Kirche wohin? – 9,5 Thesen zur Situation und zur Zukunft der (evangelischen) Kirche

Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung des Vortrags „Kirche wohin? Herausforderungen und Chancen der Kirche heute“, der am 20.10.2023 im Rahmen eines Themenabends der Lebendigen Gemeinde Christusbewegung in Pfalzgrafenweiler gehalten wurde.

Wie kann die evangelische Kirche Zukunft haben? Zu dieser Frage gibt es unzählige, sich vielfach widersprechende Ideen und Vorschläge. Was aber vollkommen fehlt, ist eine gemeinsame Vision. Das beklagte jüngst auch Prof. Volker Gäckle, der Rektor der Internationalen Hochschule Liebenzell: „Was wir in dieser historischen Situation brauchen, ist eine überzeugende theologische Deutung der Situation, Einigkeit und Entschlossenheit in den entscheidenden Gremien, Veränderungsfähigkeit auf allen Ebenen und eine größere Geschwindigkeit in den nötigen Prozessen … und kein Allotria!“[1] Das ist ohne Zweifel richtig. Die Frage ist nur: Woher soll die Einigkeit und Geschlossenheit kommen?

Gegründet wurde die evangelische Kirche einst auf der Basis: Sola Scriptura! Allein die Schrift soll regieren. Sie soll Richtschnur und Maßstab für die Kirche sein. Und auch heute noch gilt: Die gemeinsame Orientierung an der Heiligen Schrift ist die einzige Chance, um dem heillosen Meinungswirrwarr wenigstens teilweise entkommen zu können. Die dringend notwendige „überzeugende theologische Deutung“ als Grundlage für Einigkeit und Entschlossenheit kann die Kirche nur dann finden, wenn sie vor allem eines tut: Gemeinsam die Bibel aufschlagen und mit offenem Herzen hören, was Jesus, der Herr der Kirche, ihr zu sagen hat.

In Johannes 15, 1 – 10 finden wir eine Rede Jesu[2], die in sehr verdichteter Form entscheidende Hinweise zur Situation und zur Zukunft der Kirche geben kann. Dieser Artikel leitet aus diesem Abschnitt neun Thesen ab sowie einen zusätzlichen Hinweis zur Situation und zur Zukunft der Kirche. Er hat dabei primär die evangelische Kirche im Blick. Die neun Thesen und der zusätzliche Hinweis sind aber natürlich generell für alle Denominationen gültig.

1. Fokus Zeitenwende: Die Zukunft gestalten, statt nur den Niedergang zu verwalten!

„Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt reichlich Frucht.“ (V. 5)

Jesus sagt also: Seine Nachfolger sind Fruchtbringer! Man erkennt sie daran, dass in ihrem Umfeld etwas Positives wächst. Tatsächlich haben sich die Jünger Jesu als extrem fruchtbar erwiesen. Innerhalb von nur drei Jahrhunderten haben sie die Botschaft Jesu durch die ganze damals bekannte Welt getragen. Sie haben überall Gemeinden gegründet. Das Christentum ist trotz massiver Widerstände derart schnell gewachsen, dass die Machthaber schließlich sagen mussten: Wir können den christlichen Zug nicht stoppen. Dann setzen wir uns eben selbst ins Führerhaus. Wir machen das Christentum zur Staatsreligion.

Was dann geschah, bezeichnen wir heute als die „konstantinische Wende“: Aus einer Freiwilligen- und Minderheitenkirche wurde eine Staats- oder Volkskirche, wie wir heute sagen. Die Folge war: Plötzlich mussten die Kirchenleiter keine Frucht mehr bringen. Wenn das ganze Volk schon per Definition zur Kirche gehört, dann muss man nicht mehr evangelisieren. Oder um es im Bild des Weinstocks zu sagen: Man muss sich nicht mehr mit Wachstum und Frucht beschäftigen, wenn der Wein jeden Sonntag frei Haus geliefert wird. Die Leute kommen zur Kirche, ob man sich um sie bemüht oder nicht.

Dieses System hat viele Jahrhunderte lang funktioniert. Aber seit rund 70 Jahren leben wir in einer Zeitenwende. Die wachsende Individualisierung und Säkularisierung hat zur Folge, dass Staat und Gesellschaft in Bezug auf Glaube und Religion keine Vorgaben mehr machen. Jeder entscheidet selbst, was er glauben möchte. Auch die Eltern überlassen es ihren Kindern, wie sie es mit Glaube und Kirche halten wollen. Die Folge ist: Die konstantinische Wende wird rückabgewickelt. Das „Volk“ läuft den großen Kirchen in Scharen davon. Sie sind faktisch schon jetzt wieder Minderheiten- und Freiwilligenkirchen.

Volker Gäckle prognostiziert, dass die evangelische Kirche sich bereits in den nächsten 10 bis 17 Jahren noch einmal halbieren wird.[3] Entsprechend wird auch der Zufluss an Kirchensteuermitteln immer dünner. Im Bild gesprochen: Die Kiste Wein, die uns jahrhundertelang frei Haus geliefert wurde, wird jedes Jahr kleiner. Und deshalb fragen wir uns: Wie können wir denn unser parochiales, volkskirchliches System weiter aufrechterhalten? Wie können wir weiterhin in jedem Ort Gottesdienste, Trauungen, Beerdigungen usw. anbieten, wenn wir doch immer weniger Personal und immer weniger Finanzen haben? Diese Frage bindet unsere Gedanken und unsere Kräfte. Wir sind beschäftigt damit, den Niedergang zu verwalten.

Dabei bin ich überzeugt: Eigentlich ist diese Zeitenwende keine Katastrophe. Dass die Kirche die dominante Mehrheit darstellt, ist biblisch, historisch und weltweit gesehen doch ohnehin eine seltene Ausnahme. Die Normalität ist: Kirche Jesu war und ist zuallermeist eine Minderheiten- und Freiwilligenkirche. Sie existiert dort – und nur dort – wo Menschen Frucht bringen, weil sie das Evangelium verkünden und weil sie Gemeinden gründen und bauen.

Natürlich müssen wir uns in der evangelischen Kirche mit den vielen praktischen Fragen beschäftigen, die sich aus der kollabierenden Mitgliederzahl ergeben. Aber wäre es für unsere Zukunft nicht noch erheblich wichtiger, dass wir uns fragen: Wie schaffen wir eine gesunde Grundlage dafür, dass wir als Minderheiten- und Freiwilligenkirche eine Zukunft haben?Sollte das nicht sogar die dominante und vorherrschende Frage sein, wenn wir als evangelische Kirche eine Zukunft haben wollen? Die folgenden acht Thesen befassen sich jedenfalls mit genau dieser Frage. Und sie lenken den Blick zunächst auf die zentrale Bedeutung der lokalen Ortsgemeinde:

2. Fokus Gemeinde: Der Aufbau profilierter Gemeinden ist alternativlos!

„Die Herrlichkeit meines Vaters wird dadurch sichtbar, dass ihr viel Frucht bringt und euch so als meine Jünger erweist.“ (V. 8)

Jesus sagt also: Die Schönheit, die Kraft, die Herrlichkeit Gottes wird für die Menschen sichtbar durch Menschen, die durch ihr Leben und ihren Umgang miteinander etwas davon sichtbar werden lassen. Der antike Kirchenschriftsteller Tertullian schrieb im zweiten Jahrhundert, dass über die Christen folgendes gesagt wurde: „Siehe, wie sie sich untereinander lieben!“[4] Ganz offenkundig waren die Christen auffällig anders. Und das wurde vor allem sichtbar in den christlichen Gemeinden.

Insgesamt fällt im Neuen Testament auf: Ortsgemeinden sind im Fokus! Viele neutestamentliche Briefe richten sich an Gemeinden. Auch die Sendschreiben in der Offenbarung richten sich nicht etwa an die Kirche in Kleinasien oder an bestimmte Kirchenleiter, sondern an Ortsgemeinden. Tatsächlich war die Gründung und der Aufbau von Ortsgemeinden DIE zentrale Missionsstrategie der jungen Kirche. Und weltweit sehen wir: Auch heute noch sind profilierte Gemeinden alternativlos. Und mit „profiliert“ meine ich: Gemeinden wachsender Kirchen sind nicht nur einfach ein Abbild der Gesellschaft. Sie machen einen Unterschied! Sie spiegeln etwas wieder vom Wesen Gottes.

