Der Vortrag “Evangelikale Bewegung – wohin?” wurde am 24.09.2022 beim Arbeitskreis bekennender Christen in Bayern gehalten. Der Vortragstext kann hier auch als PDF heruntergeladen werden.
Die sogenannte evangelikale Bewegung bedeutet mir ungeheuer viel. Diese Bewegung ist meine geistliche Heimat. Seit ich denken kann liebe ich es, Teil dieser so ungeheuer vielfältigen Bewegung zu sein. Evangelikale findet man in Landes- und Freikirchen. Sie haben teils sehr unterschiedliche Prägungen, Frömmigkeitsstile und sehr verschiedene Überzeugungen zu durchaus wichtigen theologischen Fragen wie z.B. zur Kinder- und Erwachsenentaufe. Und trotzdem sammeln sie sich um Jesus Christus herum, um Bibel und Gebet, um das Evangelium, von dem sie gemeinsam der Überzeugung sind: Jeder Mensch soll es hören, dass Jesus lebt! Jesus ist für unsere Schuld gestorben! Wenn wir an ihn glauben, empfangen wir Vergebung und ewiges Leben. Dieser uralte Glaube, der seit 2000 Jahren um die Welt geht, fasziniert uns gemeinsam. Er tröstet und trägt uns. Er setzt unsere Herzen in Brand. Und er verbindet uns. Weil Jesus unser gemeinsamer Herr ist, sind wir gemeinsam auch Glieder an seinem Leib, auch wenn wir so verschieden sind.
Die Evangelikalen sind meine Familie
Evangelikale sind deshalb für mich mehr als nur eine interessante Bewegung. Sie sind für mich auch mehr als nur Gleichgesinnte. Sie sind Schwestern und Brüder! Geschwister sucht man sich manchmal nicht aus. Manchmal ärgert man sich über sie. Aber sie sind und sie bleiben trotzdem meine Geschwister. Ich fühle mich mit ihnen allen aufs herzlichste verbunden. Die Frage nach der Zukunft der evangelikalen Bewegung kann ich deshalb nicht wie ein nüchterner Dozent behandeln, der ein paar Fakten zusammengetragen hat. Ich bin ja ein zutiefst Beteiligter, der leidenschaftlich in dieses Thema involviert ist. Es geht hier um meine Familie! Die Liebe und Verbundenheit mit meinen evangelikalen Geschwistern prägt alle meine Gedanken, die mich zu dieser Frage umtreiben.
Unsere Gesellschaft braucht eine lebendige Jesusbewegung
Ein weiterer Grund, warum mich die Frage nach der Zukunft der Evangelikalen so umtreibt, ist meine Liebe zu den Menschen um mich herum und die Überzeugung: Was unsere Gesellschaft und unser Land dringender denn je braucht, ist eine lebendige, kraftvolle Jesusbewegung. Es braucht lebendige, christuszentrierte Gemeinden und Gemeinschaften, damit die Menschen um uns herum zu Jesus finden können und mit ihm das ewige Leben.
Zudem braucht es eine lebendige evangelikale Bewegung als Salz und Licht dieser Gesellschaft, die in immer turbulenteres Fahrwasser gerät, die immer polarisierter und orientierungsloser wird. Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass kraftvolle christliche Bewegungen ganze Nationen prägen und verändern konnten. Denken wir nur an die Great Awakenings in Amerika. Denken wir an den Pietismus in Süddeutschland. Wer das „Buch der Mitte“ von Vishal Mangalwadi gelesen hat, der weiß: Letztlich hat die Bibel ganz Europa und die westliche Welt geprägt und überaus viel Segen gebracht. Deshalb bin ich überzeugt: Unser Land braucht heute mehr denn je dieses Salz und Licht einer lebendigen, kraftvollen Kirche Jesu, die auf dem Fundament der Bibel steht.
Was sind die Wurzeln der Evangelikalen?
Bevor wir uns der Frage stellen, wo es mit dieser evangelikalen Bewegung hingehen soll, sollten wir zunächst einmal genauer auf die Frage schauen: Was ist das eigentlich, die evangelikale Bewegung? Zu dieser Frage ist dieses Jahr ein interessantes Buch erschienen. In „Menschen mit Mission“ erläutert Prof. Thorsten Dietz, dass die Wurzeln der evangelikalen Bewegung äußerst bunt und vielfältig sind. Er nennt täuferische und freikirchliche Impulse, er nennt den Pietismus und den Methodismus, er weist auf pfingstliche und charismatische Aufbrüche hin. Und er sagt: Letztlich lassen sich die Spuren bis zur Reformation zurückverfolgen.
Für mich wird spätestens an dieser Stelle klar: Letztlich wollen wir Evangelikalen nichts anderes sein als die heutige Konkretion des historischen Christentums. Wir folgen von Herzen diesem Jesus von Nazareth, wie ihn die Bibel bezeugt. Die Lehre der Apostel und Propheten, die wir in der Bibel finden, soll für uns genau wie für die allerersten Christen Richtschnur und Maßstab sein. Der Heilige Geist, der seit Pfingsten in der Kirche Jesu wirkt, soll uns erfüllen.
Aber gerade im letzten Jahrhundert haben sich diese Strömungen stärker denn je formiert, um eine gemeinsame, stärker sichtbare Jesusbewegung zu bilden. Einige Organisationen haben sich gebildet, die evangelikale Frömmigkeit in besonderer Weise bündeln. Thorsten Dietz nennt dazu vor allem die Lausanner Bewegung und die Evangelische Allianz. Zudem sind viele evangelikal geprägte Gemeinden und Gemeinschaften entstanden. Und dazu wurden im 20. Jahrhundert eine Reihe von Verlagen, Medien, Ausbildungsstätten, Großveranstaltungen und noch einiges mehr gegründet.
Was verbindet die Evangelikalen?
Trotz all der Vielfalt evangelikaler Organisationen betont Thorsten Dietz zurecht: „Sie haben kein gemeinsames Lehramt. Sie haben keine liturgischen Traditionen, die sie verbinden.“ Und sie haben „keinerlei kirchliche Struktur.“ Umso erstaunlicher ist es, dass aus dieser bunten, unstrukturierten, führungslosen Menge an Gruppierungen eine gemeinsame Bewegung entstanden ist. Der britische Historiker David Bebbington hat 4 Merkmale identifiziert, die man trotz aller Vielfalt in sämtlichen evangelikalen Strömungen vorfinden kann:
- „Bekehrung“ meint die starke Betonung der Notwendigkeit einer persönlichen Hinwendung zu Jesus Christus.
- „Aktivismus“ meint: Nicht nur Priester oder Pastoren, sondern alle Gläubigen sind aufgerufen, sich zu engagieren, vor allem für Gemeindebau, Evangelisation und (Welt-)Mission.
- Was mit „Biblizismus“ gemeint ist, kann man am besten mit einer Passage aus der Glaubensbasis der Evangelischen Allianz in Deutschland erklären. Da heißt es: „Die Bibel, bestehend aus den Schriften des Alten und Neuen Testaments, ist Offenbarung des dreieinen Gottes. Sie ist von Gottes Geist eingegeben, zuverlässig und höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung.“
- Auch die Bedeutung von „Kreuzeszentrierung“ kann man gut mit einer Passage aus der Glaubensbasis der Evangelischen Allianz zeigen: „Jesus Christus, der Mensch gewordene Sohn Gottes, ist stellvertretend für alle Menschen gestorben. Sein Opfertod allein ist die Grundlage für die Vergebung von Schuld, für die Befreiung von der Macht der Sünde und für den Freispruch in Gottes Gericht.“
Bebbington sagt: Diese 4 Punkte sind Grundüberzeugungen, die alle Evangelikalen einen, quer durch alle Gruppierungen hindurch. Das ist nicht viel. Das Band, das die Evangelikalen eint, ist dünn. Und doch war es stark genug, eine dynamische, weltweite Bewegung zu formen.
Steht die evangelikale Bewegung am Scheideweg?
Heute fragen sich allerdings Manche, ob diese Erfolgsgeschichte zu Ende geht. Es gibt Beobachter, die sagen: Es gibt Spaltungstendenzen unter den Evangelikalen. Ulrich Eggers hat dieses Problem in der Zeitschrift AUFATMEN wie folgt beschrieben: „Wir alle merken: Gemeinsam – das fällt in diesen Zeiten, in denen sich viele gewachsene Traditionen auflösen, selbst Einheits- oder Allianz-gewillten Christen zunehmend schwer! … Zunehmend zieht Misstrauen und Entfremdung ein, bedroht Einheit – und damit auch die gemeinsame Arbeitsplattform für missionarische Bewegung.“
Ich teile diese Beobachtung. Solange ich denken kann, war für mich die evangelische Allianz das, was Ulrich Eggers in diesem Artikel als eine „sichere Burg der Freunde” bezeichnet hat. Ich war mir einfach sicher: In den Allianz-Kreisen, da sind wir zwar bei vielen Themen sehr vielfältig. Aber im Kern, da sind wir eins. Wenn es um das Evangelium geht, da stehen wir zusammen. Dieses Evangelium können wir ganz selbstverständlich gemeinsam feiern, besingen und aller Welt bezeugen.
Aber genau diese Selbstverständlichkeit scheint gerade jetzt verloren zu gehen. Und die große Frage ist: Woran liegt das? Warum gelingt scheinbar plötzlich das nicht mehr, was doch so viele Jahre lang weitgehend gelungen ist? Natürlich kann man dafür schnell einige Gründe finden:
- Christen nehmen Anteil an der wachsenden Polarisierung der Gesellschaft. Wir erleben das an den heißen Diskussionen auch unter Christen zu Themen wie Corona, zum Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeer oder zur Klimaproblematik. Befeuert werden die Differenzen durch die Echokammern und Filterblasen in den sozialen Medien.
- Und dann ist da natürlich dieses große Thema Sexualethik und die Frage nach dem Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren. Dieses Thema ist im Moment in der weltweiten Christenheit DER Spaltpilz. Und es wird auch bei evangelikal geprägten Christen immer mehr zum Streitpunkt.
