Die Täter, die Heuchler und die auf der Treppe sitzen und zuschauen.

Die Täter, die Heuchler und die auf der Treppe sitzen und zuschauen.

Eine kleine Gruppe emsig arbeitender Leute, die Holzplatten schrauben, montieren, ans Objekt anhalten, anpassen und der Sache noch einmal den letzten Schliff geben und die Arbeit dann mustern, sie scheinen mit ihrem Job ganz zufrieden zu sein, sie machen es gerne.

Dann gibt es die Heuchler in genau derselben Firma, die hier arbeiten aber du siehst nur ihre Hülle, die Bewegungen – ihre Gedanken, ihre Wünsche, ihr ganzes Wesen ist eigentlich nicht dabei. Du siehst sie, aber sie tun nur so als ob, sie wollen optisch der Erwartungshaltung genügen, die an sie gestellt wird. Man kann auch nicht so schnell eine Stelle wechseln und es sieht doch gut aus, hier dabei zu sein. Man wird doch immer mal gelobt am Ende des Tages, es gibt Ehre und Euros aufs Konto. Von irgendwas muss man leben.

Zehn mal innerlich gekündigt, aber dennoch nicht weggegangen. Sie sitzen in der zweiten und dritten Reihe, blockieren den Raum, manche wurden nach ganz oben gespült, leblose Hüllen.

Könnte nicht ein Hausmeister vorbeikommen oder irgendein Aufräumer, der diese Sargnägel einsammelt, der die Asche zusammenkehrt? Der das Leblose aus der Aula entfernt?

Dann gibt es diejenigen, die auf der Treppe sitzen und zuschauen. Das Ganze ist ja nicht langweilig. Es bietet schon eine gewisse Unterhaltung, wie die Einen sich mühen, so auszusehen, als mühten sie sich, trotz null Interesse an der ganzen Thematik – wie sie die Fläche einnehmen, den Raum besetzen, präsent sind – das hat schon was!

die Heuchler

Und die anderen, die mit ihrer ganzen Ernsthaftigkeit arbeiten, mit ihrer Zuwendung, ihrer Liebe, ihr Herzblut steckt da drin! Wenn man als Zuschauer auf der Treppe sitzt, bestärkt das doch einen, sitzen zu bleiben und sich die Finger nicht schmutzig zu machen. – Schau es dir doch an…

Die sich mühen und es ernst meinen und die anderen, die aussehen wie Kopien, sie schauen so, als ob es ernst wäre, sie tun so.

Die auf der Treppe sind weder Täter noch Heuchler. Völlig unschlüssig, ob sie einen Hammer oder einen Schraubenzieher zur Hand nehmen sollen. Je näher man sich das Ganze betrachtet – so denken sie – lässt man besser die Finger davon und bleibt auf der Treppe sitzen.

Der wahre Handwerker hat den Holzbogen eingepasst. Er drückt den rundgeschnittenen Fensterrahmen in die Mauer, er ist zufrieden, dass es passt. Er muss noch ein bisschen nachbessern, aber die Mühe hat sich gelohnt. Das alte Fenster ist restauriert, die Handwerkskunst strahlt, Mühe, Arbeit, Fleiß und ein kleines bisschen Können. Die vielen Stunden für solch ein kleines Stück Ergebnis – der auf der Treppe sieht es ! – viel, viel Zeit, viel Mühe und so wenig Ergebnis – es kann sich aber sehen lassen.

Indes wollte der Heuchler anfangen, die Wände zu schleifen. Er hatte das Werkzeug bereitgelegt, die Wände auch schon besichtigt, dann doch die Zigarette angezündet und mit hochgelegten Füßen die Zeitung gelesen. Ihm fehlte noch Schruppwerkzeug, damit er den alten Putz attackieren könnte, das Werkzeug liegt unten im Auto. Er könnte gehen und es holen, aber „gut Ding will Weile haben“, jetzt machen wir erst mal eine Pause.

die Heuchler tun so als ob

Es gibt immer einen Grund für eine Pause.
Vielleicht nicht gerade, wenn der Bauherr kommt – obwohl – „es wird ja alles nicht so heiß gegessen wie gekocht“, darauf ein kleiner Drink.