Volker Gäckle schreibt deshalb zurecht: „Was wir brauchen, sind qualitative Kriterien für intakte und aufbruchsfähige Gemeinden mit einem dynamischen Gemeindeleben, die dann, wenn alle Pfarrpläne ausgereizt sind, neu anfangen können.“[5] In der Tat: Genau das ist letztlich DIE Überlebensfrage für die Kirche! Wir werden die Kirchenaustritte nicht stoppen können, gleich gar nicht durch die Anbiederung an zeitgeistige Milieus. Im Gegenteil: Die Politisierung unserer Kirche beschleunigt die Austrittsdyanmik nur noch mehr. Wir verbauen den Menschen den Zugang zum Evangelium, wenn wir es mit einer bestimmten politischen Meinung verbinden. Ich finde es deshalb bestürzend, wenn die Tagesordnung so mancher Synoden eher zu einem Parteitag passt. Die Zukunft der Kirche hängt nicht von politischen Fragen ab, sondern vor allem davon, ob es ihr gelingt, vor Ort lebendige, attraktive, profilierte Gemeinden zu bauen.

Deshalb frage ich mich: Wo und wie kümmern wir uns um den Aufbau profilierter, attraktiver Gemeinden, in denen die Herrlichkeit Gottes und die Schönheit des Evangeliums sichtbar und spürbar wird? Ja, wir kümmern uns darum, dass überall noch der Laden läuft. Wir kümmern uns darum, dass am Sonntag an jedem Ort noch jemand die Orgel spielt und eine Predigt gehalten wird. Aber zugleich ist meine Wahrnehmung: Es wird immer schwieriger, profilierte Gemeinden zu bauen. Denn was passiert im Moment? Gemeinden werden zusammengelegt. Pfarrer müssen zunehmend übergemeindlich denken und kooperieren. Dass wir vor Ort eine Gemeindeleitung haben, in der ein Pfarrer und die Gemeindeleitung gemeinsam langfristig eine biblisch profilierte Gemeinde entwickeln, das ist immer seltener möglich. Diesen Missstand müssen wir dringend ändern, wenn wir als evangelische Kirche eine Zukunft haben wollen.

3. Fokus Fruchtbarkeit: Wir brauchen die Konzentration auf das, das Wachstum hervorbringt!

„Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er weg, und jede, die Frucht bringt, schneidet er zurück und reinigt sie so, damit sie noch mehr Frucht bringt.“ (V. 2)

Gott macht also zwei Dinge: Er reinigt das, was Frucht bringt. Und er schneidet weg, was keine Frucht bringt. Wie machen wir das in unserer Kirche? Meine Wahrnehmung ist: Die Frage, ob in einer Gemeinde der Gottesdienst leer oder voll ist, ob es ehrenamtliches Engagement gibt, ob es Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit gibt, ob die Gemeinde evangelistisch aktiv ist oder nicht, das spielt bei der Verteilung von Stellen und Ressourcen in der evangelischen Kirche keine Rolle. Wir versuchen nicht einmal, unsere Kräfte auf solche Aktivitäten zu konzentrieren, die tatsächlich Frucht bringen. Wir spüren zwar, dass wir an vielen Stellen neue Angebote bräuchten, um die Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Aber weil wir nicht den Mut haben, Bestehendes zu kürzen oder zu streichen, haben wir auch keine Kraft für Neues. Und meine Frage ist deshalb: Müssten wir nicht viel konsequenter alles das reduzieren, was sich totgelaufen hat, damit wir das fördern können, was wirklich Frucht bringt?Volker Gäckle bringt es so auf den Punkt: „Wir brauchen den Mut zum würdigen Abschied und Ende von dem, was sich überlebt hat.“[6]

4. Fokus Jesus Christus: Die Liebe zu Jesus muss das Zentrum sein!

„Getrennt von mir könnt ihr gar nichts bewirken. … Ich habe euch genauso geliebt, wie der Vater mich geliebt hat. Bleibt in meiner Liebe!“ (V. 5+9)

Das ist bei weitem nicht die einzige Bibelstelle, in der deutlich zum Ausdruck kommt, wie zentral die Liebe zu Jesus ist. Jesus sagt sogar: Gott zu lieben von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit ganzer Kraft ist das Wichtigste überhaupt. (Mk. 12,29-39) Deshalb frage ich mich: Wo steht es in unserer Kirche um die Liebe zu Jesus? Wo spürt man uns die innige Verbindung mit ihm ab?

Ulrich Parzany hat vor kurzem geäußert: „Ich beobachte seit längerer Zeit, dass es Predigten in evangelischen Gottesdiensten gibt, in denen Jesus gar nicht vorkommt. Das trifft aus meiner Sicht auch für viele kirchliche Äußerungen zu. Natürlich ist das meine subjektive Wahrnehmung. Ich wäre froh, wenn mir nachgewiesen würde, dass ich mit dieser Behauptung falsch liege. Ich halte diese Jesus-Vergessenheit – ich nenne sie Jesus-Demenz – für eine tödliche Seuche.“[7]

Ich kann diese Beobachtung leider nur bestätigen. Schon vor einigen Jahren hatte die EKD ein Internetportal aufgesetzt, um Menschen für den Pfarrberuf zu begeistern. Beim Durchklicken der Seiten fiel mir auf: In den über 40 Artikeln kam das Wort „Jesus“ überhaupt nur zweimal vor: In einer Erläuterung der synoptischen Evangelien. Und in einem Artikel unter der Überschrift „Geistliche Kuriositäten“. Seither frage ich mich: Was soll aus unseren Gemeinden werden, wenn Jesus bei der Anwerbung von Gemeindeleitern offenkundig kaum eine Rolle spielt? Denn wenn wir Jesus ernst nehmen, dann ist Jesus-Demenz absolut tödlich für die Kirche! Denn sie raubt ihr ihre Fruchtbarkeit.

Aber auch wenn wir den Begriff Jesus oft auf den Lippen haben, heißt das noch nicht, dass wir Jesus wirklich lieben. Wenn wir nur eine dogmatische Rechtgläubigkeit haben, die aber nicht getränkt ist in der Liebe Gottes, dann wird Glaube oft hart und gesetzlich. Dann werden Gemeinden kalt und abstoßend. Deshalb macht Jesus so deutlich: Nur wo Menschen unterwegs sind, die Jesus wirklich lieben, ist echte Frucht und echtes Wachstum zu erwarten. Dort – und nur dort – hat Kirche Zukunft.

5. Fokus Gottes Wort: Ohne Vertrauen in die Inspiration der Schrift gibt es keine Kirche!

„Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann…“ (V. 7)

Jesus betont hier einen Doppelklang: Wir sollen in IHM bleiben, das heißt: In ihm als Person, die heute lebendig ist und an den wir uns im Gebet jederzeit wenden können. Aber zugleich gilt: Auch seine Worte müssen in uns bleiben! Damit sind natürlich nicht nur biblische Jesuszitate gemeint. Die Bibel selbst macht immer wieder klar: Jesus ist Gott. Und die ganze Bibel, bestehend aus Altem und Neuem Testament, ist sein Wort.[8] Und Jesus macht hier deutlich: Ohne sein Wort entsteht keine Frucht! Genau deshalb ist es so dramatisch, wenn die Kirche bezweifelt, ob die Bibel tatsächlich Gottes Wort ist.

Diese Zweifel begegnen uns heute in ganz unterschiedlichen Formulierungen.[9] So wird zum Beispiel gesagt: Die Bibel bezeugt Gottes Wort. Oder: Die Bibel enthält Gottes Wort. Oder: Die Bibel kann zum Wort Gottes für uns werden. Gott kann diese Texte für uns zu seinem Wort machen. Alle diese Formulierungen ändern nichts daran, dass die Worte der Bibel letztlich zu menschlichen Worten degradiert werden. Und wie alle menschlichen Worte sind sie natürlich auch fehlerhaft. Und deshalb müssen wir sie kritisch lesen, das heißt: Wir müssen auf Basis eigener Kriterien unterscheiden, was darin wohl Gottes Wesen wiederspielgelt und was nur veraltete Vorstellungen über Gott transportiert. Da man sich in Bezug auf diese Unterscheidung niemals wird einigen können, ist die Konsequenz am Ende immer: Wir wissen nichts gesichertes mehr darüber, was Gott gesagt hat. Wir haben sein Wort verloren.