Ohne Fragen sind diese Themen wirklich belastend für die Einheit in vielen Gemeinden, in Verbünden und christlichen Werken. Thorsten Dietz sieht jedoch noch einen tieferen Grund für die auseinanderlaufenden Tendenzen in der evangelikalen Welt. Im Verlauf seines fast 500 Seiten langen Buchs stellt Dietz die These auf, dass es zwei verschiedene Grundströmungen unter den Evangelikalen gibt, die sich zunehmend schwer miteinander tun: Die eine Gruppierung nennt Dietz die „Allianzevangelikalen“. Auf der anderen Seite identifiziert Thorsten Dietz eine Gruppe, die er als „Bekenntnisevangelikale“ bezeichnet. Auf den letzten beiden Seiten identifiziert Dietz diese beiden Gruppen mit konkreten Personen, die für zwei verschiedene Umgangsweisen mit der Pluralität in der evangelikalen Bewegung stehen. Er sagt:
- Auf der einen Seite stehe Michael Diener, der ehemalige Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands und ehemalige Vorsitzenden der Deutschen Evangelischen Allianz. Sein Vorschlag sei, mit Pluralität so umgehen, „dass die Evangelikalen, Pietisten etc. unterschiedliche moralische Überzeugungen aushalten und ihren gemeinsamen missionarischen Auftrag ins Zentrum stellen.“
- Auf der anderen Seite stehe das Netzwerk Bibel und Bekenntnis, das laut Dietz anstrebt, „dass man sich verbindlich auf eindeutige Bekenntnisse einigt und entsprechend auf allen Ebenen durchsetzt, was in der jeweiligen Gemeinde, Kirche oder Allianz vertreten werden darf“.
Die Konfliktfrage: Wie gelingt Einheit in Vielfalt?
Tatsächlich beobachte auch ich, dass unter Evangelikalen mit wachsender Schärfe diskutiert wird, wie denn heutzutage noch Einheit in Vielfalt unter Evangelikalen gelingen kann. Grundsätzlich gilt ja: Wenn ein Konsens verloren geht, dann kann man prinzipiell auf 2 verschiedene Weisen darauf reagieren:
Reaktionsmöglichkeit 1: Wir müssen den Konsens in den Kernfragen verteidigen und – wo er verloren gegangen ist – wieder neu gewinnen.
Reaktionsmöglichkeit 2: Wir müssen den Konsens bewusst loslassen und uns stattdessen üben in gelebter Toleranz. Oft ist da die Rede von sogenannter „Ambiguitätstoleranz“.
Wer die Reaktionsmöglichkeit 1 für richtig hält, der sieht die Einheit dort bedroht, wo Menschen den Konsens in Frage stellen. Für den gelten die als Brückenbauer, denen es gelingt, in zentralen Fragen einen Konsens unter Christen herzustellen bzw. zu bewahren.
Wer hingegen die Reaktionsmöglichkeit 2 für richtig hält, für den sind die Feinde der Einheit die, die unbedingt am Konsens festhalten wollen. Brückenbauer sind hingegen solche Leute, die zwar einen Standpunkt haben, die aber anderslautende Standpunkte als genauso richtig anerkennen und somit eher nur subjektive statt objektive Wahrheiten vertreten.
Warum mehr Toleranz nicht unbedingt zu mehr Einheit führt
In den letzten Jahren war meine Beobachtung: Scheinbar neigen immer mehr Leiter von christlichen Werken, Gemeinschaften und Gemeinden dazu, dass Einheit in Vielfalt nicht über Konsens sondern über mehr Toleranz funktionieren müsse. Da wird dann zum Beispiel gesagt: Die verbindende Mitte des Christentums, das sei keine Lehre, sondern die Person Jesus Christus. Deshalb sollten wir doch Enge und Rechthaberei überwinden, uns gegenseitig unseren Glauben glauben und Raum geben für unterschiedliche Sichtweisen und Erkenntnisse. Das klingt weitherzig und versöhnlich. Die große Frage ist nur: Funktioniert das auch? Gewinnen wir so tatsächlich Einheit in Vielfalt? Aus zwei Gründen bin ich skeptisch:
Zum einen beobachte ich: Christen, die sich theologisch liberal geben, können in ethischen oder politischen Fragen zugleich sehr intolerant sein. Das gilt in sehr unterschiedlichen Bereichen, vor allem aber natürlich im Feld der Sexualethik. Der Postevangelikale David P. Gushee war jüngst Hauptredner bei der Coming-In-Tagung in Niederhöchststadt. Er schrieb schon im Jahr 2016: „Neutralität ist keine Option. Ebenso wenig wie eine höfliche Halbakzeptanz. Genauso wenig wie das Vermeiden des Themas. Wie sehr Sie sich auch verstecken mögen, das Thema wird Sie finden.“ Und die evangelische Pastorin Sandra Bils, die inzwischen an der CVJM-Hochschule Kassel lehrt, hat schon 2015 in ihrem Blog geschrieben: „Ich freue mich, wenn sich mein Landesbischof öffentlich äußert und stolz auf die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in der Hannoverschen Landeskirche hinweist und gleichzeitig merke ich, dass es mir nicht weit genug geht, weil er im gleichen Atemzug anderen Meinungen eine Daseinsberechtigung zuspricht.“ Da ist also keinerlei Toleranz für die traditionelle Position spürbar, die heute immer noch von der übergroßen Mehrheit der weltweiten Christenheit geteilt wird.
Meine zweite Beobachtung ist: Einheit auf Basis einer Christusmitte funktioniert nicht, wenn der Begriff „Christus“ nur noch eine Hülse ist, die jeder subjektiv ganz unterschiedlich füllen kann. Denn die Frage ist ja: Wer und wie ist denn dieser Christus, der uns verbinden soll? Was hat er getan? Was hat er gelehrt? Worin liegt sein Erlösungswerk? Wir haben nur eine einzige Informationsquelle zu solchen Fragen: Die Bibel. Wenn aber die Bibel kein verbindlicher Maßstab mehr ist, dann wird es letztlich auch bei diesen allerzentralsten Fragen des Glaubens unmöglich, gemeinsame Antworten geben zu können. Dann haben wir auch keine gemeinsame Botschaft mehr. Dann verlieren wir unser Profil. Dann weiß niemand mehr, wofür wir stehen. Dann marginalisiert sich die Kirche. Und dann gibt es auch nichts mehr, was man ganz selbstverständlich miteinander feiern, besingen und bezeugen kann. Dann gibt es zwar vielleicht keinen Streit mehr, aber es gibt etwas, was noch schlimmer ist: Wir entfremden uns voneinander. Unsere Jesusbewegung trocknet langsam aus.
Wenn mehr Toleranz nicht die Lösung ist, was ist es dann?
Der Autor Jürgen Mette hat in seinem Buch „Die Evangelikalen“ folgende These aufgestellt: „Wer sich in Christologie und Soteriologie in der Mitte findet, der kann sich Differenzen an der Peripherie des Kirchenverständnisses, des Taufverständnisses, der Eschatologie leisten.“
Einfach ausgedrückt sagt Jürgen Mette: Wer sich darin einig ist, wer Jesus ist und warum er am Kreuz für uns gestorben ist, der kann Differenzen bei Fragen zur richtigen Kirchenstruktur, zur Tauffrage oder zu Endzeitfragen aushalten. Wenn wir im Kern beieinander sind, dann trennen uns die Differenzen in den Randfragen nicht.
Ich bin überzeugt: Das stimmt! Genau das war das Erfolgsgeheimnis der Evangelikalen! Diese starke Übereinstimmung im Kern und beim Evangelium ermöglicht es ihnen, die enorme Vielfalt an Prägungen, an Kulturen und an Strukturen auszuhalten.
Flexibilität und Intoleranz: 2 Pole im Neuen Testament
Genau diese doppelte Ausrichtung finden wir auch im Neuen Testament. Die junge Christenheit war eine sehr bunte Bewegung, die enorm viele, teils krasse Differenzen aushalten musste. Da kamen Juden mit Nichtjuden unterschiedlichster Hintergründe zusammen. Da gab es gesellschaftliche Differenzen: Gutsherren, Sklaven, Männer, Frauen und Kinder kamen zusammen. Das war damals absolut revolutionär. Und Paulus war er der Meinung: Es ist so wichtig, dass wir uns da nicht trennen lassen. Von sich selbst hat er gesagt: Ich bin allen alles geworden, damit ich so viele wie möglich gewinnen kann. Da hatte Paulus also eine enorme Weite und eine große Flexibilität.
Aber wenn es um das Evangelium ging, da wurde Paulus plötzlich absolut kompromisslos. Da ging er scharf gegen falsche Lehre vor. Den Galatern schrieb er sogar: „Wer euch eine andere Gute Nachricht verkündet als die, die ihr bereits angenommen habt, soll verflucht sein!“ Er scheute nicht einmal davor zurück, Petrus öffentlich anzugreifen, wenn es um das Evangelium geht.
Genau diese Haltung sehen wir später auch bei den apostolischen Vätern und den Kirchenvätern. Die junge Christenheit musste sich gegen viele falsche Lehren erwehren: Gesetzlichkeit, Gnosis, Doketismus, Marcionismus… Das Abwehren von falscher Lehre gehörte von Beginn an zur Aufgabe von christlichen Leitern dazu. Und die Kirche hat überhaupt nur überlebt, weil die christlichen Leiter diese Aufgabe ernst genommen haben.
Die wichtige Funktion der Bekenntnisse
Für die Abwehr falscher Lehre haben die frühen Christen solch wundervolle Bekenntnisse wie das Apostolikum und das Nicäno-Konstantinopolitanum formuliert, die bis heute die Christenheit miteinander verbinden. Schon immer hatten diese Bekenntnisse auch die Funktion, falsche Einflüsse zurückzuweisen und deutlich zu machen, was Christen miteinander verbindet.
Auch den Christen, die die evangelische Allianz gegründet haben, war das wichtig. Die Deutsche evangelische Allianz hat ihre Glaubensbasis erst vor kurzem wieder aktualisiert, um sagen zu können: Trotz aller Vielfalt und Differenzen sind es diese Überzeugungen, die uns einen. Diese wenigen Sätze beschreiben einen gemeinsamen Kern, der uns verbindet und der uns die Kraft gibt, die Differenzen bei vielen anderen Fragen auszuhalten. Thorsten Dietz schreibt dazu zurecht: „Die Allianz ist eine ökumenische Bewegung, die gerade darum das gemeinsame Bekenntnis so knapp wie möglich formuliert hat.“ Wie wahr! Aber gerade deshalb ist es ja so ungeheuer wichtig, wenigstens diese wenigen Sätze zu schützen und zu bewahren! Und meine Beobachtung war in den letzten Jahren leider, dass leider auch diese ganz zentralen Grundbekenntnisse der Evangelikalen in Frage gestellt werden – nicht nur von außen, sondern auch mitten im allianzevangelikalen Umfeld.
