein Raum der Begegnung mit Gott. In der Stille begegne ich zuerst einmal mir selbst. Das ist meine erste existenzielle Erfahrung als Mensch. Durch die Stille schaffe ich zudem Raum für Gott, weil ich mich darin (=mit meinem Sein) auf ihn ausrichte. Ich bin (nur) da und Gott ist (auch) da. Das genügt.
- Stille schärft meine Sinne. Die inneren und die äußeren. Sie ist damit der Nährboden für Gottes Wort an mich und Ausgangspunkt allen Denkens, Reden und Handelns. Denn nur, wer gelernt hat, sich zu innern, ist auch in der Lage, sich zu äußern.
- Stille ist Hingabe. Sie zeigt Opferbereitschaft. Wer schweigt, gibt sich auf, seine Wünsche, Worte, Ideen und Pläne. Zuhörer sind Liebhaber, nicht nur im Konzertsaal.
Zuhörer sind Liebhaber.
Lasse dich deswegen ermutigen, ein liebender Zuhörer zu werden, indem du die Stille fest in dein (Gebets)Leben integrierst.
- Beginne mit einem Gebet der Hingabe („Gott, diese Zeit ist einfach nur für dich. Ich schenke sie dir, weil ich dich liebe.“) Erneuere dieses Gebet täglich.
- Beginne deine Gebetszeit mit ein paar Minuten der Stille. Stelle dir hierfür eine Uhr. Fange nicht sofort mit der Routine von Gebet und Bibellesen, sondern nimm den Augenblick wahr und richte deine Aufmerksamkeit auf Gott.
- Denke abschweifende Gedanken nicht bewusst oder zielgerichtet zu Ende, sondern komme immer wieder in die stille Wahrnehmung zurück. Immer und immer und immer wieder. Denke daran: Du musst nichts „erreichen“ und der Wert dieser Zeit liegt in deiner Hingabe und nicht im Ergebnis.
- Setze anschließend deine Gebet und deine Bibellese fort.
- Meditiere das Wort Gottes und „kaue“ (lat. ruminatio) kleinere Abschnitte für längere Zeit, z.B. über mehrere Tage. Du wirst feststellen, dass die Bibel tiefer ist als lang und sie deiner Seele und deinem Geist gute Nahrung gibt.
- Lerne, beim Beten zu hören und nicht nur zu reden. Beschränke dich und halte es aus, keine Gebete zu sprechen.
- Verzichte in deinem Alltag bewusst auf elektronische Medien und suche Zeiten und Orte der Stille im Alltag oder nach Feierabend auf. Genieße es, nichts zu tun.
- Lege längere Zeiten der Stille innerhalb deines Jahresablaufs fest, z.B. ein Wochenende in einer Ferienwohnung, bei Freunden, Einkehrtagen oder Exerzitien. Verzichte dabei unbedingt auf dein Smartphone. Diese Zeiten wirken wie eine Frischzellenkur für deinen Glauben.
Vergiss nie: Pausen sind auch Musik. Sie strukturieren musikalische Abläufe und sind deswegen unentbehrlich für die Dramaturgie der musikalischer Rede. Deswegen gilt: Stille ist auch Glaube. Es ist dies der Glaube, der zuerst Wert auf das Innen legt und weiß, dass dies das Außen bestimmt. In diesem Sinne: Da capo al fine!
(1) musikal. Fachbegriff für Tempobeschleunigung
Bildnachweis: privat
Dieser Blog-Beitrag von Frank Laffin erschien zuerst auf Glaubensschritte . Lies hier den Original-Artikel "#3 tacet – das Geheimnis der Stille".
Danke für diesen Text. Man kann sagen Stille ist das A und O für den spirituellen (geistlichen) Fortschritt. Da so wenig Stille geübt wird, hat das Evangelium in uns so wenig Kraft.
https://manfredreichelt.wordpress.com/2019/01/04/tiefen-entspannung/
Hallo, Manfred, genauso sehe ich es auch! Vielen Dank für das Kompliment.