Martin Luther hat die Aussage geprägt: „Wo das Wort ist, da ist die Kirche.“[10] Kirche ist nichts anderes als eine „creatura verbi“, ein Geschöpf des Wortes Gottes. Und das gilt aus guten Gründen: Kirche ohne Gottes Wort hat keine Botschaft, denn sie ist ja nur Botschafter an Christi statt. Kirche ohne Gottes Wort kennt nur Meinungen, aber keine Gewissheiten. Kirche ohne Gottes Wort kann niemanden trösten und niemandem Halt geben, weil sie selbst nichts Sicheres weiß über Gott, über die existenziellen Grundfragen der Menschen und über die Ewigkeit. Kirche ohne die Offenbarungsquelle von Gottes Wort hört auf, Kirche zu sein.

Deshalb frage ich mich: Wann werden wir uns daran erinnern, auf welchem Fundament unsere Kirche steht? Wann werden wir uns wieder gemeinsam beugen unter dieses von Gottes Geist inspirierte Wort, statt uns kritisch über die Schrift zu stellen? Denn so viel ist klar: Ohne das kraftvolle Wort Gottes wächst kein geistliches Leben. Ohne das Licht des Wortes Gottes verliert und verläuft sich die Kirche im Nebel der Zeit – wie man schon jetzt vielerorts traurig beobachten muss.

6. Fokus Gottes Gebot: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!

„Bleibt in meiner Liebe! Ihr bleibt darin, wenn ihr meinen Anweisungen folgt. Auch ich habe immer die Weisungen meines Vaters befolgt und bleibe in seiner Liebe.“ (V. 9b+10)

Jesus sagt also: Es reicht nicht, Gottes Wort zu kennen. Wir müssen die darin enthaltenen Anweisungen auch befolgen! Gott zu lieben und seine Gebote zu befolgen ist in der Bibel immer untrennbar miteinander verbunden. Seine Gebote sind Ausdruck seiner Liebe zu uns. Unser Gehorsam ist Ausdruck unserer Liebe zu Gott. Wer von der Liebe Gottes spricht, muss deshalb zugleich auch immer die hohe Bedeutung seiner Gebote im Blick behalten.

Eines seiner Gebote lautet: Du sollst nicht töten. Christen aller Zeitalter und Denominationen waren sich einig: Dieses Gebot bezieht sich selbstverständlich auch auf das ungeborene Leben. Deshalb ist es so dramatisch, wenn die EKD diesen biblisch klar begründeten Konsens nun verlässt und die Tötung ungeborenen Lebens zumindest bis zur 22. Schwangerschaftswoche freigeben will.[11] Damit bringt sie zahllose Christen in eine schwerwiegende Gewissensnot. Ich kann nur hoffen, dass eine Vielzahl kirchlicher Leiter sich eindeutig und klar gegen diese Verirrung der EKD positioniert.

Im Alten wie im Neuen Testament spielen zudem die Gebote zur Sexualethik eine wichtige Rolle. Der bekannte Theologe N.T. Wright schreibt dazu: „Während der gesamten ersten christlichen Jahrhunderte, als jede Art von Sexualpraktik, die in der Menschheit jemals bekannt war, in der antiken griechischen und römischen Gesellschaft weit verbreitet war, bestanden Christen wie Juden darauf, dass die ausgelebte Sexualität auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau zu beschränken sei. Heute wie damals denkt der Rest der Welt, das sei verrückt. Der Unterschied besteht leider darin, dass heute auch die halbe Kirche dasselbe denkt.“[12]

Quer durch die Jahrtausende hindurch haben Menschen das Wort Gottes bei diesem Thema zumindest in den Grundlinien gut verstanden. Schon immer hat sich Gottes Volk damit in einen scharfen Gegensatz zur kulturellen Umgebung begeben. Auch deshalb wurde die junge Kirche verachtet und verfolgt. Und doch hatte gerade diese Kirche eine enorme Ausstrahlung. Sie hat extrem viel Frucht gebracht, von der wir heute noch zehren.

Aber ist das heute vielleicht anders als damals? Müsste sich die Kirche heute vielleicht stärker anpassen, um die Menschen in der Gesellschaft zu erreichen? In seinem Buch „Menschen mit Mission“ schreibt Thorsten Dietz über die Evangelikalen: „Warum handelt es sich bei den Evangelikalen heute um die weltweit zweitgrößte christliche Strömung nach dem Katholizismus? Niemand hätte sich das vor 50 oder 60 Jahren träumen lassen. … Welche Zukunft sollten … schon Grüppchen haben, denen Evangelisation und Mission über alles geht, die im Zweifelsfall lieber der Bibel glauben als der historischen Forschung? Wer wird schon Ewiggestrige ernst nehmen, die sich radikal der sexuellen Liberalisierung der 1960er-Jahre verweigern? Aber entgegen allen Erwartungen ist keine religiöse Gruppe im letzten halben Jahrhundert dynamischer gewachsen als diese.[13]

Es waren also ausgerechnet diese komischen Evangelikalen mit ihrer angeblich so überkommenen Sexualethik, die Frucht gebracht haben – während zugleich die liberalen Kirchen weltweit schrumpften. Welchen Beweis brauchen wir noch, bis wir verstehen, dass Jesus tatsächlich über harte Realitäten spricht, wenn er Fruchtbarkeit mit dem Befolgen der Gebote verknüpft?

Trotzdem fordern christliche Leiter immer wieder: Lasst uns doch nicht streiten wegen sexualethischen Fragen. Und natürlich hat niemand Lust auf Streit. Aber die Bibel ist nun einmal durchgängig völlig eindeutig: Wenn Gottes klare Gebote missachtet werden, dann verlieren wir den Segen Gottes. Und ohne Gottes Segen geht die Kirche zugrunde. Deshalb müssen wir – gerade auch aus Liebe zur Kirche – darauf bestehen, dass die Kirche an Gottes Geboten festhält.

7. Fokus Evangelisation: Menschen aktiv in die Nachfolge rufen!

„Ihr allerdings seid schon rein, weil ihr mein Wort gehört und angenommen habt.“ (V. 3)

Jesus formuliert hier in einer sehr verdichteten Kurzform das, was der Kern aller kirchlichen Aktivitäten sein sollte:

  1. Menschen hören Gottes Wort.
  2. Menschen nehmen es an.
  3. Menschen werden rein. Ihre Schuld wird abgewaschen. Sie finden Versöhnung und Gemeinschaft mit Gott und dadurch auch ewiges Leben bei ihm.

In 2. Korinther 5, 20-21 formuliert es Paulus ein wenig ausführlicher so: „So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.“ Das ist der Kernauftrag und die Kernbotschaft der Kirche. Das ist der Kern des Evangeliums. Echte Kirche Jesu wird im Kern immer alles daran setzen, dass die Menschen diese Botschaft hören und annehmen.

Trotzdem höre ich in meiner evangelischen Kirche häufig eine andere Botschaft, in der den Menschen in etwa folgendes vermittelt wird:

  1. Die Menschen sind schon rein und versöhnt mit Gott, weil sie ja getauft sind.
  2. Dessen müssen wir sie jetzt nur noch versichern.
  3. Wenn sie noch nicht getauft sind, laden wir sie zu einer niedrigschwelligen Taufe ein.

So schreibt die EKD zum Beispiel auf ihrer Internetseite zu ihrer großen Taufaktion: „Die Taufe besiegelt die Beziehung zwischen dem einzelnen Menschen und Gott. … Sie gibt uns Anteil an seinem Leben, Reden und Handeln.“ Angesichts ihrer Kindertaufpraxis ist es kein Wunder, dass die evangelische Kirche auf Basis solcher Aussagen kaum noch evangelisiert. Warum auch? Alle Getauften sind ja bereits mit Gott verbunden! Übrig bleibt eine Botschaft, die sich in Zuspruch erschöpft, in der aber von Gericht, Umkehr, Rettung und Erlösung nichts mehr zu hören ist.

Die Frage ist nur: Reicht eine Kindertaufe wirklich, um am Tag des Gerichts bestehen zu können? In Markus 16, 16 lesen wir: „Wer glaubt und sich taufen lässt, den wird Gott retten. Wer nicht glaubt, den wird Gott verurteilen.“ Die Bibel ist also eindeutig: Taufe ohne Glaube rettet nicht. Eine Taufrettungstheologie verfälscht das Evangelium. Und sie hat zur Konsequenz, dass die Kirche stirbt, weil sie nicht mehr evangelisiert.Einmal mehr zeigt sich: Kirche wächst nicht, wenn sie ihre Botschaft glättet, um nirgends Anstoß zu erregen. Sie wächst vielmehr dort, wo sie das ein für allemal überlieferte Evangelium ins Zentrum ihrer Botschaft stellt und klar verkündigt.