Entscheidende Differenzen beim Bibelverständnis
Um zu zeigen, was ich meine, möchte ich gerne mit Ihnen genauer auf diesen letzten Satz in der Glaubensbasis der Evangelischen Allianz schauen. Er lautet:
„Die Bibel, bestehend aus den Schriften des Alten und Neuen Testaments, ist Offenbarung des dreieinen Gottes. Sie ist von Gottes Geist eingegeben, zuverlässig und höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung.“
Hier wird mit wenigen Worten ein Bibelverständnis zusammengefasst, das oft als konservativ oder auch als biblizistisch oder fundamentalistisch bezeichnet wird. Ich persönlich bezeichne dieses Bibelverständnis lieber als das „historische Bibelverständnis“. Historisch deshalb, weil ich der Überzeugung bin, dass sich dieses Bibelverständnis in der ganzen Kirchengeschichte immer wieder nachweisen lässt, gerade auch in der Reformation, aber auch bei den Kirchenvätern, bei den apostolischen Vätern und vor allem – und das ist natürlich am wichtigsten – in der Bibel selbst.
Die Frage ist jetzt aber: Ist dieses historische Bibelverständnis denn heute noch Konsens unter Evangelikalen? Nach meiner Beobachtung muss ich diese Frage mit einem ganz klaren „nein“ beantworten. Meine Beobachtung ist, dass heute auch mitten im allianzevangelikalen Umfeld ein konkurrierendes Bibelverständnis vertreten wird, das zwar oft mit ähnlichen Worten beschrieben wird, das aber im Kern vollkommen anders ist und zu völlig anderen Konsequenzen führt.
Dieses konkurrierende Bibelverständnis hat verschiedene Bezeichnungen. Ich bezeichne es gerne als „progressives Bibelverständnis“. Das Problem ist: Vielen Christen fällt gar nicht auf, wie grundsätzlich anders dieses Bibelverständnis ist, denn oft werden nur die Gemeinsamkeiten zwischen dem historischen und dem progressiven Bibelverständnis betont. Und tatsächlich gibt es diese Gemeinsamkeiten:
- Beide Bibelverständnisse sind sich einig, dass die Bibel ganz Menschenwort ist, dass hier Menschen geschrieben haben und dass ihr Charakter und ihre Erfahrungen ihre Texte geprägt haben.
- Beide Bibelverständnisse sind sich einig, dass die Bibel auslegungsbedürftig ist. Bibelstellen müssen immer im biblischen Gesamtkontext verstanden werden. Die Textgattung, die Reichweite, die Adressaten sowie das historische und heilsgeschichtliche Umfeld müssen differenziert beachtet werden! Und zum richtigen Verstehen der Texte wird der Heilige Geist benötigt.
- Und beide Bibelverständnisse sagen übereinstimmend:
– Die Bibel ist Gottes Wort im Menschenwort.
– Die Bibel ist inspiriert.
Sind sich die Evangelikalen im Kern also doch einig? Meine Beobachtung ist: Nein, überhaupt nicht. Denn trotz dieser Übereinstimmungen gibt es ganz gravierende Unterschiede, die weitreichende Konsequenzen haben:
Der wichtigste Unterschied betrifft das Wesen und den Charakter der biblischen Texte. Das Bibelverständnis der Evangelischen Allianz sagt dazu: „Die Bibel IST Offenbarung des lebendigen Gottes.“ Das progressive Bibelverständnis sagt hingegen: Die Bibel ist ein Zeugnis der Offenbarung des lebendigen Gottes. So heißt es zum Beispiel in einem aktuellen Grundsatztext der EKD: „Die biblischen Texte werden gehört und ausgelegt als Gottes Wort im Menschenwort, das das endgültige Wort Gottes in Person und Wirken Jesu Christi bezeugt.“
Im historischen Bibelverständnis wird also gesagt: Die Bibel IST Offenbarung. Die Texte sind so, wie sie dastehen, offenbarte Worte Gottes. Im progressiven Bibelverständnis wird hingegen gesagt: Die Bibel bezeugt die Offenbarung. Was sich so unscheinbar anhört, hat in Wahrheit gewaltige Konsequenzen. Gerade die Formel „Gotteswort im Menschenwort“ hat dann eine ganz unterschiedliche Bedeutung. Im historischen Bibelverständnis heißt diese Formel: Die Bibel ist ganz Menschenwort UND zugleich ganz Gotteswort. Im progressiven Bibelverständnis bedeutet diese Formel hingegen: Die Bibel ist ganz Menschenwort und sie kann Gottes Wort enthalten bzw. vermitteln. So schreibt zum Beispiel Siegfried Zimmer: „Der Satz ‚Die Bibel ist Gottes Wort‘ meint: Gott kann und will durch die Bibel zu uns reden.“ Oder der Theologe Udo Schnelle schreibt: „Natürlich ist die Bibel das Wort Gottes. Sie ist es aber nicht an sich, sondern immer dann, wenn sie für Menschen zum Wort Gottes wird. In dem Moment, wo es Menschen erreicht und zum Glauben an Jesus Christus führt, wird die Bibel zum Wort Gottes.“
Damit wird der Unterschied im progressiven Bibelverständnis deutlich: Hier ist die Bibel nicht an sich Gotteswort, sondern sie kann es beim Lesen individuell für uns werden! Daraus leitet sich dann auch ein unterschiedliches Inspirationsverständnis ab. Im historischen Bibelverständnis wird die Inspiration der Bibel stark auf die Entstehung der Texte bezogen. Man sagt also: Der Heilige Geist hat bei der Entstehung der Texte mitgewirkt, so wie Petrus zum Beispiel sagt: „Vom Heiligen Geist haben Menschen in Gottes Auftrag geredet.“ Im progressiven Bibelverständnis hingegen sagt man: Die Inspiration der Texte bezieht sich primär auf unser heutiges Lesen und Verstehen der Bibeltexte. Wenn wir die Bibel lesen, dann kann der Heilige Geist diese Texte für uns individuell zu inspirierten Gottesworten machen.
Der Knackpunkt: Das progressive Bibelverständnis ermöglicht Sachkritik
Damit kommen wir zum entscheidenden Unterschied dieser beiden Bibelverständnisse: Wenn die Bibel Gottes Offenbarung IST, wie es in der Glaubensbasis der evangelischen Allianz festgehalten wird, dann können wir diese Bibelworte natürlich unmöglich inhaltlich kritisieren! Wir können zwar unterscheiden lernen, wie diese Texte gemeint sind und wie sie einzuordnen sind. Aber wenn es Gott ist, der in den biblischen Texten zu Wort kommt, dann können wir die Aussagen, die wir aus den biblischen Texten ableiten, letztlich nicht kritisieren, sondern dann haben wir sie als Gotteswort demütig zu hören. Wenn Gott spricht, dann kann nur Vertrauen und Gehorsam unsere Antwort sein.
Im progressiven Bibelverständnis hingegen ist das anders. Da sagt man ja: Die Bibeltexte sind zunächst einmal nur Menschenwort. Sie sind nur ein Zeugnis der Offenbarung. Aber ein Zeugnis kann auch fehlerhaft sein. Es kann auch widersprüchlich sein. Und deshalb kann man diese Texte natürlich auch kritisieren. Dazu noch einmal Siegfried Zimmer: „Eine Kritik an den Offenbarungsereignissen selbst steht keinem Menschen zu. … Die schriftliche Darstellung von Offenbarungsereignissen darf man aber untersuchen, auch wissenschaftlich und ‚kritisch‘.“
Und da haben wir die ganz entscheidende Differenz schwarz auf weiß: Wenn der biblische Text die Offenbarung nur bezeugt aber nicht selbst IST, dann können wir diese Texte natürlich heute auf Basis unserer Vernunft auch inhaltlich kritisieren. In der Theologie würden wir dann von „Sachkritik“ sprechen. Und genau hier laufen die Wege auseinander. Denn Sachkritik, also inhaltliche Kritik an biblischen Gesamtaussagen, wird im Rahmen des progressiven Bibelverständnisses für etwas völlig Normales gehalten.
Das wird beispielhaft deutlich im Buch „glauben lieben hoffen“, das von Vertretern der freikirchlichen Jugendarbeit im SCM-Verlag herausgegeben wurde. Knapp zusammengefasst wird da zum Beispiel gesagt:
- In den prophetischen Texten wird keine Zukunft vorhergesagt.
- Jesus wird nicht im Alten Testament vorausgesagt.
- „Die Bibel ist von einer Entwicklung hin zum Monotheismus geprägt.“ Das heißt also: Die Bibel enthält veraltete Gottesbilder.
- Die „Vorstellungen“ von Teufel, Himmel und Hölle haben sich wohl erst nach dem babylonischen Exil entwickelt, vermutlich durch den Einfluss des Zoroastrismus und des griechischen Denkens
- Matthäus, Lukas und Paulus seien von einer biologischen Vaterschaft Josefs ausgegangen.
Natürlich widersprechen diese Aussagen komplett den Aussagen, die die Texte selbst machen wollen. Aber derartige Bibelkritik wird möglich, wenn die Bibel die Offenbarung Gottes nur bezeugt, aber nicht selbst ist. Das Problem ist: Etwas, das ich auf Basis meiner Vernunft kritisieren kann, das kann natürlich nicht mehr so wie in der Glaubensbasis der evangelischen Allianz als „zuverlässig und höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung“ gelten. Diesen Wert als Norm des Glaubens hat die Bibel dann verloren.