Mir ist noch eingefallen, dass ich noch einen Artikel geschrieben hatte, der die Wichtigkeit der Stille beleuchtet und den ich deshalb den Lesern nicht vorenthalten möchte (man kann ja nicht genug Argumente sammeln):
https://manfredreichelt.wordpress.com/2016/01/11/wahrer-glaube/
„Aber wir wollen das Höchste quasi nebenbei erledigen. Wir sind durchaus bereit, anzuerkennen, dass man für einen hohen weltlichen Beruf viele Jahre studieren muss, aber für ein wirklich fundiertes geistliches Lernen, wie es aus einer echten Nachfolge erwächst, haben wir keinen Sinn.“
Da stimme ich dir zu 100% zu. Interessant ist, dass bei der MEHR 2020 erstmals ein Theologenforum stattfinden wird, u.a. mit einem Beitrag von Prof. Zimmerling mit dem Titel „Mystik ist die Rettung der Welt!“
Hallo Frank,
Ein sehr berührender Artikel von dir.
—Ich bin (nur) da und Gott ist (auch) da. Das genügt.—
Mir genügt es, und ich glaube es.
Als ich heute Morgen wach wurde, dachte ich darüber nach, wieviele Menschen und Tiere auch in dieser Nacht wieder großem Leid ausgesetzt sind/waren, und ich erinnerte mich daran wie ein Mann bei Open Doors als Verfolgter berichtete,……nachdem er halb tot geschlagen wurde, wimmerte er zu Jesus,…..,,mir ist so kalt“ ….und er erlebte, wie feiner Goldstaub auf ihn herabregnete, und er in eine wunderbare Wärme eingehüllt wurde.
Ich bat Gott auch heute Morgen, auf alle die noch das Leiden der Nacht tragen, (ertragen) müssen, das ER doch Seinen Goldstaub auf alle herabregnen lassen soll. Ich schäme mich,….denn im gleichen Gedankenzug, fragte ich mich,….hat Gott denn soviel Goldstaub?
ER hat soviel Goldstaub, bestimmt….ich habe mich entschieden es zu glauben.
So ist mir Heute Morgen in der Stille Gott begegnet, …mag für viele verrückt klingen, aber ich habe Seine Liebe gespürt……und den Trost….weil viele heute, ….Menschen und Tiere, Gottes Wärme spüren werden.
Liebe Grüsse in den Norden 😊
Hallo Lilli, ich hatte gehofft, dass du dich meldest! Was du berichtest, ist ein wunderbares Zeugnis und ein Indiz dafür, dass Gott die Seinen treu versorgt-auch wenn die Umstände schwierig sind. Dank IHM, dass wir in Freiheit und Frieden leben dürfen.
Liebe Grüße in den Süden 😉
„die Seinen“
ja Jazzico, er lässt über alle regnen, bzw Sonne brennen, aber er versorgt speziell und insbesondere seine Leute.
Jesus erklärte sich als nicht steuerpflichtig, schickte aber den erfahrenen Fischer Petrus los, um beim erstbesten Fisch die Silbermünze abzuholen.
„aber er versorgt speziell und insbesondere seine Leute.“
Ja, damit sie den Dienst an den Armen, Schwachen und Ungläubigen tun, um ihnen zu helfen bzw. um sie zu gewinnen. Nicht zum Selbstzweck.
🙂
Ich glaube, die Erstlinge im Glauben, wie Paulus m.E. die vor Grundlegung der Welt Auserwählten nennt, sind diejenigen, die aller Welt Enden die Heilsbotschaft bringen sollen. Und man soll sie an ihren Früchten erkennen, damit deren Hörer entsprechend überzeugt auch zu Gott finden.
Wenn diese Berufenen nichts dergleichen tun, machen sie sich schuldig. Sie werden in jedem Fall nach ihren Werken, ob gut und/oder böse gerichtet, zu Gott hin aus-gerichtet. Bei nicht so guten Werken werden sie zwar gerettet, aber so wie durchs Feuer (Paulus).
Das ist das Weltgericht für alle (Jesus).