8. Fokus Priestertum aller Gläubigen: Hin-Gabe geht vor Amt und Hierarchie!

„Ihr könnt keine Frucht bringen, wenn ihr nicht mit mir verbunden bleibt.“ (V. 4)

Jesus betont also: Die gelebte Verbindung mit ihm ist die entscheidende Grundlage, um fruchtbar in der Kirche dienen zu können. Umso mehr stellt sich die Frage: Woher kommt eigentlich dieser Gedanke, dass das Austeilen des Abendmahls, die Verkündigung von Gottes Wort und die Leitung einer Gemeinde in der evangelischen Kirche einzig und allein an einem völlig gemeindefernen und zudem bibelkritischen Theologiestudium hängt? Wollten wir nicht eine Kirche sein, die das sogenannte „Priestertum aller Gläubigen“ hochhält?

Und zudem frage ich mich: Können wir uns das denn wirklich noch länger leisten, dass die sogenannten „Laien“ zwar die Kinder- und Jugendarbeit und viele andere Dienste in unseren Gemeinden übernehmen, aber von der Verkündigung und von der Leitung der Gemeinde auch dann ausgeschlossen sind, wenn sie eng verbunden sind mit Jesus, wenn sie tief verwurzelt sind in Gottes Wort und wenn sie ihr Leben ausrichten an seinen Geboten? Und warum tun wir das eigentlich? Warum lassen wir Gaben und Talente verkümmern, während zugleich Gemeinden verkümmern, weil sich angesichts des wachsenden Pfarrermangels niemand mehr um sie kümmern kann?

Wenn die Kirche Zukunft haben möchte, muss sie ernst machen mit dem Priestertum aller Gläubigen. Die längst überfällige Zulassung von Absolventen freier theologischer Ausbildungsstätten für das Pfarramt wäre ein erster Schritt. Aber wenn wir wirklich wollen, dass in der Fläche lebendige, profilierte Gemeinden wachsen, dann müssen wir darüber hinaus Ausschau halten nach begabten Menschen, die eng mit Christus verbunden sind und verwurzelt sind in seinem Wort. Wo auch immer wir solche Menschen finden, sollten wir sie gemäß ihren Gaben ausbilden segnen, bevollmächtigen und senden. Volker Gäckle schreibt dazu: „Wir brauchen … eine breite theologische Qualifizierung und Ausbildungskultur von Ehrenamtlichen.“[14] Und ich möchte ergänzen: Wir brauchen dazu natürlich auch eine konkrete Perspektive, wie diese Ehrenamtlichen dann auch Verantwortung übernehmen können in den Gemeinden. Denn warum sollten sie sich sonst ausbilden lassen? Es wird für die Kirche eine Überlebensfrage sein, ob sie den Mut aufbringt, nicht länger Universitätsstudium, Amt und Hierarchie höher zu werten als die Hingabe an Christus und als die Gaben und Berufungen, die der Heilige Geist frei den Menschen zuteilt, denen er sie zuteilen will.

9. Fokus Gebet: An Gottes Segen ist alles gelegen!

„Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann könnt ihr bitten, um was ihr wollt: Ihr werdet es bekommen.“ (V. 7)

Was für ein unglaubliches Versprechen! Es sind Verheißungen wie diese, die Christen zu allen Zeiten ins Gebet getrieben haben. Denn sie haben gewusst und gespürt: Das Wachstum der Kirche ist nicht machbar. Es ist immer ein Wunder, wenn Menschen zum lebendigen Glauben finden. Es ist immer ein Wirken des Heiligen Geistes, wenn es geistliche Aufbrüche gibt, wenn Gemeinde und Kirche wächst und wenn Menschen anfangen, Jesus nachzufolgen. Die Frage ist: Ist uns das bewusst, dass an Gottes Segen alles gelegen ist? Und wenn uns das bewusst ist: Warum beten wir dann so wenig?

Von Martin Luther ist uns der Satz überliefert: „Heute habe ich viel zu tun, deswegen muss ich viel beten.“ Ihm war noch bewusst: Die Arbeit am Haus Gottes ist umsonst, wenn wir sie in eigener Kraft tun. Ohne Gottes Segen bemühen wir uns vergeblich. Deshalb galt zu allen Zeiten: Wo Kirche wächst, da findet man immer auch Christen, die sich Zeit nehmen für das Gebet. Wo Christen auf ihren Knien sind, da fängt die Kirche an, aufzustehen, zu wachsen und zu gedeihen.

Ergänzend zu den neun Thesen lässt sich nun aus den Worten Jesu noch ein wichtiger, ergänzender Hinweis ableiten:

9,5. Es ist dringend! JETZT ist die Zeit der mutigen Pioniere!

„Wer nicht mit mir verbunden bleibt, wird weggeworfen und verdorrt wie eine nutzlose Rebe. Solche Reben sammelt man nur noch auf, um sie zu verbrennen.“ (V. 6)

Immer wieder hört man die These: Die Kirche kann nicht untergehen. Denn Jesus hat doch fest versprochen: Die Pforte der Hölle werden sie nicht überwinden (Mt. 16, 18). Das stimmt. Aber das gilt natürlich nur für die Kirche Jesu insgesamt. Für eine bestimmte Institution, Denomination oder Konfession hingegen gibt es keine Bestandsgarantie. Das hat die Kirchengeschichte wieder und wieder gezeigt. Es ist also angebracht, sich ernste Sorgen um das Überleben der evangelischen Kirche zu machen.

Die Kirchengeschichte hat jedoch auch gezeigt: Neue Aufbrüche sind möglich, wo Menschen sich vom Heiligen Geist anzünden und sich von Gottes Wort prägen und leiten lassen. Unser Gott ist immer noch derselbe wie zur Zeit Martin Luthers. Gott kann auch heute wieder die Kirche erneuern. Und die dramatische Mitgliederentwicklung sollte uns deutlich machen: Viel Zeit bleibt nicht mehr. Wir müssen JETZT mutige Schritte der Erneuerung gehen, wenn die Kirche eine Zukunft haben soll.

Das gilt umso mehr, da die hier vorgestellten Thesen ja nicht neu sind. In seiner Schrift „Pia desideria“ hat Philipp Jacob Spener bereits im Jahr 1675 viele dieser Thesen vertreten[15]: Das Priestertum aller Gläubigen. Die praxisnahe Reform der Ausbildung zukünftiger Gemeindeleiter. Die Förderung des Bibelstudiums aller Gläubigen. Die Notwendigkeit der praktischen Umsetzung von Gottes Wort und Gebot. Die Zentralität der Liebe Gottes. Alles das hat Spener auch im 17. Jahrhundert der Kirche schon ins Stammbuch geschrieben. Und er war ein Mann der Praxis. Er hat nicht gewartet, bis die Kirchenpolitik ihn verstanden hat. Er hat einfach angefangen, mit den Menschen die Bibel zu studieren, zu beten und über die geistliche Praxis zu sprechen. Die Folge waren diese wunderbaren geistlichen Aufbrüche, die wir heute als Pietismus bezeichnen und von denen wir bis heute profitieren.

Aber es ist leider nicht alles praktisch geworden, was Spener sich gewünscht hat. Manches ist auch liegen geblieben. Vor allem die grundlegende Reform der Ausbildung der Gemeindeleiter steht bis heute aus. Das konnte sich die Kirche ja auch lange Zeit leisten. Denn egal, ob ein Pfarrer begabt waren oder nicht, ob er ein hingebungsvoller Jesusliebhaber war oder nicht, das System hat trotzdem funktioniert. Aber diese Zeit ist jetzt vorbei. Unsere Kirche stirbt, wenn sie nicht ganz neu lernt, fruchtbar zu sein.

Solange die Kirche nur versucht, an den volkskirchlichen Strukturen festzuhalten, muss sie sich um ihre Zukunft keine Sorgen machen. Denn dann hat sie keine. Aber wenn wir uns an Jesus, den Herrn der Kirche halten, wenn wir uns tief in ihm, in seinem Wort und Gebot verwurzeln, dann hat auch die evangelische Kirche ihre beste Zeit noch vor sich. Und genau das wünsche ich mir, nicht nur wegen unserer Kirche, sondern auch für unser Land, das so dringend das Salz und Licht einer lebendigen Kirche braucht. Und vor allem für die vielen Menschen, die so dringend das rettende Evangelium hören müssen.