Die Eifrigen sind schon wieder am Wühlen. Sie ziehen den alten Putz von der Wand ab, es staubt, überall setzt sich feiner sandiger Staub auf den Boden, aufs Werkzeug auf die Schulterkappen.

Der Heuchler streicht sich den Staub ab, schüttelt den Kopf frei. Das ist der Moment, den die Unbeteiligten auf der Treppe nicht mehr sehen können, sie wissen nicht, wer die Arbeit macht, wer den Putz gerade abzieht, wer die Schultern freiklopft, sich erhebt und sich schüttelt, es ist nicht mehr zu unterscheiden, weil die Staubentwicklung doch ganz ernorm ist.

Irgendwann wird es Mittag, Zeit, das Werkzeug abzulegen und Gott für das leckere Essen zu danken, das jetzt ausgepackt und auf dem provisorischen Mittagstisch ausgebreitet wird. Der Heuchler dankt Gott für seine Speise. Die auf den Treppen mampfen und werfen den Verpackungsmüll die Stufen hinunter, danach vertreten sie sich die Füße beim Rauch einer Zigarette.
Der Auftraggeber kommt die Treppen hoch gelaufen! Er sieht sich kurz auf der Baustelle um „aha, Mahlzeit, ich sehe ihr seid beim Essen. Und, wie geht´s voran?“ Einige nicken. „Ah, wird schon“ – er geht weiter zur Besprechung in den Dachstuhl.

Die Eifrigen haben wieder Hand angelegt. Mit langen Armbewegungen ziehen sie die Wand ab, was aussieht wie eine Sisyphusarbeit, ist Zentimeter für Zentimeter, Meter für Meter eine strukturierte Wand, vorbereitet für die Grundierung, für einen neuen Putz.

Nach dem Mittagessen wird der Heuchler müde. Er hat sich abseits ein bisschen niedergelegt. Solch ein schweres Essen will verdaut sein und im Nachbarraum sehen einen diese Treppengaffer nicht.

Die haben sich wieder hingesetzt, sie sehen nur noch einen arbeiten, der wirbelt und macht. Jedoch wirkt er müde und frustig, denn eigentlich wäre da doch noch ein Kollege, der mit Hand anlegen könnte. Wieso mache ich das alles allein?

Die Gaffer blasen Rauchwolken unter die Decke.
Der Hausherr stapft wieder durch mit dem Architekten, er nickt einmal kurz anerkennend und geht mit schnellem Schritt zum Auto.

„Wo ist denn eigentlich der Heuchler“ fragt er noch im Vorbeigehen, aber er wartet gar nicht auf eine Antwort.

Der Heuchler ist wieder aufgewacht. Er kommt nun mit Werkzeug in den Raum und beginnt langsam, die Wand zu bearbeiten. Immerhin gibt es noch einiges zu tun. Aber schon nach kurzer Zeit überlegt er es sich anders. Es ist einfach nicht sein Tag heute, nicht sein job, nicht seine Gabe. Nur noch kurze Zeit bis zur Rente, er räumt dafür die Flaschen weg und macht im Aufenthaltsraum sauber, schreibt einen Tagesbericht, wie weit sie vorwärts gekommen sind, er fühlt sich müde, dieses ganze Nichtarbeiten hinterlässt solch ein gemischtes Gefühl, aber man bedenke die Größe der Aufgabe, irgendwie ist ja doch ein Fortschritt zu erkennen und Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut!
Er sieht auch, dass der Täter mal zu tief in den Putz eingegriffen hat und weißt ihn darauf hin. Es ist zwar kein Problem, der neue Unterputz wird die Unebenheiten ausgleichen.
Das machen wir vielleicht morgen, jetzt ist bald Feierabend, wer will denn jetzt noch Putz anrühren, da wartet man doch lieber, bis sich der Staub ein bisschen gelegt hat. Wenn man lange genug auf der Baustelle ist, weiß man, wie man so tut, als ob und wie man so aussieht, als wäre man dabei. In Wirklichkeit hat man für den ganzen Betrieb nur noch – nichts als Verachtung über. Man hat sich mit den Treppensitzern arrangiert, hat einen stillen kleinen Vertrag mit ihnen geschlossen, dass sie nicht zu laut kommentieren und man selbst seine stille, leise Rolle immer weiterspielt – na ja, nicht immer, denn es kommt ja die Rente, dann nur noch der Hund, das Haus oder die Wohnung. Aber jetzt ist es noch nicht so weit…..