Da werden manche heulen und mit den Zähnen klappern und zur Selbsterkenntnis kommen. Und viele werden beschämt sein.
Am letzten Ende dann wird Gott sein alles in allen (Paulus).
🙂
Off 20,6 Glückselig (errettet) und heilig, wer teilhat an der ersten Auferstehung!
Das Weltgericht ist eben nicht für alle – es gibt eine erste Auferstehung. Die Off 20 ab V1 lesen – Kontext.
1. Thess 4,16: … und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen.
Phil 3,11 (Formulierung: auferstehen _aus_ den Toten, es bleiben also genügend Leute tot bis zum Weltgericht)
Off 6,9; Off 20,4; Off 11,7; Off 13,15 (die zeitliche Einordnung vor dem Weltgericht beachten)
Apg 4,2. Gleiche Aussage wie Heb 13,20.
In einem anderen Thread habe ich Dir die Bibelstellen aufgezeigt, dass die vorzeitig aus den Toten bzw. die Entrückten die Richter für die erst zum Weltgericht Auferweckten, aber auch für Engel sein werden. Auch das spricht offenkundig dagegen, dass das Preisgericht eine Teilmenge des Weltgerichts ist.
Die Auferstehung zum 1000-jährigen Reich ist eine FLEISCHLICHE Auferstehung für 1000 Jahre, und zwar für alle Gerechten aus den Juden.
Und DIESE werden als Priester „herrschen“. Über wen. oder zu welchem Zweck? Über die, die ungerecht waren, um sie sozusagen auch noch „fromm“ zu machen.. Anders kann ich mir die von mir entsprechend aufgelisteten Bibelstellen partout nicht erklären.
„Preisgericht“ ist eine Brüdergemeindeerfindung. Im Grundtext steht das nicht. Es geschieht dort ebenso ein Richten über das Böse.
Anmerkung: Durch die unselige Chicagoerklärung gilt angeblich jedes Wort der Bibel zu jdem Zeitpunkt gleich.
Aber nur dem Zeitablauf auf einem Zeitstrahl verdanken wir Entwicklung und Voranschreiten. Und das muß bei der gesamten Bibellese berücksichtigt werden! 🙂
Auch die Offenbarung beschreibt ein Stück zeitlicher Geschichte des Wirkens Gottes. Also bitte: Eins nach dem anderen!
Die Offenbarung ist zwar das letzte Buch der Bibel, aber es beschreibt einzig und allein das jüdische Ablaufparadigma aus Sicht der Juden, wobei aber auch andere Ungläubige betroffen sind.
Paulus hat die Gnade, über dieses Paradigma hinaus zu blicken bis ans Ende der Heilsgeschichte und nicht nur bis zum Ende des 1000 jährigen Reiches, in dem die (jüdischen) Überwinder über andere WOHLWOLLEND und ZIELFÜHREND „herrschen“ wie gütige geleitende Könige ihr Volk leiten und im 1000jR eben mit GOTT als Beistand und „Schirmherr“.
In der Offenbarung gibt es eindeutig Zeitsprünge vor und zurück.
Man kann ein Buch nur irgendwie sequenziell konzipieren. Aber was erzählt wird, kann im Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt und sonstewie erzählt werden. Oft werden vergangene oder zukünftige Ereignisse in der Bibel dichterisch im Präsens formuliert.
Ich gehe davon aus, daß die eschatologischen Aspekte in den Paulusbriefen inhaltlich über die Zeit der Offenbarungsvisionsabläufe hinaus gehen. Der eschatologische Aneilt für die Völker von Paulus beschrieben, müsste streng genommen zeitlich nach der Offenbarung angefügt worden sein bei der Erstellung des Kanons.
Wer das nicht berücksichtigt (hat), kann mit dem Verständnisgewinn aus der Bibel evtl. von vorn anfangen.
Die Chicagoerklärung ist schuld daran. Sie behindert geradezu diese eigentlich simple Erkenntnis bezüglich ZEITABLAUFABHÄNIGER Heilsgeschichte.
Ich betreibe systematische Theologie und kein zeitenthobenes Bibelverspingpong.