Und deshalb gilt: Jetzt ist die Zeit, mutig die Strukturen der Kirche so zu ändern, dass sie zu einer Freiwilligenkirche passen und dass sie wieder fruchtbar wird. Jetzt ist die Zeit, sich neu in der Liebe Christi und in seinem Wort zu verwurzeln. Jetzt ist die Zeit, Gottes Wort und Gebot wieder hochzuhalten. Jetzt ist die Zeit für mutige Pioniere, das Evangelium zu verbreiten und Gemeinden mit Profil zu bauen, egal ob sie Theologen oder sogenannte Laien sind. Und: Jetzt ist die Zeit, Gott zu suchen im Gebet, damit er das tut, was er verheißen hat: Dass wir hingehen und Frucht bringen. Frucht die Gott Ehre macht. Frucht, die in Ewigkeit bleibt.


[1] In: LG-Magazin 3 2023, S. 10

[2] Johannes 15, 1-10 in der Neuen evangelistischen Übersetzung: „1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Weingärtner. 2 Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er weg, und jede, die Frucht bringt, schneidet er zurück und reinigt sie so, damit sie noch mehr Frucht bringt. 3 Ihr allerdings seid schon rein, weil ihr mein Wort gehört und angenommen habt. 4 Bleibt in mir, und ich bleibe in euch! Eine Rebe kann nicht aus sich selbst heraus Frucht bringen; sie muss am Weinstock bleiben. Auch ihr könnt keine Frucht bringen, wenn ihr nicht mit mir verbunden bleibt. 5 Ich bin der Weinstock; ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt reichlich Frucht. Denn getrennt von mir könnt ihr gar nichts bewirken. 6 Wer nicht mit mir verbunden bleibt, wird weggeworfen und verdorrt wie eine nutzlose Rebe. Solche Reben sammelt man nur noch auf, um sie zu verbrennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann könnt ihr bitten, um was ihr wollt: Ihr werdet es bekommen. 8 Die Herrlichkeit meines Vaters wird dadurch sichtbar, dass ihr viel Frucht bringt und euch so als meine Jünger erweist. 9 Ich habe euch genauso geliebt, wie der Vater mich geliebt hat. Bleibt in meiner Liebe! 10 Ihr bleibt darin, wenn ihr meinen Anweisungen folgt. Auch ich habe immer die Weisungen meines Vaters befolgt und bleibe in seiner Liebe.“

[3] „Das Ergebnis ist, dass die Landeskirchen pro Jahr zwischen 2,5 % und 4,6 % ihrer Mitglieder verlieren und der einzige Trend, der gegenwärtig wächst, ist, dass diese Prozentzahl von Jahr zu Jahr höher wird. Man braucht bei diesen Zahlen keinen Taschenrechner, um zu begreifen, dass die drohende Halbierung nicht erst 2060 eintritt, sondern je nach Landeskirche zwischen 2035 und 2040. Wenn das exponentielle Wachstum der Austrittszahlen andauern sollte, auch schon früher. Anders ausgedrückt: in 10 bis 17 Jahren! Und auch danach wird der Prozess nicht einfach aufhören.“ LG-Magazin 3 2023, S. 9

[4] In: Apologetikum, Kap. 39

[5] In: LG-Magazin 3 2023, S. 10

[6] In: LG-Magazin 3 2023, S. 10

[7] Aus dem Vortrag von Ulrich Parzany: „Jesus-Demenz in der Christenheit – eine tödliche Seuche“ gehalten am IX. Ökumenischen Bekenntniskongress der IKBG, 14.8.2022, Ev. Akademie Loccum

[8] Siehe dazu den AiGG-Artikel: „Das biblische Bibelverständnis“ im AiGG-Blog 10 2021

[9] Ausführlich erläutert im Vortrag von Markus Till: „Die Bibel: Was ist das eigentlich? Die Frage nach dem Bibelverständnis“ vom Juni 2023, Skript und Video unter blog.aigg.de/?p=6707

[10] „Ubi est verbum, ibi est ecclesia“ (Wo das Wort ist, da ist Kirche). In: WA 39 II, 176, 8f Promotionsdisputation von Johannes Macchabäus Scotus, 1542.

[11] „Stellungnahme des Rates der EKD zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Regelung zum

Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs möglich ist“ vom 11.10.2023, S. 7

[12] Aus N.T. Wright: „Warum Christsein Sinn macht“, 2009 Johannis bei SCM Hänssler, S. 231

[13] In Thorsten Dietz: „Menschen mit Mission“, 2022, SCM R. Brockhaus, S. 92

[14] In: LG-Magazin 3 2023, S. 10

[15] Siehe dazu der offen.bar-Vortrag vom 4.10.2023 von Albrecht Wandel „Was die Kirche jetzt braucht – Von den Pietisten lernen“: https://youtu.be/az6yWXPYX1M

Dieser Blog-Beitrag von Markus Till erschien zuerst auf aufatmen in Gottes Gegenwart . Lies hier den Original-Artikel "Kirche wohin? – 9,5 Thesen zur Situation und zur Zukunft der (evangelischen) Kirche".

Über Dr. Markus Till

Evangelisch landeskirchlicher Autor, Blogger und Lobpreismusiker mit pietistischen Wurzeln und charismatischer Prägung

29 thoughts on “Kirche wohin? – 9,5 Thesen zur Situation und zur Zukunft der (evangelischen) Kirche

  1. Wenn ich mir ansehe wie Männer die das Erbe der Reformation hochhalten wie z.B. Pastor Latzel und wie dann die Kirche mit denen umspringt und wie auf der anderen Seite diese Kirche Konzessionen macht in alle Richtungen (Theologie, Sexualmoral, etc.) dann denke ich, dass diese Kirche keine Zukunft haben kann. Manche Ausleger halten ja die Hure Babylons für die katholische Kirche, doch wenn ich mir die Irrlehren der evangelischen Kirche ansehe, dann wird deutlich, dass die die Protestanten die Katholiken im wahrsten Wortsinn links überholen! Ein Graus!

  2. Vom Punkt 8 „Amt und Hingabe“ sind wir m. E. am weitesten weg. Trotz des Wunsches, mehr Pfarrer auch als Quereinsteiger (Pfarrverwalter) zu ‚rekrutieren‘, ist das System so geschlossen und gehärtet, dass das kaum möglich ist.
    Ich versuche seit einem halben Jahr mich anzubieten für einen vollzeitlichen Dienst (Verkündigung und Seelsorge): kein Bedarf. Eine Begründung habe ich bekommen: Da ich bis zur Rente nur noch 10 Jahre arbeiten muss, bin ich zu alt.

  3. Offenbar war mein erster Kommentar zu pointiert und zu kritisch um ihn freizuschalten. Daher ein neuer Versuch von einer anderen Seite: Die evangelische Kirche und ein guter Teil ihrer Proponenten hat den HERRN und die Beziehung zum HERRN verloren, daher glaube ich, dass sie sich schwer tun wird eine Zukunft zu haben!

  4. Eine beinahe tote und verdorbene Kirche kann man nicht erneuern. Das hätte man vor Jahren, wo der Niedergang schon erkennbar war, machen müssen, Jetzt ist es zu spät. Es mag da und dort noch einzelne Zellen geben, die noch eine christliche Grundlage haben mögen, die vielleicht noch ausbaubar ist. Aber die Kirche als Ganzes wird an ein Ende kommen. Sie hat sich der Welt dermassen angepasst, dass sie den Menschen ausser grünen Gefasel nichts mehr zu sagen hat und dieses Gefasel braucht auch keiner.

    Solange keine Bußbewegung und eine Gebetsbewegung ingesamt einsetzt, wird der Niedergang sich noch beschleunigen, da helfen alle Diskussionen und Vorträge nichts. Die Evangelen sind ohnehin schon verkopft genug, Die Katholiken zumindest in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern fangen an dasselbe nachzumachen. Wahrscheinlich muss eine Not kommen, die die Menschen wieder beten lehrt und dann könnte auch eine Erneuerung eintreten in den hiesigen Kirchen, die weitgehend nur noch ein durch die Kirchensteuer zusammengehaltenes hohles Gebäude sind. Da und dort mögen sich einzelne Menschen bekehren, aber das ist noch lange keine Erneuerung in grösserem Maße wie es uns durch Bonnke und Co vor Jahren schon zeitnah „prophezeit“ wurde, aber nicht eingetreten ist. Das war alles nur Wunschdenken, was uns da vorgespielt wurde und keine echte Prophetie.