Ein bisschen Widerwillen steigt im Heuchler auf, weil der Eifrige ihn stresst. Weil er ihm das Gefühl gibt, nicht zu genügen, es hemmt ihn, überhaupt die Hand ans Werkzeug zu legen. Wenn andere so gut arbeiten, reicht es doch, wenn man sie wohlwollend begleitet und ansonsten zwischen dem Öffnen einer Flasche Bier den Dingen ihren Lauf lässt.

Kennst du diese Firma, kennst du Leute, die schon vor vielen Jahren innerlich gekündigt haben aber immer noch da sind? Sie gehen rein und raus, und sie sind zwischen dem Rein- und Rausgehen da! Ihre Seele ist nicht dabei. Du kennst solche Leute in deiner Firma, in deiner Kirche???

Bei dir zu Hause?

Dieser Blog-Beitrag von Rolf Oetinger erschien zuerst auf jesus-blog.de . Lies hier den Original-Artikel "Die Täter, die Heuchler und die auf der Treppe sitzen und zuschauen.".

Über Rolf Oetinger

Über 60 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder. Schwabe, der eine Hessin geheiratet hat und hauptsächlich im Bereich Haushaltsauflösungen inklusive Verwertung als Selbständiger arbeitet. Christ seit 1986, was für alle Beteiligten das deutlich Bessere ist.

3 thoughts on “Die Täter, die Heuchler und die auf der Treppe sitzen und zuschauen.

  1. Lieber Rolf,
    Hast du denn schon die Leute darauf angesprochen? In deiner Firma, in deiner Kirche, in deinem Freundeskreis, auf der Strasse, in deiner Verwandschaft? Hast du schon ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufgebaut? Lieben sie dich, weil sie deine Liebe spüren? Reden sie gerne mit dir, redest du gerne mit ihnen?

    Übrigens, schreib doch mal wieder ein Gedicht, ich fand’s richtig gut!

  2. Hi Lilli,
    meistens spreche ich irgendwann Sachen an, wenn ich sie schräg finde. Dadurch mache ich mir aber dann keine Freunde, deswegen halte ich dann lieber den Mund. Bis ich ihn wieder öffne — jetzt beginnt die Geschichte wieder von vorne.

    Man kritisiert nicht um des Kritisierens Willen, sondern nur wenn einem – mir – Sachen aufstoßen. Sie dann anzusprechen ist ein anderes Thema, das kann lange dauern, weil – vielleicht irre ich mich?
    Es kommen all die Fragen – wer bin ich überhaupt, warum soll ich was sagen, ist es das überhaupt wert, etc pp-

    Wenn ich wo langjährig bin, hab ich in der Regel „ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufgebaut“ – aber dennoch finden kritische Worte schon auch Widerstand.
    Zwischenfrage: Du kennst das nicht? — Noch eine: Haben sich Johannes /Täufer, Jesus oder Paulus Freunde gemacht mit scharfen Sätzen?
    —natürlich bin ich nicht Jesus oder ein Prophet – hier in dem Beitrag schreibe ich mehr allgemein. So als Motivation, die „faulen Eier“ – soll ich sagen „Themen“ anzugehen.
    Für mich selbst und für Lesende.
    Ich glaube nicht, dass man all die Vorbedingungen erfüllen muss, die du schreibst, ähnlich meinen manchmal auch Menschen, man dürfe erst dann das Evangelium sagen, wenn man soundsoviel Vorleistung gebracht hätte, die Person soundso lange kennt und Freundschaft aufgebaut hätte….
    Bei anderen Themen, dass man alles mit lieblichen Worten so darlegt, dass man am Ende gar nicht mehr den Kritikpunkt verstehen kann, dass man —-(̶s̶c̶h̶l̶e̶i̶m̶t̶)̶ ̶–nein, sie wollen eher nicht mehr mit mir reden, wenn ich Kritik deutlich äußere. Sie meiden mich dann.
    Aber bei dem Beitrag gings ja nicht darum.

  3. Rolf,

    —meistens spreche ich irgendwann Sachen an, wenn ich sie schräg finde. Dadurch mache ich mir aber dann keine Freunde, deswegen halte ich dann lieber den Mund. Bis ich ihn wieder öffne — jetzt beginnt die Geschichte wieder von vorne.—

    Das ist schade, du solltest weiterreden, damit die Geschichte nicht von vorne beginnt.