Offb 15,4 Wer sollte dich, Herr, nicht fürchten und deinen Namen nicht preisen? Denn du allein bist heilig! Ja, alle Völker werden kommen und anbeten vor dir, denn deine Urteile sind offenbar geworden.
Da werden in der Offenbarung schon bzw. auch die anderen Völker erwähnt. Und sie glauben dann an Gott, denn sie beten ihn ja an.
Ich denke, das ist für Viele neu und kann jetzt überlasten bzw. überfordern.
Später mehr……
Ich möchte hier abschließend einen Vers aus einem Brief Pauli präsentieren, der eindeutig am Ende der Welt-Zeiten gilt. Es ist eine FINALE Zusammenfassung. Ganz simpel:
Es steht zwar irgendwo mitten in den Paulusbriefen, ist aber der weiteste Blick in die Zukunft:
1. Kor. 15
20 Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt, der Erstling der Entschlafenen;
21 denn da ja durch einen Menschen der Tod kam, so auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten.
22 Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden.
23 Jeder aber in seiner eigenen Ordnung: der Erstling, Christus; sodann die, welche Christus gehören bei seiner Ankunft;
24 dann das Ende, wenn er das Reich dem Gott und Vater übergibt; wenn er alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht weggetan hat.
25 Denn er muss herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat.
26 Als letzter Feind wird der Tod weggetan.
27 „Denn alles hat er seinen Füßen unterworfen.“ Wenn es aber heißt, dass alles unterworfen sei, so ist klar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat.
28 Wenn ihm aber alles unterworfen ist, dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allen sei.
Ich glaube!
Amen
.
Zum Wort „Preisgericht“: auch das Wort „Trinität“ gibt es nicht in der Bibel. Diskutiere es weg, ist bestimmt auch eine Erfindung der Brüdergemeinden.
„Ich denke, das ist für Viele neu und kann jetzt überlasten bzw. überfordern.“
Nein. Ich habe schon abstrusere Gedankengänge gelesen und auch nach einer kurzen Prüfung als Bullshit beiseite getan.
Ignoranz ist der Trotz der Dummen und
Arroganz ihr vermeintlicher Stolz.
Jazzico
“ („aber er versorgt speziell und insbesondere seine Leute.“ ….—Ja, damit sie den Dienst an den Armen, Schwachen und Ungläubigen tun, um ihnen zu helfen bzw. um sie zu gewinnen. Nicht zum Selbstzweck. —– ) “
Ist es Selbstzweck oder doch kein Selbstweck (?!) wenn ich zu essen und zu trinken habe? Ich erlebe gerade finanzielle Dinge, wo ich Gott dahinter sehe, und ich kann nur mit wenigen darüber reden, weil es etliche nicht verstehen würden oder mit seltsamen, womöglich eifersüchtigen Anschauungen kommen würden. Gott ist auch ein Versorger. Wofür?
Damit meine Familie incl mir versorgt sind. Zweck.
Was wir weiter damit tun, vom Überfluss abgeben etc ist uns überlassen
bzw übergeben, wir werden das allermeiste verbrauchen, dafür ist es ja auch gedacht.
Allerdings finde ich auch Spenden wichtig. Aber mal ehrlich: Das meiste von 100.-Euro frisst der Staat und der Eigenverbrauch.
Reichtum hilft nicht am Tage des Zorns; aber Gerechtigkeit errettet vom Tode.
Interessant, wie sich die Kommentare immer mehr vom ursprünglichen Artikel entfernen…
Bei den Artikelthemen hier ist das kein Wunder. 😉
Dann bist Du gefordert: Veröffentliche selbst welche! 😉
Ich habe vor einigen Jahren meine komplette Webseite gelöscht, weil sich da Leute herum getrieben haben, die nur was zu meckern hatten, so wie ich mich heute hier herum treibe. 😉 😉
Es waren hauptsächlich Konservative.
So steinige ich heute Andere, wenn ich mich gepiekst fühle……. aber eigentlich nur mit Rosenblütenblättern…..in Liebe….und hilflos.