  5. „Volker Gäckle schreibt dazu: „Wir brauchen … eine breite theologische Qualifizierung und Ausbildungskultur von Ehrenamtlichen.““

    Wenn in einem Sonntagsgottesdienst vier Personen erscheinen, Pfarrer, ehrenamtlicher Glöckner, Vorsitzender des GKR, ehrenamtlicher Organist, und an anderen Orten fast nur Leute ab 60 Jahre in ähnlich überschaubarer Menge, dann wird es schwer, genug Ehrenamtliche zu finden. Lektorenausbildung etc. gibt es hier zwar, bis hin zur Predigt“erlaubnis“, wird kaum genutzt, kaum propagiert, und mit 60 nochmals „umsatteln“ macht auch kaum jemand, um dann hinter Hilfspfarrer zweiter Klasse zu sein, der eine Reihe von Dingen (Kasualien) nicht machen darf.
    Und gibt es die Freiwilligen dann doch, dann mauert das System durch Abschottung.

    Es fehlt also in manchen Gegenden an der „kritischen Masse“ von Gläubigen, die eine Nachwuchsrektrutierung ermöglichen würde, und ebenso am Willen der Institution, den (ehrenamtlichen) Nachwuchs bei entsprechender Eignung und theologischer Festigkeit weitreichende Erlaubnisse zu erteilen. Achja, es fehlt auch an GKR-Mitgliedern, die beurteilen können, ob schriftgemäß gelehrt wird oder gerade Parteitag ist.

  6. Wir müssen es endlich einsehen. Gott braucht um sein Reich zu bauen weder die katholische noch die evangelische Kirche und auch nicht die Freikirchen. Gott kann es auch ohne, aber er kann sie benutzen.
    Wenn wir den Ansatz haben eine Kirche retten zu wollen liegen wir falsch.
    Es geht um die Verkündigung des Evangeliums, Jesus als den einzigen Weg zum Vater zu verkündigen und die Errettung nur durch eine persönliche Umkehr erhalten zu können. Wenn das wirklich nach der Schrift erfolgt passiert, dass aus Retterliebe Rettersinn wird und dann werden sich Menschen zu Jesus bekehren. Wenn wir aber schon vorher festlegen, dass dies in dieser Struktur oder jener Kirche sein soll ist das neuer Wein in alten Schläuchen und alle entsprechenden Aktivitäten werden dann sein wie ein Willow Creek 2.0 sein und zwangsläufig scheitern. Denn nicht die Gemeinde ist die Hoffnung der Welt, sondern JESUS, JESUS ALLEIN.

    1. Theologisch korrekt. Aber praktisch sehe ich es wie folgt:

      a) Gemeinden und Kirchen sind die Treffpunkte, wo ich ohne lange Suche Gleichgesinnte treffen könnte. Gäbe es diese Institutionen / die Gebäude nicht, wird es schwierig, Mitchristen zu finden.

      b) Kirchen sind immer noch ein „Symbol“: hier treffen sich Christen, hier wird Gott angebetet. Orte ohne Kirche wirken auf mich trostlos. Es ist nicht nur ein Ort, zu dem ich hin kann, das Gebäude erinnert mich daran, dass Jesus meine Zuflucht ist.

      Leere Kirchen, stillgelegte Gebäude, das wirkt auf mich wie „Gott ist hier ausgezogen, in diesem Dorf wird er nicht mehr verehrt“. Ja, das ist alles mehr sentimental als theologisch, aber gelegentlich habe ich es erlebt, dass jemand in den Gottesdienst kam, unruhig am Platz saß, und in einer persönlichen Not hinter unbedingt den Pfarrer sprechen wollten. Was ist mit diesen Leuten, wenn „Kirche“ nicht mehr existiert?

      Im Osten sind manche Gegenden leider fast geistlich tot. Es ist schon viel, wenn in einem Ort noch 10% der Bewohner noch Kirchensteuerzahler sind. Und von diesen 10% kommen noch 3-5% mehr oder minder regelmäßig zum Gottesdienst, demographiebedingt rückläufig. Viele Pfarrstellen sind bald ein Jahr verwaist, es gibt nicht genug Nachwuchs. Begegnet wird dem mit der weiteren Zusammenlegung von Kirchkreisen, was de facto eine Ausdünnung der Präsenz an den verschiedenen Standorten bedeutet.
      Wenn die Amtskirche nicht über ihren Schatten springt und in den Kirchkreisen einen Freiwilligendienst von Leuten etabliert, die fest im Glauben stehen und als Multiplikatoren in den Gemeinden aktiv werden (und damit meine ich nicht solche Blendwerke wie „pop-up-Taufen“, sondern Hauskreisgründungen, biblischer Unterricht für Erwachsene usw.), dann zerläuft der letzte Rest der Herde.
      Das Zeitfenster, um noch etwas retten zu können, wird immer kleiner,

      1. Hallo Stephan, danke für Deine Anmerkung. Natürlich ist es wichtig das sich Christen in Gemeinschaft treffen. Deshalb braucht es auch Gemeinde. Aber Gemeinde macht nur dann Sinn, wenn es wirklich um Jesus geht. Beispiel: bei mir in der Nähe in Württemberg ist in der Diskussion ob durch die Zusammenlegung von Pfarrämtern eine gute bibeltreue Kirchengemeinde mit einer Regenbogenkirche zusammengelegt wird. Was ist hier der richtige Weg: dient es dem Evangelium zu bleiben und den nächsten Schritt zur Liberalisierung mitzumachen oder muss man dann doch eine freie Gemeinschaft eröffnen? Die bibeltreuen Christen haben in den letzten Jahrzehnten soviel Liberalisierungsschritte mitgemacht, da man ja
        unbedingt zusammen bleiben will. Ist dabei das Evangelium noch zu erkennen? Die Kirche wird weithin als grünrote NGO wahrgenommen, will jetzt die Abtreibung weiter liberalisieren und an vielen anderen Punkten ist man auch dran. Lass es mich so sagen: die Kirche bietet weithin Produkte an, die nicht zu ihrem Kerngeschäft gehören. Stell dir vor Du willst Lebensmittel kaufen und der Laden der dies bisher angeboten hat verkauft fast nur Kochbücher
        . Wirst Du dort weiter einkaufen gehen?

      2. Hallo Matze,

        da liegen wir gar nicht auseinander. Es gibt Kirchen und Pfarrer, die haben mich nur einmal gesehen und danach nie wieder. Wenn ich politische Propaganda hören will, dann schaue ich mir entsprechende Talkshows im Fernseher an.
        In der Predigt erwarte ich eine bibeltreue Predigt, die Jesus in den Mittelpunkt stellt. Manche Pfarrer machen das, andere reden um den heißen Brei herum, und die anderen …

        Damit sich hinsichtlich der liberalen, tw. gegen Gott gerichtete Positionen der Amtskirche mir nicht aus Gewissensgründen der Magen umdreht, unterscheide ich deutlich zwischen dem, was vor Ort stattfindet, und was die Institution von sich gibt. Ich bin ehrenamtlich tätig, aber aus Gewissensgründen kein Kirchensteuerzahler für die Institution.

        Wenn sich die Institution aufbläht mit Pfarrerstellen für z.B. Fragen der „Geschlechtergerechtigkeit“, gleichzeitig aber ein Pfarrermangel im Feld herrscht, dann denke ich, dass da einiges schief läuft mit der Schwerpunktsetzung, aber ein Pfarrer, der sich ausschließlich mit „Geschlechtergerechtigkeit“ befasst, wohl auch besser theoretisierend in einer Amtsstube sitzt, anstatt eine Dorfgemeinde ganz abzuwirtschaften.

        Wäre vor Ort eine Regenbogensituation, dann würde ich dort nicht mehr tätig werden. Es gibt genug unbesetzte Orgelbänke, und für einen guten Gottesdienst macht es mir (noch) nichts aus, anstatt von 20km auch mal 30 oder 40km zu fahren. Allerdings steigt mein Lebensalter auch an, und irgendwann geht auch das nicht mehr.

        Ich wünschte ich könnte sagen, dass es bei den Freikirchen im gleichen Entfernungsradius besser laufen würde. Die zugehörigen Bünde sind ja schon liberal verseucht, und es gibt leider einschlägige „Gründe“, warum ich vor einigen Jahren aus einer Freikirche ausgetreten bin, aber in andere derzeit nicht eintreten werde.

        Letztendlich; wir sehen ein Abstimmen mit den Füssen, und wenn die Finanzierung durch Kirchensteuern mal fällt und Ortsgemeinden sich selbst organisieren müssen, dann sterben viele Gemeinden gleich weg und werden mit viel Glück später mal Filialkirche einer überlebenden, bibeltreuen Gemeinde.