Die Folge: Widersprüchliche Lehren bei den Kernfragen des Glaubens
In der Praxis zeigt sich: Mit der Öffnung für Sachkritik wird die Tür geöffnet für Lehren, die nicht mehr mit durchgängigen Aussagen der Bibel zusammenpassen. Wie drastisch sich dieses Bibelverständnis selbst auf die innersten Kernfragen des Glaubens auswirkt, sieht man besonders gut bei der Frage, warum denn eigentlich Jesus am Kreuz gestorben ist. Schauen wir doch einmal, was das Bekenntnis der evangelischen Allianz zu dieser Frage sagt und was wir im Vergleich dazu im Buch „glauben lieben hoffen“ lesen:
Aus der Glaubensbasis der evangelischen Allianz |
Zitat aus „glauben lieben hoffen“ |
„Der Mensch … ist durch Sünde und Schuld von Gott getrennt.
Jesus Christus, der Mensch gewordene Sohn Gottes, ist stellvertretend für alle Menschen gestorben. Sein Opfertod allein ist die Grundlage für die Vergebung von Schuld, für die Befreiung von der Macht der Sünde und für den Freispruch in Gottes Gericht.“ |
„So wurde und wird häufig argumentiert: Infolge des Sündenfalls ist der Mensch getrennt von Gott, und nur ein vollkommenes Opfer kann die Beziehung zwischen Gott und Mensch wieder in Ordnung bringen. … Hat eigentlich mal jemand gefragt, warum eine Opferhandlung … dies erreichen können soll? … Gott vergibt, weil er ein gnädiger Gott ist, ohne dass Gott durch Töten und Blutvergießen milde gestimmt werden müsste. … um die Sünde der Menschen hinweg zu nehmen, braucht es eigentlich kein Opfer und keinen Geopferten.“ (S. 69, M. Drodofsky) |
Ohne Zweifel steht die Kreuzestheologie mitten im Zentrum unseres Glaubens. Und es ist nun einmal ein riesengroßer Unterschied, ob…
… Gott uns einfach so vergibt oder ob er uns verurteilt, dann aber selbst die Strafe übernimmt.
… wir uns nur subjektiv schuldig fühlen oder ob wir objektiv schuldig sind und von Gott eigentlich im Gericht verurteilt werden müssten.
… Jesu Tod nur ein Akt der Solidarität und Hingabe ist oder ein wirksames Opfer zur Vergebung unserer Schuld.
… wir nur belastete Menschen sind, die Zuspruch und Ermutigung bekommen sollen oder ob wir ohne das Kreuz verloren sind und Rettung brauchen.
Wir müssen es so deutlich sagen: Es handelt sich bei dieser progressiven Deutung der Kreuzestheologie letztlich um ein anderes Evangelium.
Die missionarische Dynamik geht verloren
Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen Differenzen beim Evangelium? Im Buch „Mission Zukunft“ hat der Präses des Bundes der Freien evangelischen Gemeinden Ansgar Hörsting geschrieben: „Ich kenne keine missionarisch wirksame Gemeinde, in der es nicht Leute gibt, die klar auf dem Schirm haben: Ohne Jesus Christus sind Menschen verloren.“ Die Kirche Jesu verliert also ihre missionarische Dynamik, wenn sie Botschaft vom Kreuz verliert oder umdeutet.
Und Pfarrer Swen Schönheit, Theologischer Referent der Geistlichen Gemeindeerneuerung schreibt: „Die „Botschaft vom Kreuz“ ist im Raum der Kirche verblasst. Damit verliert sich „Gottes Kraft“ und Kirche reduziert sich selbst zu einer Agentur der Mitmenschlichkeit.“
Das heißt also: Das veränderte Bibelverständnis führt zu einer veränderten Theologie, die wiederum ganz direkte Auswirkungen hat auf die missionarische Kraft und Ausstrahlung der Kirche. Der evangelische Pfarrer Alexander Garth schreibt dazu in seinem Buch „Untergehen oder umkehren“:
„Es besteht ein Zusammenhang zwischen liberaler westlicher Theologie und dem Niedergang von Gemeinden. Es sind fast ausschließlich liberale Kirchen, die teilweise dramatisch Mitglieder verlieren.“ „Wenn man in der Welt aufstrebende Gemeinden und Bewegungen bestimmen möchte, die nicht evangelikal sind, so würde man kaum etwas finden. Zumindest gehört das zu den gesicherten Forschungsergebnissen der Religionssoziologie.“
Das Ringen um gesunde Theologie ist von entscheidender Bedeutung
Dieses Zitat macht etwas deutlich, was aus meiner Sicht auch für den weiteren Weg der evangelikalen Bewegung ganz entscheidend ist: Theologie zählt! Ich höre heute auch mitten im allianzevangelikalen Umfeld häufig die These: Lasst uns doch nicht über Theologie streiten. Lasst uns lieber gemeinsam evangelisieren und Gemeinde bauen. Das hört sich schön an. Und ich würde sofort zustimmen, wenn die Praxis nicht zeigen würde: Unsere Theologie ist ganz offenkundig ein entscheidender Faktor dafür, ob wir miteinander fruchtbar evangelisieren und Gemeinde bauen können oder nicht. Theologie kann Einheit, Evangelisation und Gemeindebau befruchten, sie kann aber auch Einheit, Evangelisation und Gemeindebau unterwandern und zerstören. Deshalb müssen wir gerade um der Evangelisation, der Mission und des Gemeindebaus willen, ringen, streiten um die zentralen theologischen Fragen.
Stellen Sie sich einmal diese Situation vor: Da steht jemand auf dem Feld mit einer stumpfen Sense und kommt kaum voran bei der Ernte. Und ein anderer rennt hin und sagt: Mensch, der Bauer hat doch gesagt, wir sollen zum Ernten den Mähdrescher nehmen. Und der erste sagt: Jetzt mecker nicht rum. Schnapp Dir die Sense und hilf mit!
Genau so empfinde ich diese Aufrufe, nicht über Theologie zu streiten, obwohl doch das Ringen um die richtige Theologie schon in der Bibel eine enorm wichtige Rolle spielt. Die Bibel macht immer wieder deutlich: Wir können und dürfen nicht einfach schweigend zusehen, wenn Leute in unserer Mitte aufstehen und Dinge lehren, die nicht zum biblischen Evangelium passen. Gerade um der Mission willen, gerade um der Einheit willen, gerade um des Gemeindebaus willen müssen wir ganz neu lernen, um die richtige Theologie zu streiten. Es gäbe uns heute nicht, wenn nicht die Apostel, die Kirchenväter oder die Reformatoren intensiv um theologische Fragen gestritten hätten! Streit ist zwar Mist, wenn es um Randfragen geht, wenn es ums pure Rechthaben geht, wenn der Streit lieblos und arrogant geführt wird. Aber wo unser Herz brennt für das Evangelium und für die verlorenen Menschen, da wird Gott mit uns sein, wenn wir sagen: Hier stehe ich und kann nicht anders. Ich muss widersprechen, um des Wortes Gottes und des Evangeliums willen. Das wünsche ich mir, dass das wieder viel häufiger geschieht.
Allianzevangelikale sind immer auch Bekenntnisevangelikale
Aber was bedeutet das jetzt für die Zukunft der Evangelikalen? Das war ja die Frage dieses Vortrags: Evangelikale Bewegung, wohin? Das Bild, das Thorsten Dietz gezeichnet hat, hatte die Botschaft: Da gibt es eine Weggabelung und die evangelikale Bewegung muss sich entscheiden: Folgen wir den Allianzevangelikalen? Oder folgen wir den Bekenntnisevangelikalen? Die Frage ist nur: Ist das wirklich die Weggabelung, vor der die evangelikale Bewegung steht? Ich bin der Meinung, dass das tatsächliche Bild etwas anders aussieht.
Ich glaube nicht, dass es zu dieser Aufspaltung kommt. Das tatsächliche Bild, das ich wahrnehme sieht so aus: Es gibt keine Differenz zwischen Allianz- und Bekenntnisevangelikalen. Ohne Bekenntnis kann es keine Allianz geben. Deshalb waren Allianzevangelikale immer schon zugleich auch Bekenntnisevangelikale! Die Glaubensbasis der evangelischen Allianz, das Apostolikum, das Nicäno-Konstantinopolitanum, das sind feststehende Bekenntnisse, die grundlegend sind für die Evangelikalen, für die Lausanner Bewegung und für die evangelische Allianz. Deshalb brauchen wir beides, wenn wir auch in Zukunft noch Einheit in Vielfalt wollen: Wir brauchen Toleranz in den Randfragen. Und wir brauchen Konsens in den zentralen Bekenntnisfragen.
Es geht um die Bewahrung unserer verbindenden Glaubensschätze
Thorsten Dietz hat deshalb auch das Anliegen des Netzwerks Bibel und Bekenntnis leider falsch dargestellt. Er meint, das Netzwerk Bibel und Bekenntnis wolle, dass „man sich verbindlich auf eindeutige Bekenntnisse einigt und entsprechend auf allen Ebenen durchsetzt, was in der jeweiligen Gemeinde, Kirche oder Allianz vertreten werden darf.“ Nichts könnte verkehrter sein als das. Das Anliegen des Netzwerks Bibel und Bekenntnis ist nicht, dass man sich auf etwas Neues einigt. Es geht nicht darum, etwas durchzusetzen. Es geht vielmehr darum, etwas zu bewahren! Auf die Bekenntnisse muss man sich nicht einigen, die sind ja längst vorhanden und veröffentlicht. Das Anliegen des Netzwerks Bibel und Bekenntnis ist: Die Liebe zu Christus zu stärken und zugleich Festhalten an den veröffentlichten Bekenntnissen, die unverzichtbar sind für die Einheit der Evangelikalen. Wir arbeiten und beten dafür, dass die veröffentlichten Bekenntnisse und Glaubensgrundlagen nicht zu Papiertigern verkommen, sondern das bleiben, was sie schon immer waren: Verbindende Glaubensschätze, die man über alle Unterschiede hinweg ganz selbstverständlich miteinander feiern, besingen und bezeugen kann. Lassen Sie uns das gemeinsam weiter tun!
Kurs halten auf der einzigartigen Erfolgsspur der Evangelikalen!
