In den Psalmen wird nicht nur gebetet, geklagt, gedankt. Manchmal geht es so richtig ans Eingemachte. Manchmal sind die Psalmen heftiger und schrecklicher als wir uns auch nur zu denken wagen. Manchmal haben sich Psalmisten ganz besondere Lynchmethoden für ihre Feinde ausgedacht, die eher an „Texas Chainsaw Massacre“ erinnern als an Lobpreissongs.
23 Ihr Tisch vor ihnen soll zur Schlinge werden und zum Fallstrick den Sorglosen! 24 Ihre Augen sollen finster werden, dass sie nicht mehr sehen, und ihre Lenden sollen allezeit wanken. 25 Gieße deinen Grimm über sie aus, und die Glut deines Zorns erfasse sie; 26 ihre Wohnstätte soll verwüstet werden, und in ihren Zelten wohne niemand mehr!
(aus Psalm 69)
oder
7 O Gott, zerbrich ihnen die Zähne im Maul; HERR, zerschmettere den jungen Löwen das Gebiss! 8 Lass sie zerrinnen wie Wasser, das sich verläuft! Legt er seine Pfeile an, so seien sie wie abgeschnitten! 9 Sie sollen sein wie eine Schnecke, die dahingeht und zerfließt, wie die Fehlgeburt einer Frau, welche nie die Sonne sah!
(aus Psalm 58)
Wer sucht, wird noch eine Reihe mehr davon finden.
Was machen wir damit?
Wer sind unsere Feinde? Es gibt hierauf eine doppelte Antwort. Wenn du keine menschlichen Feinde hast, die dir etwas so Schlimmes antun, dass du dich danach sehnst, so zu beten, dann sei dankbar. Aber versuche nicht, diese Psalmen weg zu erklären oder aus deinem Gedächtnis zu streichen. Wir haben sie nötig.
tl:dr Wenn wir die Rachepsalmen wegerklären oder auslassen, berauben wir die Menschen, die Schlimmes durchmachen, an Worten und Gebeten und zwingen sie dazu, das Leid in sich hineinzufressen. Der Doppelpunkt der Rachepsalmen ist immer: Die Rache gehört Gott. Wir geben sie an Ihn ab, der gerecht richtet.
Wenn ich daran denke, was viele Menschen in ihrem Leben durchgemacht haben, wie viele Frauen schon als junge Mädchen darauf getrimmt wurden, wie „normal“ es angeblich sei, dass Männer und ältere Verwandte mit ihren Körpern tun dürfen was ihnen gefällt, was es für angeblich „normale“ „Spiele“ gibt, die sie daran gewöhnen, andere an ihre intimen Bereiche fassen zu lassen, wenn ich bedenke, wie viele schon früh sexuell missbraucht wurden und werden, oder wenn Menschen zur Prostitution gezwungen werden, dann verstehe ich auch, wo diese Psalmen ihren Platz in unserer Zeit haben.
Die Rachepsalmen sind kein Freibrief für Selbstjustiz. Sie sind Gebete, die Gott darum bitten, gerecht zu sein und ihnen und ihren Widersachern Recht und Gerechtigkeit zu geben. Sie sind legitime Gebete für Menschen in Ausnahmesituationen. Interessant ist, dass Jesus am Kreuz keinen Rachepsalm gebetet hat. Im Gegenteil – ER betete: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Jesus wusste, dass die Menschen, die Ihm das antaten, von einem Höheren angestiftet wurden.
Der ultimative Feind
Jesus wusste, dass der ultimative Feind nicht der Mensch ist, der etwas Böses tut. Der Mensch ist zwar für seine Taten verantwortlich und wird von Gott dafür zur Rechenschaft gezogen, aber wie Paulus schreibt: Unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Mächte Satans. (vgl Epheser 6:10ff)
Und hier komme ich zur zweiten Antwort. Der ultimative Feind ist nicht der Mensch, sondern der gefallene Engel Luzifer, der als zweithöchstes Wesen den Platz Gottes einnehmen wollte und stattdessen zum Verkläger und Durcheinanderbringer der Menschen wurde, sie zum Ungehorsam und allen Arten von Übeln anstiftet. Deshalb haben die Rachepsalmen auch eine geistliche Ebene.
Am Ende wird dieser Widersacher tatsächlich in einem Akt, der durchaus aus einem der Texas Chainsaw Massacre Teilen stammen könnte, vernichtet – aber in Ewigkeit. Ohne Ende. Die Hölle, der Ort, an welchem Gott alles Gute entzieht und nur noch den Zorn zeigt, wird für den ultimativen Feind und alle seine Helfershelfer bereitet. Wie eine Schnecke, die in der Sonne austrocknet und nach Feuchtigkeit lechzt – doch ohne ein Ende in Sicht. Da ist dann die ultimative Gerechtigkeit für den ultimativen Feind, nach der sich die Psalmisten sehnen.
Der Beitrag Weg mit den Rachepsalmen? erschien zuerst auf Jonas Erne – Blog.
Dieser Blog-Beitrag von Jonas Erne erschien zuerst auf Jonas Erne - Der Blog . Lies hier den Original-Artikel "Weg mit den Rachepsalmen?".
Hallo Jonas.,
wenn ein Mensch solch einen schweren Missbrauch erlebt hat, ist es glaube ich schon hilfreich die Thematik – wahrscheinlich aus der Erfahrung auch aggressiv – anzusprechen, auszusprechen was vorgefallen ist. Also anzuschuldigen.
Kommt es allerdings nicht zur Vergebung dieser Sünden — also, dass die Gepeinigte dem Peiniger vergibt, selbst wenn der gar nicht danach fragt — wird der Person selbst nicht vergeben.
Iss auch nichgut.