    —Man kritisiert nicht um des Kritisierens Willen, sondern nur wenn einem – mir – Sachen aufstoßen. Sie dann anzusprechen ist ein anderes Thema, das kann lange dauern, weil – vielleicht irre ich mich?
    Es kommen all die Fragen – wer bin ich überhaupt, warum soll ich was sagen, ist es das überhaupt wert, etc pp—-

    ,,das kann lange dauern“ und was passiert in der Zwischenzeit?

    —wer bin ich überhaupt— richtig, um dich geht’s ja auch gar nicht, es geht um den Glauben, um die Wahrheit, um Jesus. Wie ist denn Jesus dem Sünder begegnet? ER hat die Menschen aufgewertet,….,,Zachäus, steig eilend hernieder, denn ich muss heute in deinem Hause einkehren“ ….und er stieg eilend hernieder und nahm ihn auf mit Freuden.“
    — warum soll ich was sagen, ist es das überhaupt wert, etc pp—-
    Ja, das ist mühselig, ,,die Konfrontation“ aber sie ist es wert.

    — aber dennoch finden kritische Worte schon auch Widerstand.
    Zwischenfrage: Du kennst das nicht? — Noch eine: Haben sich Johannes /Täufer, Jesus oder Paulus Freunde gemacht mit scharfen Sätzen?—

    Du willst doch Veränderung, dann musst du den Widerstand halt aushalten. 😉

    Johannes der Täufer hatte die Aufgabe den Weg des Herrn zu bereiten, er rief zur Buße und Umkehr auf. DAS passt SO nicht mehr in unsere Zeit.
    Jesus hatte 3 Jahre gelehrt/gesagt, was gesagt werden musste, darum können wir heute alles nachlesen, ,,konzentriert“ auf das eigene Leben, auf die Unterschiede vom Verhalten der Menschen, und zu erkennen was wichtig und richtig ist, was man tun und was man lassen soll, nicht jeder erkennt gleich das ganze Bild. Ich machte/mache die Erfahrung bei Nichtchristen, dass es sehr schwierig ist dass Gottes Ordnung eine ganz andere ist, als das was in der Welt gilt, ich bemerke aber auch sehr schnell, wenn da jemand nicht mitkommt, dann wechsel ich das Thema, und überlasse es Gott nach oder während des Gesprächs. Widerstand nehme ich auch wahr (halte ich für normal), aber ich schiebe immer wieder etwas ins Gespräch ein, und wenn es nur ein Satz ist. Und nach Monaten des kennenlernen und Vertrauensaufbau, sehe ich Veränderung, der Mensch öffnet sich immer mehr. Man kann auch über weltliche Dinge reden, und sich in die Welt des anderen begeben, um zu lernen ihn zu verstehen.
    Bei Christen ist das wohl doch etwas schwieriger, sie bleiben in ihrem ,,System“ sie öffnen sich, und 2-3 Wochen später muss ich erkennen, sie bleiben doch in ihrem ganz eigenen Denken. Wenn ich Kritik anbringe, dann immer weiträumig erklärt mit Einbeziehung der biblischen Sicht. Ich habe nicht das recht zu sagen, du machst/siehst dies oder das falsch, ich erkläre, was Jesus, die Bibel dazu sagt, ich kann niemanden verändern, das macht Jesus.
    Für mich war das auch ein langer Lernprozess, Aufstehen und Fallen in meinem eigenen Leben haben mich barmherziger anderen Menschen gegenüber gemacht.

    —Ich glaube nicht, dass man all die Vorbedingungen erfüllen muss, die du schreibst, ähnlich meinen manchmal auch Menschen, man dürfe erst dann das Evangelium sagen, wenn man soundsoviel Vorleistung gebracht hätte, die Person soundso lange kennt und Freundschaft aufgebaut hätte….—

    Doch, diese Vorleistung müssen wir erbringen. Du must bedenken, die Welt und das Reich Gottes ist wie Tag und Nacht. Der Mensch kann das nicht verstehen, es braucht seine Zeit.
    Und Kritik, die auch wichtig ist, lässt sich eher anbringen wenn der Boden des Vertrauens bereitet ist.

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