Ich möchte diesen Vortrag abschließen mit einem Zitat aus dem Buch „Menschen mit Mission“, über das wir heute so viel gesprochen haben. Ich nehme wahr, dass manche Evangelikale heute entmutigt sind. Man hat das Gefühl: Wir sind Wenige. Wir sind auf dem Rückzug. Wir werden in der Gesellschaft immer mehr an den Rand gedrängt. Niemand nimmt uns mehr ernst. Das spannende ist: Genau dieses Gefühl hätten die Evangelikalen auch für einem halben Jahrhundert haben können. Der Lausanner Kongress ist jetzt beinahe 50 Jahre her. Auch damals waren die Evangelikalen eine Randgruppe. Aber Thorsten Dietz schreibt:
„Warum handelt es sich bei den Evangelikalen heute um die weltweit zweitgrößte christliche Strömung nach dem Katholizismus? Niemand hätte sich das vor 50 oder 60 Jahren träumen lassen. Der Lausanner Kongress wurde in der deutschen Öffentlichkeit nur am Rande registriert. Die meisten (gerade auch in den Kirchen) waren sich sicher: Zukunft kann nur eine Christenheit haben, die sich für die Moderne öffnet, die das aufgeklärte Wahrheitsbewusstsein der Wissenschaften respektiert und eine politisch-gesellschaftliche Kraft für eine bessere Welt wird. Welche Zukunft sollten da schon Grüppchen haben, denen Evangelisation und Mission über alles geht, die im Zweifelsfall lieber der Bibel glauben als der historischen Forschung? Wer wird schon Ewiggestrige ernst nehmen, die sich radikal der sexuellen Liberalisierung der 1960er-Jahre verweigern? Aber entgegen allen Erwartungen ist keine religiöse Gruppe im letzten halben Jahrhundert dynamischer gewachsen als diese.“
Evangelikale Bewegung wohin? Aus meiner Sicht kann es darauf nur 1 Antwort geben: Weiter hinter Jesus her! Weiter auf der Spur, die sein Wort uns zeigt! Lassen wir uns nicht entmutigen. Lassen wir uns nicht einschüchtern. Lassen wir uns nicht aus der Segensspur drängen. Machen wir uns eins mit so vielen evangelikalen Geschwistern auf der ganzen Welt, die Jesus folgen, oft unter großen Opfern, die sein Wort weitertragen bis an die Enden der Erde und die gemeinsam mit uns darauf warten, dass unser Herr wiederkommt und sein Reich aufrichtet. Lassen wir es zu, dass diese Hoffnung neu unser Herz erfüllt. Lassen Sie uns gemeinsam mutig dafür beten und arbeiten, dass sein Reich schon jetzt unter uns Gestalt gewinnt.
Dieser Blog-Beitrag von Markus Till erschien zuerst auf aufatmen in Gottes Gegenwart . Lies hier den Original-Artikel "Evangelikale Bewegung – wohin?".
Lieber Dr. Till, vielen Dank für diesen wirklich sehr starken Vortrag!
Zwei Dinge sind es, die mir besonders wichtig geworden sind:
(1) Es ist unmöglich Jesus als gemeinsame Basis zu verkündigen, ohne darüber einige zu sein, wer dieser Jesus denn ist. Eine Bewegung, die sich „Jesus first Menschen“ nennt, muss auch erklären können, wer denn dieser Jesus ist.
(2) Es ist sehr wichtig, die falsche Darstellung von Dietz, was das Anliegen von Bibel und Bekenntnis angeht klarzustellen. Seine Formulierungen mit „einigen“, „durchsetzen“ usw. klingen nach typisch harten, verstockten Leuten. Dabei ist das Anliegen nichts Neues, sondern das bewahren von etwas, das früher eben selbstverständlich in der Allianz war. Das fand ich sehr stark und gut dargestellt.
Der ganze Artikel ist eine große Hilfe, um (1) die gegenwärtige Situation in der Allianz/der Evangelikalen Bewegung zu verstehen, (2) nachvollziehen zu können, wie es dahin gekommen ist und (3) die Gründe zu durchschauen, die zu dieser Situation geführt haben.
Liebe Grüße
Herzlichen Dank für die sehr ermutigende Rückmeldung!
Ich bin für Reaktionsmöglichkeit 1!
Tobias
Man muss sich doch in erster Linie die Frage stellen. woher denn das veränderte Bibelverständnis kommt. Die Antwort ist einfach: Man versteht Jesus nicht mehr als Gottes Sohn und Erlöser durch sein Opfer am Kreuz, sondern als einen Menschen unter vielen, der da und dort vielleicht auch Richtiges gesagt hat. Ergo: Die Frage WER ist Jesus entscheidet darüber wie die heilige Schrift zu verstehen ist. In dem Texte oben steht ja u.a. auch. dass Gott kein Opfer brauche, was freilich der ganzen Bibel widerspricht. Im Grunde kommt die Kritik an der Bibel vom Unglauben der Menschen., die sich nicht mehr vor dem Heiland beugen wollen. Jesus war immerhin Gott im Fleische und nicht nur allein Mensch.
Wenn man mal die derzeitige Synode in Deutschland bei den Katholiken betrachtet, so ist das genau dasselbe. Jesus wird als vielleicht gute Mensch gesehen, aber nicht mehr als Herr der Herren und als Sohn Gottes. Die ganzen Ungläubigen unter den sog. Christen beider Konfessionen hören das nicht gern.
Ich kann mich nur Walter Weber anschließen und: als Basis zu sagen “ weiter Jesus hinterher“ ist bei den vielen Irrungen und Wirrungen dieser Zeit zu wenig. Dieser Überzeugung sind auch die Zeugen Jehovas und auch viele Liberale können damit mitgehen, wenn sie Jesus nur symbolisch verstehen. Und wo ist bei Deinen Gedanken das zweite Kommen Jesu? Oder wo sind gewisse ethische Fragen, die eben zum biblischen Kontext gehören? Eine dieser Fragen hat auch mit zur Gründung von Bibel und Bekenntnis geführt. Werden die nun in ihrer Bedeutung ausgeblendet? Wenn das so ist braucht man ja keine Auseinandersetzungen mehr wegen diesen Fragen zu führen. Das ist die logische Konsequenz aus diesem Text. Das führt aber zu einem Maß an Toleranz, was ich in der Schrift nicht erkennen kann. Auch ist die Erosion im evangelikalen Bereich schon so weit vorgedrungen, dass Bekehrung sehr oft nicht mehr als Notwendigkeit gesehen wird und Jesus auch nicht mehr als heilsnotwendig. Markus, mit dem letzten Punkt setzt Du zumindest einen Punkt als Konsens unter den Evangelikalen voraus der schon lange keiner mehr ist. Da Du das weißt Frage ich mich was Du mit diesem Text bezweckt? Fromme, haltet diese Füsse still, es wird schon alles gut ?
Noch ein Wort zur EAD: in der EAD befinden sich mittlerweile liberale und extrem charismatische Ausrichtungen. Man nähert sich an die NAK an und die Unterscheidbarkeit zur ACK wir durch die Annäherung immer geringer. Und der Trend setzt sich fort. Eine Diskussion darüber findet aber nicht mal bei Bibel und Bekenntnis statt. Damit unterstützt man das was man angeblich nicht will: die EAD wird immer mehr zum theologischen Gemischtwarenladen. Und eines unterschlägst Du Markus. Die evangelikale Bewegung findet durch die Russlanddeutschen und andere Gemeinden schon seit vielen Jahren im sechsstelligen Bereich außerhalb der EAD statt. Dein Blick hat schon etwas romantische Ansätze
Hach, Matze, was soll ich dazu sagen. Du hast ja offenkundig keine Ahnung, was hinter den Kulissen passiert. Dass das Netzwerk B&B die Sexualethik oder gar die Bekehrung vernachlässigt oder aufweicht, während Ulrich Parzany mit seinen 80 Jahren gerade in Paraguay evangelisiert ist… mir fällt gerade kein passendes Wort für diesen Unsinn ein. Gerade gestern habe ich auf einem Bekenntnistreffen leidenschaftlich dazu aufgerufen, dass wir nicht still sein sollten sondern aufstehen für die Wahrheit des biblischen Evangeliums vom stellvertretenden Sühneopfer. Und Du schiebst mir unter, dass ich dazu aufrufen würde, dass Fromme die Füße stillhalten sollen… Lass mich noch einmal versuchen, Dir zu erklären, was wir tun: Wir vom Netzwerk B&B empfinden es als unsere Berufung, die Dinge zwar klar zu sagen, aber in einer liebe- und respektvollen Art und Weise, die Gehör findet und wirklich etwas bewegt. Unser Ziel ist halt nicht nur, recht zu haben, indem wir unsere Thesen gedankenlos raustrompeten, sondern weise vorzugehgen, um die Menschen zu gewinnen für den biblischen Weg. Vielleicht hast Du ja meinen letzten Artikel zu Coming-In in IDEA gelesen? Ich bin sehr froh über die ermutigenden RÜckmeldungen, die ich bekommen habe. Wo hast Du zuletzt Geschwister für einen gesunden, biblischen Weg zurückgewonnen? Aber ich werde Dich hier wohl nicht überzeugen. Jeder, der nicht nur um sich schießt, der ist Dir offenbar schon viel zu kompromissbeladen. Am Ende werden wir uns alle vor unserem Herrn rechtfertigen müssen für das, was wir getan haben. Gott wird uns an der Frucht beurteilen, die wir gebracht haben. Ich laufe meinen Lauf weiter und Du Deinen. Ich wünsche Dir Gottes reichen Segen dafür. Dein Markus
Hallo!
> Am Ende werden wir uns alle vor unserem Herrn rechtfertigen müssen für das, was wir getan haben. Gott wird uns an der Frucht beurteilen, die wir gebracht haben.
Das erinnert mich an eine seltsame Lehre, die ich ähnlich auch bei Siegfried Zimmer gehört habe.
Ich würde da lieber beim echten Evangelium bleiben wollen:
Wir können uns selber überhaupt nicht rechtfertigen, schon gar nicht durch irgendwelche Werke oder Früchte.
Römer 3: “ 26 in der Zeit der Geduld Gottes, um nun, in dieser Zeit, seine Gerechtigkeit zu erweisen, auf dass er allein gerecht sei und gerecht mache den, der da ist aus dem Glauben an Jesus. … 28 So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben“
Schon Luther mußte den Erasmus daran erinnern, daß Yeschua gelehrt hat: Lukas 17: „10 So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte;“
Alles Gute!
Da bringst du – auch im lutherischen Sinne – Rechtfertigung und Heiligung durcheinander.