        1. Hallo Stephan,
          Sehr gute Aspekte und Du hast da für Dich einen recht guten Weg gefunden.
          Um noch zu ergänzen: es kann z.B. nicht sein, dass man als einfaches Kirchenmitglied nicht entscheiden kann, ob man ein Seenotrettungsschiff mitfinanziert oder nicht. Solche Dinge sind einfach nicht Aufgabe der Kirche sondern von NGOs. Dass die letzte Generation bei einer Synode auftreten darf mit und mit Standing Ovations gefeiert wird geht ebenso nicht. Es geht aber dann genauso nicht dass die konservativen Vertreter nicht den Synoden kuschen und sich deswegen nicht querstellen. Die verantwortlichen Leiter haben die Herde zu führen führen aber in die Irre. Dort wird große Schuld aufgeladen. Deswegen, auch wenn ich mich wiederhole: entweder man tritt auf oder tritt aus. Alles andere ist Heuchelel und dient dem Evangelium in keiner Weise sondern man fördert so nur die Feinde des Evangeliums.

          1. Die sog. Konservativen und damit betone ich das Wort sogenannt besonders, haben doch schon vor Jahren in der EKD-Synode einstimmig die homosexuellen Aktivitäten ev. Pfarrer zugelassen. Ich kannte da einen Dekan, der nach Stuttgart in eine höhere Position kam und der auch zugestimmt hatte. Damals hatte ein ev. Pfarrrer geschrieben, man müsse das aufarbeiten, aber davon habe ich nichts bemerkt. Es scheint so zu sein, dass diese Leute, wenn sie einmal in der Synode sitzen und Umgang mit den Liberalen oder besser gesagt den Gottlosen haben, sich komplett umstimmen lassen, Da ist Hopfen und Malz verloren.
            Ich erinnere mich auch an die Aussagen dieser unsäglichen Käßmann vor vielleicht 20 Jahren,bei den Hinterladern und Queeren, man müsse eben noch warten bis das Kirchenvolk das akzeptieren würde und das ist ja wohl weitgehend auch geschehen, denn Widerstand dagegen gab es ja keinen. Insofern verstehe ich jeden, der aus dieser ev. gottlosen Sekte austreten will. Bei den Katholiken wird es nach und nach nicht viel anders laufen, der jetzige Papst hat ja prinzipiell nichts dagegen auch wenn er immer mal etwas Gegenteiliges sagt, Satan hat sich in die Kirchen eingeschlichen und reichlich Helfer gefunden, die in seinem Sinne arbeiten und die Kirchenführungen arbeiten weitgehend dabei mit. Der Papst wird die Synode bei den Katholiken trotz mancher Gegenstimmen schon wieder so hin manipulieren, dass noch mehr liberalsiert wird,

        2. Die Strukturen der Amtskirchen sind aber leider derart, dass ein Widerspruch Konservativer kaum denkbar ist.
          Deine Situation als Pfarrer ist, dass Du zunächst mal auf den Kirchkreis angewiesen bist. Sei es, um aus dem benachbarten Pfarrspengel mal eine Urlaubsvertretung zu bekommen, oder wenn mal Mittel zu verteilen sind. Also muss man „nett“ sein zu den Liberalen.
          Das Gehalt kommt von der evangelischen Kirche, die wiederum wird aus Kirchensteuern bezahlt. Es ist utopisch anzunehmen, dass Du als Pfarrer mitsamt der ganzen Kirchensteuerzahlergemeinde und der Infrastruktur selbständig werden kannst. Von den 500 Kirchensteuerzahlern in einem Ort, den ich beorgele, sieht man lediglich die gleichen 3 – 5%, die am kirchlichen Leben teilnehmen, für den Rest sind die Kirchensteuern eine Art „Versicherung“ für Hochzeits- und Sterbefälle. Der Gemeindekirchenrat setzt sich nicht etwa aus besonders bibelfesten Mitgliedern zusammen, sondern es sind diejenigen, die reihum die freiwilligen Küsterdienste machen.

          Und das ist die Situation, wie sie mittlerweile die Regel ist. Selbst größere Gemeinden (Bremen …), die das Potential zu einer Selbständigkeit hätten, trennen sich nicht. In den freikirchlichen Bünden sieht es ähnlich aus.

          Der Wegfall der Kirchensteuern hätte sicher in den Amtskirchen eine bereinigende Wirkung, nicht nur theologisch, auch die weltlichen Dinge (wie Seenotrettung usw.) würden dann wohl eher wegfallen. Aber dann würde in manchen Orten gar nicht mehr gebetet.

          1. Sehr gut und damit kommen wir auf einen der wesentlichen Punkte. In Anbetracht der Vorbilder meiner Jugend wie Corrie ten Boom usw. frage ich: Was ist den Verantwortlichen heute wichtiger: eine klare Verkündigung des Evangeliums oder Erhalt der finanziellen Pfründe und anderer Sicherheiten? Wenn die Hirten hier nicht klar stehen und wenn es nicht reicht eben z. B. 50 % arbeiten gehen und sonst freie Kreise gründen? Wenn das die Hirten nicht vormachen warum sollen die Schafe dann auf Risiko gehen um des Evangeliums willen?

          2. Danke Matze und Stephan für die gute Diskussion, da kann ich weitgehendst zustimmen. Ich beobachte auch, dass auch die konservativen Hauptamtlichen merkwürdig still sind angesichts der desaströsen Entwicklung der EKD. Ich will nicht über sie zu Gericht sitzen. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten würde, wenn ein klares Auftreten existenzielle Konsequenzen hätte. Aber es stimmt trotzdem: Die Kirche kann nur dann Zukunft haben, wenn es solche mutigen Menschen gibt.

          3. @Markus Till
            Auch wenn das ein Crosspointing wird … Wenn die „Oberen“ nicht mitziehen, dann muss es eine Bekenntnissynode von „unten“ geben. Aber davor haben m. E. die konservativen Gemeindemitglieder Angst.

  7. @ PeterG
    Eine Bekenntnissynode, so sehr diese zu begrüßen ist, geht wegen einer klaren Theologie und des Nutzen von Netzwerken nicht ohne die „Oberen“. Ohne die Oberen geht nur sich in Gebets- oder Hauskreisen zusammenzufinden, die auch unabhängig von Kirchen und Gemeinden sein können damit man sich damit im Regionalen ermutigen und unterstützen kann.

    1. @Matze
      Nein, das ist ein Irrtum oder eine Form falscher Demut. Wenn ich mich nicht sehr täusche, wurde due erste Barmer Synode von den reformierten Gemeinden (!) einberufen. Der Sinn der Bekenntnissynode besteht ja gerade darin, die „Oberen“ zurechtzuweisen.

      1. O.k.,und wer startet das wie? Und wer hat in den Gemeinden für die Barmer Synoden veranlasst? Gemeindeglieder oder doch Pastoren und Älteste und damit die Oberen?

        1. Gemeindemitglieder (möglichst viele) müssten sich zusammentun und zu einer Bekenntnissynode mit öffentlichen TOP einladen. Soweit ich weiß, ist das Vorgehen dazu in keinem Kirchengesetz verankert. Daher gibt es da sehr viele Freiheiten.

    1. Und genau das ist das Problem: überall bis weit in bibeltreu konservative Kreise hinein wird gedacht es ist alles nicht so schlimm. Das betrifft die Oberen genauso wie das Fußvolk. Es wird aber nicht erkannt dass dieses „es ist Friede und keine Gefahr“ ein Zeichen der Endzeit ist. Da man aber vielerorts nicht mehr an ein 2. Kommen Jesu glaubt ist das auch nicht mehr relevant. “ weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit “ müsste das Credo sein. Aber es ist doch alles in Ordnung solange am Sonntagmorgen nach dudelndem Lobpreis und den Menschen nach dem Mund redenten Predigten der fette Braten auf dem Tisch steht.

    2. „Es ist noch nicht so schlimm“ ist m.E. die Folge eines über Jahrzehnte schleichenden Prozesses, der zu Gewöhnungseffekten führt. Der Liberalismus und die weltlichen Einflüsse kommen ja nicht plötzlich, sondern setzen nach und nach einen weiteren Fuss in die Tür.
      Wenn es plötzlich und schlimm kommt, dann geht es auch mal schnell – da lohnt sich ein Blick auf die Geschichte der Bekennenden Kirche / den Deutschen Christen. Aber letztlich war das dann auch nur eine Gruppe innerhalb der evangelischen Kirche. Aber wichtig genug, um die Reputation der evangelischen Kirche nach 1945 wieder herstellen zu können, so dass sich die Irregeleiteten dahinter besser verstecken konnten.

