Parzany, Ulrich, Was nun, Kirche? Ein großes Schiff in Gefahr, SCM Hänssler, Holzgerlingen, 2017, Verlagslink, Amazon-Link
Vielen Dank an den Hänssler-Verlag für das Rezensionsexemplar.
“Die Krise der Kirchen ist im Kern eine Krise der Verkündigung. Und die Krise der Verkündigung ist dadurch entstanden, dass das Vertrauen in die Autorität der Bibel verschwunden ist. Darüber zu sprechen, scheint in den Kirchen ein Tabu zu sein.”(S. 41)
Der Evangelist und evangelische Pfarrer Ulrich Parzany stellt fest, dass zwischen dem Personal der Kirchen und den Gottesdienstbesuchern eine immer größer werdende Kluft besteht. Die Entfremdung nimmt zu, die Gottesdienste werden leerer und weniger besucht. In seinem neuen Buch macht er sich auf die Suche nach den Hintergründen dieser Entfremdung und deckt auf, wie wenig tatsächlich über die eigentlichen Inhalte der Theologie gesprochen wird.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Frage: Wer und was ist die christliche Kirche? Was sind deren Kennzeichen? Was ist ihre (und Gottes) Mission? Parzany kommt zum Schluss, dass weltweit die Feindschaft gegenüber der christlichen Kirche gewachsen ist, und sie gerade dort erweckliche Aufbrüche erlebt, wo der Glaube an Jesus Christus verfolgt wird.
Im zweiten Kapitel geht es um die Frage, woran die evangelischen Kirchen kranken. Anders gesagt: Wo liegt das Problem, warum sie eher schrumpfen, anstatt – wie es ganz natürlich wäre – zu wachsen. Das Zitat, welches ich an den Beginn der Rezension gestellt habe, bringt dieses Problem sehr schön auf den Punkt: Es ist eine Krise der Verkündigung, die durch eine Glaubenskrise entstanden ist – weil zunehmend mehr Prediger Gottes Wort kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Sehr treffend bezeichnet Parzany auf S. 49 die Bibelkritik als „Krebsschaden der Kirche“. Er zeichnet die Geschichte der Bibelkritik in wenigen Absätzen nach, und zeigt auf, wie diese die heutige evangelische Kirche nicht nur unterwandert hat, sondern geradezu beherrscht.
An der Stelle möchte ich einen Kritikpunkt am Buch anbringen. Parzany beschreibt sehr vieles korrekt – und doch hat man zuweilen das Gefühl, das Buch sei zu schnell geschrieben worden. Das Unterkapitel ist wunderschön mit „Bibelkritik – der Krebsschaden der Kirche“ überschrieben, doch dann geht der Autor nicht weiter auf dieses treffende Bild ein. Er überlässt es dem Leser, diesen Zusammenhang zu erkennen. So gibt es immer wieder korrekte, aber im Buch nicht ausreichend erklärte, Schlagworte, die es leider seinen Gegnern leicht machen, ihn als polemisch und unbegründet zu diskreditieren. Auch hätte ich mir das vorliegende Kapitel mit der Geschichte der Bibelkritik etwas ausführlicher gewünscht, da es manche – für Kenner der Geschichte natürlich selbstverständliche – Gedankensprünge enthält, die für manche Leser einfach besser begründet werden sollten.
Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden noch mehr Kontroversen angesprochen – wie etwa jene um den interreligiösen Dialog, den stellvertretenden Sühnetod Jesu, die „Ehe für Alle“ und die Taufpraxis. Bei all diesen Themen fasst sich Parzany sehr kurz – vermutlich zu kurz, um jemanden überzeugen zu können, der anderer Meinung ist. Vielleicht ist dies beim vorliegenden Buch aber auch nicht so wichtig.
Das dritte und vierte Kapitel finde ich superspannend. Hier beschreibt der Autor, warum er trotz allem immer noch in der evangelischen Kirche ist. Er versucht, ein „Baugerüst“ zusammen zu stellen, auf das kommende Generationen wieder Gottes Kirche bauen können. Man muss es erst mal selber lesen, denn Parzany ist ein Mann, der keineswegs pessimistisch ist, vielmehr ist er voller Hoffnung für die Zukunft. Und deshalb muss ich zum Schluss noch ein Wort an die zahlreichen Spötter und Kritiker richten, die ihm vorwerfen, die Kirche spalten zu wollen. Nicht Parzany ist es, der die Kirche spaltet, sondern Bibelkritiker spalten die weltweite christliche Kirche, indem sie die Grundlage des Glaubens, nämlich die Bibel als Gottes Wort, verlassen und sich eigene Bibeln basteln. Der Glaube an Jesus Christus, den wir nur aus der Bibel in ihrer Ganzheit haben können, ist es, was alle Christen aller Zeiten und Kulturen miteinander verbindet. Deshalb wünsche ich jedem Gemeindebund einen Ulrich Parzany, der hoffnungsvoll und mit großer Klarheit zu einer neuen Reformation ruft – zu einer Rückkehr zum Jesus Christus der Bibel, die in ihrer Gesamtheit Gottes Wort ist.
Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen / Punkten
Zusammenfassung: Es ist ein lesenswertes Buch, das sehr viele gute Kritikpunkte enthält und zugleich Mut für eine erneute Reformation macht. Es hätte aber ruhig in manchen Abschnitten ausführlicher und exakter begründet geschrieben werden dürfen.