Hi Markus, da bin ich nur zufällig auf deinen Kommentar hier gestoßen, der mich doch etwas irritiert hat. Die Kritik von Matze fand ich an dieser Stelle nicht zu überzogen. Mir scheint es, dass du den viel schärferen und gröberern Kritikern von Links mit viel mehr Sanftmut begegnest….
Aber ich kann mich auch irren, so intensiv verfolge ich die Debatten nicht, in denen du steckst.
Hallo Markus,
Als vor Jahren Bewegungen wie „kein anderes Evangelium“ gegründet wurden hat man Dinge, die unter den Liberalen richtig angesehen wurden massiv kritisiert und zur Distanzierung auf gerufen. Wenn nun das gleiche heute innerhalb der Evangelikalen passiert warum soll man da dann nicht dies klar sagen? Hat sich irgendwas grundsätzlich geändert? Mir geht es nicht darum um mich herumzuschlagen sondern mich treibt echte Sorge um die klare Verkündigung des Evangeliums. Und noch ergänzend: wenn Du schreibst ich hätte keine Ahnung was bei B+B alles läuft ist doch die Frage warum man es nicht mitbekommt?
Ihr könnt doch gerne, wenn ihr davon überzeugt seid diesen Weg weiter gehen. Nur darf man es ja auch anders sehen. Aber es muss auch Kritik möglich sein und auch deutliche.
Lieber Bruder Dr. Markus Till,
ich bewundere Deinen Einsatz und daß Du da Zeit und Kraft hinsteckst. Darum habe ich auch erst ein paar Tage überlegt, ob ich da jetzt wirklich etwas zu schreiben sollte. Aber nach all den Kommentaren und Reaktionen sollte ich es wohl doch tun.
Es mag sein, dass Du vereinzelt Leute zurück gewinnst auf den biblischen Weg, aber wieviele laufen trotzdem in der Zwischenzeit davon? Oder werden erst gar nicht „frisch“ gewonnen, weil man sich lieber um eine zerbrechliche „Vielfalt in Einheit“ bemüht, die soviel Energie kostet, dass Mission außen vor bleibt?
Und wieviel Kompromisse will man denn eingehen, wo sind denn noch die roten Linien?
Ich nenne da mal ein aktuelles Beispiel: als der Bund FeG vor ein paar jahren die Frauenordination eingeführt hat, da gab es schon die ersten Warnungen, dass dann der nächste folgerichtige Schritt sei, gewisse sexuelle Verhaltensweisen nicht mehr als Sünde zu benennen, gar zu segnen. Die Konservativen haben sich trotzdem in Zurückhaltung bemüht, damit der Bund nicht zerbricht (Einheit in Vielfalt), und man hat sich damit beruhigt, dass es z.B. beim Thema Homosexualität eine klare bibeltreue Linie gäbe. Die Ruhe hat aber nur ein paar wenige Jahre gehalten.
Die Ergebnisse des letzten Bundestages im September sind vielfältig nachlesbar im Internet – nun ist genau dieses Thema auf der Tagesordnung gewesen, und die Methoden zur Unterwanderung sind ja bekannt – mit der Folge, dass erste Konservative bereits Ämter niederlegen.
Ich prophezeihe mal, wie es weitergehen wird: es wird im Bund ein fauler Kompromiss gefunden mit irgendeinem „Leitbild“ unter gleichzeitigem Hinweis auf die Entscheidungsfreiheit jeder einzelnen Gemeinde. Und damit wird in der Folge das Thema auch in die konservativen Gemeinden durch einzelne „Unterwanderer“ getragen mit der Folge, dass es zu Spaltungen in ehemals intakten Gemeinden kommen wird – wie auch bei der Frauenordination.
Da mögen nach Außen hin die Zahlenwerke (Anzahl der Gemeinden, Mitglieder insgesamt) dann noch immer gut aussehen, weil es einen gewissen Zulauf an neuen Leuten geben wird, aber der bibeltreue Weg wird in den allermeisten Gemeinden verlassen werden.
Die „Einheit in Vielfalt“ wird dann zwar auf den oberflächlichen Blick hin bewahrt, aber die Vielfalt ist dann tatsächlich keine mehr, weil abweichende Meinungen nicht mehr vertreten sein werden.
Die Situation ist doch wie folgt:
Du stehst auf einen Webteppich, der mal umbördelt war und vielleicht an zwei Seiten schöne Fransen mit Knoten hatte. Nur ist die Umbördelung schon lange verschlissen, die Fransenknoten weg, und der ehemals fest gewebte Teppich franst immer mehr aus, die Fäden zerreißen und das Teil ist nur noch löcherig und unansehnlich. In der Mitte ist noch ein gutes festes Stück, das aber immer kleiner wird, und der Verfall geht immer schneller.
Du bekommst die Webfäden nicht so schnell wieder drangekämmt wie sie an den anderen drei Seiten verloren gehen. Helfen würde nur ein radikales Beschneiden, so dass nur das gute Stück bleibt, und dieses komplett neu zu umbördeln. Das wäre zwar ein erheblich kleinerer Teppich als zuvor, aber wenigstens der bleibt dann erhalten.
Es mag sein, dass Du Deine Aufgabe als Rufer in der evangelikalen Welt von Gott bekommen hast, denn Bewahrer und Warner hat Gott immer mal wieder geschickt, nicht unbedingt, damit die Warnrufe etwas bewirken, sondern damit das folgende Gericht umso gerechter ist.
Gleichermaßen sehe ich aber, dass die Versuche, die evangelikale Welt zusammen zu halten und zu kitten dazu führen, dass sich viele Konservative vermehrt abwenden, sich zerstreuen, und sich später kaum noch finden werden. Dann wird die „Einheit durch Vielfalt“ zum Todesstoß für die konservativen Kräfte, die den bibeltreuen Weg gehen wollen.
Andererseits muss das wohl so kommen. Der weiße Reiter aus Off6 zieht aus zu siegen, hat halt nur einen Bogen, aber von Pfeil und Köcher (Jesaja 49,2) steht da nichts. Der falsche Glaube, die falsche Religion verbreitet sich rasend schnell.
Es braucht gar nicht so viele Worte. Die Dinge liegen viel einfacher: Der WELTGEIST ist in die Kirchen und Gemeinden eingedrungen und macht sich da breit. Eigentlich sollten Kirchen und Gemeinden den Glauben on die Welt ausstrahlen und sich nicht durch den Weltgeist beeinflussen lassen, denn der christliche Glaube steht im Gegensatz zum Weltlichen.
Papst Benedikt XVI. hat auf die katholische Kirche bezogen schon vor einer Verweltlichung gewarnt. Viel Berücksichtigung hat diese seine Warnung in seiner Kirche nicht gefunden, eher ist zumindest hierzulande das Gegenteil eingetreten.
Nichts anderes findet in der evangelischen Kirche schon seit langem statt und nun eben auch in evangelikalen Kreisen. Verweltlichung ist eben auch der bequemere Weg, die Quittung aber wird kommen, spätestens nach unserem Tode. Gott ist eben nicht nur barmherzige LIEBE, sondern auch gerechter RICHTER. Über Gottes Gericht hört und liest man leider heutzutage fast nichts mehr. Aber es ist wahr, dass jeder Mensch dermaleinst vor dem Richtergott steht und sich vor IHM verantworten muss.
Wenn man allein das moderne Liedgut in vielen Kirchen und Gemeinden mit dem vergleicht, was man früher gesungen hat, dann sieht man daran schon wie oberflächlich vieler geworden ist. Jesus ist für manche Christen zu einem Kumpel geworden und nicht mehr der Herr aller Herren und der König der Könige. Jedenfalls hat man, wenn man etwas sensibler ist, die jetzige Entwicklung schon vor Jahren kommen sehen. Hat man da und dort etwas gesagt, dann galt man als seelisch Verletzer und wurde nicht ernst genommen. So wie heute jeder, der eine ganz sachlich andere als die herrschende politische Meinung vertritt, gleich als Nazi verschrieen wird. Man muss mit dem allem leben und seinen eigenen Weg suchen und gehen, denn es kann sein, dass man sonst ins Verderben kommt. Die heilige Schrift warnt uns vor vielem, was nicht göttlich ist.
Alles sehr interessant.
Unerklärt bleibt die Beobachtung, daß es diverse Leute gibt, die zwar das richtige Bekenntnis haben, sich aber gegenseitig zerfleischen. Zu Olaf Latzel gibt es diverse Videos, die ihn als Irrlehrer brandmarken. Michael Kotsch wird ständig aus eigenen Reihen beschossen. Nestvogel wurde mal entlassen, weil er angeblich die falsche Meinung über die Endzeit hatte. Schon 1998 wurde ProChrist mit Ulrich Parzany von der Bekenntnisbewegung Kein anderes Evangelium abgelehnt. Dietz war auch mal in dieser Gruppe, hat sich dann aber mit Schaudern ab- und der DEA zugewandt. Aufgrund extremer Irrlehrer-Jagd sind die „Bekenntnisevangelikalen“ schon seit Jahrzehnten untereinander zerstritten. Wo du da die Idee einer Einheit auf Basis eines gemeinsamen Bekenntnisses hernimmst, ist etwas schleierhaft.
Dietz wollte eigentlich nie etwas anderes als die Verbindung der Abwehr des horror vacui des materialistisch-nihilistischen Weltbildes einerseits mit linken politischen Ideen andererseits: Das Engagement für die Unterdrückten hat erst dann richtig Sinn, wenn sich nicht am Ende der Geschichte die Menschheit spurlos in Luft auflöst. Die Bibel bietet dieses Kombination. Allerdings stieß Dietz im Christentum zunächst auf dem Kirchentag auf Leute mit Polit-Engagement ohne richtigen Glauben und später bei den Bekenntnisevangelikalen auf Leute, deren Glaubenspraxis aus theologischer Prinzipienreiterei bestand.
Ich glaube, daß sich die Christenheit anhand der Homosexualitäts-Frage spalten wird. Die anderen Fragen, die du angesprochen hast, wie Bibelverständnis, scheinen viele Leute einfach nicht so stark zu bewegen.
Alles Gute!