      Vielleicht müssen wir uns auch damit abfinden, gegenwärtig nur die Mahner zu sein, tw. organisiert in kleinen Kreisen, und wenn später mal eine Umorientierung kommt oder notwendig ist, dann kann man wenigstens sagen: es waren ja nicht alle so.

      1. Mein letzter Post dazu, dann habt ihr Ruhe vor mir …

        1. Gegenwärtig nur Mahner sein – das werden uns zukünftige Generationen vorwerfen.
        2. Fehlende Bekenntnissynode – die Bibeltreuen betreiben ein Hobby, meinen es aber nicht wirklich ernsthaft.

        1. Schade wenn es wirklich Dein letzter Post sein sollte, denn Du hast sooooooo Recht!!!!! Vieles ist echt nur Show eben auch hier und bei Bibel und Bekenntnis. Denn dann würde man eine Speerspitze für eine Bekenntnissynode sein und sich hinter hinter irgendwas verstecken. Es hilft nicht nur tolle Vorträge zu halten und Dokumente u verfassen, denn nach dem Hören kommt eigentlich das Handeln.

          1. Die Show gibt es doch schon lange bei den Christen, da macht man stundenlange Versammlungen und Seminare, sodass die Zuhörer überfordert sind, wedelt mit den Armen und hopst auf der Bühne herum, statt auf die Kniee zu gehen wie es früher einmal war. Hinab in den Staub hat einmal jemand gesagt, statt immer nur die Menschen anzupredigen.

  8. Passend zum Thema: Diejenigen, die sich auch auf dem Theoblog informieren, haben vielleicht schon den Artikel zu „KMU 6: Historische Transformation“ gelesen, der wiederum einen Artikel der FAZ aufgreift.
    Kernaussage: Die beiden großen Kirchen sind an einem Kipppunkt angelangt, der in den nächsten Jahren zu disruptiven Abbrüchen führen könnte.

    Verwundert bin ich ja nicht, denn nehme ich die kleinen Dorfkirchen als Indikator, dann stehen da die Abbrüche von Gemeinden ja nicht nur bevor, sondern sind diese durch die zwangsweise Zusammenlegungen schon de facto eingeleitet. Wenn es nur noch alle 7 -8 Wochen für die Durchführung eines Gottesdienstes reicht, dann ist ein lebendiges Gemeindeleben kaum möglich, dann orientiert sich der Nachwuchs anderweitig, insbesondere wenn Persönlichkeiten fehlen, die Hauskreise und ähnliche Angebote fundiert leiten könnten. Der Kipppunkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, erscheint mir da schon überschritten.

    Für den kommenden Sonntag habe ich mich als Organist in eine Dorfkirche eines Ortes mit viel Gegend drumherum einladen lassen, der von ca. 300 Menschen bewohnt wird – ex-DDR – Gebiet. Diese „Kleinheit“ ist auch für mich Neuland, ansonsten haben die von mir besuchten Dörfer eine kleine bis mittlere vierstellige Einwohnerzahl.
    Die lange Fahrerei nehme ich da mal gerne auf mich, denn mich interessiert die Situation dort, und natürlich habe ich die Hoffnung, dort ein paar Menschen kennen zu lernen, mit denen ich wohl die Ewigkeit verbringen werde.
    (Der heimliche Traum: mehr als 10 Gottesdienstbesucher, darunter auch welche, die jünger sind als ich. Ich gebe es zu: manchmal bin ich frustriert und fühle mich hilflos, wenn ich die kleine Schar der Christen sehe. Da bin auch über jeden Tauf-Schein-Christen froh, der kommt und vielleicht noch durch das Wort zu erreichen wäre).

    Ob ich die in 10 Jahren zu erwartende KMU 7 noch erleben werde vom Lebensalter weiß ich nicht. Wer weiß, ob es die dann überhaupt noch braucht.

    1. Und einen Nachtrag, ich konnte jetzt den FAZ-Artikel im Original und voller Länge nachlesen, Titel „Kirchen am historischen Kipppunkt“.

      Eigentlich müßte man den letzten Absatz voranstellen, dass bei der Interpretation der Umfragedaten sich die Soziologen gegen die Theologen durchgesetzt hätten. Folgerichtig liegt der Tenor in der Interpretation der Daten auf dem Schwerpunkt (meine Interpretation und Kurzzusammenfassung) darin, noch weltlicher und liberaler zu werden, z.B. seitens der Kirche lebensbegleitende Rituale anzubieten. Nun meine ich aber, dass die Kirchen genau diesen Weg seit ein paar Jahrzehnten beschreiten, und genau das deren Untergang ist. Ich denke daher, dass die Theologen es wohl anders herum sehen, die konnten sich laut FAZ-Artikel aber nicht durchsetzen. Es gibt aber auch keine Forderung die da lautet, Jesus in den Mittelpunkt der Verkündigung und der Kirche zu stellen.
      Ebenso bestätigt die Umfrage meinen Eindruck, dass den noch aktiven Christen die lokale Kirche wichtig ist und die übergeordneten Strukturen ausgeblendet sind in der Wahrnehmung (was wohl auch besser so ist).

      Etwas erschüttert bin ich, dass mehr als 90% der Katholiken eine grundlegende Veränderung der Kirche fordern, interpretiert wird dies als (sinngemäß) Unzufriedenheit damit, dass die katholische Kirche an ihren „traditionellen Werten und Hierarchien“ festhält aufgrund „konservativer“ Bischöfe.
      Nun wird das Wort „konservativ“ ja mittlerweile gerne als Schimpfwort verwendet, ich sehe das mittlerweile als Adelstitel. Die Kirchenhierarchie halte ich selbst nur für eingeschränkt bibelkonform, aber das Bild von Ehe und Familie in der katholischen Kirche für korrekter als das, was die evangelische Kirche (mit Ausnahme einiger Freikirchen) zuläßt.
      Hier läuft also etwas schief: Liberalität wird gefordert, damit macht man sich aber der Welt gleich, und damit braucht man im Anschluss die Kirche nicht mehr, weil sie nur genau das anbietet, was mir die Welt auch anbietet. Die katholischen Mitforisten mögen mir verzeihen wenn ich sage: es reicht nicht Dogmen zu verkünden und als unhinterfragbar darzustellen, sie müssen aus meiner Sicht anhand der Bibel (Primärliteratur) hergeleitet und erklärt werden, so dass es fast jeder Gläubige verstehen kann:
      Wer verinnerlicht hat, dass und warum die Ehe ein Abbild der Beziehung von Jesus zum Menschen darstellt, der kommt nicht auf die Idee, eine „Ehe für alle“ gutzuheißen oder beliebige serielle Eheschließungen (Wiederheirat Geschiedener) als Lappalie abzutun. Aber das alles wird ja schon länger auch nicht mehr in der ev. Kirche als Grundwissen vermittelt.

      Fazit: die Soziologen in den Kirchen befördern nach meiner Ansicht die Kirchen weiter in den Abgrund, getreu dem Motto „Es ist schief gegangen, und daher geht nur noch ein „weiter so“.“
      Von daher zitiere ich jetzt den wichtigen und fettgedruckten Satz aus dem Artikel von Markus Till: „Die gemeinsame Orientierung an der Heiligen Schrift ist die einzige Chance, um dem heillosen Meinungswirrwarr wenigstens teilweise entkommen zu können.“

    2. Und noch einen Nachtrag, denn das Thema löst sich von ganz allein …

      Der Artikel steht leider hinter einer Paywall https://www.welt.de/politik/deutschland/plus248714970/Evangelische-Kirche-Jetzt-kommt-auch-noch-ein-dramatischer-Pfarrermangel-auf-die-Kirchen-zu.html , aber letztendlich ist der Tenor, dass von 21.000 Pfarrerstellen demnächst rund 7.000 Stellen nicht mehr besetzt werden können. In anderen Berufen nennt man es „Fachkräftemangel“.

      Nun sterben die potentiellen Kirchgänger auch noch in den nächsten Jahren weg, U60 sieht man kaum in den hiesigen Dörfern. Wenn dann noch vom Pfarrer größere Gebiete zu betreuen sind und ein Gottesdienst im Kirchgebäude vor Ort nur alle 6-7 Wochen stattfindet, dann fehlt auch irgendwann die „Übung“ in der Teilnahme am Gemeindeleben. Mobilität kenne ich nur von den Mitgliedern von Freikirchen, die auch mal 20 oder 30km zum Gottesdienst fahren – schade, dass diese motivierten Christen nicht in der lokalen Amtskirche mitwirken dürften.

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