„Ich glaube, daß sich die Christenheit anhand der Homosexualitäts-Frage spalten wird. Die anderen Fragen, die du angesprochen hast, wie Bibelverständnis, scheinen viele Leute einfach nicht so stark zu bewegen.“
Ich denke, genau das ist der Irrtum. Die ‚Homosexualitäts-Frage‘ ist eigentlich nur das Symptom des veränderten Bibelverständnis. Eine Spaltung anhand der H-Frage ist eine Spaltung anhand des Bibelverständnisses. Es ist dabei egal, ob das die Leute bewegt. Das eigentliche Problem wird von vielen nur nicht erkannt.
Gruß
Peter
PS: Daher haben Bibeltreue nicht Homosexualität als Thema, sondern „wie verstehe ich die Bibel“. Alles weitere leitet sich davon ab.
Aus der Sicht eines Bibeltreuen unterschreibe ich insbesondere Dein Postscriptum.
Allerdings komme ich mit einem großen „Aber“, denn meine Wahrnehmung ist, dass man auf beiden Seiten vom Pferd fallen kann. Wir haben in den allermeisten Gemeinden einige wenige Leute in Lehre und Leitung, der Großteil der Gemeindemitglieder ist nicht (mehr) so tief in der aktiven Bibelarbeit drin und orientiert sich an dem, was die jeweilige Leiterschaft oder die Wortführer vorbringen. Hält man die Wortführer für bibeltreu und übernimmt deren Meinung, dann hält man sich selbst auch für bibeltreu. Und somit kommen falsche Lehren und Irrtümer in die Gemeinde.
Man muss ja auch letztendlich feststellen, dass die Gemeindeleitungen gewählt und die Pastoren von der Gemeindeversammlung berufen werden. Die Gemeinde hat somit, mangels Unterscheidungsvermögen, die Verkündiger / Verkündigung falscher Lehre selbst gewählt. Und die Pastoren wählen ihre Bundesleitung, oder den Superintendenten, oder welche höheren Würdenträger auch immer aus ihrer Mitte. Der Fisch neigt also dazu, nicht nur vom Kopf aus zu stinken, sondern auch von der Schwanzflosse.
Spurgeon gab „Schwert und Kelle“ heraus, in Anlehnung an den Wiederaufbau Jerusalems. Mit der Kelle wurde Gemeinde gebaut, mit dem Schwert die Irrlehre / die Angriffe abgewehrt, und es gab das „Wächteramt“. Wir erleben in den Gemeinden Mangel. Mangel an gesunder Lehre, Mangel an Wächtern, Mangel in der persönlichen Beschäftigung mit der Bibel. Wir sind nicht mehr wie die Beröer, sondern lassen uns am Sonntag berieseln wie sonst Montags bis Samstags vom Fernseher.
Hinzu kommen noch andere Auswüchse. Ein freikirchlicher Gemeindebund träumte von 100 neuen Gemeinden in 10 Jahren. Schnell werden die Zahlen bestimmend für Entscheidungen, Quantität vor Qualität war zu befürchten, und David wurde nun auch nicht gerade vom HErrn gesegnet, als er eine Volkszählung anfing. Theologische Einrichtungen wurden von den Lehrinhalten so umgebaut, dass die Abschlüsse staatliche Anerkennung erfahren konnten, dafür mußten aber Lehrinhalte angepasst werden, die wieder vom Staat, also der Weltlichkeit, kamen. Und danach war es nicht mehr haltbar, dass Frauen zwar einen Abschluss erzielen konnten, aber nicht ordiniert wurden. Also kam die Frauenordination. Und as nächstes muss dann „Diversität“ gefeiert werden. Usw. usf..
Es ist da viel schief gelaufen, und es gab damals noch Wächter, aber deren Bedenken wurden ausgeblendet. In den Landeskirchen sehen wir den Niedergang seit 80, 90 Jahren, die meisten freien Gemeindebünde haben in den letzten 20 – 40 Jahren den Grundstein für den Einzug falscher Lehre gelegt, und in der katholischen Kirche wird auch durch „Maria 2.0“ und dem „Synodalem Weg“ gerüttelt.
Letzendlich sehe ich nur einen Weg: Dogmen festlegen, an denen in der Gemeinde / Bund / Denomination nie mehr gerüttelt werden darf. Das kann man von mir aus auch Bekenntnis nennen. Allerdings kommt das jetzt auch zu spät …
Hallo Markus,
Es ist schön, dass es zu der Erklärung “ gemeinsam für das Evangelium “ kam und es freut mich dass Du da auch unterschrieben hast. Neben dem Text ist fast noch wichtiger, wer sich alles hier zu einer Erklärung zusammengefunden hat. Neben Leuten die grundsätzlich sehr unkritisch zur DEA stehen sind auch Leute dabei die sehr wohl Kritik an der DEA haben. Das zeigt, dass sich hier ein relativ breites konservativ-evangelikales Bündnis gefunden hat. Es ist nur zu wünschen, dass sich möglichst viele hier wiederfinden können womöglich auch weit in den Bereich EAD unabhängiger Gemeinden hinein. Mich hat das ehrlicherweise schon etwas erstaunt nach vielen Äußerungen, die es von unterschiedlichen Seiten gegeben hat. Aber ich muss ja nicht alles verstehen. Auf jeden Fall ist das jetzt mal eine gute Nachricht.
Lieber Matze, liebe alle, sorry, dass ich unten etwas genervt reagiert habe. Es ist halt nicht so leicht, wenn man unter fast jedem Artikel lesen muss, dass man nicht konsequent genug sei oder so ähnlich. Ich wünsche mir so sehr, dass wir alle, die wir voll und ganz der Autorität der Heiligen Schrift vertrauen, zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen. Wir sind zwar nicht in allen Dingen gleicher Meinung. Wir haben unterschiedliche Positionen zu Taufe, Frauenordination, Umgang mit der evangelischen Kirche oder Charismatik. Ich hoffe darauf, dass wir trotzdem gemeinsam für das stehen, was uns doch allen so zentral wichtig ist: Die Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus. Das feste Vertrauen in das inspirierte, unfehlbare und irrtumslose Wort Gottes. Es stimmt, dass ich einen freundlichen und respektvollen Umgang suche mit Christen, die da nicht so klar stehen. Ich tue es, um möglichst viele zu gewinnen. Aber das heißt nicht, dass ich nicht völlig klare Positionen habe in Bezug auf die Autorität der Heiligen Schrift, gerade auch in Bezug auf ihre Aussagen zur Sexualethik und vor allem zum stellvertretenden Sühneopfer. Es wäre schön, wenn wir neben aller Kritik uns für diese gemeinsamen Ziele auch immer wieder gegenseitig Mut machen würden.
Hallo Markus,
Danke für Deine Nachricht. Wir sind alle mal genervt. Da brauchst Du Dir keine Gedanken zu machen. Ich sehe es auch so, dass wir in vielen Punkten einer Meinung sind. Der Punkt, der uns wahrschinlich unterscheidet will ich an einer Beispielgeschichte verdeutlichen. „Eine Erzieherin läuft mit einer Kindergartengruppe am See entlang. Sie hatte vorher über die Gefahren genau aufgeklärt. Nun ergab es sich, dass sich einige Kinder nicht daran gehalten haben und trotzdem nahe an das Wasser gingen. Natürlich ist sie hingegangen hat die Kinder am Arm gepackt und verhindert, dass Schlimmeres passiert ist. Ein Kind konnten sie leider nicht mitnehmen. Es hat sich sehr oft den Regeln im Kindergarten widersetzt. Damit war das Risiko zu groß es mitzunehmen “ Die Geschichte wird in vielem hinken, aber folgendes daran anschließend
– Ich habe es nicht nur einmal gesehen, dass von Leuten gesagt wurde: wenn wir in der Allianz oder ACK sind werden wir die Organisationen nach unserem Bild prägen. Passiert ist genau das Gegenteil: sie sind liberaler geworden
– Wie schätzt man die Gefahr ein, die von etwas ausgeht? Aus meiner Sicht müssen bei den Konservativen schon lange die Alarmglocken läuten. Wenn z.B. 30 % aller Evangelikalen nach einer INSA Umfrage eine öfters stattfindende Umorientierung, was das Geschlecht angeht als richtig ansehen, ist das doch ein schlimmes Alarmzeichen
– Es reicht nicht nur zu reden. Manchmal muss man auch ganz klare Linien aufzeigen und sagen bis dahin und noch weiter. Wo sind da die roten Linien bei Bibel und Bekenntnis und E 21. Ich erkenne die nicht. Oder wird auch noch akzeptiert, wenn irgendwann homosexuell lebende Pastoren in einer EAD Gemeinde ordiniert werden? Leute es ist 1 min. vor 12!!!!
– Wir werden nicht alle mitnehmen können. Wenn sich Leute bewusst vom Wirken des Geistes Gottes trennen müssen wir das von ihnen auch tun, weil sonst der Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert. Und an Sauerteig hat es gerade wirklich keinen Mangel
In diesen Punkten haben wir unterschiedliche Einschätzungen. Ich komme nach der Schrift zu der meinigen. Ich werde niemand was vorschreiben, aber wèrde da wo ich bin und wo ich Kontakte haben alles dafür tun, dass keiner ins Wasser fällt
Viele Grüße Matze
Das kann ich gut hören, was Du schreibst, lieber Matze. Die Alarmglocken läute ich seit meinem Worthausartikel im Jahr 2017 intensiv und seither immer wieder, z.B. mit meinem Artikel über „glauben lieben hoffen“. Die roten Linien markiere ich ganz klar mit den zentralen Bekenntnissen der Christenheit sowie der Glaubensbasis der Evangelischen Allianz. In der Sexualethik beziehen wir sonnenklar Position, ich zuletzt z.B. mit meinem IDEA-Artikel zu Coming-In. Mein Vorschlag an Dich und andere aus der ganz konservativen Ecke: Lasst uns verbunden bleiben, auch wenn wir uns manchmal mit Leuten abgeben, die ihr schon hochverdächtig findet! Seid gerne die „Wächter auf der Mauer“, die darauf achten, dass genau das nicht passiert, was Du befürchtest, d.h. dass wir nicht liberaler werden und keine Grundsätze preisgeben. Und ich freue mich, wenn ihr für Leute wie Uli Parzany oder auch mich betet. Herzliche Grüße, Dein Markus
—Ich hoffe darauf, dass wir trotzdem gemeinsam für das stehen, was uns doch allen so zentral wichtig ist: Die Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus. —
Das klingt fast ein bischen manipulativ, um deine Träume von Einheit mitzutragen.
Meine Liebe zu Jesus ist die Wahrheit, eine klare Trennung von den Gestalten die Gott, Jesus und Seine Nachlolger lästern und die Wahrheit in Lüge verkehren,
ich empfehle dir die heutige Predigt ,,geht hinaus aus ihr, mein Volk“, anzuhören. Es geht in der Predigt um die Anpassung an den Zeitgeist, und wie Paulus die klare Trennung vollzogen, und warum er sie vollzogen hat.
Das Wort Gottes ist eine Kraft die nicht zertreten werden darf. Denn das ist es, was heute mit viel Liebe gepflegt wird. Die Wahrheit wird geschwächt, sie wird zertreten in der Öffentlichkeit, vor aller Augen und Ohren. Die Vollmacht des Wortes stirbt an den endlosen Diskussionen. Das Wort lässt sich nur bezeugen, und wir sollten Gott den Raum überlassen, es dient nicht dazu Menschen zu überzeugen, oder dem Wort durch eigene Entschlossenheit Vollmacht zu verleihen.
Wir werden nicht lächerlich gemacht, wir machen uns selbst lächerlich wenn wir mit aller Kraft versuchen Irrlehrer von der Wahrheit zu überzeugen.
https://odysee.com/@efkriedlingen:a/2022-10-23:0
Es geht nicht darum, Irrlehrer zu überzeugen, sondern Menschen zu gewinnen, denen Orientierung fehlt und die suchend sind. Aber es ist O.K., ich werde Dich wohl nicht überzeugen. Und gleich gar nicht will ich irgendjemand manipulieren.
Hallo Markus,
Es würde sehr viel zu sagen zu geben zu deinen beiden letzten Statements, da Du Dich da leider etwas verheddert hast:
– verbunden in der Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus kann auch nur symbolisch verstanden werden. Deshalb gehört hier unbedingt dazu „sein Erlösungswerk um von Schuld und Sünde zu befreien und den Zugang zu Gott wiederherzustellen“.
– Du willst keine Irrlehrer überzeugen, richtig. Aber das ist ja Definitonssache. Ist Siegfried Zimmer denn ein Irrlehrer?
– Du verortet mich in der Ecke der Konservativen. Das verwundert mich. Müssten denn dann nicht im Sinne von Bewahren der Schrift die Leute von Bibel und Bekenntnis und E 21 dort zu finden sein?
– zu den hochverdächtigen: ich habe immer wieder Begegnungen mit anderen Christen, die Du aus meiner Sicht dort einordnen würdest. Dort versuche ich klar Stellung zu beziehen. Ich bete gerne für Deine Begegnungen mit ähnlichen Leuten, aber nicht dafür, dass aus einem konservativen Verständnis ihnen nicht die Grenzen gezeigt werden.
– Auf den Schritt den Leuten Einhalt zu gebieten bist du nicht eingegangen. War das Absicht oder ein Versehen? Das gehört nämlich auch dazu und das heisst notfalls nicht nur auf sondern auszutreten um dem Evangelium treu sein zu können.
Genau lesen: Ich habe Dich in der Ecke der „ganz Konservativen“ verortet. Selbstverständlich bin ich auch ein Konservativer.
—Es geht nicht darum, Irrlehrer zu überzeugen, sondern Menschen zu gewinnen, denen Orientierung fehlt und die suchend sind.—
Lieber Markus
Du diskutierst ja nicht und stellst deine Beiträge vor um orientierungslose und suchende Menschen zu erreichen die noch keine Position eingenommen haben, sondern mit denen die ein anderes, ein neues Evangelium in die Köpfe der Menschen bringen wollen, die alles konservative abschmettern.
Ist das Irrlehre?
Der freundliche Umgang mit denen (wie Sergej schon erwähnt) kann auch eingesetzt werden um den/die Gesprächs-Partner nicht zu verlieren, darum ist Selbstprüfung wichtig, ob man nicht schon in die Verführung hineingeschliddert ist.
Denn wenn man betrachtet wie Jesus mit den Pharisäern und Schriftgelehrten umgegangen ist, da sehen wir nicht Freundlichkeit, aber klare Ansage, ER sagt ihnen wer sie sind, bezeugt ihnen ihre Boshaftigkeit und das sie den Teufel zum Vater haben, und warum? weil sie den orientierungslosen und suchenden das Himmelreich verschließen. Jesus macht also deutlich; zuerst da die rote Linie zu ziehen, wo das Unheil herkommt, und dann sich den suchenden Menschen zu zuwenden. Ansonsten vergrößert sich das Unheil und Menschen versinken in einen Brei von Orientierungslosigkeit.
Deine Leidenschaft nach Einheit, was hat sie bisher hervorgebracht? Christen verlassen reihenweise die Kirchen und Gemeinden, ,,werden orientierungslos“ und suchen ,,misstrauisch geworden“ nach bibeltreuen Christen um sich zusammen zu schließen. ,,Das“ ist heute das große Problem. Du sagtest mal, du fühlst dich wohl in deiner Gemeinde, warum ist das so? Nun, wenn man niemandem auf die Füsse tritt, mit allen Freund sein will (wegen der Einheit), dann kann man sich wohlfühlen, ich nehme aber wahr das du dich hier in der Diskussion nicht so wohlfühlst, weil nicht alle deiner Meinung sind.
Jesus hat zuerst die Menschen von den Ketten der Pharisäer gelöst (die Jünger hielten sich nicht an die Vorschriften, sie rauften am Sabbat Ehren aus). Jesus hat Seine Lehre nicht mit der Lehre der Schriftgelehrten zur Diskussion gestellt.
Ich fühle mich auch nicht wohl, wenn Leute nicht meiner Meinung sind. Aber es ist wie auf der Arbeit mit den Mitarbeitern:
– Entweder habe ich Recht mit meinen Ausssagen, kann das aber nicht vermitteln, also ist es mein Problem
– Oder ich könnte Unrecht haben, mag mich aber nicht bewegen, also ist es auch mein Problem
Da muss man durch. Und ich finde den Ansatz von Markus in den letzten Beiträgen gut passend: wir sind jetzt hier in der Diskussionen nicht immer einer Meinung, aber wir hören uns gegenseitig zu und beten füreinander (und für uns selbst sicherlich auch). Oder um es im zeitgeistgeprägten Neuhochdeutsch zu sagen: wir Christen neigen nicht zur „Cancel-Kultur“, würden die aber anwenden, wenn es im Umgang mit Irrlehrern gar nicht mehr anders geht. Wobei ich denke, dass wir auch gerne mal von „den anderen“ gecanceled werden noch bevor wir soweit sind, die Kommunikationskanäle zurückzufahren.
Wir wissen auch, dass sich in Diskussionen eine von beiden Seiten irren kann, oder beide Seiten, oder sogar gar keine Seite, weil unsere Kommunikationsfähigkeiten zur Darstellung unserer Meinung begrenzt sind, oder aber auch, weil Gott uns an unterschiedliche Stellen mit unterschiedlichen Aufgaben gesetzt hat, durchaus auch mit unterschiedlichen Erkenntnissen.
Wir dürfen schon davon ausgehen, dass das Gegenüber auch den Willen hat, das Wort Gottes richtig zu verstehen, danach zu leben und zu handeln, und der Heilige Geist dort weht (Der weht, wie und wo er will, das gilt auch für uns). Leider vermittelt uns die Welt ein anderes Bild, sie unterstellt, dass derjenige, der eine andere Meinung zu einem Thema hat als wir, immer „das Böse“ ist oder vertritt. Wir sollten aufpassen, dass wir diese Diskussions- und Abgrenzungskultur der Gesellschaft nicht unbewußt übernehmen. Wir wissen ja auch aus der Schrift, dass ein Gemeindeausschluss keine leichtfertig durchgeführte Sache sein darf.
Bei all den Abgrenzungen, die auch Paulus gerne gezogen hat, gab es aber auch Diskussionen, die er als gar nicht sinnvoll ansah: welche Festtage soll man halten, wie sieht es mit Opferspeisen aus, …, Röm 14 ist da recht interessant zu lesen.
– Herr, gib uns Weisheit, uns nicht um Nebensächlichkeiten zu streiten, aber die Irrlehrer/n trotzdem zu erkennen und nicht in die Gemeinde kommen u lassen. –
Kurzum – das Setzen von roten Linien halte ich für erforderlich, für biblisch begründet und erforderlich, und ich bin auch ab irgendwann nicht mehr bereit, mich immer wieder mit den gleichen Leuten und / oder den gleichen Argumentationen zu befassen, die diese Linien verschieben wollen. Und vormals sich konservativ gebende Menschen, die plötzlich diese Linien überschreiten, kann ich nur warnen, vielleicht noch nachfassen, ob sie neue Erkenntnisse aus der Schrift haben, die ich übersehen habe, aber mir hat es der Geist nicht auferlegt, diesen Menschen endlos nachzugehen. Im Gebet sicherlich schon, aber nicht in fruchtlosen Diskussionen. Andere mögen diese Aufgabe bekommen haben, ich bin anderweitig „beauftragt“.
Und von mir aus kann man die roten Linien auch als „Bekenntnis“ bezeichnen. Allerdings sind manche Menschen ganz geschickt in einer Wortwahl, die alle möglichen Interpretationen zuläßt, und das vermeintlich bindende Bekenntnis eint dann doch nicht so wie gedacht.
Weniger Spielraum hätte man, wenn man sich Schriften wie z.B. den Heidelberger Katechismus als Grundlage nehmen würde. Den könnte man durchaus hernehmen, um auch abweichende Erkenntnisse / Diskussionen in vielleicht nicht ganz so wesentlichen Fragen zu dokumentieren (Beispiel: wir entnehmen folgenden Bibelstellen mit folgender Auslegung, dass Kindertaufe / oder nur Erwachsenentaufe der richtigere Ansatz sind.) Oder man einigt sich auf ein umfassenderes Glaubensbekenntnis – das muss ja nicht gleich so umfassend und abgrenzend sein wie z.B. das von Lothar Gassmann veröffentlichte Bekenntnis (google ist Dein Freund, ich will hier nichts verlinken), auch das wäre ein Ansatz.